Protokoll der Sitzung vom 23.05.2012

folgt, nämlich die Grundkompetenzen, die zum Spracherwerb nötig sind, und damit die Entwicklung insgesamt zu fördern. Dieses „Singen – Bewegen – Sprechen“ ist an 1 400 soge nannten Kooperationsstandorten eingeführt worden und er reicht derzeit 40 000 Kinder. Dieses Programm hat erst im vorletzten Kindergartenjahr angesetzt, war also für maximal zwei Jahre einzurichten.

Wir haben aus diesen drei Programmen nun zunächst einen einheitlichen Sprachförderweg gemacht. Das heißt, es gibt jetzt keine drei unterschiedlichen Antragsverfahren mit unter schiedlichen Adressaten und unterschiedlichen Abrechnungs systemen mehr, sondern es war uns wichtig, dass zur Sprach förderung von Kindern, die einen Sprachförderbedarf haben, vom ersten Kindergartentag an über drei Jahre hinweg, wenn der Bedarf über drei Jahre besteht, über einen einheitlichen Beantragungs- und auch Abrechnungs- und Nachweisweg zu sätzliche Mittel abgerufen werden können.

Dabei haben wir uns an dem bisherigen ISK-Verfahren orien tiert. Das heißt, es werden immer Gruppen von Kindern mit Sprachförderbedarf gedanklich zusammengestellt, und für ein zelne dieser Gruppen können zusätzliche Mittel beantragt wer den. Konkret bedeutet das, dass ab dem vierten Kind, für das in einer Einrichtung ein Sprachförderbedarf festgestellt wird, der erste Geldbetrag für eine Gruppe beantragt werden kann. Das sind dann 2 000 €. Ab dem achten Kind wächst das auf 2 400 € an, und ab dem 13. Kind gilt dann schon die Rech nung für die nächste Gruppe, sodass im Grunde ab dem 17. Kind schon zwei Gruppen beantragt werden können. So können Sie sich vorstellen, wie die Mittel in Abhängigkeit von der Zunahme der Zahl der Kinder mit Sprachförderbedarf stei gen.

Wie wird festgestellt, ob ein Kind Sprachförderbedarf hat? Da reicht in den ersten beiden Kindergartenjahren, dass es eine andere Muttersprache spricht oder die Erzieherin selbst fest stellt, dass ein Sprachförderbedarf besteht. Im letzten Kinder gartenjahr gilt dann wieder das entsprechende Ergebnis der Einschulungsuntersuchung und die darauffolgende Feststel lung als Voraussetzung.

Im Rahmen der Umsetzung dieser Sprachfördermaßnahmen sind zwei Förderwege möglich. Entweder ist das die Fortset zung oder Installation der bisherigen ISK-Maßnahmen im Sin ne dieses „Sag’ mal was“-Projekts, oder aber die Kindertages stätte entscheidet sich für das Einrichten von „Singen – Be wegen – Sprechen“-Gruppen. Das unterscheidet sich dann pä dagogisch und konzeptionell. Darauf will ich jetzt nicht nä her eingehen.

Wir gehen davon aus, dass wir die Prozesse damit erleichtern und dass wir sicherstellen, dass flächendeckend alle Kinder mit Sprachförderbedarf, möglichst auch für einen Zeitraum von drei Jahren, sofern der Förderbedarf über drei Jahre hin weg besteht, in den Genuss dieser Mittel und damit auch ei ner ergänzenden Förderung kommen. Wir beenden hiermit ei nen Projektwirrwarr und stellen gleichzeitig sicher, auch un ter dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit, dass allen Kindern, die das benötigen, eine solche Unterstützung zuteilwird.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Staatssekretär.

Jetzt erhält ein Mitglied der Fraktion der FDP/DVP die Mög lichkeit, in der Fragerunde eine Frage zu stellen.

Wenn kein Mitglied der Fraktion der FDP/DVP eine Frage stellen möchte, dann gebe ich das Wort an die Fraktion der CDU weiter. – Bitte schön, Herr Abg. Wald.

Frau Präsidentin, Herr Staatssekre tär, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Die Landesregierung ordnet die Sprachförderung in un seren Kindergärten neu. Das konnten wir heute den Worten des Staatssekretärs, aber auch den Medien entnehmen.

