Protokoll der Sitzung vom 09.02.2012

Sie tun da immer so, als wäre da alles irgendwie geritzt. Aber natürlich haben wir auch in diesem Bereich jede Menge klei ne und mittlere Projekte von Ihnen übernommen. Wir finden diese Projekte übrigens auch alle gut, aber viele dieser Pro jekte sind auch da nicht durchfinanziert. Nun liegt das nicht alles an Ihnen, Ihrer Vorarbeit, sondern die Mittel aus Berlin sind natürlich über Jahre hinweg systematisch in zu geringem Maß in diesen Bereich, in den Schienenverkehr, in den ÖPNV geflossen.

Jetzt haben wir einen neuen Anlauf unternommen, beispiels weise bei den GVFG-Mitteln, die Sie sehr herausstellen. Herr Haußmann sagt, was für eine schlimme Maßnahme es sei, wenn man, statt 40 % der Landes-GVFG-Mittel in den ÖPNV zu stecken, jetzt 60 % in den Umweltverbund steckt.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Jawohl! Sehr gut!)

Aber wenn ich etwas für den Klimaschutz tun möchte, wenn ich Energie einsparen möchte, mit Ressourcen sparsam um gehen möchte, dann muss ich doch irgendetwas tun und in

vestieren. Sie haben gerade, als Kollege Untersteller seine Re de gehalten hat, lauthals gefordert, er solle endlich einmal mehr für das Energiesparen tun, er solle endlich einmal etwas für den Klimaschutz tun; das wäre ja gar nicht ambitioniert. Aber wenn wir über Verkehr reden, dann sagen Sie nur: Stra ßen, Straßen, Straßen. Aber damit kann man das Klima nun wirklich nicht schützen. Da müssen Sie umsteuern.

(Beifall bei den Grünen)

Jetzt investieren wir in einem Jahr gerade einmal 10 Millio nen € weniger in den kommunalen Straßenbau und geben da für 10 Millionen € mehr in den Umweltverbund – Fußgänger verkehr, Radverkehr und ÖPNV. Das ist beileibe keine Revo lution. Wir brauchen da noch ein paar weitere Schritte. Aber es ist wenigstens ein Ansatz, auf klimafreundlichen Verkehr, auf eine andere Zusammensetzung des Verkehrs, auf einen an deren Modal-Split zu setzen. Aber schon das ist Ihnen zu viel. Da muss ich sagen: Sie sind verkehrspolitisch tief in den Sieb zigerjahren hängen geblieben. Da ist aber wirklich nichts Neu es vorhanden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Und das mit dem besten ÖPNV in Deutschland! Alles, was recht ist!)

Meine Damen und Herren von der Opposition, was Ihnen wehtut, ist, dass wir in einigen Projekten in den letzten Mo naten ein ganz gutes Stück vorangekommen sind, und zwar z. B. bei der Südbahn. Weil wir es geschafft haben, dass wir Geld in den Etat eingestellt haben, war jetzt der Bund in der Zwangslage, dass er endlich springt. Jetzt haben wir die Zu sage, dass er es prioritär setzt.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Jetzt werden wir dafür kämpfen, dass es in den nächsten Jah ren begonnen wird und nicht hinausgeschoben wird.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Wir stecken übrigens Eigenmittel auch in das landeseigene Schienennetz. Das haben Sie völlig vernachlässigt. Sie haben z. B. Sicherheitsstandards, die inzwischen gang und gäbe sind, nicht realisiert. Da investieren wir; da modernisieren wir. Das sind fast 30 Millionen €. Das ist auch die Aufgabe der nach holenden Sanierung und Modernisierung, die Sie uns hinter lassen haben. Wir investieren in Sicherheitstechnik, und wir glauben, dass wir in diesem Bereich einen guten Schritt vor ankommen.

