Protokoll der Sitzung vom 17.02.2016

Habe ich es richtig ver standen? Die FDP/DVP-Fraktion will eine namentliche Ab stimmung?

(Zuruf: Ja!)

Zu was?

(Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP: Zu unserem Ände rungsantrag!)

Zum Änderungsantrag von Ihnen; gut. Wird der Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützt? – Sechs Abgeordnete. Damit ist die notwendige Unterstützung erbracht.

Jetzt darf ich für die Landesregierung Herrn Staatssekretär Hofelich ans Rednerpult bitten.

Vielen Dank. – Herr Präsi dent, Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir beraten heute zum zweiten Mal den Gesetz entwurf zur Änderung des Landesbeamtenversorgungsgeset zes Baden-Württemberg. Er umfasst die Öffnung der Hinzu verdienstgrenzen bei Verwendungseinkommen, damit wir kurz fristig Pensionärinnen und Pensionäre zur Bewältigung von Notsituationen gewinnen können. Mir und uns ist wichtig, zu betonen, dass diese Öffnung nur in ganz klaren Grenzen er folgt. Es ist auch klar, dass sie in klaren rechtlichen Grenzen erfolgt. Wir reden über das Landesversorgungsrecht und nicht über Besoldungsrecht und anderes. Die Öffnung in klaren Grenzen erfolgt dann, wenn in einer Notlage ein akuter Per sonalbedarf entsteht, der nicht mit den üblichen Mitteln ge deckt werden kann. Eine solche Notlage besteht eben aktuell im Bereich der Verwaltung und der Unterrichtsversorgung der Flüchtlinge.

Ich bin überzeugt davon, dass im Saal Einigkeit darüber herrscht, dass wir bei diesen Themen so schnell wie möglich voran kommen müssen. Ich hatte auch den Eindruck, Herr Kollege Herrmann, dass dies auch bei der Anhörung der Fall war, bei der der Beamtenbund selbstverständlich einbezogen war. Aber ich denke, dass die Eilbedürftigkeit uns gemeinsam leitet. Das habe ich auch herausgehört. Wir brauchen dafür die Mithilfe möglichst vieler qualifizierter Fachkräfte. Wir müssen in ei ner solchen Situation konsequent alle verfügbaren Reserven nutzen.

Das gilt eben gerade für die Beamtinnen und Beamten im Ru hestand. Erstens verfügen sie genau über die Berufserfahrung, die jetzt gebraucht wird, und zweitens gibt es eben in vielen Bereichen mit akutem Bedarf keine jungen Kolleginnen und Kollegen, die man einstellen könnte. Das Problem ist aber, dass die derzeitige Rechtslage wenige Anreize für Pensionä rinnen und Pensionäre bietet, wieder tätig zu werden. Durch die Öffnung der Hinzuverdienstgrenzen bei Verwendungsein kommen in bestimmten Ausnahmefällen wollen wir das än dern. Wie die Beratungen des Finanz- und Wirtschaftsaus schusses gezeigt haben, besteht Einigkeit darin, dass dieses Gesetz sinnvoll und notwendig ist. So weit, so gut.

Die Fraktion der CDU und die Fraktion der FDP/DVP haben jedoch den Einwand erhoben, dass der Öffentlichkeit nicht zu vermitteln sei, dass Pensionärinnen und Pensionäre in vollem Umfang hinzuverdienen können; das war gerade Gegenstand der Debatte. Die CDU-Fraktion hat per Änderungsantrag die Begrenzung der Hinzuverdienstgrenze auf maximal 135 % der ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge gefordert.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Richtig!)

Diese Einschränkung wäre aber kontraproduktiv. Wir müssen uns bewusst machen: Die Personalsituation im Flüchtlingsbe reich ist mehr als angespannt. Es gibt nicht genug junge Leh rerinnen und Lehrer, um alle Stellen zu besetzen. Gerade des halb brauchen wir deutliche Anreize, um möglichst viel Per sonal zu gewinnen.

Hier haben gerade die Zahlen eine Rolle gespielt. Ich darf sie einmal nennen, weil Sie, Herr Kollege Herrmann und Herr Kollege Goll, sie angesprochen haben. Die Zahl der Interes senten liegt bei der geplanten Neuregelung – Kollege Maier hat es genannt – bei knapp 1 000. Die Zahl der Arbeitsverträ ge von Personen, die nach der alten Regelung bereits im Be reich der Verwaltung und der Unterrichtsversorgung für Flücht linge tätig sind, beträgt 150. Von den 19 Personen, die jetzt im Vorgriff auf die Regelung einen entsprechenden Vertrag haben, hat lediglich eine Person – ich habe mich erkundigt – einen äquivalenten Vollzeitvertrag. Das heißt, wir sind ganz klar in der Situation, dass viele der Arbeitsverträge lediglich in Teilzeit abgeschlossen werden. Die Gefahr bezüglich der so oft beschworenen 9 000-€-Fälle hält sich also in Grenzen – ich sage: in sehr engen Grenzen.

