Protokoll der Sitzung vom 08.11.2012

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Wir haben Ernst gemacht. Wir haben nach 2011 auch 2012 keinen Euro neue Schulden gemacht, und das, obwohl Sie uns in Ihrer mittelfristigen Finanzplanung enorme Deckungslü cken hinterlassen haben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Warum ma chen Sie dann jetzt neue Schulden?)

Auch hier sind wir mit Maß und Mitte vorgegangen. Wir ha ben konsequent gespart und gleichzeitig in die Zukunft inves tiert. Wir haben damit bewiesen, dass dieses Land bei dieser Landesregierung in guten, in besten Händen ist.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Der Ministerpräsident ist nicht zu frieden mit dem Haushalt! – Abg. Peter Hauk CDU: Sie sind doch selbst nicht zufrieden!)

All das war alles andere als einfach. Doch die Herausforde rung, vor der wir stehen, ist ungleich größer. Die Zahlen las sen daran gar keinen Zweifel. Denn die mittelfristige Finanz planung 2011 bis 2015 enthielt eine jährliche Deckungslücke von 2,5 Milliarden €. Dieses Minus ist nicht vom Himmel ge fallen. Es ist das Ergebnis einer falschen, unsoliden Finanz politik unserer Vorgängerregierung.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dieter Hillebrand CDU: So ein Schwachsinn!)

Wenn Sie fragen, woher dieses strukturelle Defizit gekommen ist,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ja!)

dann kann ich Ihnen antworten: Es waren die Versäumnisse der Vergangenheit. So hat beispielsweise die schwarz-gelbe Landesregierung in den Jahren der Wirtschaftskrise die Aus gaben ungebremst anwachsen lassen – um insgesamt 8 %.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Und wie viel Prozent legen Sie drauf?)

Das führt dazu, dass auch im dritten bzw. vierten Jahr nach der Krise die Einnahmen deutlich hinter der Ausgabenent wicklung hinterherhinken, und das trotz einer sehr guten Ein nahmesituation.

All das wirft natürlich Fragen auf: Wie konnte man im Perso nalbereich Entscheidungen treffen, die zu jährlichen Ausga bensteigerungen von 500 Millionen € geführt haben? Wie konnte man mit einer Qualitätsoffensive Bildung Ausgaben für über 3 000 Lehrerstellen schaffen, die nicht durchfinan ziert waren?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ihr wolltet doch immer mehr! Mein Gott, ist das eine Heuchelei! Die ganze Rede beschränkt sich auf die Vergangenheit! So eine Lamentiererei! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie wollten als Klassenteiler 25!)

Wie konnte man einen allenthalben sichtbaren Sanierungsstau aufbauen und diesen offensichtlichen Werteverzehr immer weiter anwachsen lassen? Wie konnte man all diese Fragen jahrelang ignorieren, meine sehr verehrten Damen und Her ren?

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

All diese Fragen richten sich an die heutige Opposition. Sie müssen sich fragen lassen,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Bringen Sie jetzt unseren Haushalt ein oder Ihren eigenen?)

woher diese Löcher kommen. Ich sage Ihnen, das Haushalts loch des Landes Baden-Württemberg hat einen Namen: Schwarz-Gelb.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Ihnen fällt auch nichts Neues ein! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Über Jahrzehnte waren Sie dem süßen Gift der Verschuldung verfallen – mit verheerenden Folgen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wart ihr nie dabei?)

Leider bedeutet das auch, dass ein Entzug von diesem bitter süßen Gift ohne harte Medizin nicht möglich ist.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Neues geht nicht ohne neues Gift, gell?)

Doch dieser Entzug ist notwendig, meine sehr verehrten Da men und Herren, damit Baden-Württemberg eine Zukunft hat. Deshalb konsolidieren wir. 2013 sparen wir 750 Millionen € ein und 2014 rund 1 Milliarde €. Ein großer Teil davon wirkt strukturell. Das heißt, es geht nicht um Einmaleffekte, es geht schon gar nicht um Show, sondern wir legen heute das solide Fundament für einen strukturell ausgeglichenen Haushalt bis 2020.

Eine Zahl macht das deutlich: Allein die Maßnahmen aus die sem Doppelhaushalt bringen strukturelle Einsparungen von mehr als 860 Millionen € bis zum Jahr 2020. Es ist klar, dass man das von Ihnen, von Schwarz-Gelb, angerichtete Chaos nicht mit Samthandschuhen wird aufräumen können.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wir haben aber einen guten Ausgleich gefunden,

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Baden-Württem berg ist spitze!)

einen Ausgleich zwischen dem fiskalischen Imperativ der Konsolidierung,

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das sehen die Beam ten auch so, dass es ein guter Ausgleich ist!)

dem volkswirtschaftlich Vernünftigen und der sozialen Balan ce in diesem Land.