Nun zum Thema Rheintalbahnausbau. Dabei ist in den ver gangenen zwei Wochen auch dank unseres Einsatzes einiges in Gang gekommen.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Oho! Von „Kannibalisie rung“ haben Sie gesprochen!)

Am meisten haben natürlich Sie dazu beigetragen, Frau Ra zavi. Sie sind die Mutter des Ausbaus der Rheintalbahn.

Wir waren in Berlin und haben dort verhandelt. Der Bund hat uns ein Angebot für die Umfahrung bei Buggingen, für die Durchfahrung des Markgräferlands, die sogenannte Bürgertras

se, sowie für Lärmschutzmaßnahmen bei Freiburg gemacht. Das ist ein neues und für mich überraschendes Angebot, weil der Bund immer gesagt hat: In diesem Bereich geben wir nichts.

Jetzt kommt ein Angebot, und das prüfen wir genau. Es gibt noch einige Punkte zu prüfen und zu klären.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Geben Sie auch Geld?)

Die SPD-Fraktion und die Fraktion GRÜNE haben in dieser Woche grünes Licht gegeben, dass wir in diesem Sinn weiter verhandeln können. Zudem haben wir hierzu einen Landtags beschluss.

Jetzt sage ich Ihnen etwas zu dem Antrag, den Sie, die CDU, kurzfristig eingebracht haben. Dieser Antrag ist völlig unse riös.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Warum?)

Sie haben aus den „bis zu 50 %“ einfach 50 % gemacht. Dies ist ein großer Unterschied. Sie haben zudem überhaupt nicht geklärt, worauf genau sich das bezieht. Außerdem haben Sie keine Jahreszahl genannt. Das ist eine Form unseriöser Poli tik, die ich auch im Bereich der Schiene ablehne. So kann man nicht arbeiten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich werde, begleitet von einer guten Unterstützung durch die beiden Regierungsfraktionen, mit dem Bund weiterverhan deln. Ich hoffe, dass wir letztlich einen Knopf daranmachen und sagen können, dass wir auch dabei ein gutes Stück vor angekommen sind.

Jetzt komme ich auf die Punkte zu sprechen, die weiter ge hend sind als das, was wir nur bezogen auf das Land bespre chen. Ich will Sie nochmals sehr deutlich darauf hinweisen, dass der Bereich Verkehrsinfrastruktur insgesamt – Schiene, Straße, Wasserstraße – gravierend unterfinanziert ist, vor al lem was Projekte des Bundes angeht. Die größte Unterfinan zierung zeigt sich im Bereich der Wasserstraßen. Große Lü cken zeigen sich auch beim Straßen- und beim Schienenver kehr, und zwar in Milliardenhöhe.

Nach dem Auslaufen des Gemeindeverkehrsfinanzierungsge setzes haben wir keine Nachfolgeregelung. Wir wissen nicht, wie es ab 2014 weitergeht. Wenn es zu einem Abschmelzen gegen null kommt, dann können alle in ihrer jeweiligen Re gion einpacken. Dann wird keines der ÖPNV-Projekte mehr abgeschlossen werden können.

Deshalb kann ich nur an Sie appellieren: Wir müssen gemein sam dafür sorgen, dass auf Bundesebene rasch eine Nachfol geregelung gefunden wird, damit dieses Defizit im Infrastruk turbereich endlich beseitigt wird. Ansonsten können wir auf Landesebene einpacken.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben es doch mit be schlossen!)

Noch ein Wort zum Landesplanungsgesetz und zum Ausbau der Windkraft. Herr Hauk, Sie haben uns vorgeworfen, es ge he nichts voran, es gehe nicht schnell genug. Wir haben einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem wir schnell die Vorausset zungen dafür schaffen können, dass die Kommunen, aber auch die Regionalverbände neu planen können. Dazu gibt es auch Fristen. Diese haben wir zunächst knapp bemessen. Wir sind durch die Lande gezogen und haben mit Bürgermeistern und mit Regionalverbandsvertretern darüber diskutiert. Hierzu ha ben wir vier große Veranstaltungen durchgeführt, die auf gro ße Resonanz gestoßen sind.

