Bevor man jetzt jedoch in eine weitere Flächenexpansion geht, braucht man einen Businessplan, ein Konzept, das belastbar ist, damit die Sache auch in den nächsten Jahren – mit einer möglichen Erweiterung – funktioniert.
Eines sage ich Ihnen schon einmal ganz klar, da Sie den Zu sammenhang mit Stuttgart 21 herstellen: Zehn Jahre wollen wir mit unserer Entscheidung hierzu nicht warten. Wir war ten nicht, bis Stuttgart 21 fertig gebaut ist, sondern das The ma muss in den nächsten Monaten auf den Tisch.
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Jetzt sind wir doch einen Schritt weiter!)
Dann schauen wir uns das ergebnisoffen an, und danach tref fen wir eine Entscheidung – dies hoffentlich in großer Über einstimmung.
Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möch te ich Herrn Staatssekretär Dr. Mentrup, der heute Geburtstag hat, recht herzlich gratulieren.
Ich gratuliere Ihnen, Herr Staatssekretär, im Namen des gan zen Hauses und wünsche Ihnen für die kommenden Monate alles Gute – auch dies im Namen des ganzen Hauses.
Wenn wir jemandem gratulieren, dann gratulieren wir im mer im Namen des ganzen Hauses, Herr Kollege.
(Heiterkeit – Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die Neutralität lässt doch schwer zu wünschen üb rig! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Warum bloß für acht Jahre? – Zuruf von der SPD: 16! – Weitere Zurufe – Unruhe)
Aktuelle Debatte – Auf dem richtigen Weg – der Ausbau der Betreuungsplätze für unsere Kleinkinder. – beantragt von der Fraktion der SPD
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten fest gelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht ange rechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Rede zeit von fünf Minuten. Ich darf die Mitglieder der Landesre gierung bitten, sich ebenfalls an den vorgegebenen Zeitrah men zu halten.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Es sind nun keine zehn Monate mehr, bis der Rechtsanspruch zur Betreuung von Kindern un ter drei Jahren in Kraft tritt – keine zehn Monate! Es ist ein Mammutprojekt, das noch in diesem Zeitraum zu schultern sein wird. Angaben der Kommunen zufolge fehlen immer noch 150 000 Kita-Plätze.
Diese Angaben beruhen natürlich auf Szenarien und Progno sen. Denn wie sich die Eltern in ihren Entscheidungen tatsäch lich verhalten werden, ist jetzt noch nicht abzusehen. Aber es gibt doch relativ stabile „Hochrechnungen“. Schon jetzt ist klar: Die Elternwünsche übersteigen das Angebot.
Wir gehen in Baden-Württemberg zur Erfüllung des Rechts anspruchs von einer durchschnittlichen Betreuungsquote von 34 % aus. 2010 lag die Betreuungsquote nach Auskunft des Statistischen Landesamts bei 18 %. Diese Quote stieg dann bis zum 21. März 2012 auf 23,1 %, und man kann vermuten, dass sie in den vergangenen Monaten weiter rasch angestie gen ist. Aber es wird auch klar: Wir haben in diesem Punkt noch eine ganze Strecke vor uns.
Was bei diesem Mammutprojekt wirklich geholfen hat, war der Pakt für Familien mit Kindern. Entstanden sind neue Be schäftigungsverhältnisse für Tagesmütter und Tagesväter, auch zusätzliche Qualifikationsmöglichkeiten. Entstanden ist ein unglaublich hoher Transfer von Landesgeldern in die Kom munen – ich glaube, der höchste, der jemals vorgenommen wurde –: 2012 sind das 315 Millionen €, 2013 sind es 325 Mil lionen €, und ab 2014 übernimmt das Land inklusive der Bun deszuschüsse 68 % der Betriebsausgaben.
Das ist ein Erfolgsprogramm, das auch seinen Preis hatte. Denn die Mittel aus dem Investitionsprogramm des Bundes wurden so rasant beantragt, dass meines Wissens schon Ende Juni das dafür vorgesehene Volumen aufgezehrt war. Nach dem dann auf Bundesseite klar war, dass der tatsächliche Be darf deutlich größer war als angenommen, wurden erfreuli cherweise zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt: 580 Mil lionen €, davon 78 Millionen € für Baden-Württemberg. Das Ganze war in einem Paket verpackt, und somit wurde auch die Zustimmung der Länder zum Fiskalpakt letztendlich er möglicht. 30 000 zusätzliche Betreuungsplätze sollten damit geschaffen werden.
