Protokoll der Sitzung vom 24.10.2012

Diese Forderung – das muss ganz deutlich sein – steht auch nicht im Widerspruch zum Sparen, zur Haushaltskonsolidie rung, sondern ganz im Gegenteil. Die Folgen des langjähri gen Raubbaus, der langjährigen Unterfinanzierung im Stra ßenbau sind hohe volkswirtschaftliche Kosten: Staus, zum Teil Unfälle, Engpässe, Umwege, Luftverschmutzung. Im Endeffekt sind diese Folgekosten viel höher, als wenn wir rechtzeitig in diese Verkehrsinfrastruktur investieren. Deshalb fordern wir diese Investitionen ein.

Herr Mack, wenn Sie es schaffen, aus der Verkehrsprosa bei Herrn Ramsauer Verkehrstaten zu machen, dann können Sie des Dankes auch dieser Koalition gewiss sein.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Winfried Mack CDU: Mindestens Ihrer Frak tion!)

Ich komme noch zu einem zweiten Aspekt, der sich in der Großen Anfrage widerspiegelt: zur Straßenbauverwaltung. Der Straßenbau braucht eine leistungsfähige Verwaltung. Hier bin ich schon vorab allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dankbar, dass sie in den letzten zehn Jahren trotz schwieriger Umstände die Leistungsfähigkeit aufrechterhalten haben.

Die schwierigen Umstände will ich noch einmal schildern: 2003 haben der damalige Verkehrsminister, Herr Ulrich Mül ler, und sein Staatssekretär, Herr Stefan Mappus – Ihnen al len bekannt als späterer Ministerpräsident –,

(Abg. Walter Heiler SPD: Wer?)

mit der Aussage „Weniger Straßenbauämter bedeuten mehr Effektivität“ eine Reform angefangen, die wir mitgetragen ha ben.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Dann 2005 eine Drehung um 180 Grad: Auf Anweisung von Erwin Teufel erfolgte die Zerschlagung in 44 Straßenbauäm ter – ein Schlag, von dem sich die Verwaltung bis heute nicht erholt hat. Es gab eine Schaffung unnötiger Schnittstellen, un terschiedliche Kriterien und anderes mehr.

Parallel dazu gab es einen Stellenabbau, der dann durch die private Vergabe von Planungen, Bauausführung, Baukontrol le kompensiert wurde. Wir zahlen aktuell 40 bis 42 Millio nen € an private Büros, damit Straßen überhaupt noch gebaut werden können, meine Damen und Herren. Das ist eine fal sche Ideologie, ein falscher Weg, beruhend auf einem Dog ma: Personal ist schlecht, Sachleistungen sind gut. Das kommt uns viel zu teuer. Das kann ich mit zwei Beispielen unterstrei chen.

Wenn Sie die 42 Millionen € durch 100 000 € – die Kosten pro Ingenieur – teilen, dann können Sie damit etwa 13 Inge nieure für den gesamten Zeitraum bezahlen. Oder noch kras ser: Für die private Bauleitung des Projekts A 8 werden sechs Jahre lang 8 Millionen € an private Büros bezahlt plus drei In genieure zur Überwachung des Ganzen. Wenn Sie diese Zah len nehmen: Damit könnten Sie 13 Bauingenieure für die ge samte Zeit bezahlen. Das käme uns viel kostengünstiger als die Vergabe an Dritte.

Wir müssen hier nachdenken. Wir glauben, dass der avisierte Landesbetrieb Straßenbau hier ein wichtiges Ziel sein kann.

Meine Damen und Herren, wir sind bereit, hier einzusteigen. Wir müssen die Möglichkeit einfach überprüfen, die für den Straßenbau zuständige Landesverwaltung zu konzentrieren, Fachkompetenz anzusiedeln, z. B. für den Tunnelbau. Auch hier ist eine gewisse Konzentration erforderlich, damit das al les nicht in viele Teile zerfleddert.

