Protokoll der Sitzung vom 10.02.2012

Sie haben nämlich in der Vergangenheit vollmundige Verspre chungen gemacht, deren Einhaltung im Haushalt leider nicht abgesichert ist. Die Frau Ministerin hat das an der einen und anderen Stelle schon ausgeführt. Aber es lohnt sich, sich ein mal die gesamte Liste anzuhören. Wir reden in diesem Zusam menhang beim Programm „Singen – Bewegen – Sprechen“ von einem Deckungsdefizit von 18,3 Millionen € für die Jah re 2012 und 2013. Kumuliert ist Ihr Lieblingsprojekt bis 2016 übrigens 85 Millionen € schwer – mit einer anschließenden Belastung von 25,6 Millionen €. Da sehe ich keine Finanzie rung Ihrerseits.

Wir reden von der Enquetekommission „Fit fürs Leben“: Die Umsetzung ihrer Empfehlungen ist nur bis Ende Juli 2012 fi nanziell abgesichert. Das heißt, 157 Stellen müssen ab dann finanziert werden. Das macht in diesem Jahr 3,2 Millionen € und im nächsten Jahr 7,85 Millionen € aus.

Für die Umsetzung der Empfehlungen des Sonderausschus ses „Amoklauf“ werden in diesem Jahr 9,1 Millionen € und im Jahr 2013 15 Millionen € benötigt.

Pädagogische Assistenten – Hauptschule – sind nur bis Janu ar dieses Jahres abgesichert. Das heißt, die Frist ist schon ab gelaufen. Für 2012 beträgt die Deckungslücke 10 Millionen € – im nächsten Jahr kommen noch 11,5 Millionen € on the top.

Qualitätsoffensive Bildung – die Frau Ministerin hat es er wähnt –: Die jährliche Mehrbelastung beläuft sich auf 226 Millionen €, wenn die Rücklagen ab 2013 aufgezehrt sind. In diesem Zusammenhang ist übrigens auch Ihr Gegenfinanzie rungsvorschlag interessant. Sie bringen die altbekannte Num mer: 310 Stellen wollen Sie bei den bildungspolitischen Mo dernisierungsprojekten streichen. Zusätzlich beantragen Sie aber 600 Stellen, die Sie nicht aus der demografischen Ren

dite refinanzieren. Wir reden damit von weiteren 30 Millio nen € zusätzlicher Belastung. Minister Schmid hat im Finanz- und Wirtschaftsausschuss zu Recht festgestellt, dass Sie an dieser Stelle auch den Pfad der Konsolidierung verlassen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Bezeichnend ist übrigens in diesem Zusammenhang, Herr Dr. Kern, dass der Entschließungsantrag der FDP/DVP zur wei teren Klassenteilersenkung auf einen Beschluss vom Februar 2011 verweist. Das war genau der Zeitpunkt, zu dem mitten im Wahlkampf plötzlich die Meldung hochgekommen ist, dass Sie 711 Lehrerstellen streichen wollen.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Stimmt ja nicht!)

Das hat schon damals Ihre Glaubwürdigkeit konterkariert.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Unsinn! – Gegen ruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

Wenn wir gerade beim Thema „Handwerkliche Fehler“ sind, lieber Kollege von der FDP/DVP: Sie verwechseln bei der Einführung von „G 8 plus“ den Endausbaubedarf von 133 Stellen mit der Einführung des Schulversuchs in diesem Jahr, wofür deutlich weniger Stellen benötigt werden.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abg. Dr. Fulst-Blei, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wacker?

Am Ende, bitte. – Ihr An trag würde nämlich faktisch dazu führen, dass wir den allge meinbildenden G-8-Gymnasien in diesem Jahr in deutlichem Umfang Stellen entziehen müssten. Ich fordere Sie auf: Zie hen Sie diesen Antrag zurück, denn Sie demontieren sonst die Gymnasien, was die Stellen angeht.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wenn ich gerade bei Ihnen bin: Drollig ist es übrigens, dass Sie Gelder aus der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes verteilen, obwohl Sie diese Maßnahme der Erhöhung ableh nen.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf von der SPD: Ja, genau!)

Wir reden nur bis hierhin übrigens von einem riesigen schwar zen Loch allein im Kultusetat von über 300 Millionen €, was die Haushaltsjahre 2012 und 2013 – das fällt in Ihre letzte mit telfristige Finanzplanung – angeht.

Den Oberhammer, das „oberschwarze“ Loch hat die Frau Mi nisterin schon angesprochen.

(Zuruf von der CDU: „Oberquatsch“!)

Summiert bis 2018 haben Sie uns eine Anzahl von 8 377 künf tig wegfallenden Stellen hinterlassen. Übrigens: Nur für das Jahr 2014 reden wir von 1 993 Stellen. Wenn man den Stan dardeckwert pro Stelle heranzieht, reden wir hier auch von 100 Millionen €. Herr Wacker, das konterkariert völlig Ihre Forderung, auf Vorrat einzustellen. Das haben Sie doch schon verfrühstückt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Die Zahlen darf man gar nicht hochrechnen. Wenn Sie Ihren Vorschlag zur Gegenfinanzierung des Lebensarbeitszeitkon tos unterbreiten, müssen Sie auch dazusagen, dass das noch einmal 500 Stellen kosten würde. Das ist doch nicht seriös.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Dieses haushalterische Vorgehen war nichts anderes als eine kaum ernst gemeinte Beschönigung der Ausgabenseite. Des halb muss Grün-Rot nun eine Antwort auf Ihre ungedeckten Schecks finden.

