Christoph Bayer

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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist der aller letzte Plenartag, noch einmal gibt es ein Bildungsthema. Das ist quasi der Schlussakkord in einer langen Reihe. Diesmal wurde – trotz mancher Bedenken – im Ausschuss dem Ge setzentwurf einstimmig zugestimmt. Ich meine, das ist doch auch einmal eine schöne Sache, gerade zu diesem Thema.
Herr Kollege Kern konnte seinerzeit krankheitsbedingt nicht dabei sein, und deswegen ist es irgendwie auch verständlich, dass die Anträge der FDP/DVP-Fraktion nachgeschoben wer den. Aber die Weichen sind längst gestellt. Wir werden das mit unserem Entschließungsantrag noch einmal unterstrei chen.
Heute kommt es vorrangig auf ein zentrales Signal an, näm lich auf ein Signal an die Privatschulen, die ich persönlich üb rigens ganz besonders dann schätze, wenn sie Impuls- und Taktgeber für pädagogische Innovationen sind.
Der vorliegende Gesetzentwurf sichert den Privatschulen ei ne weitere Erhöhung der Landeszuschüsse um 17 Millionen € zu. Das ist bereits der fünfte Erhöhungsschritt in fünf Jahren.
Das ist eine äußerst erfreuliche Entwicklung. Das sieht auch die Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen so und hat das auch in der Presseerklärung vom Dezember letzten Jahres ver schriftlicht.
Es ist richtig, Herr Wacker, wir erreichen den angestrebten Kostendeckungsgrad von 80 % nicht ganz. Aber durch die jet zige nochmalige Anhebung sind es immerhin 78,1 %. Das ist eine Marke, die bisher von keiner Vorgängerregierung erreicht wurde.
Meine Damen und Herren, die Entwicklung wird weiterge hen. Daran wird sich nichts Wesentliches ändern, wenn es zu einer Neubetrachtung der bisherigen Privatschulfinanzierung kommt, die durch ein Urteil des Staatsgerichtshofs vom Juli letzten Jahres erforderlich wird. Es bleibt dabei: Die Privat schulen werden wertgeschätzt, und ihre Finanzierung wird an der Kostenentwicklung der öffentlichen Schulen ausgerichtet.
Meine Damen, meine Herren, die Privatschullandschaft gerät auch durch das Schulgesetz zur Inklusion und den Wegfall der Sonderschulpflicht in Bewegung. Ich erinnere an die Ent schließung aller Fraktionen im Juli 2015. Zu den notwendi gen Anpassungen gehört, dass an Privatschulen angestellte Lehrkräfte künftig an öffentlichen Schulen im Rahmen inklu siver Unterrichtsangebote tätig werden können.
In diesem Zusammenhang ist es Minister Stoch erneut gelun gen, im Dialog mit den Beteiligten eine tragfähige Vereinba rung zu schließen, indem er die Übernahme der Personalkos ten und einen pauschalen Zuschlag von 15 % zusichert. Wie der einmal zeigt sich: Konkrete Probleme werden dann am schnellsten gelöst, wenn beide Seiten an pragmatischen Lö sungen interessiert sind.
Die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen sowie die Wertschätzung von Vielfalt, all das in konkrete Politik umzusetzen, ist ein langer und auch schwie riger Prozess. Ich rate deswegen, dafür zu sorgen, nicht nur auf die Geschwindigkeit zu schauen, sondern hauptsächlich auf die Richtung, und diese mit möglichst optimaler Beharr lichkeit zu verfolgen.
Jetzt ist es fast schon üblich – in diesen Reigen möchte ich mich einreihen –, am Ende ein paar persönliche Gedanken zu formulieren. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie noch um eine Minute Gehör.
Ich gehöre zu denjenigen, die dem nächsten Landtag, und zwar mit Sicherheit, nicht mehr angehören. Deswegen erlau be ich mir, am Ende meiner 15-jährigen Mandatstätigkeit vier Wünsche zu äußern.
Erstens: Ich wünsche mir, dass in der Bildungspolitik verbal abgerüstet wird und Kinder nicht zum Gegenstand politischer Profilierung gemacht werden.
Zweitens: Ich wünsche mir, dass es uns – durchaus in hefti gen gesellschaftspolitischen, bildungspolitischen Auseinan dersetzungen – um einen gesamtgesellschaftlichen Grundkon sens geht, um den wir uns zu bemühen haben, Stichwort „Skandinavien in den Neunzigerjahren“, Stichwort Südtirol – alle, die dort waren, haben das bemerkt. Ich meine aber, dass wir bei diesen Bemühungen das Wort „Schulfrieden“ vermei den sollten. Es gibt nämlich keinen Krieg an Schulen.
Drittens: Ich wünsche mir, dass weiterhin „Vorfahrt für Bil dung“ gilt und dass künftig für die großen Megaprojekte früh kindliche Bildung, Ganztagsschule und Inklusion ausreichend Mittel zur Verfügung stehen. Das wird meines Erachtens oh ne Aufhebung des Kooperationsverbots nicht gelingen.
Ich wünsche mir viertens, dass bei all dem besonders an die jenigen gedacht wird, die, aus welchen Gründen auch immer, mit individuellen oder sozialen Benachteiligungen zu kämp fen haben.
Meine Damen, meine Herren, liebe Kolleginnen und Kolle gen, vor allem aber wünsche ich, dass der neue Landtag nicht von vornherein durch einen rassistischen, fremdenfeindlichen und rechtsradikalen Sound verpestet wird.
Noch haben wir Zeit, dies zu verhindern.
Ich verabschiede mich mit einem weinenden, vor allem aber mit einem lachenden Auge, weil ich an die Zeit denke, die ich nun habe, um meine fünf Enkel ins Leben hinein begleiten zu helfen.
Alles Gute. Ich danke Ihnen. Tschüs.
Danke schön. – Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Herauslocken von Jugendlichen aus ihrem Schneckenhaus – das Emblem des Schülerwettbewerbs seit vielen Jahren – ist eine Erfolgsge schichte; das wurde schon mehrmals gesagt. Man muss sich das einmal vorstellen: Ende der Fünfzigerjahre des vergange nen Jahrhunderts ist dieser Wettbewerb aus der Taufe geho ben worden, und es gibt ihn noch immer. Wenn ein solcher Wettbewerb sich so lange am Markt behaupten kann und es immer wieder schafft, den Nerv der Jugendlichen zu treffen, ist da schon Herausragendes geleistet worden, insbesondere dann, wenn man weiß, wie schnell sich Jugendwelten ändern. Deswegen kann man die Leistung derjenigen, die diesen Wett bewerb am Laufen halten, nicht hoch genug veranschlagen.
Wir alle wissen: Bei jedem Format politischer Bildung kann man nicht alle Zielgruppen in gleichem Umfang erreichen. Das ist völlig unmöglich. Es gibt immer Bildungshemmnis se. Zu der Zeit, als der Schülerwettbewerb begann, hat man – das wissen wahrscheinlich die wenigsten von Ihnen noch aus eigener Anschauung, aber ich weiß es; das ist dem Alter ge
schuldet – bei Bildungshemmnissen gesagt: katholisch, Mäd chen vom Lande. Das „katholische Landmädchen“ hat eigent lich alles in sich getragen, was Bildung verhindert. Heute wür de man das völlig anders formulieren: männliche Jugendliche in Ballungsgebieten mit Migrationshintergrund – das Parade beispiel zur Konglomeration von Bildungshindernissen.
Aber anders als bei vielen anderen Anbietern und Veranstal tungen haben es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beim Schülerwettbewerb – den Beirat möchte ich ausdrücklich ein schließen – immer und immer wieder geschafft, genau das zum Thema zu machen, und zwar systematisch, inhaltlich und über die gesamte Strecke.
