Das Land Baden-Württemberg hat sich bisher in seinen viel fältigen Landesprogrammen pointiert und entschieden enga giert: Investitionen in landwirtschaftliche Betriebe, Hilfe für Junglandwirte, Flurneuordnung, Verbesserung der Vermark tung, Ausgleichszulage, ELR, innovative Maßnahmen für Frauen im ländlichen Raum, MEKA, Naturschutz, Land schaftspflege, Forstwirtschaft.
Mit diesen Programmen wurden im Wege der Kofinanzierung von der EU bereitgestellte Gelder abgegriffen, Millionen flos sen in unser Land.
Mit der Neuausrichtung der EU-Agrarpolitik nach 2013 sol len nun die Direktzahlungen aus der ersten Säule vom Einhal ten zusätzlicher neuer Umweltschutzmaßnahmen – kurz: Greening – abhängig gemacht werden.
An dieser Stelle darf ich daran erinnern, dass die Landwirte bereits heute über 2 000 cross-compliance-wirksame Verord nungen, Auflagen oder Gesetze erfüllen müssen. Hinter dem politisch stark aufgeblähten Begriff „Greening“ verbirgt sich u. a., dass den Bauern in Deutschland 650 000 ha aus der Nah rungsmittelerzeugung genommen werden.
Auf die Anbaufläche der EU hochgerechnet ergäbe das sogar 6 Millionen ha, was 30 Millionen t Getreide entspricht. In An betracht von einer Milliarde hungernden Menschen auf der Welt und der Tatsache einer zunehmenden Flächenknappheit durch großen Landverbrauch infolge immer umfangreicher werdender Ausgleichsmaßnahmen sowie im Zuge der Umset zung der Energiewende ist das nicht zu tolerieren.
Als EU-Kommissar Ciolos vor mehr als einem Jahr hier in Stuttgart war, sagte er, dass er froh wäre, wenn andere EULänder so weit wären wie wir hier in Baden-Württemberg.
Aber wenn schon Greening, dann wäre es klüger, das vor al lem über die dreigliedrige Fruchtfolge zu erfüllen. Dann wä re es klüger, das Grünlanderhaltungsgebot sinnvoll weiterzu entwickeln. Das wäre auf jeden Fall besser als das von der Landesregierung gegen den Willen der landwirtschaftlichen Betriebe in unserem Land in Kraft gesetzte Grünlandumbruch verbot.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Peter Hauk CDU zu Grünen und SPD: Das können Sie verbieten, aber beim Alkohol geht es nicht!)
Dann wäre es doch klüger, den in der letzten Sitzung des Aus schusses für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz von al len Fraktionen einstimmig beschlossenen Antrag aus den Rei hen der CDU umzusetzen. Darin wurde eine neue Eiweißstra tegie für Baden-Württemberg gefordert. Diese sieht verbes serte Züchtung, Förderung und Anbau von Eiweißpflanzen, Leguminosen und Hülsenfrüchten zur Nutzung für Mensch und Tier vor. Zwar wäre dies nur ein kleiner Beitrag, aber zu fordern, diesen Anbau auf ökologischen Vorrangflächen zu er möglichen, wäre ein wichtiger erster Schritt.
Es wäre auch klüger, künftig auf GPS zu setzen. GPS bietet die Chance, etwas Gutes für unsere Böden und Pflanzen zu tun. Modernste Technik wird hier genutzt, um Pflanzen ge zielt vor Krankheiten und Schädlingen zu schützen oder den Nährstoffbedarf individuell dem Verbrauch der Pflanzen im Wachstum anzupassen.
Das alles ist allemal besser als die geplante, einzelbetrieblich gerechnete siebenprozentige Flächenstilllegung – in Klam mern: ökologische Vorranggebiete. Die CDU setzt hier klar auf Fortschritt, nicht auf Stillstand.
Die Stilllegungsauflagen träfen gerade die kleinteilige und mittlere Landwirtschaft in Baden-Württemberg, und zwar existenzbedrohend. Wettbewerbsvorteile hätten die Landwir te mit richtig großen Flächen, aber die sind nicht hier in Ba den-Württemberg.
Abschließend ist es mir wichtig, darzustellen, dass eine gute Landesagrarpolitik die beste Förderung des ländlichen Raums ist. Ich weiß, wovon ich rede. Agrarpolitik kommt nicht nur bei den Landwirten und den bäuerlichen Familien an. Sie greift wesentlich tiefer, erreicht alle Menschen, auch diejeni gen, welche nicht auf dem flachen Land, sondern in großen Städten und Ballungsräumen zu Hause sind. Eine starke Ag rarpolitik fördert die Infrastruktur, verbessert den Lebenswert für alle Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, und ganz ne benbei erspart sie uns hohe Kosten in der Gesundheitspolitik.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ich möchte mich zunächst bei der CDU für diese um fangreiche Große Anfrage bedanken,
Da der Stoff geeignet ist, mehrere mehrtägige Seminare zu füllen, war ich natürlich gespannt, was nun kommen würde. Ich war jetzt aber doch überrascht, Herr Burger, dass Sie hier die Rede Ihres vormaligen Arbeitgebers halten.
Sie haben völlig zu Recht festgestellt: In Baden-Württemberg gibt es 20 000 Vollerwerbsbetriebe und 25 000 Nebenerwerbs betriebe – übrigens 25 % weniger als vor zehn Jahren. Das ist eine traurige Botschaft. Sie haben sehr zu Recht gesagt, dass wir jeden Landwirt brauchen. Wir kämpfen um jeden. Es sind 25 % weniger geworden. Das kann man nicht zwingend als Erfolg werten.