Es freut mich auch, dass die derzeitige Landesregierung von ihren ursprünglichen Plänen abrückt, das erfolgreich einge führte SBS-Programm komplett wegzufegen. Es wird jetzt in reduzierter Form weiterentwickelt. Ich denke, der Druck der Eltern, die Proteste der Erzieherinnen und Erzieher und auch der Opposition waren hierbei entsprechend hilfreich. Herzli chen Dank zunächst einmal, dass Sie diesen Irrweg verlassen haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Danke schön.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Gern und jeder zeit!)

Das Programm „Singen – Bewegen – Sprechen“ wird nun in reduzierter Form weitergeführt. Allerdings wird hier die Grundschule vom Kindergarten abgekoppelt. Das empfinden wir als schade. Hier bestand bisher eine gute Verzahnung.

Im neuen Konzept SPATZ – der Name ist gut; dafür muss ich die Landesregierung einmal loben;

(Abg. Martin Rivoir SPD: Ulmer Spatz! – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Nicht nur der Name ist gut, sondern auch das Konzept!)

es ist ein guter, griffiger Name – werden nun einige Program me zusammengefasst. Das Gesamtkonzept wirft dennoch vie le, viele Fragen auf.

Aufgrund der Tatsache, dass viele der von der derzeitigen Lan desregierung eingeführten Projekte im Hauruckverfahren und oft überhastet durchgeführt worden sind und mit heißer Na del gestrickt waren, befürchten wir auch hier, dass das neue Konzept SPATZ ein Flop wird, weil noch viele Fragen offen sind.

Meines Erachtens ist z. B. auch die Frist, Herr Staatssekretär, viel zu kurz. Das Programm soll zum neuen Schul- und Kin dergartenjahr eingeführt werden. Aber schon heute beklagen sich die Beteiligten – die Erzieherinnen und Erzieher, auch die Musikpädagogen –, dass sie gar nicht die Kapazität haben, um ein entsprechend qualifiziertes Konzept flächendeckend durchführen zu können.

Als Zweites muss angemerkt werden, dass bisher viele Ehren amtliche in dem Projekt tätig waren – 10 %, nämlich Musik pädagogen, Laienmusiker, Sängerinnen und Sänger. Was ist hierbei das Konzept der Landesregierung? Werden weiterhin Vereine sowie Chorleiterinnen und Chorleiter eingebunden?

Zum Schluss frage ich noch: Woher nehmen Sie in dieser kur zen Zeit die notwendigen qualifizierten Musikpädagogen?

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Auch auf die Gefahr hin, dass ich Sie jetzt enttäuschen muss: Es war nicht die Op position, die uns zum Fortsetzen von SBS animiert hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das haben wir eingesehen!)

Vielmehr hatten wir zwar eine durchaus kritische Haltung ge genüber diesem SBS-Projekt – Sie selbst haben darauf hinge wiesen, dass die frühere Regierung hier vieles mit heißer Na del eingeführt hat –, aber wir haben uns dann vor Ort davon überzeugt, dass in vielen Einrichtungen SBS genau schon die se Funktion erfüllt, die wir im Zusammenhang mit der Sprach förderung und einer ganzheitlichen ergänzenden Förderung eigentlich initiieren wollen. Daher war es logisch, dass man das, was gut läuft, fortsetzt und in das gesamte Förderpro gramm mit aufnimmt.

Dass wir die Grundschule da „abschneiden“ würden und es hier schon erfolgreiche Kooperationen gebe, stimmt so nicht. Denn jetzt im Sommer wäre zum ersten Mal ein SBS-Jahr gang überhaupt vom Kindergarten in die Grundschule gegan gen. Das wäre an vielen Stellen schon dadurch schwierig ge worden, dass die bestehenden SBS-Gruppen aus den Kinder tagesstätten nicht einfach in dieselbe Grundschule gehen könn ten. Vielmehr wäre es schon logistisch ganz interessant ge worden, einmal auszuprobieren, wie sich diese 40 000 bzw. 20 000 Kinder in einem Jahrgang auf die verschiedenen Grund schulen verteilen und diese bisherige Kooperation in realiter unverändert weitergegangen wäre. Denn Sie haben mitunter Tageseinrichtungen, die die Kinder dann auf drei, vier Grund schulen verteilen; theoretisch waren auch diese drei, vier Grundschulen in die Kooperationsvereinbarung eingebunden. Aber wie das dann vor Ort konkret ausgesehen hätte, wäre noch eine spannende Sache geworden.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das wäre sehr spannend geworden!)