Auch die Preisträgerreisen, von denen noch gar nicht gespro chen wurde, sind eigentlich eine Nummer für sich und eine tolle Gelegenheit für Politiker, mit Jugendlichen über Schul artgrenzen hinweg in Kontakt zu kommen. Ich habe zweimal persönlich teilgenommen. Das ist eine bombastische Heraus forderung didaktischer Art, pädagogischer Art.
Also auch von diesem Blickwinkel aus einen herzlichen Dank. Dieser wurde schon mehrfach ausgesprochen. Ich möchte mich auch für meine Fraktion diesem Dank anschließen. Frau Greiner, Frau Krause, mein Dank an Sie für Ihr Engagement, für Ihr Durchhaltevermögen und vor allem für Ihre nie versie gende Kreativität.
Auch der weitere Erfolgsfaktor wurde schon genannt. Deswe gen möchte ich ihn nur streifen: die Methoden- und Inhalts vielfalt, eben nicht nur starre Erörterungen, sondern das gan ze Spektrum von Möglichkeiten, von dem auch jetzt schon die Rede war.
All das ermöglicht überhaupt erst, dass sich Jugendliche an solchen Themen abarbeiten können, was ja beabsichtigt ist. Die Themen sind durchaus herausfordernd; jedenfalls treffen sie den Nerv der Zeit. Es sind auch Themen dabei, über die nachzudenken sich auch für Abgeordnete lohnen würde. Ich blicke einmal ein bisschen augenzwinkernd auf unsere Ple narsitzungen, auf unsere Ausschusssitzungen, auf unsere Frak tionssitzungen und nenne Ihnen einmal ein Thema der aktu ellen Umfrage: „Immer online – Geht ein Leben ohne Face book und Co.?“ Oder ein anderes Thema für eine Erörterung – auch nicht schlecht, das einmal zwischen Abgeordneten zu diskutieren –: „Kann ich auch mit jemandem befreundet sein, der total andere Meinungen hat?“ Wie dem auch sei: Das sind interessante Themen.
Ich möchte mich meinen Vorrednern anschließen: Der Schü lerwettbewerb des Landtags muss viel stärker als bisher un sere gemeinsame Veranstaltung werden, und zwar nicht nur dann, wenn wir uns neben die Preisträgerinnen und Preisträ ger zum Pressefoto aufstellen dürfen. Das ist natürlich schön, aber es wäre gut, eine kontinuierliche Information in die Land kreise hineinzutragen.
Ich begrüße auch für meine Fraktion diesen Beschlussantrag sehr. Bestandsgarantie, Bestandsaufnahme, Aktivitätssteige rung – alles tolle Anliegen. Auch die notwendige Frischzel lenkur, die daraus entspringen soll, findet natürlich meine Zu stimmung. Denn in der unübersehbaren Flut von Wettbewer
ben, die auf die Schulen einprasseln, braucht man Alleinstel lungsmerkmale, braucht man einen besonderen Pep, der dann auch Lehrer und Schüler dazu bewegt, teilzunehmen.
Wir sollten überhaupt alles irgendwie Mögliche tun, um po litische Bildung in all ihren Facetten zu unterstützen – ziel gruppenadäquat, experimentierfreudig – und sie auch in der Fläche zu halten – denn das ist keine ganz einfache Operati on –, und zwar ganz besonders dann, wenn es sich um politi sche Bildung im öffentlichen Auftrag handelt. Das ist hier bei diesem Wettbewerb, den Landeszentrale und Landtag gemein sam planen und umsetzen, der Fall.
Ich glaube, dass wir insgesamt – das ist jetzt auch der Hin weis des Bildungspolitikers – mehr als bisher darauf achten sollten, dass in allen organisierten Bildungsprozessen die Be reiche der sozialen und der politischen Bildung aufgewertet und verstärkt werden. Ansonsten droht – das ist ein sehr be rechtigtes Szenario – eine bildungspolitische Engführung auf Fächer, insbesondere auf die Fächer...
... – ja, okay, ich bin sofort fer tig –, die eine besondere PISA-Relevanz haben. Darüber müs sen wir deutlich hinausgehen.
Wir unterstützen diesen Antrag sehr. Er gibt einen Impuls zur Aufwertung der politischen Bildung. Ich bin gespannt auf die Vorschläge, und noch begieriger bin ich, zu erfahren, wie die se Vorschläge von Ihnen allen dann in die Wahlkreise hinein getragen werden.
Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! In vielen Kin dergärten und Schulen in Baden-Württemberg werden große Plakate mit einem markanten Satz aufgehängt, der eigentlich alles umkrempeln müsste, ein fast 500 Jahre alter Spruch, ei ne Parole der Reformpädagogen. Der Satz heißt:
Kinder sind keine Fässer, die gefüllt, sondern Flammen, die entfacht werden wollen.
Wir schreiben das Jahr 2009. Kultusminister Rau verlangt – zitiert nach der ZEIT vom 9. September 2009 –, nicht das Kind an die Institution anzupassen, sondern die Institution an die Kinder. Recht hat er gehabt, der damalige Kultusminister. Wir wären einer breiten, einer gemeinsamen, einer in der Ge sellschaft verankerten reformpädagogischen Übereinkunft we sentlich näher, wenn dieses Plakat auch in den Büros der ak tuellen Riege oppositioneller Bildungspolitiker hängen bzw. dort auch Wirkung entfalten würde.
Die damalige Einführung des Modellversuchs „Bildungshaus“ hat diese Thematik aufgegriffen, und sie leistet durchaus ei nen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Kooperation zwi schen Kita und Grundschule, damit diese oft sehr getrennten Welten näher zusammenfinden.
Wir wissen aus persönlicher Erfahrung und aus einschlägiger Forschung, dass ein erfolgreicher Übergang vom Kindergar ten in die Schule kein Selbstläufer ist. Er muss von den Be teiligten behutsam, vorsichtig und konsequent gestaltet wer den. Übergänge sind immer mit Spannungsverhältnissen be haftet, Vorfreude auf etwas Neues auf der einen Seite und Ab schiednehmen von etwas Bewährtem auf der anderen Seite. Gelingen solche Übergänge nicht, sind Stress und Unsicher heit die Folge. Genau das können wir am Beginn einer Schul karriere nicht gebrauchen.
Deswegen: Die Idee des Bildungshauses ist gut.
Das Problem liegt nicht im Konzept, sondern in der Modell haftigkeit und vor allem in der vergessenen Durchfinanzie rung. 2 500 Grundschulen stehen 194 Bildungshäuser gegen über.
Ob eine landesweite Übertragung der Modellbedingungen von Ihrer Seite überhaupt jemals gewollt war, ist fraglich.
Zumindest finanztechnisch war sie nirgends erkennbar. Allein das Aufsetzen von immer neuen Modellen macht keine nach haltige Politik aus. Das ändern wir.
Was also ist zu tun? Die wichtige Vorreiterrolle der Bildungs häuser für eine intensive Kooperation ist zu nutzen, um die Er fahrungen aus dem Modellversuch schrittweise in die Fläche zu bringen. Deshalb haben wir bereits im Schuljahr 2012/2013 eine verlässliche Kooperationszeit für alle 2 500 Grundschu len eingeführt. Damit haben alle Grundschulen einen ressour cenunterlegten Organisationsrahmen, in dem sie sich mit dem Problem auseinandersetzen und die entsprechenden Koope rationen mit benachbarten Kindertageseinrichtungen verste tigen können. Eine Verewigung des Modellversuchs ist weder zielführend noch finanzierbar.
Bis zur abschließenden Auswertung der Ergebnisse der wis senschaftlichen Evaluation, die noch aussteht, erhalten die bis herigen Standorte der Bildungshäuser durch uns einen Be standsschutz. Der gilt auch für das Jahr 2015/2016. Das wer den wir im Nachtragshaushalt sicherstellen.