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass eine weitere Ein schränkung der Hinzuverdienstgrenzen die Bereitschaft von Pensionärinnen und Pensionären zur Mitarbeit senken würde. Ich finde, diesen springenden Punkt muss man einfach einmal beleuchten: Was ist der Anreiz, und wodurch kann man wirk lich etwas bewirken?

Deswegen, Herr Kollege Goll, darf ich noch einmal sagen: Wir reden hier nicht – Sie haben dieses Wort geprägt – über einen übertriebenen Vorschlag, sondern wir reden darüber, dass Sie übertriebene Folgen unseres Vorschlags annehmen. Das ist der Punkt, der hier gerade falsch im Raum steht. Wir glauben, dass dieser Vorschlag einfach ein Anreiz ist, der da zu führt, dass wir mit dem Personal überhaupt in nennenswer te Regionen hineinkommen.

Diese ständige Extrembetrachtung, bei der Sie einem aus dem Dienst ausgeschiedenen älteren Lehrer mit A-15-Besoldung sozusagen ein Neuengagement in Vollzeit unterstellen und das

einem nach A 13 besoldeten Junglehrer gegenüberstellen, ist einfach irreal. Wenn Sie sich erkundigen, wer sich für was in teressiert – Sie müssen es halt einmal tun; ich mache es und setze mich zu Lehrerinnen und Lehrern, auch an die Stamm tische –, werden Sie feststellen: Was Sie unterstellen, wird nicht eintreten. In der Realität werden sie mit gutem Willen eine Teilzeittätigkeit anstreben, und das ist auch das, was wir von ihnen erwarten.

Deswegen: Hören Sie auf, den Teufel an die Wand zu malen. Wir machen hier jetzt einfach eine Offerte, die in ihrer Kraft gut ist, die aber in ihrer Wirkung nicht das erreichen wird, was Sie in der Neiddebatte hier gerade vermitteln und in der Öf fentlichkeit darzustellen versuchen.

Deswegen, meine sehr geehrten Damen und Herren, wird die Landesregierung die gesetzliche Regelung evaluieren und dem Finanz- und Wirtschaftsausschuss nach Ablauf eines Jahres über die Entwicklung berichten, wie das vom Minister im Ausschuss zugesagt worden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sind uns einig, dass wir im Umgang mit der Flüchtlingssituation keine Zeit zu verlieren haben. Mit dem im Entwurf vorliegenden Gesetz schaffen wir die Grundlagen, um qualifizierte Unterstützerin nen und Unterstützer zur Bewältigung besonderer Notlagen zu gewinnen. Deshalb bitten wir Sie, dem Gesetzentwurf der Landesregierung zuzustimmen, wie das heute vorgesehen ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Allgemeinen Aussprache liegen keine weite ren Wortmeldungen vor.

Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur A b s t i m m u n g über den Gesetzentwurf Drucksache 15/7846. Ab stimmungsgrundlage ist die Beschlussempfehlung des Aus schusses für Finanzen und Wirtschaft, Drucksache 15/7976. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, dem Gesetzentwurf zuzustim men.

(Unruhe)

Zu dem Gesetzentwurf liegen der Änderungsantrag der Frak tion der CDU, Drucksache 15/8057-1, und der Änderungsan trag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/8057-2, vor.

Zunächst stelle ich den Änderungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/8057-2, zur Abstimmung, der in Abschnitt I eine Änderung der Gesetzesüberschrift fordert und mit Abschnitt II als neuen Artikel die Änderung des Landes besoldungsgesetzes Baden-Württemberg aufnehmen möchte.

Inhaltlich decken sich diese beiden Begehren mit den Ab schnitten II und III des Änderungsantrags der Fraktion der CDU, Drucksache 15/8057-1, der jedoch die Änderung des Landesbesoldungsgesetzes nicht als neuen Artikel 1, sondern als neuen Artikel 1 a einführen möchte. Das ist ein minimaler Unterschied.

Sind Sie damit einverstanden, dass ich den Änderungsantrag der Fraktion der FDP/DVP mit seinen beiden Abschnitten und die Abschnitte II und III des Änderungsantrags der Fraktion

der CDU gemeinsam zur Abstimmung stelle und damit natür lich auch die namentliche Abstimmung über diese dann ge meinsam zur Abstimmung stehenden Anträge durchführe? Kann man das so machen?

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP: Ja!)

