Protokoll der Sitzung vom 10.02.2012

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abg. Storz das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Für mich als Neuling waren die Beratungen im Finanz- und Wirtschaftsausschuss spannend, vor allem, weil ich beobachten konnte: Wie reagiert denn die Opposition auf unsere Vorschläge zur Aufstellung des Haus halts? Da ist mir aufgefallen, dass Sie von der CDU und der FDP/DVP insgesamt 183 Änderungsanträge gestellt haben.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Haben Sie mitge zählt?)

Ja, ich habe mitgezählt. – Das ist eine stattliche Zahl, im merhin pro Einzelplan durchschnittlich mehr als zehn.

(Abg. Tanja Gönner CDU: Insgesamt sind es so vie le Anträge, Ihre eingeschlossen!)

Zum Einzelplan 07 – Ministerium für Finanzen und Wirtschaft – haben Sie von der Opposition gerade einmal drei Anträge gestellt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Was, nur drei? Dann ist ja al les in Ordnung!)

Zustimmungsfähig waren diese beim besten Willen nicht. Aber darum geht es gar nicht; diese verschwindend geringe Zahl zeigt vielmehr, dass sogar Sie seitens der Opposition nicht wirklich etwas an der Wirtschaftspolitik der grün-roten Landesregierung auszusetzen haben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Solange es keine gibt!)

Herr Löffler, Sie haben versucht, mit einer sehr bildhaften Sprache, aber mit wenig konkretem Inhalt deutlich zu machen, dass die Landesregierung keine eigenständigen Impulse set ze.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: So ist es!)

Dass dem nicht so ist, auch wenn Sie es nicht zugeben wer den, wissen Sie, und ich werde es noch im Einzelnen aufzei gen.

Zuvor möchte ich aber deutlich machen, was unsere Wirt schaftspolitik von der konservativ-liberalen unterscheidet. Ih nen geht es darum, für das Kapital die besten Verwertungsbe dingungen zu schaffen. Das nennen Sie unternehmer- oder wirtschaftsfreundlich. Jeder Euro Steuern vermindert zwangs läufig die Erträge, die Kapitaleigner aus ihren Unternehmen schöpfen können. Daher reden Sie permanent von niedrige ren Steuern.

Aber nicht das Kapital, sondern das Wissen und Können der Arbeiter, der Angestellten, der Ingenieure und der Fachkräfte schafft Werte. Arbeit, und zwar gute Arbeit, ist die Vorausset zung für die Gewinne der Unternehmen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Haben Sie „Marx für Anfänger“ gelesen?)

Deswegen wollen wir mit unserer Wirtschaftspolitik die Be dingungen dafür schaffen und langfristig sichern, dass in un serem Land tüchtige Unternehmer und fleißige Arbeitnehmer auch weiterhin gute Produkte entwickeln und auf den Markt bringen können, die die ganze Welt kaufen will. Ohne Arbeit nehmerinnen und Arbeitnehmer geht das nicht. Sie haben ei nen Anspruch auf einen gerechten Anteil an den Werten, die sie geschaffen haben.

Wie wichtig der Faktor Arbeit in unserem Wirtschaftssystem ist, zeigt ein Thema, von dem Sie auch schon geredet haben. Ich spreche vom drohenden Fachkräftemangel. Es ist ein be ängstigendes Szenario, wenn in einem reichen Land Unter nehmer volle Auftragsbücher haben, aber niemanden mehr

finden, der die Arbeit gut und qualifiziert erledigen kann. Wenn gegen den Fachkräftemangel angegangen werden soll, reicht es nicht, als Politiker eine Rede zu halten. Es geht dar um, alle Akteure an einen Tisch zu holen, die es in der Hand haben, gemeinsam mit verbindlichen eigenen Beiträgen etwas gegen den Fachkräftemangel zu tun.

Mit der „Allianz für Fachkräfte“ ist Wirtschaftsminister Nils Schmid genau dies gelungen. Für diese Allianz haben wir im Finanzausschuss die Haushaltsansätze der Regierung erhöht.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Und was machen Sie damit?)

Erfolgreiche Wirtschaftspolitik folgt nicht zwangsläufig dem Gesetz der großen Zahl. Nicht immer bewirken große Sum men Großes. Es kommt vielmehr darauf an, gute Konzepte fi nanziell ausreichend auszustatten. Man erreicht auch vieles, wenn man kleinere Beiträge an der richtigen Stelle zielgerich tet einsetzt.

(Abg. Ingo Rust SPD: Sehr richtig!)

