Protokoll der Sitzung vom 27.06.2012

(Lachen bei den Grünen)

Dank des politischen Engagements der Verfassten Studieren denschaft ist die allgemein bekannte Caféknappheit in Berlin erfolgreich und nachhaltig bekämpft worden!

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE: Haben Sie etwas gegen die Wiedervereinigung?)

Liebe Genossen, vielleicht sollten Sie Ihrem Genossen ein mal mitteilen, dass die Berlinblockade schon längst vorbei ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf von Grün-Rot erweist der Verbesserung der studentischen Mit bestimmung einen Bärendienst. Mit Ihrem unscharf definier ten politischen Mandat und der Zwangsmitgliedschaft wird die grün-rote Verfasste Studierendenschaft nicht nur erhebli chen bürokratischen Aufwand und Mehrkosten für Hochschu

len wie für Studierende verursachen, sondern auch zahlreiche Streitigkeiten in die Hochschulen tragen. Dabei könnte man auch einfach ein Studentenparlament ohne Zwangsmitglied schaft und Zwangsbeiträge, aber mit klaren Zuständigkeiten, einfachen und transparenten Strukturen und einer Wahl unter Berücksichtigung der allgemeinen demokratischen Wahlgrund sätze einführen.

Demgegenüber ist unser Gesetzentwurf tatsächlich von unten gewachsen. Die Liberale Hochschulgruppe und der RCDS ha ben die Konzeption erarbeitet und den Fraktionen von CDU und FDP/DVP übergeben, die den Vorstoß dann ins Parlament getragen haben, übrigens schon in der vergangenen Legisla turperiode.

Wenn es Ihnen von Grün-Rot wirklich ernst wäre mit mehr Demokratie an den Hochschulen, dann müssten Sie eigentlich eine Urabstimmung mit einem moderaten Quorum für die Be teiligung der Studierenden zulassen. Die FDP/DVP-Fraktion unterstützt die Forderung der Hochschulrektoren, eine Urab stimmung über die Verfasste Studierendenschaft in den ein zelnen Hochschulen durchzuführen. Wir schlagen ein mode rates Zustimmungsquorum von 10 % der Studierenden vor, das ein Satzungsentwurf in der Urabstimmung erreichen muss, um Gültigkeit zu erlangen. Nach unserer Überzeugung sollen die baden-württembergischen Studierenden auf demokrati schem Weg selbst entscheiden, ob sie die hoch problemati sche, grün-rote Verfasste Studierendenschaft überhaupt wol len oder eine andere Form der Mitbestimmung vorziehen.

Heute liegen nicht nur zwei Gesetzentwürfe zur Stärkung der studentischen Mitbestimmung vor, sondern im Grunde ein weiterer, nämlich das Gesetz zur Stärkung der akademischen Weiterbildung.

Ein Webfehler besteht meines Erachtens aber darin, dass die Landesregierung zwei große und wichtige Anliegen, die aber so gut wie gar nicht miteinander zusammenhängen, zu einem Paket zusammengeschnürt hat. Das finde ich vor allem des halb ärgerlich, weil die akademische Weiterbildung wahrlich eine eigenständige Behandlung, einen eigenen Gesetzentwurf verdient hätte.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Die FDP/DVP-Fraktion lehnt den Gesetzentwurf zur Verfass ten Studierendenschaft ab. Den Teil zur akademischen Wei terbildung unterstützen wir ausdrücklich. Die Durchlässigkeit zwischen der Weiterbildung außerhalb und an der Hochschu le wird durch die Anrechenbarkeit von außerhalb der Hoch schule erworbenen Leistungen verbessert. Zusammen mit dem Hochschulzugang für beruflich Qualifizierte, der schon in der vergangenen Legislaturperiode eröffnet wurde, werden hier nun Möglichkeiten geschaffen und Anreize gesetzt, aus dem Beruf heraus ein weiterbildendes Studium aufzunehmen so wie Beruf und Weiterbildung besser miteinander zu verzah nen.

Den unterschiedlichen Lebensumständen der Studierenden im Erststudium und den sich weiterbildenden Studierenden trägt eine Sollvorschrift Rechnung. Die Hochschulen werden ver pflichtet, die Studiengänge so auszugestalten, dass sie auch in Teilzeit studiert werden können. Die Umsetzung bleibt ihnen

damit selbst überlassen. Dass die Hochschulen nun die Ver gütung der in der Weiterbildung tätigen Hochschullehrer ei genständig ausgestalten können, ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung dafür, dass mehr Weiterbildungsangebote ent stehen.

Aus Sicht der FDP/DVP ist es gut und richtig, dass für die Weiterbildungsangebote Studiengebühren erhoben werden können. Denn wie auch sonst sollte angesichts der knappen, aber dringend benötigten finanziellen Ressourcen im Hoch schulbereich der Weiterbildungsbereich auf- und ausgebaut werden? Ob man gänzlich ohne zusätzliche staatliche Mittel auskommt oder auf welche Weise eine etwaige staatliche Un terstützung intelligent ausgestaltet werden kann, muss sich noch zeigen. Ein denkbares Finanzierungsmodell wären Wei terbildungsgutscheine, die unabhängig von der Trägerschaft eingelöst werden könnten. Immerhin haben wir es mit einem weitgehend privat organisierten bzw. von privaten und freien Einrichtungen getragenen Weiterbildungsmarkt zu tun.

Notwendig erscheint uns Liberalen, dass bei aller Unterstüt zung für das lebenslange Lernen stets eine Aufgabenkritik vor genommen wird. In diesem Fall muss immer wieder gefragt werden, was Aufgabe des Staates ist und was nicht. Ebenso muss immer wieder gefragt werden, was Aufgabe der akade mischen Weiterbildung ist und was die Betriebe und freien Träger besser leisten können.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Bauer das Wort.