Alle haben gesagt: Im Großen und Ganzen ist es eigentlich gut, aber es geht zu schnell. Jetzt korrigieren wir das. Nun sind Sie die Ersten, die schreien, wir würden nichts hinbekommen. Jetzt gehen wir auf die Leute ein; jetzt gehen wir auf die Ein wände ein, und Sie sagen, es gehe nicht schnell genug. Dabei hatten Sie jahrzehntelang Zeit, es schneller zu machen. Das haben Sie offensichtlich ganz vergessen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Das war gar nicht notwen dig!)

Ich habe selten Fraktionen gesehen, die so dramatisch an po litischer Amnesie leiden wie Sie.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen und Abgeord neten der SPD – Zurufe von der CDU und der FDP/ DVP)

Ich komme zum Schluss. Wir haben die ersten Schritte in Richtung nachhaltige Mobilität eingeleitet. Das ist ein großes und ambitioniertes Programm. Es sind die ersten kleinen Schrit te. Wir haben noch eine Menge Altlasten zu beseitigen. Es wird dauern, bis man in die Zukunft gehen und wirklich In novatives und Neues machen kann. Wir werden aber beharr lich daran arbeiten. Ich freue mich auf Ihre Unterstützung und auf die stetige, tatkräftige Kritik der Opposition.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Klaus Herrmann CDU: Ein Armutszeugnis für die Verkehrspolitik! – Lebhafter Widerspruch)

Herr Minister Hermann, es gibt drei Nachfragen. Das Wort hat zunächst Herr Abg. Müller.

Herr Minister, Sie haben vorhin davon gesprochen, dass die CDU und die FDP/DVP eine Ver kehrspolitik der Siebzigerjahre machten und dass diese sich auf die Forderung nach mehr Straßen beschränke. Erstens: Wie erklären Sie sich dann unseren Einsatz für ein Schienen projekt im Jahr 2011 und in all den Jahren zuvor – Sie wis sen, welches ich meine –,

(Abg. Andreas Stoch SPD: Welches? Südbahn?)

gegen die Grünen und gegen diesen Minister?

Zweitens: Wie erklären Sie sich, dass traditionell, schon seit Mitte/Ende der Neunzigerjahre, erheblich mehr Geld, unge fähr das Doppelte bis Zweieinhalbfache, für den ÖPNV statt für den Straßenbau ausgegeben wird?

(Beifall bei der CDU – Abg. Klaus Herrmann CDU: Davon hat er nicht gesprochen! – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist dann Ministerialamnesie!)

Sehr geehrter Herr Müller, wir haben natürlich zur Kenntnis genommen, dass Sie sich sehr vehement für ein Großprojekt eingesetzt haben, und dass dieses Großprojekt viel Geld kostet, haben wir auch wahrgenommen.

(Zuruf des Abg. Manfred Hollenbach CDU)

Dass uns dieses Projekt jetzt bei der Finanzierung noch das eine oder andere Problem bereiten wird, haben wir ebenfalls zur Kenntnis genommen.

Aber wir haben auch gesehen, dass, wenn man sich zu sehr auf wenige Großprojekte konzentriert, die vielen kleineren Projekte im ländlichen Raum auf der Strecke bleiben.

(Zuruf von der CDU: Wo?)

Sie werfen mir ja vor, ich hätte zu wenig für den ländlichen Raum getan. Aber Sie haben sich gerade in der Schienenpo litik in den letzten Jahren unglaublich auf den Großraum Stutt gart und dieses eine Projekt konzentriert, und die anderen Pro jekte sind nicht vorangekommen.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Nicole Razavi CDU: Das ist doch nicht wahr! – Abg. Peter Hauk CDU: Das ist doch gar nicht wahr! So ein Schwachsinn! Unglaublich!)