Herzlichen Dank. – Gibt es weitere Zusatzfragen? – Dann ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 1 beendet.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e r A b g. N i c o l e R a z a v i C D U – F a h r v e r b o t e i n d e r S t a d t S t u t t g a r t
Frau Präsidentin, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Im Sommer letzten Jahres verkün dete Verkehrsminister Hermann, mittelfristige Fahrverbote oder die Einführung einer „blauen Plakette“ in Stuttgart vor nehmen zu wollen.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wie lautet denn die Fra ge? – Zurufe von der CDU, u. a.: Er will doch nur Zeit schinden! – Zurufe von den Grünen – Unruhe – Glocke der Präsidentin)
Letztendlich musste er auf Druck des Ministerpräsidenten und des Stuttgarter OB etwas zurückrudern und setzte dann auf freiwillige Maßnahmen.
hinsichtlich der von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) eingereichten Klage gegen die Stadt Stuttgart und das Land Baden-Württemberg, mit der die DUH u. a. ein Fahrverbot in der Stadt Stuttgart gerichtlich durchsetzen will?
sich für die Einführung einer sogenannten „blauen Plaket te“ einsetzen und Fahrverbote verschiedener Ausprägun gen in der Stadt Stuttgart umsetzen?
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Abg. Razavi, zunächst weise ich zurück, dass wir zurück gerudert seien. Wir sind seit Jahren sehr aktiv dabei, uns um die Luftreinhaltung und um die Luftqualität in Stuttgart zu kümmern.
Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, das Regie rungspräsidium und die Landeshauptstadt haben vor dem Hin tergrund des EU-Vertragsverletzungsverfahrens deshalb ge meinsam ein Konzept „Luftreinhaltung für die Landeshaupt stadt Stuttgart“ erarbeitet. Dieses sieht weitere Maßnahmen und Konkretisierungen von Maßnahmen in fünf Handlungs feldern vor. In diesem Konzept werden ein Zeitplan sowie ei ne Abschätzung vorgelegt, bis wann mit der Einhaltung der Grenzwerte zu rechnen ist.
Baden-Württemberg ist derzeit das einzige Bundesland, das mit einem solchen Gesamtkonzept arbeitet und Reduktions
szenarien vorgelegt hat. Damit wurde auch gegenüber dem Konzept der Vorgängerregierung in Baden-Württemberg eine neue Qualitätsstufe erreicht. Das Konzept enthält Maßnah men, die in zwei Stufen umgesetzt werden, um den Betroffe nen die erforderliche Zeit zu geben, sich darauf einzustellen. Dafür haben sich Land und Landeshauptstadt bewusst ent schieden, um auch den rechtlich geforderten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu erfüllen.
Die erste Stufe beinhaltet eine intensive Informationskampa gne, Nutzeranreize bzw. Appelle an die Bürgerinnen und Bür ger, ihr persönliches Verhalten insbesondere bei austauschar men Wetterlagen – Stichwort Feinstaubalarm – zu ändern.
Reichen die erzielbaren Verbesserungen nicht aus, um das Ziel der sicheren Grenzwerteinhaltung bis 2021 zu erreichen, sol len in einer zweiten Stufe verpflichtende Maßnahmen bzw. Beschränkungen ergriffen werden.
Die Klage der Deutschen Umwelthilfe zielt darauf ab, den Luftreinhalteplan Stuttgart fortzuschreiben und verpflichten de Maßnahmen wie Fahrverbote vorzuziehen. An dieser Fort schreibung des Luftreinhalteplans, in welchem alle Maßnah men enthalten sein werden, um die Grenzwerte möglichst bis 2020, spätestens aber 2021 einzuhalten, wird jedoch bereits mit Hochdruck gearbeitet. Das Konzept war dafür ein wich tiger Zwischenschritt.
Vor Kurzem wurde das Gutachten zur Abschätzung der Wir kung der Maßnahmen vergeben, das für die Festschreibung der Maßnahmen im Luftreinhalteplan zwingend erforderlich ist. Die von der Deutschen Umwelthilfe geforderte Fortschrei bung wird also bereits durchgeführt.
Zur Frage Fahrverbot haben sich das MVI und die Landes hauptstadt klar positioniert. Sie setzen auf freiwillige Verhal tensänderungen. Fahrverbote werden nur dann verhängt, wenn wir mit der Freiwilligkeit keine ausreichende Wirkung erzie len können.