Insofern wird hier nichts „abgeschnitten“, was schon existiert. Vielmehr stoppen wir das Programm an der Stelle, an der es im Moment steht. Wir dehnen es aber auf das erste Kinder gartenjahr aus. So werden aus sechs Jahren geplanter Förde rung in Kita und Grundschule immerhin drei Jahre Förderung in der Kindertagesstätte.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Das halten wir auch vom Konzept her inhaltlich für vertret barer, als einen Weg in die Grundschule zu nehmen.

Der Weg in die Grundschule ist auch deswegen schwierig, weil die vorherige Landesregierung das Projekt finanziell überhaupt nicht ausgestattet hat. Wir hätten beim Vollausbau für 1 400 Standorte 25,6 Millionen € auf den Tisch legen müs sen, die bisher in keiner mittelfristigen Finanzplanung berück sichtigt sind.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Hört, hört!)

Wenn wir das Ganze unter Aspekten der Bildungsgerechtig keit auf alle Kinder hätten ausdehnen wollen, hätten wir von 1 400 Standorten auf 8 000 Kindertagesstätten kommen müs sen. Sie können sich ausrechnen, auf welche Summen wir ge kommen wären, wenn wir das ernsthaft erwogen hätten. In sofern sprechen verschiedene Gründe dafür, dass es sinnvoll ist, das an dieser Stelle zu beenden. Das Thema „Sprachför derung in der Grundschule“ ist ja noch einmal ein ganz eigen ständiges Thema.

Herr Kollege, wir haben versucht zu verhindern, dass wir jetzt etwas mit heißer Nadel stricken. Deshalb haben wir bewähr te Elemente fortgeführt. Alle Einrichtungen, die bisher mit ISK gearbeitet haben, wissen genau, wie das geht. Alle Ein richtungen, die bisher mit SBS gearbeitet haben, müssen sich jetzt einen anderen Antragsweg vergegenwärtigen. Das Pro dukt, das sie dafür bekommen, ist aber genau dasselbe, das sie vorher auch hatten: dieselben Kooperationspartner, dieselben Kooperationen. Selbstverständlich sind auch die bisher zu 10 % realisierten Kooperationen mit Laienmusikverbänden genauso möglich wie bisher. Das ist aber theoretisch in 8 000 Einrichtungen möglich, nicht nur an diesen 1 400 Standorten.

Jetzt könnte es sein – da gebe ich Ihnen recht, das ist theore tisch denkbar –, dass eine Einrichtung, die bisher kein SBS gemacht hat, jetzt SBS machen möchte und der Kooperations partner noch keinen fortgebildeten Musikpädagogen oder noch keine fortgebildete Musikpädagogin hat. Dann besteht weiter die Möglichkeit, parallel zum Projekt diese Fortbildung zu machen. Sie steckt auch in diesem Geld mit drin. Man wird vor Ort eine entsprechende Lösung finden. Eventuell muss man auch warten, bis sich jemand findet.

Ich rechne, ehrlich gesagt – das ist jetzt aber eine persönliche Einschätzung –, nicht damit, dass es dazu kommen wird, dass 8 000 Einrichtungen SBS beantragen. Ich glaube, dass alle vor allem die Strategie fortsetzen, die sie bisher verfolgt haben, und sich die neuen Einrichtungen angucken, ob es eine Mu sikschule, einen Laienmusikverband vor Ort gibt, mit denen sie kooperieren können. Ich habe viele Rückmeldungen, wo nach auch die aktuell vorhandenen Musikpädagoginnen und Musikpädagogen Kapazitäten haben, um hier zusätzlich tätig zu sein, zumal bei einem Ausbau auf sechs Jahre in jedem Jahr für 20 000 Kinder neue Kurse hinzugekommen wären. Auch das hätte man bewältigen müssen. Das wird jetzt an dieser Stelle ein Stück weit gekappt, steht aber für weitere Einrich tungen und zusätzliche Gruppen im Kita-Alter zur Verfügung.

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Boser das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatssekretär! Vonseiten der CDU wird hier vor allem SBS als eine der wichtigen Sprachfördermaß nahmen mit auf den Weg gegeben. Meine Fragen sind daher: Gibt es überhaupt wissenschaftliche Erhebungen im Bereich der Sprachfördermaßnahmen darüber, welche am effektivs ten, am nachhaltigsten wirken? Mit welchem Ziel hat die neue Landesregierung die Änderungen in den bisherigen Sprach fördermaßnahmen vorgenommen? Welches Ziel hat die neue Landesregierung damit verfolgt?