Aber jetzt soll dieses Geld auf einmal nur unter extremen Auf lagen des Bundes – monatliche Kontrollen – fließen. Dage gen regt sich – ich finde, verständlicherweise – Widerstand in den Ländern.
Die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieber knecht von der CDU, wird, wenn ich dies im Deutschland funk richtig gehört habe, mit den Worten zitiert: „Man kann die Länder nicht behandeln wie kleine Kinder.“ Jetzt kann man natürlich durchaus das Pädagogikkonzept von Frau Lie berknecht und ihre Vorstellungen, wie Kinder zu behandeln sind, hinterfragen. Es bleibt aber bei der Analyse, dass es ein fach nicht angeht, diese zwingend notwendige Dynamik bü rokratisch zu verlangsamen, statt sie massiv zu verstärken.
Ich bin gespannt, was unser heutiges Geburtstagskind, Staats sekretär Mentrup, unserem Haus über die aktuellen Verhand lungen zwischen dem Land Baden-Württemberg und Minis terin Schröder zu berichten hat, wenn es etwas Neues zu be richten gibt.
Nun – meine Damen und Herren, ich kann es Ihnen nicht er sparen, obwohl wir hier schon mehrfach darüber gesprochen haben – eine kleine Zwischenbemerkung zum Betreuungs geld. Es ist klar: „Ohne Moos nix los“, und das Geld liegt nicht auf der Straße. Aber in Anbetracht der gerade dargestell ten Situation sollte man wirklich jeden Cent – jeden Cent! – in den Kita-Ausbau investieren.
Jutta Allmendinger vom Max-Planck-Institut für Bildungsfor schung formuliert das in ihrem neuesten Buch so:
Es ist, als baute man Schwimmbäder für alle und prämier te gleichzeitig diejenigen, die sie nicht nutzen.
So kann, so darf Politik auch unter dem Aspekt der finanziel len Verantwortlichkeit nicht funktionieren.
Neben der bestehenden Finanzierungsunsicherheit ist eines noch ein besonderes Hindernis: der Mangel an Fachkräften. Darüber, dass das Personal überhaupt ein begrenzender, ein limitierender Faktor ist, wurde meines Erachtens auf allen Ebenen zu spät nachgedacht. Aber auch hier hat die Landes regierung gehandelt. Sie hat mit dem Schulversuch PIA – pra xisintegrierte Ausbildung – ein wichtiges Signal gesetzt. Das ist ein Schulversuch, der inzwischen sehr erfolgreich angelau fen ist.
Aber es ist klar: Solche Dinge dauern. Die Installation einer neuen Ausbildungsform zeitigt natürlich erst in einigen Jah ren Wirkung. Deswegen brauchen wir einen Mix von kurz fristigen, mittelfristigen und langfristigen Maßnahmen. Eine kurzfristige Entlastung könnte z. B. dadurch entstehen, dass Erzieherinnen und Erzieher, die aktuell nicht mehr im Beruf arbeiten, wieder zurückgewonnen werden.
Man könnte darüber nachdenken, dass teilzeitbeschäftigte Ar beitskräfte ihre Arbeitszeiten verlängern, und man sollte vor allem dafür sorgen, dass die ausgebildeten Fachkräfte beim Übergang auch wirklich in diesem Feld landen und dass die Fachkräfte diese Ausbildung nicht einfach nur als Durch gangsstation nutzen.
Nicht zuletzt, meine Damen und Herren, muss der Erzieher beruf endlich durch eine bessere Bezahlung aufgewertet wer den – auch für Männer.
Ich möchte mit dem Appell schließen, sich dieser Mammut aufgabe gemeinsam zu stellen – Bund, Land, Kommunen und Träger – und da mit Power, mit Kreativität und ohne bürokra tische Fallstricke heranzugehen.
Der Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz ist das ehr geizigste familienpolitische Ziel der letzten 30 Jahre. Es darf nicht scheitern.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär Dr. Mentrup, ich darf Ihnen heu te zu Ihrem Ehrentag, zum Geburtstag gratulieren. Ich wün sche Ihnen Gesundheit und Gottes Segen.
Aber leider kann ich es Ihnen nicht ersparen, heute an Ihrem Ehrentag Ihre Arbeit ein klein wenig zu kritisieren.
Die Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft stellen die Familien und insbesondere die Frauen vor wachsende Her ausforderungen. Die CDU-Landtagsfraktion erkannte schon in den zurückliegenden Jahren die Notwendigkeit, die Stel lung der Frauen sowie ihre Chancen in Gesellschaft und Be ruf, Wirtschaft und Politik weiter zu verbessern.