Herr Kollege Hauk hat als ehemaliger Landwirtschaftsminis ter darauf hingewiesen, dass er die Empfehlung gegeben hat, auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen zu verzich ten. Der Hintergrund ist jedoch ein anderer. Der Hintergrund ist die Haftungsfrage, die die rot-grüne Bundesregierung da mals in Berlin so bestimmt hat, dass jeder, der gentechnisch veränderte Pflanzen anbaut, dafür haftet. Die Landwirte gin gen Gott sei Dank das Risiko nicht ein. Sie wurden per Emp fehlung auch darin bestärkt, das Risiko nicht einzugehen. Das ist der Grund, warum wir es nicht haben. Es steht keine poli tische Entscheidung dahinter, sondern Angst und Respekt vor dem wirtschaftlichen Risiko. Deswegen war die damalige Ent scheidung richtig.
Wir haben heute zum ersten Mal die Situation – Herr Kolle ge Rombach, Sie sagten vorhin, wir seien in der Verantwor tung, die Wende beginnt; Kollege Dr. Bullinger ist mittlerwei le auf der Linie –,
dass wir hier im Landtag eine eindeutige Willenserklärung hinbekommen könnten, dass wir in Baden-Württemberg – al le gemeinsam, die wir hier sitzen – keine GVO wollen und dass wir gemeinsam die betroffenen Verbände an einen Tisch einladen, damit auch sie ins Boot kommen. Bekommen wir das hin? Bekommen wir es hin, dass für ein Lebensmittelpro dukt nur dann ein Qualitätszeichen oder ein Regionalzeichen vergeben werden darf, wenn das Produkt GVO-frei ist? Das könnten wir doch hier hinbekommen. Wir wären damit nicht der einzige Landtag; aber in Baden-Württemberg würden wir mit dieser Gemeinschaft ein wichtiges Zeichen setzen, damit
alle wissen: Die Zukunft liegt nicht in der Gentechnik. Die Zukunft liegt in der Gentechnikfreiheit.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für Baden-Würt temberg und anderer Gesetze – Drucksache 15/1466
Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Mit diesem Gesetzentwurf zur Einführung der Gemeinschaftsschule schlagen wir ein neues Kapitel in der Bildungspolitik in Baden-Württemberg auf. Dieses Kapi tel trägt die Überschrift: Mehr Chancengerechtigkeit, mehr Leistungsfähigkeit und vor allem ein moderneres Staatsver ständnis.
Wir werden den noch immer verhängnisvoll hohen Zusam menhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg in Baden-Württemberg auflösen. Wir werden dazu beitragen, dass es auch in den ländlichen Regionen attraktive Schul standorte in erreichbarer Entfernung gibt, die ein breites An gebot an Schulabschlüssen machen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bildungschancen sind Lebenschancen. Es ist wichtig für einen leistungsfähigen Staat – dafür steht Baden-Württemberg –, diese Lebenschan cen zu gewähren. Das ist sozial gerecht, und es ist vernünftig, gerade für ein Land wie Baden-Württemberg. Wir brauchen jeden Kopf, wir brauchen jeden jungen Menschen. Wir wer den dafür sorgen, dass sich jeder junge Mensch optimal ent falten kann.
Die Gemeinschaftsschule ist mehr als nur eine neue Schulart, meine sehr verehrten Damen und Herren. Die Gemeinschafts schule steht für innovative Schulkultur. Sie steht für Entwick lung, für Begeisterung von Pädagoginnen und Pädagogen, die sich auf den Weg machen, ein Bildungssystem zu entwickeln und gemeinsam zu gestalten, das auf der Höhe der Zeit ist.
Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Oppo sition, sagen, eine Weiterentwicklung des baden-württember gischen Schulsystems sei nicht notwendig.
Angesichts rückläufiger Schülerzahlen und wachsender Anforderungen an die Schulen in allen Regionen unseres Landes brauchen wir eine Weiterentwicklung der Struk turen im Bildungssystem.
Dieser Satz stammt aus dem bildungspolitischen Leitantrag zum CDU-Bundesparteitag am 15. November 2011 in Leip zig. Das sind die Ideen der Bundes-CDU. Wo bleiben Ihre, meine sehr verehrten Damen und Herren?
den Schulen und Schulträgern den Weg in die Zukunft. Ein Schulsystem, das sich nicht weiterentwickelt, kann nicht auf gesellschaftliche Entwicklungen und Entwicklungen in der Wirtschaft reagieren und kann nicht die entsprechende Förde rung leisten. Deshalb werden wir dafür sorgen, dass in BadenWürttemberg das modernste und leistungsfähigste Schulsys tem entsteht,
Baden-Württemberg ist ein Land der Innovation und der Er findung. Es ist das Land des Automobilbaus. Hier wurde das Automobil erfunden. Ich zitiere den emeritierten Pädagogik professor Ulrich Herrmann von der Universität Ulm. Er sagt zu unserem Schulsystem Folgendes:
also aus der Zeit vor der Erfindung des Automobils, aber kein vernünftiger Mensch käme heute auf die Idee, mit den damaligen Benutzungsordnungen öffentlicher Wege und Straßen den heutigen Straßenverkehr regeln zu wol len....
Aber im Schulsystem soll sich hierzulande immer noch die Klassengesellschaft... widerspiegeln: Volks- als Hauptschule, Bürger- als Realschule, Höhere Schule als Gymnasium.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir leiten den Schritt ein: weg vom dreigliedrigen Schulsystem, hin zu einem Schul system,
das den tatsächlichen Anforderungen und den Entwicklungen in dieser Gesellschaft und in unserer Wirtschaftsordnung ent spricht.
Wir lassen Bewegung zu, wir lassen Entwicklung zu. Unser Ziel ist es, mehr soziale Gerechtigkeit bei guter Leistungsfä higkeit im Schulsystem und erreichbare Schulstandorte im ländlichen Raum mit einem breit gefächerten Angebot zu ga rantieren.
Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, behaup ten, die Gemeinschaftsschule sei keineswegs sozial gerechter als andere Schulen. Richtig ist: Eine Schule, die sich an die Kinder anpasst, die konsequent an deren Stärken ansetzt und diese fördert, ist eine sozial gerechte Schule. Eine Schule, in der solche zusätzlichen Bildungschancen eröffnet werden, ist eine sozial gerechte Schule. Sie ermöglicht Bildungsgerech tigkeit und Leistung.
Kinder nach der vierten Grundschulklasse nach statischen Be gabungsmustern zu sortieren und auf unterschiedliche Bil dungsgänge festzulegen, das entspricht nicht unserem Men schenbild und ist im Übrigen auch nicht mit dem Bild einer demokratischen Kultur zu vereinbaren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, PISA hat gezeigt, dass es in einem stark differenzierten Bildungssystem eine breite Streuung der Schulleistungen gibt.
Die Chancen von Schülern, zu höherwertigen Schulabschlüs sen zu kommen, werden dabei nicht ausgeschöpft. Der „Chan censpiegel“ der Bertelsmann Stiftung hat es für Baden-Würt temberg wieder belegt: Die Wahrscheinlichkeit, Abitur zu ma chen,