Protokoll der Sitzung vom 24.10.2012

Die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft stellen die Familien und insbesondere die Frauen vor wachsende Her ausforderungen. Die CDU-Landtagsfraktion erkannte schon in den zurückliegenden Jahren die Notwendigkeit, die Stel lung der Frauen sowie ihre Chancen in Gesellschaft und Be ruf, Wirtschaft und Politik weiter zu verbessern.

(Zuruf der Abg. Rita Haller-Haid SPD – Unruhe)

Familien sollen die Freiheit haben, sich für den von ihnen ge wollten Lebensentwurf selbstbestimmt entscheiden zu kön nen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Dazu gilt es seit Jahren die Rahmenbedingungen anzupassen und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf weiter zu ver bessern. Frauen und Männer sollen die Möglichkeit haben, in ihrer Rolle als Mutter bzw. Vater einen Beruf zu ergreifen und sich in ihrer Rolle als Berufstätige für die Familie und insbe sondere für Kinder entscheiden zu können. Das ist nicht nur unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten unerlässlich, sondern auch gesellschaftspolitisch geboten. Die Vereinbar keit von Familie und Beruf ist und bleibt eine der zentralen Zukunftsaufgaben unseres Landes.

Ab dem 1. August 2013 wird der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für alle Kinder zwischen dem vollendeten ersten und dem vollendeten dritten Lebensjahr gelten. Die da malige, CDU-geführte Landesregierung hat seinerzeit sofort vorausschauend reagiert und gemeinsam mit den Kommunen – den kommunalen Landesverbänden – im Dezember 2007 einen konkreten und verbindlichen Fahrplan zur Erfüllung des Rechtsanspruchs verabschiedet.

Bereits in der Vergangenheit hat das Land die Kommunen bei ihren Anstrengungen zum Ausbau der Kita-Plätze unterstützt.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Sie wollten doch kla gen!)

Mit der Qualitätsoffensive Bildung wurde von der damaligen Landesregierung eine Initiative für die Kleinkindbetreuung gestartet, von der wir heute noch profitieren, Frau Sitzmann.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Was?)

Sie hatte u. a. folgende Inhalte: detaillierte Bedarfsanalyse im Bereich der Kita-Plätze, Stufenplan zum Ausbau der Betreu ungsplätze für unter Dreijährige, Konzept zur Deckung des Bedarfs an zusätzlichen Erzieherinnen und Erziehern in Hö he von ca. 7 300 Stellen. Meine Damen und Herren, wir wa ren in Baden-Württemberg auf einem guten Weg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Lachen des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Abg. Da niel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das glaubt Ihnen nicht einmal Ihre Fraktion!)

Es gibt ein solides und gutes Fundament, Herr Kollege, auf dem Sie nun aufbauen können. Die frühere Landesregierung hat nach dem alten Stand die Hausaufgaben gemacht. Sie, Frau Ministerin – ich vermisse sie heute Morgen bei dieser wichtigen Debatte –, haben als damalige Bildungsbürgermeis terin von Mannheim die Hausaufgaben nicht gemacht.

(Abg. Konrad Epple CDU: Das ist richtig!)

Unter den fünf größten Städten im Land, meine Damen und Herren, war Mannheim mit einer Betreuungsquote von 19 % im Jahr 2010 absolutes Schlusslicht.

(Unruhe – Abg. Katrin Schütz CDU: Das gute Fun dament! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wie hieß diejenige, die dort verantwortlich war? Wie hieß die Frau?)

Das war die Frau Ministerin.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ah ja!)

In Stuttgart lag die Betreuungsquote im Jahr 2010 bei 27 %. Hierauf kann Herr Kuhn einmal aufbauen. In Karlsruhe lag die Betreuungsquote bei 23 %, in Heidelberg bei 36 % usw.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Welche Stadt liegt denn vorn?)

Tübingen.

(Heiterkeit und Beifall bei den Grünen – Zurufe von den Grünen: Ah!)

Herr Kollege, Tübingen gehört aber nicht zu den fünf größ ten Städten in Baden-Württemberg. Hören Sie also bitte zu.

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

Wie sieht es nun zwei Jahre später aus, im Jahr 2012? Meine Damen und Herren, wir müssen feststellen: Herr Staatssekre tär Dr. Mentrup hat seine Hausaufgaben nicht gemacht.

(Zuruf von der SPD: Na, na, na!)

Im Juni dieses Jahres verkündete der Herr Staatssekretär, dass die Finanzmittel des Bundes für den Ausbau der Kita-Plätze angeblich ausgeschöpft seien. Zwei Wochen später hieß es, dass die vom Bund bereitgestellten Mittel nicht abgerufen worden und die Töpfe noch gefüllt seien. Verkehrte Welt, sa ge ich da nur.

(Abg. Walter Heiler SPD: Das ist gar keine verkehr te Welt!)

Im August dieses Jahres, Herr Heiler, einigten sich die Bun desregierung und die Bundesländer auf einen zusätzlichen Fi nanzierungspakt in Höhe von 580 Millionen € für den Aus bau der Kleinkindbetreuung. Aus diesem Pakt soll BadenWürttemberg 78 Millionen € erhalten. Das sind Finanzmittel für 4 000 Kita-Plätze.