Auf der Basis der Evaluationsergebnisse dieses Modellver suchs – der wird dann fast acht Jahre gedauert haben – muss eine Weiterentwicklung der Kooperation an allen Standorten ermöglicht werden, z. B. durch die Verwendung der an den Modellstandorten erprobten Materialien und Instrumente, durch ein verlässliches Zeitkontingent – das müsste meines Erach
tens wachsen; das ist eine Aufgabe zukünftiger Regierungen – und durch die Ausrichtung an landesweit einheitlichen Qua litätsstandards.
Eine nachhaltige Bildungspolitik darf nicht bei noch so gut gemeinten Modellversuchen stehen bleiben.
Sie muss gerade unter dem Aspekt der Bildungsgerechtigkeit in der Fläche Strukturen bilden, damit wirklich alle Kinder und Jugendlichen davon profitieren. Das gilt für Ganztags schulen, die wir aus dem Versuchsstadium herausgeholt ha ben, und so machen wir das auch in aller Ruhe beim Über gang von der Kita zur Grundschule zum Wohl aller Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg.
Danke schön.
Danke schön. – Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der, wie ich meine, fast unnötigerweise etwas hitzig gewordenen vorherigen Debatte, die eigentlich im Konsens begonnen hatte, geht es jetzt um ein rundum er freuliches Thema.
Der Anlass für die Wahl des Themas dieser Debatte ist der Fünfte Bericht der Bundesregierung zur Evaluation des Kin derförderungsgesetzes, vorgestellt von Familienministerin Manuela Schwesig vor etwa 14 Tagen. In diesem Bericht geht es um den Vergleich der Bundesländer. Erstmalig wird hier schwarz auf weiß etwas dokumentiert, was wir immer schon
vermutet, aber nicht so richtig gewusst haben – das ist auch der Titel dieser Debatte geworden –: Baden-Württemberg ist bundesweit führend, wenn es um eine optimale Qualität beim Ausbau von Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren geht.
Dieses Ranking wäre vor einigen Jahren unvorstellbar gewe sen. Es ist überhaupt nicht zufällig. Es ist das Ergebnis einer ganz konsequenten Schwerpunktsetzung rot-grüner Politik, die heißt: Vorfahrt für Familien, Vorfahrt für frühkindliche Bildung. Wir haben mit dem Slogan „Auf den Anfang kommt es an“ ernst gemacht. Wir haben diesen Slogan nicht nur ernst genommen, sondern wir haben ihn als Programm genommen und in konkrete Politik umgesetzt.
Es gab bezüglich des Rechtsanspruchs lange Zeit Befürchtun gen, mit dem notwendigen quantitativen Ausbau wäre fast zwangsläufig eine Reduzierung im Bereich der Qualität not wendig; man müsse sich das quasi durch eine Reduzierung von Qualität in puncto Personalschlüssel oder in puncto Grup pengröße erkaufen.
Der jetzt vorliegende Evaluationsbericht der Bundesregierung spricht eine ganz andere, eine sehr, sehr eindeutige Sprache: Im Jahr 2008 lag der Betreuungsschlüssel bei 5,4 Kindern pro Erzieher; heute liegt er bei weniger als drei – um es genau zu sagen: 2,9 – Kindern pro Erzieher. Damit erreicht BadenWürttemberg bundesweit mit Abstand das beste Betreuungs verhältnis.
Gleichzeitig ist die Gruppengröße von neun Kindern bundes weit eine der kleinsten. Das ist keine Fabuliererei, das sind Kennzahlen. Diese Kennzahlen belegen: Vorfahrt für früh kindliche Bildung und zukunftsorientierte Familienpolitik sind hier in Baden-Württemberg nicht nur Bestandteil von Sonn tagsreden und Wunschdenken, sondern konkrete Politik, Fakt.
Das alles ist uns nicht in den Schoß gefallen, es ist auch nicht irgendwie vom Himmel herabgeschwebt, sondern es ist hart erarbeitet worden.
Die Ausgangssituation, die wir vorgefunden haben, die SchwarzGelb hinterlassen hatte, war ausgesprochen schlecht, der Nach holbedarf war riesengroß.
Ich möchte deswegen die Erfolgsspur in einigen kurzen Spie gelstrichen nachzeichnen. Zwischen 2008 und 2014 wurde die Anzahl von Betreuungsplätzen nahezu verdoppelt. In Zahlen ausgedrückt: Der Anteil ist von 32 % auf rund 58 %, die Be treuungsquote ist von 13,6 % auf 27,8 % gestiegen. Es ist ganz eindeutig: Die entscheidende Initialzündung in diesem Pro zess war der Pakt für Familien im Jahr 2011. Das war der Startpunkt für diese Entwicklung.
Es kommt dazu: Im Doppelhaushalt wurden die Mittel für die Kleinkindbetreuung nochmals um 190 Millionen € erhöht. Da mit beträgt die Landesbeteiligung an der Kleinkindbetreuung 2015 660 Millionen € und 2016 795 Millionen €. Dazu kommt im aktuellen Jahr ein einmaliges Landesinvestitionspro gramm mit einem Umfang von 50 Millionen €. Dazu kommt in beiden Haushaltsjahren eine jährliche Förderung des Lan desverbands Kindertagespflege von je 50 000 €.
Damit wird deutlich: Es geht hier um eine langfristige Stabi lisierung dieses Bereichs. Das Land trägt planbar und lang fristig – allerdings unter Einbeziehung der Bundesmittel – 68 % der Betriebsausgaben. Auch das ist im Bundesvergleich einmalig.
Ich sage das, habe es an anderer Stelle auch schon gesagt: Meine Damen und Herren, wir sind auf diese Entwicklung stolz. Sie von der Opposition könnten das zumindest ein we nig anerkennend honorieren.
Es ist mir klar: Der Ausbau von U 3 ist eine gesamtgesell schaftliche Angelegenheit. Da sind nicht nur wir allein zustän dig, da gibt es viele andere Akteure: Bund, Land, Träger, auch Kommunen. Sie alle leisten einen ganz hervorragenden Bei trag. Mit diesem einmaligen Beitrag ist es nicht getan; es wer den weiterhin enorme Beiträge von all diesen Playern zu leis ten sein.
Wir alle können nur für günstige Rahmenbedingungen sor gen. Das Qualitätsprodukt frühe Bildung in Baden-Württem berg, von dem ich gerade gesprochen habe, entsteht durch die Erzieherinnen und Erzieher, durch die Tagesmütter und Ta gesväter. Deswegen an dieser Stelle und auch an diesem Tag einen herzlichen Dank an sie alle, verbunden mit dem Wunsch nach einem Tarifabschluss und einer Honorierung, die dieser Leistung auch tatsächlich gerecht wird.
Wir sind mit unseren Anstrengungen nicht am Ende. Der Be richt der Bundesregierung zeigt: Baden-Württemberg ist auf einem guten Weg, aber es ist noch längst nicht alles getan. Es gibt eine Differenz zwischen der Betreuungsquote und dem Betreuungsbedarf – über elf Prozentpunkte sind das noch, re gional sehr, sehr unterschiedlich. In großen Städten liegt der Bedarf bei 40 bis 60 %. Da braucht es natürlich jeweils pass genaue Lösungen, es braucht aber auch konkrete Unterstüt zungselemente, z. B. das gerade angesprochene Landesinves titionsprogramm oder auch das zeitlich begrenzte Flexibili sierungspaket.
Auch hier spielt das Modell PIA – praxisintegrierte Ausbil dung – eine ganz entscheidende Rolle. Mit diesem Modell ist es uns gelungen – einmalig in Deutschland –, neue Zielgrup pen für den Erzieherberuf zu gewinnen, auch Männer, was enorm wichtig ist. Es ist aber auch quantitativ nicht unerheb lich. Im aktuellen Schuljahr haben über 1 400 Schülerinnen und Schüler in dieser neuen Form die Ausbildung zur Erzie herin bzw. zum Erzieher begonnen.
