(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Nach Angaben des Sta tistischen Landesamts! Das hätten wir auch nicht an ders gemacht!)
Ja, ja. – Dieses Programm „Hochschule 2012“ und dessen Umsetzung – das muss man, glaube ich, einmal in aller Deut lichkeit sagen – stellt nicht nur eine Riesenleistung der Fi nanzpolitik, der Haushaltspolitik des Landtags dar, sondern auch eine Riesenleistung der Hochschulen im Land, die zum Teil wirklich an der Grenze arbeiten, um die hohe Zahl der Studienanfänger in eine Ausbildung zu bekommen. Dem gilt unser Dank.
Meine Damen und Herren, eines wird auch immer klarer: Die Finanzpolitiker dürfen sich keine Hoffnungen machen, dass diese hohe Zahl an Anfängerstudienplätzen, an Studienplät zen kurzfristig zurückgefahren werden kann. Nein, die höhe ren Übergangsquoten und nicht nur die geburtenstarken Jahr gänge werden diese Zahl für längere Zeit oben halten. Auch der Aufwuchs bei den dringend erforderlichen Masterstudi engängen und Masterstudienplätzen wird sicherlich auch im Bereich der Finanzen keine Entlastung bringen können.
Nun komme ich zu einigen Punkten, meine Damen und Her ren, bei denen wir eine deutliche Neuorientierung der Hoch
schulpolitik vorgenommen haben. Es wird Sie nicht wundern: Ich werde als Erstes hier noch einmal das Thema Studienge bühren ansprechen. Wir haben die Studiengebühren abge schafft, und zwar zu Recht. Wir haben den Hochschulen eine faire Kompensation gegeben. Ich verstehe den Antrag und die aufgeregten Diskussionsbeiträge der CDU hierzu nicht.
Nach all dem, worüber wir hier in den letzten Wochen disku tiert und uns ausgetauscht haben, hätte ich von Ihnen, Herr Dr. Birk, eigentlich etwas mehr Einsicht und Verständnis für diesen Vorgang erwartet. Deswegen sage ich es Ihnen hier noch einmal in aller Deutlichkeit: Studiengebühren sind un sozial, und sie halten Menschen vom Studium ab.
Wenn Sie so tun, als würde ein Studium nichts mehr kosten, wenn man die Studiengebühr von 500 € pro Semester ab schafft, sage ich Ihnen: Auch ohne Studiengebühren kostet ein Studium noch sehr viel Geld und ist für viele Familien ein ge waltiger finanzieller Kraftakt.
Wir werden diese Familien nicht zusätzlich mit Studiengebüh ren belasten. Deswegen ist die Abschaffung völlig richtig.
Nun noch ein weiterer Punkt bei der Neuorientierung unserer Hochschulpolitik: Wir werden – es wurde oft darüber disku tiert, oft gefordert; nun ist es auf dem Weg – eine Demokrati sierung der Hochschulen einleiten. Der Gesetzentwurf zur Verfassten Studierendenschaft, der sich jetzt in der Anhörung befindet, ist im Internet veröffentlicht worden. Auch das ist eine neue Form der Beteiligung und der Teilhabe an Entschei dungsprozessen.
Die Neuausrichtung – wir haben das hier auch schon einmal besprochen – in der Hochschulpolitik gilt auch für die Uni versitätsmedizin. Das unsägliche Universitätsmedizingesetz wurde rückabgewickelt, und ein neues Gesetz wird auf Au genhöhe mit den Beteiligten entstehen.
Meine Damen und Herren, einen weiteren Punkt will ich an sprechen. Beim Kassensturz wurde eines klar: Im Bereich der Hochschulbauten besteht Sanierungsbedarf in Milliardenhö he. Die Vorgängerregierung hat nichts gemacht. Wir gehen das Problem nun an und haben in diesen Haushalt einen deut
lichen zweistelligen Millionenbetrag eingestellt, um mit der Abarbeitung des Sanierungsstaus zu beginnen.