Zur Frage unter Buchstabe b: Aus Sicht der Landesregierung muss die Verbesserung der Abgasreinigungstechnik einen we sentlichen Beitrag zur Luftreinhaltung leisten. Nur so lassen sich Maßnahmen wie z. B. Fahrverbote dauerhaft wirksam vermeiden.
Die Einführung einer blauen Plakette auf der Basis der ver besserten Abgasreinigung entsprechend der Norm Euro 6 setzt allerdings zwingend ein verändertes Bundesrecht voraus. Des halb wird sich auch eine Sonderumweltministerkonferenz in Bälde mit dieser Thematik befassen. Notwendig wäre die Fort schreibung der Kennzeichnungsverordnung – das ist die 35. BImSchV – mit Einführung einer neuen Plakette für emis sionsarme Kfz. Für die Schaffung dieser gesetzlichen Rege lung wird ein zeitlicher Vorlauf benötigt.
Aufbauend auf die fortgeschriebene Kennzeichnungsverord nung kann dann im Luftreinhalteplan Stuttgart die Maßnah me „Einführung einer weiteren Stufe der Umweltzone“ auf genommen werden.
Bei der Wahl eines konkreten Termins für das Inkrafttreten muss man natürlich schauen: Wie sieht die Fahrzeugflotte aus? Nach Auffassung des MVI ist darauf zu achten, dass ein An
teil von mindestens 80 % an Pkws und leichten Nutzfahrzeu gen in Stuttgart die Anforderungen an die blaue Plakette er füllt. Dann kann diese Maßnahme auch auf Akzeptanz stoßen. Allein durch diese Maßnahme kann dem Ziel der Grenzwert einhaltung für Stickstoffdioxid erheblich nähergekommen werden.
Im Übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass auch die Au tomobilindustrie in Baden-Württemberg der Einführung einer blauen Plakette grundsätzlich offen gegenübersteht.
Frau Staatssekretärin, ich bin Ihnen dankbar, dass Sie dargelegt haben, dass Sie ein Ge samtkonzept entwickelt haben und sich dadurch von der frü heren Landesregierung in einem wesentlichen Punkt unter scheiden.
Mich würde interessieren, Frau Staatssekretärin, wie denn die Resonanz der Bürgerinnen und Bürger ist, ob der Feinstaub alarm akzeptiert wird und welche Rückmeldungen Sie aus der Bürgerschaft erhalten haben.
Vielen Dank für diese Nachfrage. – In der Tat gab es ja schon einen Feinstaubalarm, der Teil der ersten Stufe dieses Konzepts ist, also auf Freiwil ligkeit setzt. Der erste Feinstaubalarm hat vom 18. bis zum 21. Januar 2016 stattgefunden. Wir haben natürlich ausgewer tet, was in diesen Tagen passiert ist. Wir haben nach dem Fein staubalarm auch eine telefonische Bevölkerungsbefragung in Stuttgart und in der Region durchgeführt, und diese Befra gung erbrachte das Ergebnis, dass 70 % der Bevölkerung fin den, dass die Themen Luftreinhaltung und Gesundheit für Stuttgart eine hohe Bedeutung haben. 92 % der Bevölkerung wussten vom Feinstaubalarm. Wir haben also viele Bürgerin nen und Bürger mit den Informationen erreicht, in erster Li nie über Radio und Fernsehen. Insgesamt 27 % der Befrag ten, denen der Feinstaubalarm bekannt war, gaben an, dass sie auch in ihrem Mobilitätsverhalten darauf reagiert haben.
Wir haben auch beobachtet, dass der Kfz-Verkehr in den Ta gen des Feinstaubalarms, insbesondere am ersten Tag, leich te Rückgänge aufwies. Es gab gleichzeitig einen deutlichen Nachfrageanstieg bei ÖPNV und Carsharing, sodass wir schon davon ausgehen, dass der Feinstaubalarm einen deutlichen Ef fekt hatte. Wir müssen aber natürlich weiterhin daran arbei ten, diesen Effekt zu verstärken und weitere Maßnahmen zu ergreifen, damit weitere Feinstaubalarme einen noch größe ren Effekt haben.
Frau Staatssekretärin, können Sie denn sagen, wie viele Pendler, wie viele Fahrzeuge von einem Fahrverbot betroffen wären?
Zweitens: Wie viele wären denn von der Einführung einer blauen Plakette betroffen? Sie haben ja gerade gesagt, wenn 80 % der Fahrzeuge eine blaue Plakette hätten, machte es Sinn. Aber ich frage jetzt andersherum: Wie viele wären be troffen, und wie viele gibt es denn, die keine blaue Plakette haben?