Protokoll der Sitzung vom 14.03.2012

Ein frühzeitiger Hinweis der Politik, dass der Staat es nicht für ausgeschlossen hält, den Schlussbaustein für eine gelun gene Sanierung des Unternehmens zu setzen, ist sicherlich nicht falsch. Das tragen wir, die CDU-Fraktion, auch mit. Sich jetzt bei Schlecker in die Belange der Gläubiger, der Arbeit nehmer und des Insolvenzverwalters einzumischen und wert volle Zeit der Verfahrensbeteiligten zu vergeuden ist falsch und kontraproduktiv. Nicht Abstimmungsrunden mit Beam ten der Ministerien und mit Politikern sind jetzt das Maß und das Mittel,...

(Glocke des Präsidenten)

Herr Abgeordneter, ich bitte Sie, all mählich zum Abschluss zu kommen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was will er? – Gegen ruf von der CDU: Hören Sie doch zu! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Er muss sagen, was er will! – Ge genruf des Abg. Peter Hofelich SPD: Dafür reicht die Redezeit aber nicht aus!)

... sondern Verhandlungen der Beteiligten mit Lieferanten. Dafür ist die Öffentlichkeit der Plenardebatte der falsche Ort.

Herr Minister, Sie haben dem Land und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Schlecker einen Bärendienst erwiesen. Sie haben Hoffnungen geweckt und haben diese enttäuscht; Sie sind übereilt und unstrukturiert vorgegangen. Aber auch in dieser verfahrenen Situation können Sie auf die CDU zäh len,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was wollen Sie?)

wenn es darum geht, den Beschäftigten von Schlecker eine neue Perspektive zu bieten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja was denn? – Glocke des Präsi denten)

Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Drei Sätze noch.

Nein.

Die CDU schlägt folgen den Fahrplan vor: Erstens: Anton Schlecker legt unverzüglich seine Vermögensverhältnisse offen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aha!)

Zweitens: Der Insolvenzverwalter, die Gläubiger und die Ta rifparteien legen ein Sanierungskonzept vor. Drittens: Die Ar beitsagentur unterbreitet Vermittlungsvorschläge oder Pers pektiven für die Mitarbeiter. Viertens: Der Minister nimmt un verzüglich Verhandlungen mit allen Bundesländern zur Klä rung der Finanzfragen auf. Fünftens: Danach berät der Finanz- und Wirtschaftsausschuss, in welchem Umfang staatliche Hilfsmaßnahmen möglich sind. Nach dem Schlecker-Motto „For you, vor Ort“ kommen wir ans Ziel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Frau Kollegin Lindlohr.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Lieber Kollege Löffler, Ihre Einlas sungen waren für mich absolut unlogisch und dadurch auch nicht glaubwürdig.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie können halt nicht folgen!)

Es tut mir leid, Ihr angeblicher Masterplan ist nicht nachvoll ziehbar. Sie werfen einerseits dem Minister schädlichen Ak tionismus vor und fordern andererseits, er solle mit einer Lan desbürgschaft in Vorleistung gehen. „In Vorleistung gehen“ war die Forderung, die Sie gerade formuliert haben. Das passt überhaupt nicht zusammen.

Wir sind uns einig, dass niemand von uns mit üppigen Staats geldern in die Drogeriemarktgeschäfte eingreifen will. Aber eine Landesbürgschaft für den Geschäftsbetrieb – falls es das war, was Sie meinten – wäre eben genau das. Bei einer Trans fergesellschaft, wie sie im Mittelpunkt unserer Forderungen steht, geht es darum, den Beschäftigten zu helfen, jenseits von Schlecker eine neue Perspektive zu finden. Dafür lohnt es wirklich, sich einzusetzen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Denn während wir hier debattieren, rattern in den Filialen im Land die Faxgeräte und treffen Faxe mit dem Inhalt ein: „Die se Filiale wird voraussichtlich geschlossen.“ Das hören wir seit gestern Abend.

Wir haben es eben vom Kollegen gehört: Im Land geht es da bei vermutlich um etwa 1 000 Beschäftigte. Es geht um den Stichtag Ende März, an dem sich entscheiden wird, ob eine neue Lösung zustande kommt, ob die Beschäftigten in die Ar beitslosigkeit gehen müssen oder ob sie für eine absehbare Zeit und mit einer verbesserten Qualifizierung und besseren Weitervermittlungschancen in einer Transfergesellschaft wei terbeschäftigt werden.

Nun kann niemand in der Politik die Schlecker-Insolvenz un geschehen machen. Niemand hier verspricht so viel. Wir im Landtag können die Entwicklung nicht ungeschehen machen, und die Kolleginnen und Kollegen in Berlin können dies na türlich auch nicht. Es geht nicht darum, irgendwelches Geld in das alte Schlecker-Modell zu stecken und dieses Modell künstlich zu erhalten. Das will niemand. Es geht vielmehr da rum, die sozialen Folgen dieser Entlassungen zu mildern und zugleich auf dem Markt einen Investor für ein neues, zunächst einmal kleineres Unternehmen Schlecker zu finden. Zumin dest aber darf der Insolvenzverwalter hierbei nicht behindert werden, sondern wir müssen ihn unterstützen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für beide Aufgaben ist eine Transfergesellschaft wichtig. Der Insolvenzverwalter hat die Ansage gemacht, dass es ein In vestitionsrisiko abmildern könnte, wenn es eine Transferge sellschaft gäbe. Das Investitionsrisiko seien massenhafte Kün digungsschutzverfahren.

