Protokoll der Sitzung vom 18.02.2016

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn man Bedingungen formuliert, hilft man nicht, sondern verhindert man die richtige Politik. Wir erwarten von dieser Landesregierung, dass sie hilft.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Diesen Beitrag können Sie auch leisten, meine Damen und Herren.

Ministerin Öney hat gerade erklärt, die Bevölkerung mache eine weitere Million Flüchtlinge in einem Jahr nicht mit. Auf die Zwischenfrage vom Kollegen Zimmermann fiel ihr dann nichts ein, was es dazu zu sagen gibt,

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Ihnen ist gar nichts eingefallen! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Die FDP/DVP ist nicht die Antwort!)

obwohl völlig klar ist, was damit gemeint ist. Damit ist ge meint, dass die Bevölkerung so lange Radikale, die wir hier im Plenum nicht sehen wollen, stärkt, bis die Politik es end lich schafft, sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wirksame Konzepte zu formulieren. Das Asylpaket II ist eben aus unserer Sicht ein wirksames Konzept. Deshalb ist es not wendig, dass der Ministerpräsident des Landes Baden-Würt temberg heute hier im diesem Haus erklärt, er werde dem Asylpaket II zustimmen, und zwar ohne einen Kuhhandel.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

Das ist das, was wir wollen, und das, was man machen kann.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich beantworte Ihre Frage gern weiter, Herr Lehmann. Ihr Kol lege Lede Abal hat davon gesprochen, eine Informationskam pagne im Kosovo habe geholfen. Das ist auch etwas, was man tun kann, um Flüchtlingsströme zu bekämpfen. Aber das Wichtigste bei der Informationskampagne im Kosovo war, dass die Menschen im Kosovo erfahren haben, dass sie in ei nem sicheren Herkunftsland sind und es deshalb keinen Sinn mehr macht, nach Baden-Württemberg zu kommen.

Dieselbe Informationskampagne,

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Herr Kollege Lede Abal, die es im Kosovo gegeben hat, hät ten wir gern auch in Nordafrika, damit die Leute in den Ma ghreb-Staaten wissen, dass sie in sicheren Herkunftsländern sind und es keinen Sinn macht, nach Baden-Württemberg zu kommen.

(Zurufe der Abg. Beate Böhlen GRÜNE und Rita Haller-Haid SPD)

Das hätten wir gern.

Dann behaupten Sie, das Land Baden-Württemberg habe den Überhang bei den Abschiebungen nicht zu verantworten. Die Zahlen sind unstreitig – hoffentlich diese Zahlen. Ich argu mentiere auch überhaupt nicht mit Zahlen aus Bayern. Wir hatten nicht einmal 2 500 Abschiebungen im Jahr 2015, aber wir haben 25 000 Ausreisepflichtige. Das können Sie doch nicht bestreiten.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Sie können doch hier nicht sagen, Herr Kollege Lede Abal, das Land Baden-Württemberg habe mit dem Überhang nichts zu tun. Das passt überhaupt nicht zusammen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Herr Kollege Sakellariou, wenn Sie davon reden, BadenWürttemberg könne die Flüchtlingsströme nicht allein in den Griff bekommen, sind wir sofort mit Ihnen einig. Das ist ja klar. Aber Baden-Württemberg kann einen Beitrag leisten. Diesen Beitrag erwarten wir sowohl auf der Landesebene als auch im Bundesrat. Das meine ich.

Niemand, Herr Kollege Sakellariou, hat gesagt, wir sollten die nationalen Grenzen schließen – weder Kollege Mack noch ich.

(Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Was wollen Sie denn eigentlich?)

Das hat hier niemand behauptet. Deshalb brauchen Sie die Öffnung der nationalen Grenzen an diesem Pult auch nicht zu verteidigen.

(Zuruf der Abg. Edith Sitzmann GRÜNE)

Ich will damit schließen, dass ich Ihnen an einer Stelle aus drücklich recht gebe. Sie haben gesagt: „Wir erwarten, dass die Landesregierung im Bundesrat das Asylpaket II voran bringt.“ Da sind wir uns völlig einig. Das richtet sich aber an den Ministerpräsidenten,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: An die Landesregie rung!)

und das sollte man vielleicht auch von SPD-Seite etwas deut licher sagen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung hat In nenminister Gall um das Wort gebeten. – Bitte schön, Herr Minister.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und werte Kollegen! Sie, Herr Kollege Mack, haben im Rahmen Ihrer Ausführungen Bischof Marx zitiert

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Kardinal! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der andere Marx! – Vereinzelt Heiterkeit)

Entschuldigung – im Zusammenhang mit den Äußerungen, die er im Rahmen des gegenwärtigen Treffens im Kloster Schöntal gemacht hat. Ich möchte Sie bitten, die eine oder an dere Aussage, die er auch noch gemacht hat, nicht nur zur Kenntnis, sondern sich besser auch zu Herzen zu nehmen,

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

gerade weil Sie häufig das C im Namen Ihrer Partei erwähnt haben. Er hat nämlich auch davon gesprochen, dass die ge genwärtige Situation ein großer Testfall für die moderne Zi vilisation sei. Deshalb hat er ausdrücklich darum gebeten, dass wir uns, wenn es um das Lösen von Problemen geht, an die Kultur des Gesprächs und des Miteinanders erinnern.