Verehrte Frau Präsidentin, verehrte Abgeordne te! Lieber Herr Dr. Birk, verzeihen Sie mir, dass ich Ihren ers ten Worten nicht lauschen konnte. Aber ich war bei einer Be suchergruppe und musste zu einem Gespräch zur Verfügung stehen.

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Sie wissen, für die einzige Abgeordnete des Wahlkreises Hei delberg und direkt gewählte Abgeordnete ist das einfach ein Muss. Ich musste da meine Pflicht erfüllen.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Da sehen Sie, in wel cher Zwickmühle wir alle sind!)

Sehen Sie es mir nach, dass ich nur einen Teil Ihrer Rede hö ren konnte.

Wir beschließen heute, dass die Studierenden im Südwesten unserer Republik nach 37 Jahren eine starke Stimme in ihren Hochschulen zurückerhalten werden, wie dies in allen ande ren Bundesländern außer Bayern bereits der Fall ist.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Sie, liebe Opposition von heute, haben vor drei Jahrzehnten die Verfasste Studierendenschaft abgeschafft und bis heute nicht wieder eingeführt. Sie haben – lassen Sie mich das be

tonen – in diesen drei Jahrzehnten auch nicht irgendein ande res Mitbestimmungsmodell eingeführt, sondern Sie haben gar keines eingeführt.

Sie kritisieren heute die Einführung, weil Sie – dieser Ein druck drängt sich auf – der Meinung sind, dass die Studieren den eben keine starke organisierte Stimme an den Hochschu len brauchen.

Ich möchte deswegen noch einmal betonen: Sie brauchen kei ne Angst davor zu haben, dass sich die Studierenden an unse ren Hochschulen einmischen. Sie brauchen auch keine Angst davor zu haben, dass sie Cafés, Cafeterien gründen, seien es auch noch so viele.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie haben meine Re de nicht gehört!)

Bürgerregierung heißt eben auch, dass Bürgerinnen und Bür ger auch an unseren Hochschulen in die Lage gebracht wer den sollen, sich für ihre eigenen Belange einzusetzen.

Lassen Sie mich die Gelegenheit nutzen, zu ein paar der for mulierten Kritikpunkte noch einmal Stellung zu beziehen.

Erstens zum Thema Mandat und zur Reichweite des Mandats. Wir ermöglichen mit dem vorliegenden Gesetzentwurf ein weitreichendes Mandat für die Verfasste Studierendenschaft, damit sich die Studierenden für ihre Belange und für hoch schulpolitische Themen in einem umfassenden Sinn einsetzen können. Die hier gewählte Formulierung gibt den Studieren den die nötige Rechtssicherheit. Ich bin mir sicher, dass die Verfasste Studierendenschaft, die Studierenden in der Praxis mit dieser Freiheit verantwortungsvoll umgehen werden.

Ich kann die Kritik, die Sie am Umfang des Mandats formu lieren, nicht nachvollziehen. Ich kann Ihnen versichern, wir haben bei dem Gesetzentwurf sehr genau und umfassend ge prüft und darauf geachtet, dass wir die verfassungsrechtlichen Grenzen beachten,

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Dann schreiben Sie es doch auch in das Gesetz und nicht nur in die Begrün dung!)

aber innerhalb dieser Grenzen eine möglichst große Reich weite sicherstellen. Genau in diesem Rahmen haben wir uns bewegt. Deswegen haben wir auch die Bezeichnung „politi sches Mandat“ gewählt. Herr Dr. Birk, das entspricht im Üb rigen auch der Formulierung anderer Bundesländer, z. B. der von Berlin und Niedersachsen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das macht es nicht besser!)

Daher bewegen wir uns da nicht außerhalb des Rahmens. Ich meine, es ist hinreichend präzise, ausreichend geprüft. Schen ken Sie da einfach den Studierenden ein wenig Vertrauen, dass sie diesem Mandat, das ihnen gewährt wird, in einer verant wortungsvollen Weise Rechnung tragen werden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ein zweiter Punkt: Sie fordern Ausstiegsrechte für die Studie renden, die sogenannte Drop-out-Variante, und Sie fordern

Mindestquoren bei der Einführung der Verfassten Studieren denschaft. Man hat den Eindruck, dass es Ihnen in der Subs tanz darum geht, eben keine Verfasste Studierendenschaft zu haben. Denn das Wesen der Verfassten Studierendenschaft

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP und Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Ist Zwang! – Zuruf des Abg. Johan nes Stober SPD)

ist es nun einmal, dass Studierende qua Status Mitglied der Verfassten Studierendenschaft sind.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber dann doch bitte im Rahmen eines engen hochschulpolitischen Man dats, Frau Kollegin!)

Es ist eben kein Verein, es ist keine sonstige Körperschaft, sondern es ist eine Verfasste Studierendenschaft. Deswegen vertragen sich Ausstiegsrecht und Quorum eben nur sehr be grenzt mit der Idee der Verfassten Studierendenschaft.

Wir haben in dem ausführlichen Diskussionsprozess im Vor feld die Varianten ausgiebig geprüft. Bereits vor dem ersten Gesetzentwurf, vor der ersten Lesung haben wir uns nach die ser Debatte, weil mehrheitlich dieses Ausstiegsrecht und das Quorum nicht gewünscht waren, klar dafür entschieden, die se Varianten, die wir geprüft haben, nicht weiterzuverfolgen. Wir wollen über einen geregelten und verlässlichen Rahmen Studierende zur Mitarbeit und zu Abstimmungen ermutigen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das wollen wir auch!)

Sie haben Spielräume, über die Ausgestaltung ihrer Satzun gen die für sie passenden Modelle vor Ort umzusetzen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das wollen wir nicht!)