An dieser Stelle möchte ich, wie angekündigt, ein Wort zum Thema Privatschulfinanzierung verlieren. Es ist richtig, dass wir hierbei noch einen Weg zu gehen haben, bevor wir das Ziel eines Kostendeckungsgrads von 80 % gemäß dem Brut tokostenmodell erreichen. Gleichwohl – Sie können es nach lesen – fließen mit diesem Haushalt fast 38 Millionen € zu sätzlich an die Privatschulen. Die strukturelle Zuschusserhö hung beträgt über die Einzelpläne 04 und 09 hinweg 7,5 Mil lionen €. Die Förderung der Privatschulen ist damit nach Ein schätzung des Ministeriums der einzige Bereich, der im neu en Haushalt strukturelle Zuwächse verzeichnet.

Auf der Grundlage des zuletzt vorgelegten Privatschulberichts kommen wir auf eine Steigerung des Kostendeckungsgrads auf 71,5 %. Im Jahr 2012 ist ein neuer Bericht fällig, der zei gen wird, wie sich die Zahlen tatsächlich entwickeln.

Wir werden in diesem Jahr die Verhandlungen mit Blick auf die Realisierung der 80-%-Marke weiterführen. Ein entspre chender Antrag von Grünen und SPD liegt vor.

Herr Dr. Kern, im Gegensatz zur FDP/DVP definieren wir kei ne Frist. Dies hat aber schlichtweg praktische Gründe. Der Privatschulbericht wird nämlich erst Ende dieses Jahres vor liegen. Unter Berücksichtigung des durchzuführenden Anhö rungsverfahrens wird es damit für 2012 schlichtweg eng. Der zuletzt vorgelegte Bericht lag übrigens erst am 10. Dezember 2009 vor. Wir haben durchaus den Ehrgeiz, die Kuh zeitnah und solide vom Eis zu bekommen, weil die Privatschulen ei ne verlässliche Grundlage brauchen.

An dieser Stelle muss man sich aber darüber amüsieren, dass ausgerechnet diejenigen, die in den vergangenen Jahren we nig Bewegung in die Finanzierung der Privatschulen gebracht haben, nun mit einer Reihe von wieder zurückgeholten Anträ gen das Feld bestellen wollen. Das kennen wir aber schon.

Fazit: Wir haben 2011 bereits 711 Lehrerstellen vor der Strei chung bewahrt. In diesem Jahr bleiben noch einmal 3 300 durch den Rückgang der Schülerzahl frei werdende Lehrer stellen komplett im System. Die Reformen werden umgesetzt und sind seriös gegenfinanziert.

Dies ist eine Leistung, die vor dem Hintergrund der schwar zen Finanzlöcher und der Nullnettoneuverschuldung, an der wir festhalten, nicht deutlich genug betont werden kann. Wir unterscheiden uns damit auch von anderen Bundesländern, die in diesem Jahr Lehrerstellen als Steinbruch für die Finanz konsolidierung nutzen. An der Privatschulfinanzierung sind wir dran.

Wir wissen, dass wir nicht alle Wünsche zeitnah erfüllen kön nen. Abgesehen davon ist das Reformtempo schon jetzt sehr hoch. Gleichwohl sind die Modernisierungsschritte beeindru ckend und solide gegenfinanziert – und dies in Anbetracht der schwarzen Finanzlöcher.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Eine Nachfrage des Kollegen Wa cker.

Herr Kollege Fulst-Blei, Sie und andere Redner der Regierungsfraktionen haben immer die Fra ge der Durchfinanzierbarkeit aufgeworfen. Sie wissen sehr wohl, dass ein Haushalt immer von Haushaltsjahr zu Haus haltsjahr beschlossen wird und somit der Haushaltsgesetzge ber immer wieder neu darüber entscheiden muss.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Falsch! Mittelfristige Finanzplanung!)

Deswegen ist es wichtig zu sagen, dass am Ende der Haus haltsgesetzgeber immer neu entscheidet. Insofern greift Ihr Argument der Durchfinanzierbarkeit nicht.

Nun zu meiner Frage, die ich für entscheidend halte. Dabei bitte ich Sie um eine Klarstellung, weil mich die Aussage des Kollegen Bayer in der ersten Runde sehr bewegt hat. Er hat eine Nachfrage leider nicht zugelassen. Im Zusammenhang mit dem bestehenden differenzierten Bildungssystem sprach er von einer „Gettoisierung“ der Schullandschaft. Ich bitte Sie sehr herzlich, sich davon klar zu distanzieren; denn eine sol che Aussage kann im politischen Raum nicht stehen bleiben, da sie unsäglich ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich sehe überhaupt keinen Grund, mich an dieser Stelle von meinem sehr wohl geschätz ten Kollegen Christoph Bayer zu distanzieren.

(Abg. Georg Wacker CDU: Das ist schlimm!)

Darüber können wir auf dem Flur gern weiter diskutieren, Herr Wacker.

Eine Sache noch: Ich komme aus einer Großstadt mit einem großen kommunalen Haushalt. Eines habe ich gelernt: Das, was ich einplane, muss ich in der mittelfristigen Finanzpla nung absichern. Das habe ich bei Ihnen vermisst.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das hat etwas mit Seriosität zu tun. Das sage ich vor dem Hin tergrund, dass sich Ihr Fraktionsvorsitzender die ganze Wo che darüber aufregt, dass wir ihm vorwerfen, er hätte eine un solide Finanzpolitik gemacht. Egal, wohin wir schauen, dau ernd finden wir Löcher. Ihre unsolide Finanzpolitik hängt uns wie ein Markstein im Genick.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Die FDP/DVP hat noch eine knappe Minute Redezeit. Herr Abg. Dr. Kern.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich denke, es war ein Minus!)