PIA ist ein Erfolgsmodell, das auch über unsere Landesgren zen hinweg breite Anerkennung findet. Deswegen auch von hier aus einmal ein Kompliment an alle, die dabei mitgewirkt haben, in der Entwicklung, in der Geburtsphase, in der Be gleitung der frühen Phase, auch in der Weiterentwicklung. Sie alle haben einen guten Job gemacht. Herzlichen Dank! In Per son sei hier auch unsere Staatssekretärin Marion von Warten berg genannt. Danke schön!
Wir werden seitens der SPD in zwei Wochen PIA eine eigene Veranstaltung widmen und mit dieser Veranstaltung auch bei zutragen versuchen, PIA weiterzuentwickeln. Wir bleiben dran, wir ruhen uns nicht aus.
Ich komme in kurzen Sätzen zu meinem Schlussfazit: Wir sind von einem äußerst niedrigem Niveau gestartet, wir haben da rauf eine Ausbaudynamik erzeugt, wir haben unter Quali tätsaspekten inzwischen einen Spitzenplatz erreicht, wir steu ern dem Fachkräftemangel – u. a. mit dem bundesweit aner kannten und beachteten Modell PIA – entgegen, wir beför dern damit Chancen für spätere Bildungslaufbahnen von An fang an. In Bezug auf Bildungsgerechtigkeit gibt es, meine Damen und Herren, nichts Wichtigeres. So sieht erfolgreiche Politik aus.
Ich danke Ihnen.
Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, lassen wir doch einfach einmal die Kirche im Dorf. Der Nachlass von Schwarz-Gelb war katastrophal; wir sind von ganz hinten gestartet und gelangten nach vorn, zur Poleposition.
Warum können Sie sich nicht einfach einmal darüber freuen,
dass wir in Baden-Württemberg in entscheidenden Parame tern – Gruppengröße, Betreuungsschlüssel und Plätze in der Tagespflege – spitze sind? Warum können Sie sich darüber nicht freuen? Das erschließt sich mir nicht.
Denn Schlechtreden, Herummäkeln, Beckmessern allein macht noch keine gute Politik. Auch der Blick in die Vergangenheit, in Ihre Regierungszeit, macht es nicht wirklich besser.
Herr Wolf, ich habe Ihre Homepage studiert. Nach dieser fand die Ära Mappus überhaupt nicht statt. Es wird rekurriert auf den Kollegen Oettinger und auf seine „Kinderland“-Idee.
Das war wirklich eine schöne Überschrift. Wir haben dieser Überschrift Taten folgen lassen, und das macht den Unter schied.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! „Auf den Anfang kommt es an.“ Das ist ein richtig schöner, ein griffiger, ein richtiger und wichtiger Slogan. Dieser kommt in politischen Reden oft flüs sig daher, aber wirklich ernst genommen, wirklich zum Pro gramm gemacht, wirklich systematisch in politische Praxis umgesetzt wurde der Aspekt der U-3-Betreuung und der Früh förderung von dieser grün-roten Landesregierung. Deswegen jetzt vorab auch hier einmal herzlichen Dank dafür.
Vom Himmel gefallen ist das alles nicht. Dazu notwendig wa ren ein jahrelanger Paradigmenwechsel und eine ganz muti ge finanzpolitische Schwerpunktsetzung dieser Regierung.
Zunächst zum Paradigmenwechsel: Im Jahr 1899 – long, long ago – hat ein Arzt den damaligen Mainstream in einem Satz formuliert, der lautet:
Die frühzeitige Entwicklung des kindlichen Gehirns ist von Übel.
Danach waren dann die Aufsichtsdamen in Kinderkrippen ge halten, möglichst nicht zu reagieren, wenn die Kinder schrei en, und sämtliche Anforderungen von außen irgendwie fern zuhalten.
Meine Damen und Herren, es soll auch noch heute den einen oder anderen geben, der frühkindliche Bildung als ein tragi sches Missverständnis oder auch – das habe ich gelesen – als kollektive Kindesmisshandlung betrachtet. Aber im Großen und Ganzen ist diese Debatte vorbei. Die Zeit ist über solche Anschauungen hinweggegangen. Wir wissen aus der Entwick lungspsychologie und aus der Hirnforschung: Babys und Kleinkinder brauchen sensible Erwachsene, die feinfühlig auf ihre Bedürfnisse reagieren, und dazu ein Umfeld, das reich an Anregungen ist.
Jetzt kann man natürlich fragen: Ist es gut, oder ist es schlecht, ein kleines Kind für einen Teil des Tages in einer Kita oder bei einer Tagesmutter unterzubringen? Der britische Entwick lungspsychologe Jay Belsky wurde auch oft in dieser Weise gefragt. Er hat genervt eine Gegenfrage gestellt:
Ist es gut oder schlecht für die Gesundheit, häufig außer Haus in Restaurants zu speisen?
Denn es kommt darauf an, was man in diesen Restaurants zu sich nimmt, wie es gekocht wird, wie viel man davon isst. Ich möchte diese Metapher nicht überstrapazieren. Richtig ist: Es ist für Kinder gut, wenn sie sich an Bezugspersonen binden können, die sie kennen, die verlässlich verfügbar sind und die auch auf die Bedürfnisse der Kinder reagieren können, auch auf die Bedürfnisse nach Bildung. Es gibt viele Familien, die diese Bedürfnisse selbst nicht oder nicht in vollem Umfang erfüllen können.
Genau hier, meine Damen und Herren, setzt unsere politische Verantwortung ein, und zwar sehr, sehr facettenreich: bildungs politisch, sozialpolitisch, familienpolitisch, gesellschaftspoli tisch bis hin zu wirtschaftspolitischen Aspekten.
Der Nachholbedarf war in den vergangenen Jahren enorm groß. Wir haben uns sehr konsequent auf einen Weg begeben. Dieser ist noch nicht zu Ende, aber er hat schon jetzt eine er kennbare Erfolgsspur hinterlassen. Wir haben die Schluss lichtposition verlassen, wir sind im Ranking weit nach vorn
gekommen. Wir haben vielen geholfen, Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren zu können. Wir haben die Kommunen in die Lage versetzt, ihrer Verantwortung auch wirklich gerecht werden zu können. Dafür waren große An strengungen notwendig. Wir reden von 1 Milliarde € in Sum me.
1 Milliarde €; darauf sind wir – lassen Sie mich das sagen – richtig stolz.
Erst durch den Pakt für Familien mit Kindern hat die früh kindliche Betreuung in diesem Land so richtig Fahrt aufge nommen. Das war überfällig, und zwar, weil erstens der Aus bau der frühkindlichen Bildungs- und Betreuungsstrukturen zu einem immer wichtiger werdenden Standortfaktor gewor den ist und weil zweitens damit ein Beitrag – das ist mir als Bildungspolitiker besonders wichtig – zu mehr Bildungsge rechtigkeit und zu früherer Sprachförderung geleistet wird. Ich meine das in Bezug auf die Familien sowohl ergänzend als auch kompensatorisch.
Bei diesem Pakt ist es nicht geblieben. Im aktuellen Doppel haushalt werden die Mittel für die Kleinkindbetreuung um weitere 190 Millionen € erhöht. Damit beträgt die Landesbe teiligung an der Kinderbetreuung 660 Millionen € im Jahr 2015 und 795 Millionen € im Jahr 2016. Zudem wird im nächsten Jahr ein Landesinvestitionsprogramm in Höhe von insgesamt 50 Millionen € aufgelegt. Zwei Drittel der Betriebs ausgaben werden gefördert. Dazu stehen wir. Wir lassen die Kommunen nicht im Stich.
So werden wir es schaffen, mittelfristig über 100 000 neue, zusätzliche Betreuungsplätze in diesem Land bereitzustellen.
Nun zum Rechtsanspruch: Das ist zugegebenermaßen ein nicht ganz einfaches Thema. Die befürchtete Klagewelle ist – bis auf Einzelfälle – ausgeblieben. Der Ausbau im Land geht insgesamt gut voran, wenn auch gerade in Ballungsgebieten wie hier in Stuttgart noch weitere große Anstrengungen not wendig sind.
