Seit dem Regierungswechsel ist doch ein Aufatmen durch das Land, ein Ruck durch die Lehrerzimmer gegangen.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Haben Sie zu viel Traubenzucker gegessen? – Heiterkeit bei Abgeord neten der CDU)
Der Bildungserfolg der Kinder und Jugendlichen ist fast nir gendwo anders so sehr von der Herkunft der Eltern abhängig wie in Baden-Württemberg. Immer mehr Jugendliche können nicht mehr richtig lesen und sind nicht ausbildungsfähig.
Was haben Sie gemacht? Rektoren, die jeden Tag erleben, dass sie die Kinder bei diesem System nicht mehr fördern können, bestellen Sie ins Regierungspräsidium ein und lassen sie rüf feln.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ach, jetzt kommt die alte Kamelle! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Das ist die alte Platte!)
Die neue Landesregierung macht die Fenster auf, sie lässt fri sche Luft in dieses verstaubte System.
nicht nur in Skandinavien, sondern auch in Baden-Württem berg. Glauben Sie ernsthaft, Sie könnten mit Konzepten aus dem vorvergangenen Jahrhundert die Probleme von heute lö sen?
Herr Birk, wir brauchen eine moderne Pädagogik, und wir ma chen das behutsam und mit Bedacht. Niemand wird dazu ge zwungen, eine Gemeinschaftsschule einzurichten. Das wird nicht oktroyiert. Aber wir eröffnen denen die Möglichkeit, die neue Wege gehen wollen, die tagtäglich vor ihren Schülern stehen und feststellen: Wir kommen in diesem System, mit diesem Bildungskanon nicht mehr weiter.
Der Zuspruch ist überragend. Ich höre von niemandem außer von Ihnen grundsätzliche Kritik – im Detail wohl. Aller An fang ist schwer, und man wird sicherlich das eine oder ande re nachsteuern müssen. Wie sollte es nach 60 Jahren Verkrus tung auch anders sein? Aber von den Handwerkskammern über die IHKs bis zu den Gewerkschaften und den Lehrerver bänden gibt es keine grundsätzliche Kritik.
(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Die GEW und der Philologenverband sind dagegen und der Realschul lehrerverband auch!)
Wir tun noch mehr. 3 300 Stellen, die rechnerisch frei wür den, lassen wir zur Verbesserung der Unterrichtsversorgung, zur Aufstockung der Krankheitsvertretung im System. Wir verbessern die Lehrerfortbildung.
Sie haben die Pädagogischen Assistenten angesprochen. Sie haben sie mit 850 € netto im Monat nach Hause geschickt, und diese Leute wussten wegen ihrer befristeten Verträge im Juli noch nicht, ob sie im September noch Arbeit haben wür den. Wir haben deren Gehalt um zwei Stufen angehoben und die Verträge mit einer unbefristeten Laufzeit versehen.
Die Schulsozialarbeit ist erwähnt worden. Hierfür gibt es 15 Millionen € mehr. Über 300 Millionen € werden für die U-3-Betreuung eingesetzt; ich brauche das nicht zu wieder holen.
Ich komme zu dem Punkt, der mir besonders am Herzen liegt: die Weiterbildung. Wir haben im Koalitionsvertrag verspro chen, dass wir die Grundförderung durch das Land in Schrit ten von 20 % auf den Bundesdurchschnitt anheben werden. Das haben wir in diesem Haushalt umgesetzt. Es werden 2,2 Millionen € mehr für die Weiterbildung zur Verfügung ge stellt.
Lebenslanges Lernen darf nicht vom Geldbeutel abhängig sein, sondern es müssen bezahlbare Kurse an den Volkshoch schulen und bei den anderen Weiterbildungsträgern möglich sein.
Ein Zweites: Sie haben 2005 die Förderung für den zweiten Bildungsweg gekürzt. Wir nehmen diese Kürzung zurück. Wir tun das für die Leute, die sich weiterbilden wollen und einen Schulabschluss nachholen wollen. Wir erhöhen hier die För derung wieder auf nahezu 100 %.
Und was machen Sie? Sie stellen im Finanz- und Wirtschafts ausschuss Anträge, die real zu einer Kürzung im Bereich des zweiten Bildungswegs um 10 bis 15 % geführt hätten. Sie ha ben die Anträge später zurückgezogen, weil Sie das nicht wussten. Aber das zeigt doch, welches Augenmerk Sie bisher auf die Weiterbildung gelegt haben. Sie kennen noch nicht einmal die Fördersätze, obwohl Sie 60 Jahre lang an der Re gierung waren,
bringen Anträge mit unbeabsichtigten Wirkungen ein und müssen sie nachher wieder schamhaft zurückziehen. Es ist ein Trauerspiel, Herr Wacker, was Sie hier aufführen.
Sie führen hier einen Budenzauber auf, bringen aber nicht ei nen substanziellen Vorschlag zur Verbesserung unseres Bil dungssystems.
Ich prophezeie Ihnen, meine Damen und Herren von der Op position: Wie bei der Energiewende – bei der Windkraft ha
ben Sie sich so schnell um 180 Grad gedreht, dass einem schon beim Zuschauen schwindelig wird – werden Sie uns auch bei der Bildungspolitik folgen müssen. Es wird Ihnen gar nichts anderes übrig bleiben – wenn nicht aus Einsicht, dann deshalb, weil die Verhältnisse Sie überrollen.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Wacker, ich muss Ihnen widersprechen.
Ja, sonst wären Sie enttäuscht. – Sie haben am Anfang Ih rer Rede davon gesprochen, dass dieser Haushaltsentwurf un auffällig sei. Ich sage Ihnen: Dieser Haushaltsentwurf ist das Gegenteil davon. Er ist nämlich das Ergebnis einer großen fi nanzpolitischen und konzeptionellen Kraftanstrengung. Das hat auch etwas mit Ihrer Finanzpolitik und den zahlreichen schwarzen Löchern zu tun, die Sie uns hinterlassen haben und die wir jetzt stopfen müssen.
Sie haben nämlich in der Vergangenheit vollmundige Verspre chungen gemacht, deren Einhaltung im Haushalt leider nicht abgesichert ist. Die Frau Ministerin hat das an der einen und anderen Stelle schon ausgeführt. Aber es lohnt sich, sich ein mal die gesamte Liste anzuhören. Wir reden in diesem Zusam menhang beim Programm „Singen – Bewegen – Sprechen“ von einem Deckungsdefizit von 18,3 Millionen € für die Jah re 2012 und 2013. Kumuliert ist Ihr Lieblingsprojekt bis 2016 übrigens 85 Millionen € schwer – mit einer anschließenden Belastung von 25,6 Millionen €. Da sehe ich keine Finanzie rung Ihrerseits.