Ob die heutige Debatte, wie sie von Ihnen und vom Kollegen Rülke angelegt war – da war von einem Konjunkturprogramm für die Rechtsradikalen, von Staatsversagen, Kuhhandel, Ge schachere die Rede –, dem Rechnung trägt, ist die Frage. Wenn Sie dann auch noch abgängige Flüchtlinge aus einer Flüchtlingsunterkunft in diesen Kontext stellen, darf wirklich bezweifelt werden, dass Sie wirklich an einem ernsthaften Miteinander im Sinne eines Gesprächs und eines konstrukti ven Suchens nach Lösungen interessiert sind.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, jetzt habe ich – jedenfalls ein Stück weit – eine gemeinsame Basis vernommen, als es in der Re de des Vertreters der CDU darum ging, dass wir tatsächlich nicht nur eine humanitäre, sondern auch eine verfassungs rechtliche Verpflichtung haben, mit diesem Thema nicht nur anständig, sondern immer auch rechtskonform umzugehen. Genau das machen wir. Deshalb sind Hinweise und Floskeln, die so nebenbei platziert werden, etwa dass Flüchtlinge ab gängig seien und was dies mit Rückführungsmanagement und Ähnlichem zu tun habe – gerade so, als könnten wir diese Menschen einsperren –, jedenfalls nach meiner Ansicht alles andere als hilfreich und zielführend.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

(Zuruf von der CDU: Wie immer! – Gegenruf von der SPD: Nicht immer!)

Nein.

Meine Damen und Herren, auch in Folgendem habe ich, zumindest weitestgehend, Kon sens feststellen können: Wir sind uns offenbar darüber einig, dass es, wenn wir über Zugangsbegrenzungen oder jedenfalls die Minimierung des Flüchtlingsstroms nach Europa und ge rade auch nach Deutschland reden, in erster Linie darauf an kommt, dass es eine gemeinsame Verantwortung innerhalb der Europäischen Union gibt.

Deshalb sollten wir an einem Tag wie diesem im Grunde bei de Daumen drücken; wir sollten der Kanzlerin die Daumen drücken, die im Moment tatsächlich auf der europäischen Ebe ne verhandelt. Aber auch an diesem Beispiel merkt man wie

der, wie schwierig dies doch ist. Denn einer der wichtigen Ge sprächspartner in diesem Zusammenhang kann heute an die sen Gesprächen nicht teilnehmen, nämlich die Türkei, und zwar aufgrund der dortigen Anschläge – inzwischen hat sich ein weiterer Anschlag ereignet –, und deshalb geht es manch mal eben nicht in der Geschwindigkeit vonstatten, wie wir es uns eigentlich wünschen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Geschwindigkeit?)

Herr Kollege Zimmermann, zum Thema Geschwindigkeit: Wir sollten uns gelegentlich die Zeitachse, auf der wir disku tieren, bewusst machen. Denken wir einmal an das erste Asyl paket, an das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz, und re alisieren wir, in welchem Zeitraum wir uns dabei befinden. Wann wurde dies auf Bundesebene beschlossen, und wann ha ben wir in Baden-Württemberg die Möglichkeit gehabt, ent sprechend zu handeln? Das ist gerade einmal drei Monate her und nicht viel länger. Ich finde, mit Blick auf diese kurze Zeit können wir feststellen, dass wir – die Vorredner haben auch schon darauf aufmerksam gemacht – in Baden-Württemberg tatsächlich bereits einiges nach vorn gebracht und bewirkt ha ben.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, dass wir Fluchtursachen bekämp fen müssen, dass wir den Zustrom minimieren müssen, dass wir für eine gerechtere Verteilung sorgen müssen, darin sind wir uns doch einig. Deshalb verstehe ich die Schärfe auch gar nicht, die in diese Diskussion gebracht wird. Ja, es ist so – die Integrationsministerin hat darauf hingewiesen –: Wenn es um die Stärkung von Frontex oder EASO geht, so ist dies relativ schnell beschlossen und auch artikuliert. Aber die Umsetzung kann doch nicht auf Knopfdruck, von heute auf morgen funk tionieren. Auch dies muss erst organisiert und in die Gänge gebracht werden.