Zum letzten Stichtag – der war im März dieses Jahres – wur den hier 76 000 Kinder unter drei Jahren betreut. Das ist eine Steigerung um 8 000 Plätze innerhalb eines Jahres. Damit liegt Baden-Württemberg beim Ausbautempo deutlich über dem bundesweiten Schnitt. Zur Erinnerung: 2006 war Baden-Würt temberg nach Zahlen des Statistischen Bundesamts Schluss licht. In kurzer Zeit gab es also einen deutlichen Sprung nach vorn. Auch das ist ein Erfolgsindikator.
Die quantitative Seite ist das eine, die qualitative das andere. Hier spielt die Frage nach der Gewinnung von Fachkräften ei ne ganz besondere Rolle. Ich erinnere nur – weil wir das hier schon oft behandelt haben, kann ich es kurz machen – an die praxisintegrierte Ausbildung. Über 1 400 Schülerinnen und
Schüler werden im Schuljahr, im Ausbildungsjahr 2014/2015 diese Ausbildung begonnen haben. Die Zahlen steigen, sie steigen weiter, und sie zeigen eines: Dadurch können auch zu sätzliche Gruppen für diesen Beruf begeistert werden, z. B. auch Männer. Ich meine, das ist eine gute Botschaft.
Natürlich gilt auch für uns: Wer schnell viele Plätze schafft, der darf die Frage nach der Qualität nicht aus den Augen ver lieren. Denn nur qualitativ wirklich gute Angebote erfüllen ih ren Zweck, ihren pädagogischen Zweck, ihren familienpoli tischen Zweck und ihren gesellschaftspolitischen Zweck. Die Forderungen nach noch mehr Ganztagsbetreuung und nach noch mehr Inklusion werden uns zusätzliche Anstrengungen abverlangen.
Mit dem Flexibilisierungspaket haben wir gemeinsam einen Weg gefunden, Ausbau und Qualität in einer gewissen Weise auszutarieren. Das war ein nicht ganz einfacher Balanceakt. Aber verstecken, meine Damen und Herren, müssen wir uns auch nicht.
Baden-Württemberg ist im U-3-Bereich mit einem Betreu ungsschlüssel von 3,3 Kindern pro Vollzeiterzieherin und -er zieher nach Bremen bundesweit führend. Das ist insgesamt eine sehr gute Ausgangsposition. Auch das ist ein Erfolgsin dikator.
Nun komme ich zu meinem letzten Stichwort, zur Kindertages pflege. Beim Ausbau der frühkindlichen Entwicklung spielt sie eine wichtige Rolle, die immer wichtiger wird. Die Zahl der Tagesmütter und der Tagesväter steigt, auch die Zahl der von ihnen betreuten Kinder steigt. Laut KVJS waren es in die sem Jahr erstmals über 20 000.
Im Bereich der öffentlichen Kinderbetreuung der unter Drei jährigen werden fast 14 % von der Tagespflege abgedeckt.
Bild und Selbstverständnis von Kindertagespflege haben sich stark gewandelt. Hier ist die Arbeit des Landesverbands nicht hoch genug zu veranschlagen. Wir werden deshalb seitens der Fraktionen den Landesverband im kommenden Doppelhaus halt finanziell fördern, und zwar mit einer Summe von 50 000 € jährlich.
Ich möchte schließen mit einer persönlichen Bemerkung, ei ner Bemerkung, die mir am Herzen liegt. Es geht in vielen Debatten – in bildungspolitischen ganz besonders – immer um ein Mehr und um ein Besser. Deswegen glaube ich, es stünde uns Politikerinnen und Politikern, und zwar nicht nur den Fachpolitikerinnen und -politikern, immer gut an, bei jedwe der Möglichkeit auf die hervorragende Arbeit der Erzieherin nen und Erzieher hinzuweisen und im gleichen Atemzug auch eine angemessene Vergütung einzufordern. Das möchte ich hier an dieser Stelle ausdrücklich tun.
Meine Damen, meine Herren, mit dem systematischen Aus bau der Kindertagesbetreuung befinden wir uns auf einer Er folgsspur. Auf dieser Spur gehen wir weiter. Wir werden da bei den Qualitätsaspekt nicht aus den Augen verlieren, und
wir werden in einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Bund, Land und Kommunen vielen Kindern einen noch besseren Start ins Leben ermöglichen. Wir werden die Familien entlas ten, wir werden die soziale Infrastruktur im Land weiter ver bessern. Alles in allem ist das ein Glanzlicht dieser Regierung.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen, meine Herren! Lassen Sie mich noch kurz auf einige Punkte eingehen.
Zunächst zur Größenordnung, die manchmal ganz offensicht lich nicht richtig wahrgenommen wird: Das finanzielle Enga gement des Landes bewegt sich in einer Höhe, die dieses Land seit seinem Bestehen noch nicht gesehen hat,
was die Finanztransaktionen vonseiten des Landes an die Kommunen angeht.
Zweitens: Herr Wald, es ist richtig, wir haben nicht alles wei tergeführt. Wir haben auf das eine oder andere Spezialpro gramm verzichtet, und zwar zugunsten von Konzepten, die tatsächlich alle erreichen, und das finden wir richtig.
Drittens: Es ist doch klar, der Rechtsanspruch verlangte zu nächst einmal einen quantitativen Ausbau, der schnell kom men musste. Zu dem Vorwurf, dass der Qualitätsaspekt nicht berücksichtigt wurde, hat die Staatssekretärin das Richtige ge sagt. Dass Qualität abgeliefert wird, stellen die vielen Erzie herinnen und Erzieher tagtäglich unter Beweis.
Dass Sie bei diesen nicht nur hier im Hause, sondern auch von außen deutlich wahrgenommenen Erfolgen jetzt an einzelnen Punkten so beckmessern, wirkt hilflos.
Ich biete Ihnen an: Machen Sie mit, dann bleiben wir auf die ser Erfolgsspur. Aber auch wenn Sie das nicht tun, wird es so sein.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, jetzt marschieren hier die lokalen Abgeordneten auf. Das kann eigentlich nicht Sinn und Zweck einer solchen Debatte sein. Jetzt ist sie aber einmal so eingetütet, und deswegen möchte ich meine persön liche Stellungnahme als lokaler Abgeordneter abgeben.
Ich setze mich seit vielen Jahren für das Projekt „B 31 West“ ein, und zwar als Gesamtprojekt.
Ich habe mich mit vielen anderen unglaublich gefreut, als vor einigen Jahren der Teilabschnitt bis Umkirch/Gottenheim re alisiert werden konnte.
Jetzt fehlt noch das allerletzte Teilstück von Gottenheim nach Breisach. Hierfür gibt es in der Region eine überwältigende Mehrheit. Es gibt keine Übereinstimmung hinsichtlich der Trasse. Das war auch der Grund, warum es zu einer entspre chenden Einschätzung im Bundesverkehrswegeplan gekom men ist.
Meine Damen und Herren, ich habe mich persönlich seit vie len Jahren für dieses Projekt eingesetzt, egal, ob die SPD im Bund oder im Land in der Regierung oder in der Opposition war. Das tue ich bis heute.
Ich habe deswegen den Stopp des Planfeststellungsverfahrens durch das MVI in der Sache für falsch, in der Kommunikati on für problematisch und vom Zeitpunkt her für verfehlt ge halten. Auch dabei bleibe ich. Mir in dieser Situation nun Dop pelzüngigkeit vorzuwerfen, weil ich andererseits auch in die Koalitionsarchitektur eingebunden bin, wie es immer wieder gemacht wird, das halte ich – um einmal ein altmodisches Wort zu gebrauchen – für relativ wohlfeil.