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP/DVP, wir fordern Sie auf: Machen Sie mit, wenn wir das Thema an gehen wollen, einen Landesbetrieb Straßenbau zu schaffen. Denn es gibt natürlich auch andere Meinungen. Das betrifft vermutlich die Herren Landräte. Aber genau an diesem Bei spiel zeigt sich, dass, je länger diese Zerfledderung andauert, auch kreisweit unterschiedliche Normen im Straßenbau ent stehen. Deswegen müssen wir die knappen Mittel, die wir für den Straßenbau haben, möglichst effektiv einsetzen. Das ist wirtschaftlich sinnvolles Handeln, das ist sparsames Handeln. Dafür steht diese Koalition.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Mack.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Herr Haller, Ihnen nehmen wir ab, dass Sie in Baden-Württemberg Straßen bauen wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Hans- Martin Haller SPD: Danke!)

Aber dafür sind Sie in der falschen Koalition. Das ist das Pro blem, das wir in Baden-Württemberg haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Worum geht es denn? Wir diskutieren heute über Bundesstra ßen in Baden-Württemberg.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Was müssen wir dem Bund klarmachen, egal, wer auch im mer im Bund regiert? Wir müssen dem Bund sagen, dass süd lich des Mains, in Baden-Württemberg, in Bayern, aber auch in Hessen, das wirtschaftliche Herz dieser Republik schlägt. Dort, wo ich überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum ha be, muss ich auch Verkehrswege bauen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Richtig!)

Deswegen ist der Bund in der Pflicht, bei uns in Baden-Würt temberg zu investieren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso kürzt dann der Ramsauer? – Zuruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE)

Warten Sie, ich komme zu Ihnen.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer regiert denn in Berlin? – Unruhe)

Regen Sie sich doch nicht auf. Es geht doch darum, einmal die Interessen des Landes Baden-Württemberg zu definieren.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das macht der Mi nister doch die ganze Zeit!)

Baden-Württemberg ist ein Land, das vom Export abhängig ist. Baden-Württemberg ist ein Land in der Mitte Europas, ein Transitland. Baden-Württemberg ist ein Land mit einem star ken ländlichen Raum.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Deshalb brauchen wir neue Verkehrswege für Baden-Würt temberg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie haben den falschen Mann in Ber lin! – Unruhe bei der SPD)

Warten Sie doch. Wir kommen noch dazu. – Wenn wir jetzt die Straßenkarte von Baden-Württemberg und insbesondere die Autobahnkarte von Deutschland anschauen, dann sehen wir das Autobahnnetz in Deutschland: A 2, A 4, A 6, A 8.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: A 3!)

Als dieses Autobahnnetz in Deutschland gemacht wurde, war zwischen Deutschland und der Schweiz ein Grenzzaun. Zwi schen Deutschland und Frankreich gab es eine fast unüber windbare Grenze. Es gab nach dem Ersten Weltkrieg die De industrialisierung im Rheingraben und dergleichen mehr. Heu te haben wir Gott sei Dank eine andere Situation.

Was folgt daraus? Uns in Baden-Württemberg fehlen mindes tens drei Ost-West-Achsen. Die fehlen in diesem Netz.

(Zurufe der Abg. Thomas Marwein und Daniel And reas Lede Abal GRÜNE)

Aber natürlich, liebe Freunde von den Grünen.

(Unruhe)

Entlang des Bodensees, von Freiburg, Tuttlingen bis Ulm und auch zwischen der A 6 und der A 8 fehlt eine Mittelachse. Ge nauso brauchen wir Nord-Süd-Achsen. Die brauchen wir, da mit bei uns der Verkehr fließen kann.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Wer ist dafür zuständig?)

Jetzt kommen wir zu dem Punkt: Seit Jahren fehlt das Geld aus Bonn, aus Berlin. Aber jetzt kann man an die Sache her angehen wie Sie

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Richtig!)

und sagen: „Wir wollen keine Straßen.“ Man kann aber auch sagen: „Wir kämpfen um mehr Mittel für das Land BadenWürttemberg.“ Das tun wir.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das ist ein klarer Unterschied in der Herangehensweise.

Was wollen die Grünen? Sie wollen keinen Straßenbau. Der Ministerpräsident ist am 13. Oktober 2011 laut den „Stuttgar ter Nachrichten“ bei einer Veranstaltung mit der IHK gefragt worden:

Was wollen Sie für den Ausbau der Straßen tun?