Aber ich denke, es gibt einige gute Botschaften, etwa wenn man die Antwort zu Abschnitt II Ziffer 1 der Großen Anfrage anschaut, wo ganz klar die betriebswirtschaftlichen Ergebnis se aufgelistet sind. Sie sehen dabei, dass für das Ergebnis gar nicht entscheidend ist, wie groß der Betrieb ist, sondern viel mehr, was die Betriebsleiter können.
Für die Marktwirtschaftler unter uns ist es sicherlich proble matisch, zu sehen, dass die flächenstarken Betriebe in den neu en Bundesländern bis zu 120 % ihres Gewinns bzw. des or dentlichen Ergebnisses aus der Flächenprämie erwirtschaften und das eigentliche Wirtschaften dabei praktisch keine Rolle mehr spielt. Das ist eine ganz schwierige Situation und nicht sehr zukunftweisend.
Die Bedeutung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist unumstrit ten. Sie ist zukunftweisend für die Betriebe, zukunftweisend für die Ernährungssicherheit in unserem Land, zukunftwei send für das, was im ländlichen Raum passiert. Denn ein schneller Strukturwandel im ländlichen Raum würde Verwer fungen provozieren, die wir nicht dulden können.
Aber Sie haben den Kern angesprochen. Es geht bei der Ge meinsamen Agrarpolitik im Wesentlichen darum, den Umfang zu halten, und zwar nicht nur in der ersten Säule der Agrarpo litik, sondern für uns als Landespolitiker vor allem in der zweiten Säule der Agrarpolitik. Unsere Bauern brauchen die erste Säule. Wir brauchen die zweite Säule für das, was wir die Gestaltung unserer ländlichen Räume nennen. Um Kon flikte zu vermeiden, ist es aus meiner Sicht mit entscheidend, dass in der Agrarpolitik ein Interessenausgleich erfolgt. Denn Fakt ist, dass die Landwirte auf der einen Seite die erste Säu
le für die Sicherung ihrer Einkommen brauchen, dieses Geld aber auf der anderen Seite von den Verbrauchern, von der Ge sellschaft insgesamt aufgebracht werden muss.
Die Gemeinsame Agrarpolitik verfolgt diesen Ausgleich der Interessen mit dem Ciolos-Vorschlag. Deshalb wird er von uns unterstützt. Denn er berücksichtigt das Bedürfnis der Ver braucher, der Menschen, der Gesellschaft nach gesunden Le bensmitteln, nach intakten ländlichen Räumen und nach einer nachhaltigen Produktion. Deswegen fordert er von den Land wirten einen etwas höheren ökologischen Anteil ein. Das hal ten wir für eine richtige Maßnahme. Deshalb haben wir dies in der gesamten Zeit unterstützt.
Ich bin enttäuscht, dass sich die gesamte Debatte zur Gemein samen Agrarpolitik heute lediglich auf das sogenannte Gree ning konzentriert. Denn die wesentlichen Probleme sind ei gentlich – so meine ich – in ganz anderen Bereichen zu su chen. Wir haben in Deutschland noch immer sehr unterschied liche Subventionswerte pro Hektar. Der baden-württembergi sche Bauer bekommt pro Hektar durchschnittlich 308 €, der schleswig-holsteinische 350 €. Ich glaube, für uns als Lan desagrarpolitiker gibt es beim nationalen Ausgleich, bei der nationalen Nivellierung noch unheimlich viel Luft nach oben. Das muss eines der primären Ziele sein, weil dies mehr Geld in unsere Agrarwirtschaft im Land spült. Das habe ich immer sehr vermisst. An diesem Punkt stellen wir das Greening viel zu sehr in den Mittelpunkt und thematisieren viel zu wenig die einzelnen Maßnahmen, durch die wir in unserer Politik die ländlichen Räume stützen können.
Deswegen meine ich auch, dass diese Fixierung auf das Gree ning ein großes Problem ist. Wir sollten stattdessen z. B. die Forderung thematisieren, die 5 % aus der ersten Säule hinü berzunehmen. Auch das ist im Vorschlag der Kommission ent halten und würde noch mehr Handlungsfreiheit für die Län der in der Agrarpolitik bringen. Das sind unsere Themen der Zukunft. Ich sage es einmal so: Für 95 % der Landwirte ist das Greening tatsächlich kein Thema.
Was die gelebte Praxis betrifft, so hat Ciolos recht. Das, was Europa von uns fordert, ist für Baden-Württemberg im Kern Praxis. Es gibt ein paar kleine Ausnahmen.
Im Prinzip müssen wir uns zunächst im Klaren sein, dass die ses Greening als Thema viel zu stark aufgebauscht ist. Wir brauchen die Kernthemen, mit denen wir in den nächsten sie ben Jahren in Baden-Württemberg Agrarpolitik gestalten kön nen. Dazu gehört die Umnivellierung, dazu gehört die Ge meinsame Marktordnung. Kein Wort dazu, wie die Nachfol gewirkung bei Milch, bei Wein aussieht! Das sind Themen, die für unser Land zentrale Bedeutung haben.
Wir müssen nachjustieren, auch auf der Agrarministerkonfe renz, die jetzt wieder stattgefunden hat. Alle Ansätze, Herr Minister, die von unserem Land gekommen sind, zur Regu
Ich glaube, wir brauchen diese Ansätze, wenn wir weiterhin diese Form von Landschaft, so wie Sie und wie auch wir sie wollen, für unser Land sichern möchten. Deshalb brauchen wir diese Zuspitzung auf die wirklichen agrarpolitischen The men, aber was wir nicht brauchen, ist Polemik.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Was ist der An satz bei der Milch?)