Es gibt eine Vereinbarung, die besagt, dass bei Meinungsver schiedenheiten zwischen den Koalitionspartnern in Ausschüs sen und im Landtag nicht mit wechselnden Mehrheiten abge stimmt wird. Für mich sind solche Absprachen bindend – Pac ta sunt servanda. Ich meine, das müsste demokratietheoretisch und demokratiepraktisch eigentlich nachvollziehbar sein. Ich weiß, dass ich mich dadurch persönlich in einer nicht beson ders ersprießlichen Situation befinde. Es ist ein Dilemma. Ich verlange für mein Verhalten deswegen weder Verständnis noch Zustimmung, aber Respekt in diesem Haus und draußen vor Ort.
Ich danke Ihnen.
Ich widerstehe der Versuchung, die inhaltlichen Fragen weiterzutreiben. Ich möchte nur die für mich entscheidende Frage stellen. Frau Staatssekretärin, ist der Landesregierung tatsächlich bewusst, dass der Stopp des fast zu Ende geführten Planfeststellungsverfahrens auf größten Unmut in der Region gestoßen ist und dass sich die überwiegende politische Mehrheit in der Region dafür aus spricht, dieses Planfeststellungsverfahren zeitnah zu Ende zu führen, was auch immer dabei herauskommen mag?
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Sprache ist der Schlüssel zu Bildung und Teilhabe; das ist inzwischen eine Binsenweis heit. Für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund allerdings ist sie nicht nur der Schlüssel zu Bildung und Teil habe, sondern quasi das Eintrittstor in die neue Welt, die Vo raussetzung, sich in dieser neuen Welt überhaupt erst zurecht zufinden.
Die Zahl der schulpflichtigen Kinder und Jugendlichen, die ohne Deutschkenntnisse zu uns nach Baden-Württemberg ge kommen sind, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen, und sie wächst durch die aktuellen Flüchtlingszah len weiterhin enorm an.
Das liegt aber nicht ausschließlich und allein an der zuneh menden Zahl von Asylbewerbern und Flüchtlingen aus Kri sengebieten, sondern auch daran, dass 2014 für Rumänen und Bulgaren die letzten Schranken auf dem deutschen Arbeits markt gefallen sind. Viele Menschen aus diesen beiden EUMitgliedsstaaten, aber auch aus Griechenland, aus Spanien und aus Italien kommen, um hierzubleiben, um hier ihren Le bensunterhalt zu verdienen.
Da die Kinder hierherkommen, um zu bleiben, sollten sie möglichst früh sprachfähig sein bzw. sprachfähig gemacht werden. Schülerinnen und Schüler, die aufgrund von Zuwan derung erst kurze Zeit in unseren Städten und Gemeinden sind, brauchen also ganz besondere Angebote, gerade im Be reich des Spracherwerbs. Sonst besteht die Gefahr einer sys tematischen Benachteiligung mit negativen Folgen für jeden Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft als Ganzes. Insbe sondere der Caritasverband weist immer wieder auf diese Ge fahr hin.
So weit die Problemskizze. Was wird nun getan? Die wesent lichen Instrumente sind Vorbereitungsklassen, Vorbereitungs kurse, die Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe – die HSL – und das Qualifizierungs- und Vorbereitungsjahr.
Dazu nenne ich die Zahlen. Im Schuljahr 2013/2014 gibt es an öffentlichen Schulen 900 Vorbereitungsklassen, die ab zehn Schülern eingerichtet werden, mit 12 500 Schülerinnen und Schülern. Wo diese Mindestzahl nicht erreicht wird, gibt es die sogenannten Vorbereitungskurse mit nahezu 3 000 Schü lerinnen und Schülern in – wie ich meine – 472 Kursen. Da zu kommen im Rahmen der Berufsschulpflicht Klassen des Vorqualifizierungsjahrs Arbeit/Beruf mit einem Schwerpunkt Spracherwerb. Hier wird der Spracherwerb zum Unterrichtsprin zip in allen Fächern. Auch die Hausaufgaben-, Sprach- und Lernhilfe bietet Aktivitäten von über 400 Trägern mit einem
Gesamtvolumen von 2,8 Millionen €. Das sind insgesamt 650 Deputate. Umgerechnet entspricht dies 32,5 Millionen €. Mei ne Damen und Herren, das ist eine Menge.
In Anbetracht der Verdreifachung der Flüchtlingszahlen klemmt es jedoch natürlich an allen Ecken und Enden. Die Landesre gierung schaut hier nicht tatenlos zu. Diese Entwicklung wird ernst genommen. Man kann auch sagen: Das Problem ist er kannt. Es wird reagiert, und zwar in einer Größenordnung, die auch der Problematik angemessen ist.
Die Signale aus dem Ministerium sind hier eindeutig. Viel leicht hören wir nachher noch Näheres vom Minister.
Auch wenn die exakte Zahl möglicher Deputate noch nicht feststeht – ich kenne sie zumindest noch nicht exakt –, sage ich: Danke schön dafür, dass hier auf ein erkennbar signifi kantes Problem erkennbar signifikant reagiert wird, pragma tisch, in die richtige Richtung und sofort. So, meine Damen und Herren, funktioniert gute Politik.
Ich möchte einen weiteren Punkt anfügen, der mir persönlich wichtig ist, nämlich die individuelle Sprachförderung dort, wo es keine Vorbereitungsklassen und keine Vorbereitungskurse gibt, also im pädagogischen Alltag der Schulen. Dort ist sie ein wichtiger integraler Bestandteil von Schule und Unter richt. Damit dieser Bereich verbessert wird, damit hier noch mehr Qualität hineinkommt, wurde das Kontaktstudium „In terkulturelle Bildung“ mit dem Schwerpunkt Sprachförderung eingerichtet. Von 2011 bis 2015 durchlaufen immerhin 175 Lehrkräfte diesen zusätzlichen Qualifizierungsgang und wer den mit Sicherheit weitere wichtige und wesentliche Impulse in das System geben.
In diesem Zusammenhang ist mir wichtig, zu betonen, dass zur individuellen Förderung und zur Integration von zugewan derten Kindern auch die Arbeit mit den Eltern gehört. Dem wird aktuell dadurch entsprochen, dass pro Vorbereitungsklas se eine Entlastungsstunde angerechnet wird. Auch das ist ein wichtiger Baustein in einem aufwachsenden Konzept von Sprachentwicklung und Sprachförderung.
Der Philosoph Ludwig Wittgenstein hat einmal gesagt:
Die Grenzen meiner Sprache bedeuten die Grenzen mei ner Welt.
In diesem Sinn, meine Damen und Herren, gilt es, Grenzen abzubauen bzw. gar nicht erst entstehen zu lassen, gerade für Kinder und Jugendliche, die aufgrund von Zuwanderung zu uns kommen.
Ich freue mich deswegen sehr, dass das Kultusministerium mit mutigen Entscheidungen hierzu die notwendigen Voraus setzungen deutlich verbessern wird.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich wirklich über so viel Zustimmung im Allgemeinen und im Speziellen bei der übergroßen Mehr heit in diesem Haus. Lassen Sie es mich einmal so sagen: Das kernsche FDP/DVP-Mäkeln folgt einer Dramaturgie,
zu der der Minister, glaube ich, die richtigen Worte gefunden hat.
Ich möchte die Debatte zum Anlass nehmen, auf ein artver wandtes Thema hinzuweisen, das zwar nicht unmittelbar ei ne Verlängerung dieses spezifischen Themas darstellt, das wir gerade diskutiert haben, aber wesentlich damit zusammen
hängt. Es geht um unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – sie werden mit dem grauenhaften, gruseligen Kürzel UMF be legt –, die in Ausbildung kommen könnten – was aber nicht geschehen kann, weil sie sehr große Sprachdefizite haben und deswegen dem normalen Berufsschulunterricht nicht folgen können.