Nachdem die genügende Anzahl für die Unterstützung durch fünf Abgeordnete nach § 99 der Geschäftsordnung gegeben ist, würde ich Sie jetzt bitten, über die Abschnitte II und III des Änderungsantrags der CDU und den Änderungsantrag der FDP/DVP abzustimmen. Wenn Sie den Anträgen zustimmen, dann antworten Sie bei der namentlichen Abstimmung mit Ja, wer die Anträge ablehnt, möge mit Nein antworten, wer sich der Stimme enthält, möge mit „Enthaltung“ antworten.

Ich bitte Herrn Schriftführer Gürakar, den Namensaufruf vor zunehmen. Der Namensaufruf beginnt mit dem Buchstaben E.

(Namensaufruf)

Gibt es Abgeordnete im Raum, die sich noch nicht mit Ja, Nein oder „Enthaltung“ geäußert haben?

(Zurufe der Abg. Nikolaus Tschenk und Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es muss doch jeder wis sen, ob er Ja oder Nein gesagt hat.

(Vereinzelt Beifall)

Ich frage nur, wer seine Stimme noch nicht abgegeben hat. – Es gibt also niemanden mehr im Saal, der seine Stimme nicht abgegeben hat. Damit ist die Abstimmung beendet. Ich bitte die Schriftführer, die Stimmen auszuzählen.

(Auszählen der Stimmen)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die namentliche Abstim mung ist wie folgt ausgegangen:

Mit Ja haben 55 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 66 Abgeordnete gestimmt.

Damit sind der Änderungsantrag der Fraktion der FDP/DVP sowie die Abschnitte II und III des Änderungsantrags der CDU mit Mehrheit abgelehnt worden.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Das Wahlprogramm der SPD nicht umgesetzt!)

Mit J a haben gestimmt:

CDU: Norbert Beck, Thomas Blenke, Klaus Burger, Dr. Marianne En geser, Konrad Epple, Arnulf Freiherr von Eyb, Friedlinde Gurr-Hirsch, Peter Hauk, Klaus Herrmann, Dieter Hillebrand, Bernd Hitzler, Manfred Hollenbach, Wilfried Klenk, Rudolf Köberle, Joachim Kößler, Thaddä us Kunzmann, Sabine Kurtz, Paul Locherer, Dr. Reinhard Löffler, Ulrich Lusche, Winfried Mack, Ulrich Müller, Paul Nemeth, Günther-Martin Pauli, Matthias Pröfrock, Dr. Patrick Rapp, Nicole Razavi, Dr. Wolfgang Reinhart, Wolfgang Reuther, Karl-Wilhelm Röhm, Karl Rombach, Hel mut Walter Rüeck, Volker Schebesta, Dr. Stefan Scheffold, Jutta Schil ler, Viktoria Schmid, Peter Schneider, Felix Schreiner, Katrin Schütz, Marcel Schwehr, Willi Stächele, Stefan Teufel, Alexander Throm, Karl Traub, Georg Wacker, Tobias Wald, Guido Wolf, Karl Zimmermann.

FDP/DVP: Dr. Friedrich Bullinger, Andreas Glück, Dr. Ulrich Goll, Jo chen Haußmann, Dr. Timm Kern, Niko Reith, Dr. Hans-Ulrich Rülke.

Mit N e i n haben gestimmt:

GRÜNE: Muhterem Aras, Theresia Bauer, Beate Böhlen, Sandra Boser, Jürgen Filius, Josef Frey, Jörg Fritz, Petra Häffner, Martin Hahn, Wil helm Halder, Manfred Kern, Daniel Andreas Lede Abal, Siegfried Leh mann, Andrea Lindlohr, Brigitte Lösch, Thomas Marwein, Bärbl Mie lich, Dr. Bernd Murschel, Reinhold Pix, Thomas Poreski, Wolfgang Rau felder, Daniel Renkonen, Dr. Markus Rösler, Alexander Salomon, Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr, Charlotte Schneidewind-Hartnagel, Alexander Schoch, Andreas Schwarz, Hans-Ulrich Sckerl, Edith Sitzmann, Dr. Gi sela Splett, Nikolaus Tschenk, Franz Untersteller, Jürgen Walter.

SPD: Katrin Altpeter, Christoph Bayer, Sascha Binder, Hans Heribert Blättgen, Wolfgang Drexler, Dr. Stefan Fulst-Blei, Thomas Funk, Rein hold Gall, Anneke Graner, Gernot Gruber, Rosa Grünstein, Hidir Güra kar, Hans-Martin Haller, Rita Haller-Haid, Helen Heberer, Walter Hei ler, Rainer Hinderer, Peter Hofelich, Klaus Käppeler, Gerhard Kleinböck, Klaus Maier, Georg Nelius, Thomas Reusch-Frey, Nikolaos Sakellariou, Dr. Nils Schmid, Claus Schmiedel, Rainer Stickelberger, Johannes Sto ber, Andreas Stoch, Hans-Peter Storz, Florian Wahl, Sabine Wölfle.

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