Dass das nicht der ausschließliche Weg ist und dass auch ei ne Insolvenz weiter voranschreiten wird und der Insolvenz verwalter einen Plan haben wird, falls diese Transfergesell schaft nicht zustande kommen sollte, wird nicht in Abrede ge stellt. Aber es ist der bessere Weg. Darum geht es.

Für die Einrichtung einer Transfergesellschaft braucht man Geld; rund 70 Millionen € sind geplant. Dies kann Schlecker

zurzeit nicht aufbringen. Der Insolvenzverwalter sucht jetzt einen Zwischenfinanzierer, dem er das Geld, falls das neue Unternehmen Schlecker dann wieder Gewinn machen sollte, wieder zurückzahlen kann. Dieser Zwischenfinanzierer kann aus dem Markt kommen. Das wäre selbstverständlich eine gu te Lösung.

Trotzdem kommt hier völlig zu Recht der Bund ins Spiel. Der Bund hat die KfW als Förderbank, und die KfW finanziert heutzutage alles Mögliche.

(Abg. Peter Hauk CDU: Eben nicht!)

Die KfW ist inzwischen einer der größten Schiffsfinanzierer im Land – vermutlich mit der Begründung, dass sich die Ban ken aus diesem Geschäft zurückgezogen haben. Die KfW wird auf Geheiß der schwarz-gelben Bundesregierung in diesem Jahr 7,5 % der EADS-Aktien kaufen. Das ist ordnungspoli tisch nicht der feinste Schachzug und kostet ca. 1 Milliarde €. Ich heiße es nicht gut, dass die schwarz-gelbe Bundesregie rung hier sozusagen ordnungspolitisch sehr weite Auslegun gen mit der KfW vornimmt. Aber dann zu sagen: „Schlecker geht uns auf keinen Fall etwas an, denn das ist kein Mittel ständler“, das ist nicht glaubwürdig. Das müssen sich Herr Kollege Rösler und andere im Bund schon gefallen lassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Landesrecht und das eu ropäische Recht stecken einen engen Rahmen für das finan zielle Engagement der öffentlichen Hand bei Schlecker. Das ist auch gut so. Es geht also nicht darum, hier im Land den Drogeriemarkt mit Staatsgeld aufzumischen. Trotzdem kön nen wir konkret etwas für die bei Schlecker Beschäftigten tun.

Das möchte ich noch einmal zusammenfassen: Wir werden den Bund nicht aus seiner Verantwortung entlassen, die Ein richtung einer Transfergesellschaft auf den Weg zu bringen. Die Transfergesellschaft bringt viele Vorteile, weil es bessere Weiterbildungschancen gibt und das Beschäftigungsverhält nis bestehen bleibt. Die Transfergesellschaft erleichtert den Umbau des Unternehmens, sodass mit dem richtigen Investor etwa die Hälfte der Arbeitsplätze gesichert werden können. Da muss sich Schwarz-Gelb in Berlin bewegen.

Im Land wollen wir alle Möglichkeiten auf Landesebene bei der Weitervermittlung und Weiterqualifizierung der Mitarbei terinnen und Mitarbeiter ausschöpfen. Dazu führt die Landes regierung Gespräche mit der Bundesagentur für Arbeit, um den Bedarf auszuloten. Man sollte auch prüfen, ob Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds, die wir im Bereich Weiterbil dung haben, hier eingesetzt werden können.

Wichtig ist die enge Abstimmung mit der Arbeitsagentur, mit dem Insolvenzverwalter und mit den Arbeitnehmervertretun gen. Hier leistet die Landesregierung, hier leisten Ministerin Altpeter und Minister Schmid sowie die eingesetzte Taskforce wirklich eine hervorragende Arbeit.

(Zuruf)

Das möchte ich hier positiv herausstellen, auch wenn es Ih nen nicht passt, Herr Kollege.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Eine weitere gute Nachricht außer einer aktiven Landesregie rung ist: Der Arbeitsmarkt im Handel und in ähnlichen Berei chen ist zumindest bei uns in Baden-Württemberg dynamisch. Darauf hat Frau Strobel von der Regionaldirektion BadenWürttemberg der Bundesagentur für Arbeit zu Recht hinge wiesen. Deswegen haben wir auch gute Chancen, dass bei ei nem abgestimmten Vorgehen zur Qualifizierung und Weiter bildung die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, dass die vielen Frauen eine neue Perspektive finden, wenn ihnen die Bundesregierung und andere keine Steine in den Weg legen. Lassen Sie uns uns dafür gemeinsam einsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Kollege Dr. Rülke.

Herr Präsident, mei ne Damen und Herren! Kollege Schmiedel hat vorhin erklärt, Schlecker sei keine ur-baden-württembergische Aufgabe. Herr Kollege Schmiedel, wer hat denn den Eindruck erweckt, Schlecker sei eine ur-baden-württembergische Aufgabe? Das war doch Ihr Wirtschafts- und Finanzminister, der, kaum dass Schlecker seine Insolvenz bekannt gegeben hat, gleich mit ei ner Landesbürgschaft gewedelt und sie wie sauer Bier ange boten hat, noch bevor irgendjemand einen Antrag gestellt hat, noch bevor klar war, wie die Rahmenbedingungen sind.

Im Übrigen tat er dies in Unkenntnis des Instrumentariums, das sein eigenes Haus hat. Denn Landesbürgschaften sind nicht für insolvente Unternehmen da. Wahrscheinlich hat er erst anschließend mit seinen Beamten darüber geredet, und diese mussten es ihm erklären.

(Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Nachdem er gemerkt hat, dass er auf dem falschen Dampfer ist, ruft er in Richtung Berlin: „Haltet den Dieb! Die Berliner sollen es richten.“

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Herr Rösler!)