Anstatt aber die Ärmel hochzukrempeln und den Ausbau wei ter voranzutreiben, jammert man, es sei zu viel Bürokratie da mit verbunden. Dabei saßen Sie, Herr Staatssekretär, bei der Vereinbarung der Auszahlungsbedingungen am 16. August dieses Jahres mit am Verhandlungstisch oder ließen sich zu mindest von Ihrer Amtschefin vertreten. Es beschleicht mich der Verdacht, dass unsere derzeitige Regierung bei der Ver einbarung nicht aufgepasst hat. Jetzt versucht sie, davon ab zulenken, und beklagt, dass das Land einen Nachweis über die Mittelverwendung erbringen muss.

Als Finanzpolitiker sage ich Ihnen: Es ist richtig, dass die öf fentliche Hand weiß, was mit den Fördergeldern geschieht, und die Länder Rechenschaft über die erhaltenen Zahlungen abgeben.

(Zuruf: Die Kommunen auch!)

Meine Damen und Herren, die Umsetzung des Rechtsan spruchs zum 1. August 2013 ist, wie es Kollege Bayer schon gesagt hat, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe von Bund, Land und Kommunen. Dabei müssen wir alle an einem Strang ziehen. Die Bevölkerung in unserem Land braucht und will Lösungen und keine Schuldzuweisungen zwischen Bund, Land und Kommunen.

Übernehmen Sie Verantwortung für unser Land, und arbeiten Sie für unsere Kommunen und vor allem für die Familien und Kleinkinder! Das ganze Jammern bringt nichts, Kita-Plätze müssen her. Baden-Württemberg liegt beim Ausbau von Ki ta-Plätzen deutlich hinter den Wünschen der Eltern nach Be treuungsplätzen für ihre Kinder zurück,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Warum wohl? – Un ruhe bei den Grünen)

so die aktuelle Studie des Deutschen Jugendinstituts in Mün chen.

(Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Was?)

Bei uns in Baden-Württemberg finden demnach 16,2 % der Familien keinen Kita-Platz, weil das Angebot fehlt. Nur in drei Bundesländern ist die Situation noch schlechter.

Mit den von der Bundesregierung zugesagten neuen Mitteln in Höhe von 78 Millionen € können wir diese Lücke schlie ßen, wenn Sie die Gelder abrufen und sich um den Ausbau be mühen.

Unser Blick sollte sich nicht nur auf den Ausbau der Kita-Plät ze richten. In meinem Antrag vom Februar dieses Jahres ha be ich bereits ein verstärktes Engagement der Landespolitik im Hinblick auf die Qualifizierung der Tageseltern sowie auf die Weiterentwicklung der Erzieherausbildung gefordert. Mit PIA sind wir auf einem richtigen Weg. Hier hat die Vorgän gerregierung ein gutes Fundament gelegt, auf dem Sie nun aufbauen können.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Viele Fragen bleiben aber offen, Herr Heiler. Ich fordere Sie von Grün-Rot auf, dem Landtag ein weiterentwickeltes Qua lifizierungskonzept für die Aus- und Fortbildung der Erziehe rinnen und Erzieher, aber auch für die Wiedereinsteiger in den Beruf vorzulegen. Wir brauchen dringend jede Fachkraft und müssen sie optimal qualifizieren.

Dazu sind Sie uns bisher die Antworten schuldig geblieben. Es geht um das Wohl unserer Kinder und unserer Familien. Jammern Sie nicht. Freuen Sie sich über die zusätzlichen Mit tel des Bundes. Also los! Plätze schaffen und für Qualität sor gen! Wir sind dabei.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Boser das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Herr Kollege Wald, diese Situation in Baden-Württemberg be steht doch nicht, weil wir seit anderthalb Jahren regieren. Sie haben uns doch dieses Desaster hinterlassen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Georg Wacker CDU)

Jahrelang hatte die CDU-geführte Landesregierung kein En gagement an den Tag gelegt, den Ausbau der Kleinkindbetreu ung voranzutreiben. Die Kommunen wollten gegen das Land klagen, weil hier kein Engagement vorhanden war. Die dama lige Landesregierung hat mehrmals bezweifelt, dass der Rechts anspruch auf Kleinkindbetreuung tatsächlich gewährleistet werden muss, beispielsweise Herr Kollege Stächele im Jahr 2010 in einer öffentlichen Debatte hier im Landtag. Jetzt sa gen Sie, wir wären daran schuld, dass diese Betreuungsplät ze hier im Land fehlen. Das ist mir suspekt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Vor einem Jahr hat die Landesregierung unter Grün-Rot einen Pakt mit den Kommunen geschlossen und damit endlich den Kommunen in Baden-Württemberg die Zusage erteilt, dass diese bei der Bewältigung der Betriebskosten nachhaltig un terstützt werden. Diese Zusage, meine sehr geehrten Damen und Herren, hat den Ball endlich ins Rollen gebracht.