Es käme für diese Gruppe von Jugendlichen etwas infrage, was man „Theoriegeminderte Ausbildung“ nennt. Das ist aber derzeit verpflichtend daran geknüpft, dass diese Jugendlichen als lernbehindert eingestuft werden. Das ist für diese Gruppe der Jugendlichen – sie ist nicht allzu groß, aber es gibt sie; ich habe große Jugendhilfeeinrichtungen besucht und mit diesen Jugendlichen auch sprechen können – diskriminierend. Lern behindert sind sie nicht, allenfalls vielleicht im Zusammen hang mit erlebten Traumata.
Ich meine, hier müssten die verantwortlichen Stellen auf Lan desebene und in den Regionen Ausnahmetatbestände verein baren oder eruieren, ob solche Ausnahmetatbestände infrage kämen. Das betrifft die Agenturen, die Ministerien, die Kam mern. Auf lokaler Ebene könnte man runde Tische einrichten und pragmatische Lösungen im Interesse dieser Jugendlichen finden. Das möchte ich von dieser Stelle aus anregen. Ich selbst werde im Herbst einen Modellversuch im Raum Frei burg initiieren.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Die Weiterbildungspolitik erlebt dieser Tage eine Sternstunde. Was viele in diesem Land nicht mehr für möglich gehalten haben, ist Realität geworden: Im nächsten Doppelhaushalt wird der Beitrag für die Volkshoch schulen massiv aufgestockt. Das ist wichtig und richtig. Das wurde auch so im Koalitionsvertrag vereinbart. Diese Regie rung hält Wort: Versprochen und gehalten!
Viele Jahre war die Weiterbildungspolitik ein Stiefkind der Landesregierung,
ein Trauerspiel. Zwischen 1990 und 2007 gab es einen Rück gang der Zuschüsse um sage und schreibe 60 %.
Das hatte selbstverständlich Auswirkungen auf die Höhe der Teilnehmergebühren. Diese sind enorm gestiegen und lagen zu dem betreffenden Zeitpunkt um 17 % über dem Bundes durchschnitt.
Es ist doch klar, meine Damen und Herren, dass dies selektiv wirkt. Da ist der Geldbeutel ein Indikator für die Weiterbil dungsbeteiligung. Damit ist nun endgültig Schluss,
weil die Landesregierung ihr Versprechen einhalten wird und die Grundförderung für die Volkshochschulen stufenweise an hebt. Das waren zunächst kleine Schritte. Aber im nächsten Doppelhaushalt gibt es nun wirklich einen ganz, ganz großen Wurf. Das ist ein Kraftakt in ausgesprochen schwieriger La ge. Vor allem, meine Damen und Herren, ist das ein weiterer Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit in diesem Land.
Alles andere hätte einer schleichenden Privatisierung von Wei terbildung Vorschub geleistet. Auf diesem Weg waren wir schon lange.
Wir alle wissen aus vielen Studien, dass gerade die wenig Qualifizierten, die Bildungsfernen unbedingt erreicht werden müssen. Das zeigt auch ein Blick in die aktuelle Forschungs lage, z. B. in die Level-One-Studie. Diese identifiziert deutsch landweit 7,5 Millionen strukturelle Analphabeten. Das macht umgerechnet etwa eine Million strukturelle Analphabeten in Baden-Württemberg aus.
Die PIAAC-Studie zeigt ein ähnliches Bild. Danach ist die Weiterbildung in Baden-Württemberg lediglich Mittelmaß. Jeder Sechste in Baden-Württemberg kann nur auf Grund schulniveau rechnen.
Andere Studien machen deutlich, dass auch der Gesundheits zustand, die Beteiligung, die Teilhabe an der Gesellschaft, die Bereitschaft zu politischer Partizipation wesentlich mit dem Kompetenzniveau zusammenhängen.
Deswegen ist beides wichtig, die Erhöhung der Grundförde rung und die Durchführung von Spezialprogrammen, wie das mit dem Impulsprogramm Alphabetisierung getan wurde. Nur so kann die Weiterbildungsbeteiligung erhöht werden. Bei Mi grantinnen und Migranten ist diese im Augenblick sogar rück läufig.
Bei dieser Operation sind wir von einer kläglichen, von einer miserablen Ausgangssituation aus gestartet. Deswegen ist es notwendig, die einzelnen Etappen noch einmal hervorzuhe ben, die zum jetzigen Stand geführt haben.
Zunächst sind das die wirklich aufopferungsvollen Versuche von Frieder Birzele, dem Vorsitzenden des Volkshochschul verbands, und Hermann Huba, dem Verbandsdirektor, die sich immer und immer wieder diesen Kürzungskaskaden entge gengestemmt haben. Deswegen an dieser Stelle ein ganz herz licher Genesungswunsch an den früheren ersten stellvertre tenden Präsidenten dieses Hauses, Frieder Birzele.
Lieber Frieder, ich nehme an, dass diese Entwicklungen der letzten Tage dich wirklich vollends gesund werden lassen. Al les, alles Gute!
Die nächste Etappe war die Enquetekommission. In einer Not operation wurde hier die allgemeine Weiterbildung immerhin noch „hineinoperiert“.
Im Zuge des Regierungswechsels wurde das Anliegen dann vollumfänglich in den Koalitionsvertrag aufgenommen und in den nächsten Haushaltsjahren systematisch umgesetzt. Dies erfolgte, wie gesagt, zunächst in etwas kleineren Schritten. Aber jetzt folgt ein großer Wurf: 3,9 Millionen € im Jahr 2015 und 8,6 Millionen € im Jahr 2016. Das ist eine Hausnummer, das ist eine Größenordnung, das ist ein enormer Schub für die Weiterbildung und die Verfolgung des Prinzips des lebenslan gen Lernens in Baden-Württemberg.
173 Volkshochschulen, 730 Außenstellen und viele, viele an dere Bildungsträger und bildungshungrige Menschen werden Danke sagen, Danke für zusätzliche Chancen, Danke für mehr Beteiligung, Danke für mehr Integration. Das ist insgesamt ein Meilenstein in der Weiterbildungsgeschichte dieses Lan des.
Meine Damen und Herren, es gibt immer noch ein Klischee, das heißt: In der Volkshochschule trifft sich die Generation Rollator zu einem Makrameekurs.
Das alles ist längst widerlegt. Öffentlich geförderte Weiterbil dung hat einen ganz umfassenden Bildungsauftrag, der übri gens auch in der Landesverfassung verankert ist. Deswegen muss dieser Sektor der öffentlich geförderten Weiterbildung auch in die Lage versetzt werden, auf unterschiedliche, neue gesellschaftliche Herausforderungen zu reagieren.
Die Gesellschaft wird bunter, sie wird digitalisierter, sie wird ökonomieabhängiger, segmentierter und unübersichtlicher. Deswegen muss die Erwachsenenbildung hier auch mit unter schiedlichen Angeboten und Formaten reagieren – wobei rei ne Angebote auch nicht immer ausreichen; das wissen wir schon lange. Man darf nicht warten, bis bildungsaffine Leute zu den Einrichtungen kommen, sondern muss dorthin gehen, wo sich die Menschen aufhalten. Man muss also immer stär ker Komm- und Geh-Struktur vertauschen, um das zu leisten, was notwendig ist, nämlich die Vermittlung von Orientie rungs- und Lebensbewältigungswissen, was insgesamt genau so wichtig werden wird wie formalisierte und standardisierte Programme.
Ich meine, Volkshochschulen könnten und sollten in diesem Sinn auch zu offenen Begegnungsstätten werden – für ein Bil dungsangebot für alle Menschen jedweder Herkunft und jed weder Alltagskultur.
Deswegen sind diese Zuschüsse und ist auch die Höhe dieser Zuschüsse mit Erwartungen verknüpft. Die Regierungsfrak
tionen werden daher im Herbst zu einer Fachveranstaltung zu sammenkommen und gemeinsam mit den Volkshochschulen diese Erwartungen konkretisieren. So scheinen mir persönlich umfassende Kooperationsstrukturen unverzichtbar, Koopera tionsstrukturen, die Schulen, Kultur- und Bildungseinrichtun gen, Betriebe, Sportvereine, Initiativen usw. einbeziehen. An erkannte Zertifizierungen und professionelle Leitung sind un abdingbar.
