Wir haben insbesondere im ländlichen Raum – im Bereich Sigmaringen, Mengen/Hohentengen, Meßstetten, Ellwangen, Hardheim – Standorte, die aufgegeben werden; sie alle sind erheblich betroffen. Wir haben im Rhein-Main-Bereich Stand orte der Alliierten, die geschlossen werden.
Ich darf daran erinnern, dass die Konversion im Main-Tau ber-Kreis, der bei der letzten Welle erheblich betroffen war, noch nicht abgeschlossen ist und dass auch die Konversion in Horb noch nicht abgeschlossen ist. Die Kaserne in Horb be findet sich noch im Eigentum des Bundes.
Herr Minister Bonde, wir sind uns einig, dass wir gegenüber dem Bund eine verbilligte Abgabe von Bundeswehrliegen
schaften an kaufwillige Kommunen fordern. Warum? In vie len Fällen haben Kommunen Grundstücke kostenlos dafür ab gegeben, dass Kasernen auf ihrem Gebiet errichtet wurden – noch zu Zeiten des Königreichs Württemberg und auch spä ter, während der Bundeswehrzeit. Deswegen darf es nicht sein, dass der Bund diese Kasernen und diese Liegenschaften jetzt wieder an dieselben Kommunen quasi verkauft. Wir unterstüt zen Sie also in diesem Anliegen nachdrücklich.
Aber ich möchte auch dazusagen: Bis 2004 hatten wir diese Praxis. Wer hat diese Praxis damals beendet? Das war die rotgrüne Regierungsmehrheit.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein! Wo sitzt er denn überall drin?)
Was hat damals die rot-grüne Regierung gemacht? Sie hat die Aufgaben zentralisiert. Sie hat den Oberfinanzdirektionen die Aufgabe abgenommen und sie der BImA gegeben.
Sie hat gesagt: „Ihr dürft nur noch zum Verkehrswert kaufen.“ Also, Herr Bonde, späte Einsicht ist auch noch gut. Adenau er hat gesagt: „Was geht mich mein Geschwätz von gestern an?“ So machen Sie es jetzt auch. Adenauer war in der CDU, Ihre Frau ist es auch. Hören Sie öfter auf Ihre Frau.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans-Ul rich Sckerl GRÜNE: Das tut richtig weh, Herr Kol lege! – Zurufe der Abg. Jörg Fritz und Andreas Schwarz GRÜNE)
Meine Damen und Herren, Herr Bonde fordert vom Bund mehr Infrastrukturmaßnahmen, mehr Engagement im Bereich Infrastruktur. Ja, das ist richtig. Etwa im Bereich Straßenbau können wir den betroffenen Kommunen helfen.
Was ist das Problem von Sigmaringen? Das Problem von Sig maringen ist der fehlende Autobahnanschluss. Was könnte man tun? Man könnte beispielsweise die B 311 ausbauen. Aber wo befinden sich die Maßnahmen im Bereich der B 311, Ortsumfahrung Unlingen oder Erbach-Dellmensingen?
Sie befinden sich in der Kategorie 3 des grünen Verkehrsmi nisters. Er will diese Maßnahmen also überhaupt nicht ange hen.
Oder nehmen Sie die B 29. Das würde Ostwürttemberg hel fen. Auch das wäre eine Konversionsmaßnahme. Wo befindet sich die Maßnahme? Ganz hinten. Also, es bringt überhaupt nichts, einerseits vom Bund Infrastrukturmaßnahmen zu for dern und auf der anderen Seite beim Straßenbau genau das Gegenteil zu tun. Kommen Sie an diesem Punkt endlich zur Vernunft, und versuchen Sie, den betroffenen Kommunen und den betroffenen Raumschaften zu helfen.
Wir, die CDU-Fraktion im Landtag, haben unter Federfüh rung des Kollegen Klein ein Konversionskonzept erarbeitet, und wir haben bei den letzten Haushaltsberatungen 1 Milli on € zusätzlich für Konzepte der Kommunen beantragt. Da mals wurde uns gesagt, wir brauchten dieses Geld nicht und es gehe nicht darum, schon jetzt Konzepte zu erarbeiten. Fer ner wurde damals gesagt, das Geld werde reichen.
Was passiert jetzt im Moment, Herr Bonde? Im Moment kön nen Kommunen keine Anträge stellen, wenn sie Konzepte für Konversionsmaßnahmen aufstellen wollen. Warum nicht? Weil ihnen gesagt wird: Man muss erst das vom Land in Auf trag gegebene Prognos-Gutachten abwarten, und erst danach – ab Juli – dürfen Anträge gestellt werden. Halten Sie das Vor gehen für richtig? Nicht einmal eine Unbedenklichkeitsbe scheinigung können Kommunen im Moment bekommen. Sie werden also hingehalten. Der Ministerpräsident hat gesagt: „Das Geld folgt den Ideen.“ Aber Sie unterstützen die Kom munen nicht ausreichend, wenn es darum geht, Ideen zu ver wirklichen. Wir brauchen also eine Beschleunigung bei dem, was Sie für die Kommunen tun.
Dann geht es darum, dass wir neben den Projektprogrammen in den Bereichen Städtebau, ELR, Abwasser und Wasser den Kommunen auch im Rahmen des kommunalen Finanzaus gleichs helfen und dass wir den Kommunen auch helfen, wenn es darum geht, über den Ausgleichstock zusätzliche Hilfen zur Verfügung zu stellen. Wir haben dazu entsprechende Konzep te vorgelegt.
