(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und Kolle gen! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So viel Zeit muss sein!)
Ich bin nun schon ein paar Jahre im landespolitischen Ge schäft unterwegs, aber, Herr Kollege Rülke und Herr Kolle ge Nemeth, ich meine, das, was Sie heute Morgen geboten ha ben, haut dem Fass wirklich den Boden aus.
(Abg. Paul Nemeth CDU: Jetzt warten wir einmal auf Ihre Performance! Frau Sitzmann hat gesagt, das war stark!)
Fangen wir einmal mit der Beantragung dieser Aktuellen De batte durch Ihre Fraktion, Herr Kollege Rülke, an. Auf Antrag einer Partei, die für sich in Anspruch nimmt, das freie und pri vate Unternehmertum besonders hochzuhalten, sprich der FDP, sollen wir heute über ein Unternehmen sprechen, das von Ihnen, Herr Rülke, vor gerade einem Dreivierteljahr mit verstaatlicht wurde. Das ist die Ausgangssituation.
Nicht, dass Sie mich falsch verstehen; ich habe nichts gegen die Daseinsvorsorge in öffentlicher Hand.
Aber Sie müssen doch zugeben: Eine gewisse Ironie hat es schon, wenn sozusagen die Enkel von Otto Graf Lambsdorff hier im Haus
erst einmal ein Unternehmen verstaatlichen und dann auch noch hier im Parlament über den Kurs dieses Unternehmens diskutieren wollen, angefangen bei der Frage der Strategie über die Frage der Kapitalerhöhung
Herr Kollege Nemeth, jetzt kann man schnell einmal auf ei ne Sitzung von Kreisräten in Oberschwaben verweisen und sagen: „In zwei Stunden werdet ihr das doch auch hinbekom men.“ Ich will Ihnen eines sagen: Wir tragen Verantwortung für die Steuereinnahmen und für den Umgang mit den Steu ergeldern.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Kreisräte tragen auch Verantwortung! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Der Landtag trägt Verantwortung! Deswegen dürfen wir diese Fragen stellen!)
Wir tragen Verantwortung für den Umgang mit den Steuer geldern von mehr als zehn Millionen Baden-Württembergern und Baden-Württembergerinnen. Bevor wir einen solchen Schritt machen, überlegen wir uns sehr genau: Ist die Strate gie die richtige? Sind die Voraussetzungen gegeben?
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Dann muss man auch überlegen, ob die Strategie des Wartens die richtige ist!)
Herr Kollege Rülke, man sollte glauben, dass sich die FDP, eine marktliberale Partei, im Aktienrecht ein bisschen aus kennt.
Darin steht sinngemäß, dass die strategische Ausrichtung ei nes Unternehmens im Vorstand erarbeitet, mit dem Aufsichts rat diskutiert und von diesem genehmigt wird. Es steht mei nes Wissens nichts darüber drin – ich habe jedenfalls nichts gefunden –, dass auch im Parlament darüber diskutiert wird, geschweige denn, dass man im Parlament auch noch über Per sonalfragen eines solchen Unternehmens diskutiert.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist Ih re Politik des Gehörtwerdens! – Zuruf des Abg. Pe ter Hauk CDU)
Ich kann mich über das, was Sie da treiben – jetzt von uns zu verlangen, hier auf offenem Feld Dinge zu diskutieren, die nicht in die Öffentlichkeit gehören –, nur wundern. Das muss ich Ihnen wirklich sagen.
Erst verstaatlichen Sie das Unternehmen, werden nicht zuletzt wegen dieses Deals abgewählt – zu Recht, wie ich finde –,
und dann wollen Sie, dass wir als Nachfolgeregierung über diese Punkte – Personal, Strategie, Kapitalerhöhung – im Par lament öffentlich diskutieren. Das hat schon etwas, Herr Kol lege Rülke.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Kommen Sie auch irgendwann einmal zur Sache? – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Ich will an dieser Stelle ein Zitat anführen, auf das ich bei der Vorbereitung dieser Rede gestoßen bin:
Das Land Baden-Württemberg will sich auch als neuer EnBW-Hauptaktionär nicht in das operative Geschäft des Stromkonzerns einmischen.
Dieses Zitat stammt, wie Sie zu Recht vermuten, aus einer Pressemitteilung des Staatsministeriums vom 7. Dezember 2010. Das war einen Tag nach dem Tag, an dem der frühere Ministerpräsident den Deal vollzogen hat.
Ich kann hier nur sagen: In diesem einen Punkt stimme ich dem früheren Ministerpräsidenten voll und ganz zu und kann Ihnen nur empfehlen,
nochmals in sich zu gehen und sich zu überlegen, ob Ihre da malige Position nicht doch ein bisschen klüger war als das Brimborium, das Sie heute Morgen in dieser Aktuellen De batte, die Sie beantragt haben, veranstalten.
Erstens: Über den mit dem Erwerb der EnBW-Anteile un trennbar verbundenen Verfassungsbruch brauche ich in die sem Hohen Haus heute nicht mehr zu sprechen. Darüber wur de bereits diskutiert. Ich erspare es Ihnen, noch einmal darauf einzugehen. Ich denke, auch in der Öffentlichkeit ist ausrei chend deutlich geworden, was von diesem Vorgang zu halten ist.
Zweitens: Die Landesregierung untersucht die Transaktion des Aktienerwerbs und wird prüfen, ob und, wenn ja, gegen welche Beteiligte sie Ansprüche geltend machen kann. Hier über werden wir dem Parlament zu einem gegebenen Zeit punkt auch berichten.
Meine Damen und Herren, werfen wir einen Blick auf die ak tuelle Ausgangsituation. Das Land und die OEW sind mit ei nem Anteil von jeweils knapp 47 % die entscheidenden Akti onäre der EnBW und tragen deshalb ohne Wenn und Aber – um auch dies deutlich zu sagen – Mitverantwortung für die ses Unternehmen und damit auch für die dort tätigen Mitar beiterinnen und Mitarbeiter.
Damit nicht genug: Auch für die Sicherheit der Energiever sorgung in Baden-Württemberg und für die Gestaltung der Energiewende tragen wir Verantwortung. Die Landesregie rung wird die Energiewende entlang des energiepolitischen Zieldreiecks Versorgungssicherheit, Wirtschaftlichkeit und Klimaverträglichkeit in den kommenden Jahren aktiv mitge stalten. Daran werden wir – da können Sie sicher sein – kei nen Zweifel lassen. Die Landesregierung bekennt sich zu gleich zu ihrer Verantwortung als Anteilseigner für die Zu kunft des Unternehmens selbst. Wir werden das fiskal- wie auch das energiepolitisch Verantwortliche dazu tun, die EnBW als zentralen und profitablen Akteur der Energiewende zu po sitionieren.