Es wird auch neu gebaut, um dem Ansturm der Studierenden gerecht zu werden. Mosbach wurde genannt. Ulm und ande re Hochschulstandorte werden durch Neubauten gestärkt.
Jetzt hat hier auch das Thema „Duale Hochschule“ schon ei ne Rolle gespielt. Deswegen will ich auch dazu und zu dem betreffenden Antrag der CDU-Fraktion etwas sagen. Für uns ist es völlig klar: Die Duale Hochschule ist ein absolut wich tiger Bestandteil unserer Hochschullandschaft. Sie ist praxis orientiert und wirtschaftsnah, und dort wird eine hervorragen de Ausbildung sichergestellt. Aber eines ist auch klar: Die Du ale Hochschule – Sie haben das schon angesprochen, Herr Kollege von den Grünen – ist strukturell unterfinanziert. Für diese strukturelle Unterfinanzierung, die seit Beginn der Exis tenz dieser Hochschule gegeben ist, tragen Sie, meine Damen und Herren von den früheren Regierungsfraktionen, die Ver antwortung.
Hier jetzt einfach mit einem Antrag auf Erhöhung der Kom pensationsmittel zu kommen ist keine Abhilfe. Uns – das ist ein Grundsatz – ist jeder Studierende gleich viel wert. Des wegen gibt es die Kompensationsmittel für jede Hochschul art, für jeden Studierenden in gleicher Höhe. Wir haben aber das Problem dieser strukturellen Unterfinanzierung der Dua len Hochschule erkannt. Wir sind mit den Verantwortlichen im Gespräch und werden auch dafür eine faire Lösung finden.
An dieser Stelle will ich etwas zu den Hochschulen für ange wandte Wissenschaften, zu den ehemaligen Fachhochschulen, sagen. Wir sind froh, dass wir in Baden-Württemberg nicht nur Spitzenuniversitäten haben, sondern auch sozusagen eine breite Liga der Hochschulen für angewandte Wissenschaften. An diesen Hochschulen wird hervorragende Arbeit geleistet. Diese Hochschulen leisten gerade im Rahmen des Programms „Hochschule 2012“ Großes und sorgen durch eine gute Aus bildung dafür, dass unserem Mittelstand hoch qualifizierte In genieure zur Verfügung stehen.
Wir werden die Hochschulen in Baden-Württemberg stärken. Deswegen haben wir 8 Millionen € zur Förderung der ange wandten Forschung an den ehemaligen Fachhochschulen in diesen Haushalt eingestellt.
Eines ist meiner Fraktion sehr wichtig: Diese ehemaligen Fachhochschulen sind traditionelle Ausbildungsorte mit ei nem eher niedrigschwelligen Zugang. Sie waren und sind ein Transmissionsriemen für den sozialen Aufstieg. Sie ermögli chen Menschen ein Studium, die zum Teil eher aus bildungs fernen Schichten kamen und kommen. Wir sehen deswegen bei dieser Hochschulart eine große Zukunftsaufgabe hinsicht lich der Heranführung junger Menschen – insbesondere mit Migrationshintergrund – an ein Studium. Ich glaube, dass dies ein wichtiger Beitrag sein kann, um dem Ingenieurmangel Herr zu werden.
Nun möchte ich zu dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion kommen, in dem es um die Studiengebühren an den kirchli chen Hochschulen geht. Ich muss in aller Klarheit Folgendes feststellen: Kirchliche Hochschulen sind private Hochschu
len. Der Landtag hat weder Studiengebühren an diesen Hoch schulen eingeführt, noch kann er sie abschaffen.
Das müssen Sie von der CDU auch ganz genau wissen. Ihr Antrag, mit dem Sie den kirchlichen Hochschulen Kompen sationsmittel zur Verfügung stellen wollen, ist reiner Populis mus. Wenn wir diesen Antrag annehmen würden, würden wir Tür und Tor für Kompensationsmittel für alle privaten Hoch schulen öffnen. Das geht so nicht.