Wir fordern von dieser Regierung, dass sie die Konversions kommunen und die Konversionsregionen jenseits der beste henden Programme unterstützt. Das Land Baden-Württem berg hat dies immer getan. Schauen Sie nur beispielsweise nach Ludwigsburg, wo die Filmakademie entstanden ist, wo die Akademie für Darstellende Kunst entstanden ist. Schauen Sie das Hochbegabtengymnasium in Schwäbisch Gmünd an. Schauen Sie den Flughafen in Söllingen an. Überall hat das Land zusätzlich über die Programme hinaus geholfen. Das ist das, was wir brauchen. Was wir nicht brauchen, ist, dass das, was schon geschaffen wurde, wieder zurückgenommen wird. Die Polizeiakademie in Wertheim, die eine Konversionsmaß nahme war, soll jetzt wieder geschlossen werden. Das ist ge nau das Gegenteil dessen, was Sie tun sollen.
Im Jahr 1993 haben die Länder Mittel in Höhe von zwei Pro zentpunkten der Einnahmen der Mehrwertsteuer vom Bund bekommen, auch für Konversionsmaßnahmen – dies sind er hebliche Mittel –, und deswegen müssen Sie diese Mittel auch für die Konversionskommunen einsetzen. Es geht bei der Fra ge der Konversion in Baden-Württemberg darum, weiterhin das zu gewährleisten, was dieses Land stark gemacht hat, nämlich eine ausgewogene Entwicklung zwischen Stadt und Land. Um nicht weniger geht es bei der Konversion.
Wir fordern Sie auf, endlich in die Puschen zu kommen und sich im Sinne der Konversionskommunen und für die Kon versionskommunen in Baden-Württemberg zu engagieren.
Herr Präsident, verehrte Kollegen! Ich bin dankbar, dass auf Initiative der Grünen heute das The ma Konversion wieder auf die Tagesordnung gekommen ist.
Denn es sind reichlich viele Monate vergangen, ohne dass sich, jedenfalls von der Bundesebene her, erkennbar etwas ge tan hat.
Dabei war von Anfang an klar, dass diese nicht unerhebliche Problematik eigentlich nur in einem vernünftigen Schulter schluss von Bundes- und Landesmaßnahmen geschultert wer den kann. Es ist bereits auf die Dimension der Auswirkungen dieser Reform hingewiesen worden. Von rund 25 000 militä rischen und zivilen Dienststellen werden ca. 9 500 abgebaut; das ist ein Rückgang um rund 38 %. Darin nicht berücksich tigt ist der Truppenabzug der Alliierten, unter dem die RheinNeckar-Region im Besonderen zu leiden hat. Baden-Würt temberg gehört zu den am stärksten betroffenen Bundeslän dern.
Was hat der Bund bis jetzt in seiner Verantwortung getan? Bis jetzt jedenfalls hat er herzlich wenig getan. Am Anfang war noch das Ziel verkündet worden, strukturpolitische Bedingun gen zu berücksichtigen, keine Standorte in den Blick zu neh men, die strukturell benachteiligt sind. Wir sehen, wozu das in Baden-Württemberg geführt hat.
Nach der Grundsatzentscheidung zur Bundeswehrreform im Herbst vergangenen Jahres herrschte bis in die letzten Tage hinein ausgesprochene Funkstille.
Deswegen appelliere ich besonders an die Kollegen und Kol leginnen von CDU und FDP/DVP, wenigstens für die Geset zesänderung in Berlin Druck zu machen. Diese Änderung be inhaltet jetzt, über das BImA-Gesetz hier stärker Einfluss zu nehmen, eine Öffnungsklausel zu verankern, dass bei der Ver waltung und Verwertung ehemals militärisch genutzter Lie genschaften die strukturpolitischen Ziele nicht nur des Bun des und der Länder, sondern eben auch der Kommunen im Sinne einer nachhaltigen Regionalentwicklung gleichrangig berücksichtigt werden.
Das ist ein gewaltiger Unterschied und würde den betroffe nen Kommunen tatsächlich Perspektiven und Entwicklungs möglichkeiten eröffnen, die auch Aussicht auf Erfolg haben; denn bei der Bewältigung des Konversionsprozesses besteht nach unserer Auffassung eine eindeutige Bringschuld des Bundes als alleinigem Verursacher der Reform.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sei froh, dass wir Frieden haben! – Lachen des Abg. Leopold Grimm FDP/DVP)
Es geht nicht nur um eine Aufstockung einschlägiger Förder programme wie der Städtebauförderung und um die Beseiti gung der Altlasten aus der militärischen Nutzung, sondern es geht auch um die Förderung von Infrastrukturprojekten und um das Thema der verbilligten Abgabe von Bundeswehrlie genschaften an kaufwillige Kommunen.
Die bisherige Vermarktungspraxis passt nicht zur schwierigen Situation gerade im ländlichen Raum. Deshalb muss der Bund strukturpolitische Gesichtspunkte bei der Gestaltung der Ver kaufspreise auch für Bundeswehrliegenschaften künftig an gemessen berücksichtigen, denn das ist für die betroffenen Kommunen von besonderer Bedeutung.
Hier sei auch eines gesagt: Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, können nicht ständig das Hohelied des länd lichen Raumes singen und die Landesregierung kritisieren, solange die schwarz-gelbe Bundesregierung als Verursacher des Problems hier ihrer Verantwortung nicht gerecht wird.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: „Verursacher“? Frie denspolitik!)