Protokoll der Sitzung vom 28.06.2012

Herzlichen Dank. – Es liegt noch eine Zusatzfrage des Kollegen Salomon vor.

Sehr geehrter Herr Mi nister Gall, vielen Dank für die Ausführungen. Ich möchte gern, dass Sie noch zwei Fragen beantworten.

Die eine Frage wäre, wie Sie die Sicherheitsdienste und die Ausbildung in diesem Bereich bewerten. Denn hier wurde von Gewalt in Fußballstadien gesprochen. Mich interessiert auch, ob es in diesem Bereich Verbesserungen bedarf und ob da in Zukunft auch ein anderes Kontingent an Sicherheitskräften gestellt werden soll.

Die weitere Frage wäre, ob Sie uns darüber berichten können, welche Mechanismen es in anderen Bundesländern oder auch in anderen Ländern gibt, die in der Vergangenheit durchaus größere Probleme mit Gewalt in Fußballstadien hatten.

Ich fange einmal mit der letz ten Frage an: Wie wird im Moment in anderen Ländern dis kutiert? Sehen die in ähnlicher Weise Handlungsbedarf wie wir? Dazu kann ich sagen: Ja, das tun sie. Wir hatten in der zurückliegenden Innenministerkonferenz diesem Thema brei ten Raum eingeräumt, weil wir, wie gesagt, bei diesem The ma kein Alleinstellungsmerkmal haben. Das sollten wir auch nicht nach außen vermitteln. Vielmehr ist Gewalt in und um Stadien ein bundesweites Thema. Das fängt im Norden an. Sie kennen die zwei dort handelnden Vereine.

(Heiterkeit des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Der eine macht da mehr Probleme als der andere.

(Heiterkeit des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Namen brauche ich da nicht zu nennen; er wird uns in der kommenden Saison besuchen.

Auch mit Auf- und Abstiegsregelungen, die es da gibt, wer den wir entsprechend zu tun haben. Wir haben z. B. gemein sam das Thema erörtert – da sind wir uns auf Bundesebene völlig einig –, dass die Länder, dass die Sicherheitsbehörden der Länder zumindest mehr Mitsprachemöglichkeiten haben sollten, wenn es um die Festlegung der Spielprogramme und der Spieltage geht. Als Stichwort will ich den 1. Mai nennen. An diesem Tag ist die Polizei quer durch die Bundesrepublik massiv gefordert. Wenn da noch Fußballlagen dazukommen, ist das schlechterdings nicht zu leisten. Das fordern die Län der gemeinsam ein.

Die Innenminister in Deutschland einschließlich des Bundes innenministers waren sich natürlich auch darüber einig, dass beim Fußballgipfel – so wird er, glaube ich, genannt – auf Bundesebene, gerade was die präventiven Maßnahmen anbe langt, mehr finanzielles Engagement insbesondere der Profi ligen gefordert wird.

Sie haben alle wie ich auch Kenntnis genommen, dass sich aus deren Sicht dort etwas dramatisch verbessert hat, was die

Einnahmen aus Fernsehrechten und Ähnlichem angeht. Des halb sind wir schon der Auffassung – ich habe es vorhin ge nannt –, dass gerade im präventiven Bereich das finanzielle Engagement „des Fußballs“ durchaus gefordert sein sollte, und erwarten, dass da mehr getan wird, als es in der Vergan genheit der Fall war.

Es wird, Herr Kollege Salomon, insbesondere darauf ankom men, dass wir uns in den Ländern oder über die Ländergren zen hinaus einig sind, dass wir überall – so nenne ich es jetzt einmal – gleiche Tolerierungsschwellen einziehen. Es kann nicht sein, dass in manchen Bundesländern in und um Stadi en Dinge toleriert werden, die wir nicht tolerieren, oder um gekehrt. Wir sind da auf Zusammenarbeit angewiesen, weil insbesondere der Fanreiseverkehr uns natürlich auch Proble me bereitet. Wir haben bei vielen Fußballspielen, auch bei den internationalen, das Problem, dass bestimmte Fangruppen Drittstandortauseinandersetzungen ankündigen. Das heißt, da findet ein Spiel in München statt. Die problematischen Fan gruppen treffen sich aber zu einer kurzen Zwischenschläge rei am Bahnhof in Stuttgart.