Diesen Weg gehen wir mit der Förderung von Innovationen kleiner und mittlerer Unternehmen. Von dem Konzept des In novationsgutscheins B Hightech profitieren zielgerichtet klei ne Unternehmen in der Gründungsphase.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Haben Sie das erfunden?)

So machen wir aus einer Idee, die zugegebenermaßen von der FDP kommt, von uns aber aufgenommen und weiterentwi ckelt wurde, ein wirksames Förderinstrument.

(Lachen des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sehr gut! Politik des Gehörtwerdens!)

Ich denke, wir zeigen durch dieses Vorgehen auch, dass wir uns über konstruktive Ideen aus der Opposition freuen und ei ne Politik nach dem Grundsatz „Das Gute behalten“ umset zen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da kann man viel behalten!)

Einen Schwerpunkt der Technologiepolitik möchte ich her ausgreifen. Jeder weiß, dass das Autoland Baden-Württem berg einer der bedeutendsten Standorte für den Fahrzeugbau ist.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

Daher muss man kein Ökonom sein, um feststellen zu kön nen: Der Wohlstand Baden-Württembergs hängt in hohem Maß von der Automobilindustrie ab.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Aber weni ger Autos fordern!)

Ebenfalls nicht neu ist die Erkenntnis: Wer nur so weitermacht wie bisher, verkauft in nicht allzu ferner Zukunft immer we niger Autos.

(Zurufe der Abg. Claus Paal und Peter Hauk CDU)

Die Wirtschaft unseres Landes weiß das längst, und sie han delt. Das Land unterstützt die vielfältigen Initiativen der Wirt schaft mit der zweiten Phase des Landesprogramms E-Mobi lität. Mit 50 Millionen € statten wir dieses Programm für die nächsten Jahre angemessen aus.

Öffentliche Investitionen sorgen für mehr Beschäftigung im Land. Besonders effektiv sind Investitionen im Wohnungsbau und in der Städtebauförderung. Nirgendwo sonst werden so viele Arbeitsplätze geschaffen und gesichert, nirgendwo sonst werden so viele zusätzliche Investitionen angeregt wie hier.

Die Wohnungsbaupolitik macht einen großen Unterschied zwischen den Regierungs- und den Oppositionsfraktionen aus. Wir wissen, dass in Groß- und Universitätsstädten Wohnraum so knapp ist, dass sich Normalverdiener die Mieten kaum mehr leisten können.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)

Daher gibt es ab 2012 deutlich mehr Geld für die Wohnraum förderung. Wir haben zudem umgeschichtet. Niemand von uns hat etwas gegen die Förderung des Wohneigentums. Das würde auch nicht ins Land der Häuslebauer passen. Wohl aber muss Wohnungsbaupolitik zur Kenntnis nehmen, dass es für mehr als die Hälfte der Bevölkerung keine Alternative zur Mietwohnung gibt. Für uns ist ein Mieter kein Mensch zwei ter Klasse. Mit dem Landeswohnraumförderungsprogramm 2012 haben wir den Einstieg in eine stärkere Förderung von Mietwohnungen an den Orten, wo sie am dringendsten benö tigt werden, geschaffen.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE und Wal ter Heiler SPD)

Einstieg heißt aber auch, dass wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen dürfen.

Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie behaup ten, die Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes hindere jun ge Familien daran, Wohneigentum zu bilden. Dafür gibt es aber keinen Beleg.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Dann lesen Sie einmal die Stellungnahme des RWI!)

Ganz im Gegenteil: Nie war die Nachfrage nach Wohneigen tum so hoch, wie sie zurzeit ist.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Jür gen Filius GRÜNE – Abg. Ingo Rust SPD: Richtig!)

Der Unterschied zwischen Ihnen von den Oppositionsfrakti onen und uns von den Regierungsfraktionen ist: Wir schimp fen nicht nur auf andere, sondern wir bieten konkrete Projek te. Das Wohnungsbauprogramm bietet eine echte Chance auf eine eigene Wohnung. Das wird auch durch die Mehreinnah men aus der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes möglich.

Die Förderung von energiesparenden Investitionen im Woh nungsbestand schafft vor allem im Handwerk Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren, bei den Haushaltsberatungen zeigt sich, wie viel die Ankündigungen einer Regierung wert sind.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das ist ge wiss wahr! – Gegenruf des Abg. Walter Heiler SPD: Jetzt aufpassen!)

Für den Einzelplan 07 gilt: Die Regierungskoalition macht ernst. Wir sind auf dem richtigen Weg hin zu einer sozialen und ökologischen Modernisierung unserer Wirtschaft und un seres Landes.