Wir haben das Problem erkannt. Wir werden auch in diesem Fall gemeinsam mit den Hochschulen eine Lösung finden. Ih ren Antrag müssen wir heute aber leider ablehnen.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Beschäftigt man sich mit dem Einzel plan 14 – Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst –, so stellt man fest, dass die neu gewählte Landesregierung in den allermeisten Bereichen die Politik der CDU-FDP/DVPVorgängerregierung fortsetzt.
Zu nennen sind in diesem Zusammenhang u. a. der Hoch schulpakt und das Programm „Hochschule 2012“, das in die sem Jahr in die Zielgerade einläuft. In diesen Bereichen un terstützt die FDP/DVP den Haushaltsentwurf; denn Planungs sicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen sind die we sentlichen Grundlagen für ein erfolgreiches wissenschaftli ches Arbeiten.
„Never change a winning team” – dieser Grundsatz aus dem Sport kann auch für die Politik im Wissenschaftsland BadenWürttemberg gelten, aber keineswegs nur im Hinblick auf die bevorstehende zweite Exzellenzrunde. Dennoch ist der vor liegende Einzelplan 14 auch Ausdruck einer falschen Wei chenstellung der grün-roten Koalition. Die ersten Folgeprob leme der kürzlich vorgenommenen Abschaffung der Studien gebühren zeigen sich nämlich bereits an dieser Stelle: 117 Mil lionen €, die wir an anderer Stelle im Hochschulbereich gut hätten gebrauchen können, müssen nun als Kompensations mittel bereitgestellt werden.
Frau Ministerin Bauer, es ist schon ulkig, dass Sie wenige Wo chen nach der Verabschiedung des Studiengebührenabschaf fungsgesetzes plötzlich feststellen, dass für die Bewältigung des eigentlich sehr erfreulichen Zuwachses an Studierenden das Geld fehlt.
Statt sich nun selbst auf die Suche nach Lösungen zu machen, was eigentlich Ihre Aufgabe als Ministerin wäre, rufen Sie einfach nach dem Bund nach dem Motto: Hauptsache, jemand anders hat den Schwarzen Peter. Dabei ist der Bund laut Grund gesetz nicht für die Hochschulen zuständig, sondern zustän dig sind die Länder. Bereits jetzt beteiligt sich der Bund über den „Hochschulpakt 2020“ freiwillig am Ausbau der Hoch schulen. Voraussichtlich wird er sich auch einer weiteren Be teiligung nicht verweigern. Die Verantwortung und damit auch der Großteil der Finanzierung eines Hochschulausbaupro gramms bleiben jedoch beim Land.
Über die Abschaffung der Studiengebühren sind die Hoch schulen übrigens alles andere als glücklich; denn sie wissen, dass die für die Kompensation aufgewandten Mittel im Haus halt an anderer Stelle fehlen. Auch ist nicht völlig auszuschlie ßen, dass der Sonderposten Kompensationsmittel angegangen wird, wenn einmal schlechtere Zeiten kommen. Dann werden Tauschgeschäfte möglich sein, die unter dem Strich sicherlich nicht zugunsten der Hochschulen ausgehen. Vielleicht erklärt dieser Umstand auch Ihren rätselhaften Widerstand gegen ei nen zusätzlichen Solidarpakt, gegen den man sonst eigentlich nichts haben kann.
Schlimm finde ich vor allem, dass sich Grüne und SPD so tief in das Dogma der Gebührenabschaffung verbohrt haben, dass sie sich einem Nachdenken über alternative Wege der Hoch schulfinanzierung mit sozialverträglicher Beteiligung der Stu dierenden, wie beispielsweise durch nachlaufende Studienge bühren, schlichtweg verweigert haben.