Hinzu kommt eine Weiterentwicklung der Volkshochschulen zu interkulturellen Kompetenzzentren. Alle, die mich zu die sem Thema schon haben sprechen hören, wissen, dass mir dies besonders am Herzen liegt: eine Beteiligung an der Systema tisierung von Eltern- und Familienbildung und nicht zuletzt eine Bildungsberatung – neutral, trägerunabhängig und an der Biografie orientiert.
Das alles sind Projekte, die nicht vom Himmel fallen, die ei ne Grundlage haben und die auf Vorhandenes bei den Volks hochschulen sehr gut aufbauen können.
Vor allem aber, meine Damen und Herren, sind das alles Bau steine zu mehr Bildungsgerechtigkeit, zu mehr gesellschaft lichem Zusammenhalt. Deswegen wurden sie nicht von un gefähr gerade von dieser Landesregierung auf den Weg ge bracht.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Begeisterung ist ein Schlüsselbegriff der Päda gogik, und so, wie Kollege Hauk begeistert war von der Be
geisterung in den Gemeinschaftsschulen, so waren es auch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der Verbandsversamm lung am vergangenen Freitag.
Ich zitiere aus einem Brief von Verbandsdirektor Huba an die Fraktionsvorsitzenden Schmiedel und Sitzmann:
Sie hätten die Begeisterung mitbekommen sollen, die Ih re Nachricht bei unserer Jahresversammlung ausgelöst hat.
Diese Begeisterung werden wir in den nächsten Tagen und Wochen selbstverständlich in das Land hinaustragen, sodass sie auch vor Ort ankommt.
Gut so!
Einen kleinen inhaltlichen Gedanken möchte ich an den Schluss der Debatte stellen. Meine Damen und Herren, wer jahrelang am Hungertuch nagt – einem Hungertüchlein, das zudem immer kleiner wird –, der kann nicht aus dem Vollen schöpfen.
Deswegen waren die Volkshochschulen über viele Jahre ge zwungen, auch prekäre Arbeitsverhältnisse anbieten zu müs sen. Das muss sich unter der nun gegebenen veränderten Fi nanzlage jetzt umdrehen. Auch hier muss Baden-Württemberg zum Musterland guter Arbeit werden. Wir haben die Voraus setzungen hierfür geschaffen. Auch das ist ein Beitrag zu mehr Gerechtigkeit.
Danke schön.
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Dass wir heute relativ entspannt über den Ausbau der Rheintalbahn reden können, ist nicht selbstverständlich. Es war ein langer Weg. Es ist noch ein lan ger Weg, und der Erfolg hat, wie wir alle wissen, viele Väter. Auf diesen Überbietungswettbewerb lasse ich mich jetzt nicht ein.
Ich möchte vier Gründe nennen, die meines Erachtens maß geblich für diesen Erfolg verantwortlich waren. Ich tue dies deswegen, weil ich glaube, dass dies eine Blaupause zur Im plementierung großer Infrastrukturprojekte sein könnte.
Zunächst geht mein Dank an die IG BOHR, an die Interessen gemeinschaft Bahnprotest an Ober- und Hoch-Rhein. Die IG BOHR hat in der Tat richtig dicke Bretter gebohrt. Ich glau be, es war schlichtweg eine geniale Erfindung, all diese un terschiedlichen Forderungen aus den Bürgerinitiativen zusam menzufassen und zu bündeln und sie mit einem plakativen Namen zu versehen, nämlich „Baden 21“.
Als zweiten Erfolgsfaktor nenne ich das zähe Ringen um die Veränderung gesetzlicher Rahmenbedingungen. Konkret mei ne ich damit die Abschaffung des Schienenbonus. Als jemand, der bei wechselnden Mehrheiten sowohl im Bund als auch im Land an dieser Forderung festgehalten hat, weiß ich wirklich in Person, wovon ich spreche.
Der dritte Faktor ist – ganz wichtig – die überparteilich ge troffene Vereinbarung, dass sich das Land an den Optimie rungskosten beteiligt. Auch das war, wie Sie, die Sie dem Landtag bereits in der vergangenen Legislaturperiode ange hört haben, wissen, keine einfache Operation. Das sage ich auch mit einem kleinen Augenzwinkern in Richtung unseres Koalitionspartners.
Viertens nenne ich die Verknüpfung von außerparlamentari scher Aktion und parlamentarischer Arbeit. Ich selbst war von Anfang an Mitglied einer Bürgerinitiative und habe immer versucht, den außerparlamentarischen Protest, der manchmal regelrecht überbordet, mit der zähen Arbeit in den Gremien zu verbinden. Auch das ist ein Erfolgsfaktor.
Es gibt viele andere Gründe, auf die ich nicht näher eingehen will. Ich glaube aber, dass diese vier Faktoren tatsächlich die Blaupause für die Art und Weise sein könnten, wie auch an dere große Infrastrukturprojekte bürgernah geschultert wer den können.
Nun zum Stand der Umsetzung beim Ausbau der Rheintal bahn. Hierzu gibt es viel zu sagen. Vielleicht sagt der Minis ter noch konkret zu der einen oder anderen Frage etwas, mög licherweise auch etwas Neues. Ich möchte mich auf zwei ak tuelle Punkte beziehen.
Zunächst zur Diskussion zum Thema „Antragstrasse versus autobahnparallele Trasse zwischen Offenburg und Riegel“. Sie wissen, da gibt es Debatten, da gibt es Unterschiede; es gibt die Schwierigkeit, dass sich die Region nicht einheitlich aufstellt. Es gibt keine endgültige Einigkeit. Ein Hinweis aber scheint mir gerade mit Blick auf diese Region wichtig: Wenn es wirklich stimmt, dass eine Absenkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h auf 220 km/h ein deut liches Einsparvolumen generieren würde, dann sollte dies, meine ich, bei den Planungen berücksichtigt werden – zumal es dabei um minimale zeitliche Einsparungen, Einsparungen im Minutenbereich geht.
Zum angesprochenen Knotenpunkt Buggingen/Hügelheim: Hier liegt aktuell ein Vorschlag von Bürgerinitiativen auf dem Tisch, der – ein bisschen keck – unter dem Titel „Die beste Lösung“ firmiert. Zwar ist der bisherige Planfeststellungspro zess bereits relativ weit gediehen. Ich glaube aber, dass die ser Vorschlag, der von den Bürgerinitiativen jetzt umfangreich präsentiert wurde, bestechend ist, und zwar deswegen, weil er allen nutzt:
Die Güterzugkapazität wird deutlich erhöht, und zwar um 48 Züge pro Tag. Das heißt, für die Bahn wird ein betriebswirt schaftlicher Nutzen generiert; die Bahn kann dadurch schät zungsweise 10 Millionen € pro Jahr gewinnen.
Es kann ein optimaler aktiver Lärmschutz bereitgestellt wer den. Über 20 000 Einwohner in dieser Region gewinnen; sie gewinnen an Lebensqualität, und zwar nachhaltig. Durchge hend hohe Schallschutzwände entfallen. Die Landschaft ge winnt. Das ist wichtig für ein Erholungsgebiet.
Gefahrgutzüge fahren nicht mehr durch Bahnhöfe. Die Sicher heit steigt.
Der Flächenverbrauch wird bei diesem Vorschlag um 40 % reduziert, wertvolles Ackerland bleibt erhalten. Die Landwirt schaft gewinnt.
Dabei übersteigen die Baukosten nicht die in der Finanzie rungsvereinbarung zwischen Bahn und Bund festgelegte Sum me. Auf das Land kommen keine Mehrkosten zu. Es gibt al so nur Gewinner.