Für uns ist aber auch eines klar: Wir werden keiner Schwie rigkeit aus dem Weg gehen, um den Landeshaushalt zu kon solidieren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wann fangen Sie da mit an? – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Natürlich kann man das nicht tun, ohne wehzutun. Es wird da bei schmerzhaft zugehen müssen. Beispielsweise kann man bei einem Personalkostenanteil von mehr als 40 % den Lan deshaushalt nicht ernsthaft konsolidieren, ohne diesen Posten zu berücksichtigen. Dies wäre Heuchelei. So bringen die Per sonalkosteneinsparungen 2013 schon rund 25 Millionen € an Einsparungen, beispielsweise durch Anpassungen bei der Bei hilfe. Am langen Ende wird der Einspareffekt auf über 250 Millionen € anwachsen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Wann ist das lange En de? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was heißt „an wachsen“?)

Sie sehen: Diese Landesregierung meint es ernst; die Weichen für Personalkosteneinsparungen sind gestellt. Es gibt keine andere Landesregierung, die in einem Haushalt strukturell wirkende Personalkosteneinsparungen in dieser Dimension auf den Weg gebracht hat. Darauf sind wir stolz.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Gleichzeitig ändert das aber nichts daran, dass wir uns der be sonderen Fürsorgepflicht gegenüber der Beamten- und Arbeit nehmerschaft bewusst sind. Ich will es an zwei Beispielen ganz konkret machen: Wir legen in diesem Doppelhaushalt mehr als 1 Milliarde € für zukünftige Pensionen zurück. Das ist vorsorgliches, vorausschauendes und mit derzeit über 5 % Rendite auch vernünftiges Wirtschaften.

Nur einmal ganz am Rande: Der vermeintliche „schwarze Musterknabe Bayern“ hat sich dagegen von der Vorsorge für Beamtenpensionen verabschiedet.

(Staatssekretär Ingo Rust: So ist es!)

Bayern deckelt seine Zuführung an den Pensionsfonds auf 100 Millionen € pro Jahr. Wir legen in einem Doppelhaushalt über 1 Milliarde € zurück. So sieht solide Finanzpolitik aus.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Bayern zahlt Schulden zurück!)

Wir stellen uns der Verantwortung für befristet Beschäftigte in der Landesverwaltung. Denn wir haben mit diesem Dop pelhaushalt die Voraussetzungen dafür geschaffen, die Zahl befristeter Arbeitsverhältnisse beim Land zurückzuführen. Das gibt gerade den vielen Familien mehr Sicherheit und mehr Zuversicht für die Zukunft. Wir sind ein sozial verantwor tungsbewusster Arbeitgeber.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, klar ist auch, dass die sogenannte demografische Rendite nicht ungenutzt bleiben kann. Das Lehrergesamtkonzept dieser Regierung bringt 2013 schon 23 Millionen € an Einsparungen. Dieser Betrag wird sich bis zum Jahr 2020 fast verzehnfachen. Das ist eine weitere Wei chenstellung, vor der unsere Vorgängerregierungen Angst ge habt haben. Wir haben sie angepackt.

(Abg. Peter Hauk CDU: Gibt es ein Konzept? Das ist ja ganz was Neues!)

Natürlich kann ich verstehen, dass das Thema Lehrerstellen die Gemüter erregt. Wenn man sich aber die Zahlen anschaut, weiß man, dass es schlichtweg gar nicht anders gehen kann.

Übrigens: Wir lassen gerade auch für das begonnene Schul jahr Tausende frei werdende Stellen im System, allein für das Schuljahr 2012/2013 3 000 Deputate. Das hat auch einen gu ten Grund: Wir meinen es ernst mit dem Bildungsaufbruch für Baden-Württemberg. Wir wollen mehr Chancengleichheit in der Schule erreichen. Deshalb glaube ich, dass es ein ausge wogener Pfad ist, den wir da beschreiten. Haushaltskonsoli dierung und gleichzeitig Bildungsaufbruch – das ist möglich, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Dann ist es gerade uns Sozialdemokraten nicht leichtgefallen, das Landeserziehungsgeld auslaufen zu lassen.