Gibt es über das neue Konzept SPATZ zusätzliche Möglich keiten, um Gruppen, in denen der Anteil von Kindern mit Mi

grationshintergrund relativ hoch ist, zusätzlich zu unterstüt zen? Hier haben die Kinder ja weniger die Möglichkeit, die deutsche Sprache von anderen Kindern zu erlernen. Haben Sie dafür schon Vorkehrungen getroffen?

Danke schön.

Wir haben vor allem in den Großstädten insgesamt 463 Gruppen in Kindertagesstät ten, bei denen der Migrationsanteil bei über 80 % liegt. Wir haben für diese Gruppen, die in einer ganz besonderen Weise eine Unterstützung brauchen, die Schwelle, ab der die nächs te Gruppe abgerechnet werden kann, von zwölf auf zehn ge senkt. Das heißt, ab dem elften Kind können schon Mittel für eine zweite Gruppe beantragt werden.

Wenn Sie sich eine Einrichtung anschauen, die aus drei oder vier Gruppen besteht, die einen Migrationsanteil von über 80 % hat, dann können Sie feststellen, dass man mitunter für vier, für fünf, für sechs Gruppen Gelder beantragen kann. Das kann man relativ verlässlich, weil sich der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund in den nächsten Jahren eher erhö hen als reduzieren dürfte. Dann hat man die Sicherheit, in je dem Jahr 10 000, 12 000, 15 000 € an zusätzlichen Fördermit teln zu bekommen. Es wäre lukrativ, das nicht über Kräfte au ßerhalb der Einrichtung zu machen, sondern hierfür jeman den ergänzend zu dem normalen Personalbedarf zusätzlich einzustellen, um damit noch einmal gezielter – das ist unser Ziel – integrierte Sprachförderung zu betreiben.

Wir wollen SBS, und wir wollen auch die ISK-Methodik ge meinsam mit den Kindertagesstätten so weiterentwickeln, dass das so oft wie möglich in den Alltag der Kindertagesstätte in tegriert wird. Das heißt, bei SBS werden die Fachkräfte ange regt, es nicht bei der einen Stunde SBS zu belassen. Vielmehr soll die Erzieherin, die dort im Tandem tätig ist, dies auch in den weiteren Verlauf des Kindergartenalltags integrieren. Bei den Gruppen, die ich mir persönlich angeschaut habe, ist das auch in hervorragender Weise gelungen.

Sicherstellen müssen wir noch, dass wir die Fortbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen für Erzieherinnen und Erzieher bei der Begleitung im normalen Spracherwerb verbessern. Wir wollen einmal abfragen, welche Investitionen mit den 10 Mil lionen €, die den Kommunen für Fortbildung im Erzieherin nenbereich zur Verfügung gestellt wurden, getätigt werden und was damit vor Ort überhaupt gemacht wird. Wir werden nachfragen, inwieweit diese Mittel ausgegeben werden. Hier soll zukünftig der Schwerpunkt auf die Begleitung beim Spra cherwerb bzw. bei der Sprachförderung gelegt werden.

Über SBS und ISK hinaus gibt es weitere Sprachförderkon zepte, die in verschiedenen Kommunen umgesetzt werden. Hier existiert eine breite Landschaft. Wir werden uns jetzt in einer Expertengruppe zusammensetzen und zu gegebener Zeit auch den Landtag in der Frage einbinden, wie wir feststellen können, ob diese verschiedenen Sprachförderkonzepte erfolg reich sind oder nicht, und wir werden dann versuchen, auch diese langfristig unter den Schirm unserer Förderung zu be kommen. Denn uns ist am Ende nicht wichtig, ob ein Kind nun das Programm A oder das Programm B bekommt. Wich tig ist uns vielmehr, dass jedes Kind, das die Förderung über ein Programm braucht, diese möglichst alltagsintegriert be kommt und dass das jeweilige Programm auch erfolgreich ist.

Da haben Sie mit Recht darauf hingewiesen, dass bei vielen Programmen die möglichen Erfolge im Moment noch sehr kritisch diskutiert werden. Das ist aber ein bundesweites Phä nomen.

Herzlichen Dank. – Von seiten der SPD-Fraktion liegt keine Wortmeldung vor.