Das alles sind Themenfelder, die uns berühren und die uns schlicht und ergreifend zwingen oder es erforderlich machen, dass wir da über Ländergrenzen hinweg zusammenarbeiten.

Ihre erste Frage war: Wie beurteile ich die Ausbildung oder den Einsatz von Ordnerdiensten? Da bitte ich Sie, sich ein fach einmal die Bilder der Relegationsspiele, der Auf- und Ab stiegsspiele, die wir gesehen haben, in Erinnerung zu rufen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Ich glaube nicht, dass irgendjemand den Eindruck hatte, dass dort überhaupt ein geordneter Ordnerdienst vorhanden war, dass die Ordner dort in der Lage waren, die Situation zu be frieden. Deshalb wird auch dies bei den anstehenden Gesprä chen ein Thema sein.

(Ein Gruppe von Schornsteinfegern nimmt auf der Zuhörertribüne Platz. – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Der Präsidentin ein Sondergruß! – Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Innenminister. – Ich gehe davon aus, dass der Innenminister ausreichend erschöpfend geantwortet hat

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Erschöpfend vor al lem! – Vereinzelt Heiterkeit und Beifall)

und der Herr Staatssekretär vielleicht das nächste Mal wieder antwortet.

Meine Damen und Herren, die Fragestunde darf 60 Minuten nicht überschreiten. Am Anfang hatte ich gesagt, dass ich mir vorstellen könnte, dass man die 60 Minuten nicht unbedingt ausschöpfen muss.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Wenn die Antworten so lang sind!)

Aber wie sich gezeigt hat, sind 60 Minuten das Mindeste, was man für so eine Fragestunde braucht.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Das lag aber nicht an den Fragen!)

Wir konnten die Mündliche Anfrage unter Ziffer 4 der Druck sache 15/1953 aus Zeitgründen jetzt nicht mehr von der Re gierung beantworten lassen. Wenn der Fragesteller damit ein verstanden ist, wird diese Frage schriftlich beantwortet und die Antwort in das Sitzungsprotokoll aufgenommen. – Herz lichen Dank.

M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. P a u l L o c h e r e r C D U – U n t e r s t ü t z u n g d e s L a n d e s b e i d e r F o r t f ü h r u n g e h e m a l i g e r S c h l e c k e r - F i l i a l e n i m l ä n d l i c h e n R a u m

a) Welche Maßnahmen unternimmt die Landesregierung, um

die Nahversorgung mit Lebensmitteln und Gegenständen des täglichen Bedarfs im ländlichen Raum sicherzustellen?

b) Ist die Landesregierung bereit, die Fortführung ehemaliger

Schlecker-Filialen im ländlichen Raum als Dorfläden zur Nahversorgung mit einer speziellen Förderlinie im Ent wicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR) zu unterstüt zen?

Schriftliche Antwort des Ministeriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz:

Der ländliche Raum in Baden-Württemberg ist stark. Und da mit er stark bleibt, müssen wir wesentliche Infrastrukturen er halten. Dazu gehört die Möglichkeit, sich auch täglich mit Le bensmitteln und anderen Gütern versorgen zu können.

Die grün-rote Landesregierung nimmt diese Aufgabe sehr ernst. Denn wir wollen den ländlichen Raum als Ort zum Le ben und Arbeiten attraktiv halten.

Zu a: Im Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum besteht ein eigener Förderschwerpunkt zur Sicherung der Grundver sorgung. Unser wichtigstes Strukturförderprogramm ist also das ELR. Darüber können wir Investitionen von Unterneh men, Genossenschaften oder Bürgervereinigungen mit bis zu 20 % der förderfähigen Kosten – maximal 200 000 € – unter stützen.

Im laufenden Jahr stellen wir für 15 Projekte zur Grundver sorgung Fördermittel in Höhe von 1 Million € bereit. Struk turell bedeutsame und dringende Projekte können wir auch noch außerhalb des Jahresprogramms in die Förderung auf nehmen.

Neben den Programmen ist auch die Information und die Dis kussion mit Expertinnen und Experten sehr wichtig. Deshalb veranstalten wir gemeinsam mit dem Einzelhandelsverband und dem Ministerium für Finanzen und Wirtschaft eine Infor mationsreihe. Vor Ort diskutieren wir mögliche Wege zur Nah versorgung im ländlichen Raum.

Zu b: Wie gerade dargelegt, können über das ELR grundsätz lich auch Projekte zur Fortführung z. B. ehemaliger Schle cker-Filialen als Dorfläden unterstützt werden. Hierbei muss es sich aber um Investitionen zur Herstellung der Grundver sorgung in einer Ortschaft handeln.

Daneben kann auch das Ministerium für Finanzen und Wirt schaft die Fortführung einzelner Filialen unterstützen. Wenn die Fördervoraussetzungen erfüllt werden, kann das MFW im Rahmen der Mittelstandsförderung mit zinsgünstigen Darle hen, Bürgschaften oder auch ergänzendem Kapital dabei hel fen.

Dann rufe ich jetzt Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/ DVP – Gesetz zur Verankerung eines Spekulationsverbots im kommunalen Haushaltsrecht – Drucksache 15/1571

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Zur Begründung erteile ich das Wort Herrn Kollegen Dr. Rül ke.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Gesetzentwurf be gehrt eine Veränderung der Gemeindeordnung mit dem Ziel, sicherzustellen, dass Kommunen nicht mehr von Banken da zu gebracht werden, spekulative Geschäfte einzugehen, und dass vor allem die Möglichkeit geschaffen wird, falls solche spekulativen Geschäfte abgeschlossen worden sind, diese hin terher für nichtig zu erklären, vor allem auch mit dem Ziel, dass es für Banken nicht mehr attraktiv sein soll, überhaupt den Versuch zu unternehmen, Kämmerern, Bürgermeistern oder wem auch immer solche Geschäfte aufzuschwatzen.

Die sächsische Staatsregierung hat einen Gesetzentwurf vor gelegt, der § 72 der Gemeindeordnung des Freistaats Sachsen durch den folgenden Satz ergänzt: „Spekulative Finanzge schäfte sind verboten.“ Bei einer Übernahme dieser Regelung für Baden-Württemberg wäre bei uns § 77 Absatz 2 der Ge meindeordnung, der dann den ersten zwei Absätzen von § 72 der sächsischen Gemeindeordnung entspricht, entsprechend zu ergänzen.

Diese Regelung diente der Klarstellung; denn es besteht grundsätzlich kein Zweifel daran, dass für Kommunen ein Spekulationsverbot gilt. Man vergleiche dazu die Mitteilung 4/2009 der Gemeindeprüfungsanstalt Baden-Württemberg oder auch den Erlass des Innenministeriums Baden-Württem berg zum Einsatz derivater Finanzierungsinstrumente aus dem Jahr 1998. Insofern steht grundsätzlich der Konsens nicht in frage.

Es stellt sich nur die Frage, wie man die Umsetzung optimiert. Es muss nämlich bezweifelt werden, dass diese Rechtsausle gung eine hinreichende Wirkung entfaltet hat. Wie Rechtsan wälte, die aktuell für Kommunen Schadensersatzprozesse ge gen Banken führen, in einem Schreiben berichten, haben bun desweit – ich zitiere – „Hunderte Kommunen und kommuna le Versorgungsunternehmen in den letzten Jahren auf Emp fehlung ihrer... Banken Zinsderivate abgeschlossen“.

Es trifft also nicht zu, wenn behauptet wird, es handle sich nur um ganz wenige Fälle und insofern bestehe kein Handlungs bedarf.

In diesem Schreiben heißt es weiter:

Dabei entpuppten sich die Zinsderivate nach genauer Analyse jetzt als hoch spekulative Geschäfte, die – ver kaufsfördernd – unter dem Deckmantel zulässiger Zins swaps vertrieben wurden. Aus diesen Swaps entstehen im Moment Verluste in Milliardenhöhe für Kommunen.