Ja – da stimme ich meinen Vorrednern auch zu –, die freien Schulen sind in der Tat auch die Pioniere von Schulentwick lung. Übrigens, Herr Kern, wenn Sie Ihre Aussage ernst neh men – – Wissen Sie, was mir ein Vertreter einer freien Schu le gesagt hat? Mit Ihrer Gemeinschaftsschule kopieren Sie teilweise doch hoch erfolgreiche Ansätze auch der freien Schulen.
Da müssten Sie im Grunde doch sagen: „Eigentlich habt ihr eine gute Politik gemacht; wir haben da tatsächlich einen Wettbewerber, der uns im öffentlichen Bereich immer wieder treibt.“ Das finde ich auch als Berufsschullehrer an einer öf fentlichen Schule gut. Wir stehen in einer Konkurrenz.
Übrigens ist auch die Gemeinschaftsschule ein Modell, wel ches man auch in der freien Szene entwickeln kann. Machen Sie doch dann bitte auch den nächsten Schritt. Sagen Sie nicht nur: „Die freie Schule ist an zwei, drei Stellen innovativ“, son dern sagen Sie in einem nächsten Schritt auch: „Die Gemein schaftsschule ist eine gute Idee; es ist gut, dass wir das auch übernommen haben.“
Deshalb kann ich mich an dieser Stelle auch kurzfassen. Ich schließe mich meiner Kollegin, Frau Muhterem, an.
Ziehen Sie Ihren Antrag zurück. Wir haben in den nächsten Wochen Haushaltsberatungen. Wir haben den Haushalt ein gebracht. Wir liefern. Geben Sie doch einfach zu: Das ist doch das, was Sie ärgert, dass wir nämlich Wort halten – im Gegen satz zu dem, was Sie jahrelang gemacht haben. Das können Sie auch nicht wegwischen.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Gute Rede, Herr Stefan! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Du hast „Frau Muh terem“ gesagt! – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst- Blei SPD: Ach, ich meinte Frau Aras!)
Frau Präsidentin, Kol leginnen und Kollegen! Die Schulen in freier Trägerschaft sind durch das Grundgesetz geschützt, und es besteht der An spruch, dass das Existenzminimum der freien Schulen durch staatliche Zuschüsse gewährleistet wird. Verbunden mit die ser Aussage ist das sogenannte Sonderungsverbot, wonach am Ende eben kein zu hohes Schulgeld erhoben werden sollte,
um allen Schülerinnen und Schülern theoretisch den Besuch einer Schule in freier Trägerschaft zu ermöglichen.
Schauen Sie sich doch einmal an, wie in anderen Bundeslän dern damit umgegangen wird. Das Beispiel Brandenburg ist
erwähnt worden. Zum Teil haben auch massive Streichungen stattgefunden. Interessanterweise hat das nicht sofort zu Ver fassungsbeschwerden und anderen Reaktionen geführt. Das heißt, der Begriff „Existenzminimum“ ist durchaus ausle gungsfähig.
Das Land Baden-Württemberg hat sich schon zu früheren Zei ten für einen anderen Weg entschieden. Wir feilschen nicht herum, wie das Existenzminimum zu definieren sei, sondern hier hat sich damals fraktionsübergreifend das Bruttokosten modell als Bezugsgröße durchgesetzt.
Nach einer Zusammenstellung – auch als Ergebnis einer ge meinsamen Arbeitsgruppe, an der damals allerdings die Op position nicht teilnehmen durfte –
Hier, lieber Herr Wald und lieber Herr Dr. Kern, ist es eben so, dass bei der damaligen Personalkostenbemessung im Rah men dieses Bruttokostenmodells auch 30 % der Personalaus gaben für einen möglichen Lehrer oder eine mögliche Lehre rin als vorgesehener Versorgungszuschlag mit in die Gesamt kostenbetrachtung aufgenommen wurden. Am Ende wird das dann auf die Schüler heruntergerechnet. Wir haben ein Brut tokostenmodell, das sich an einzelnen Schülern orientiert. Da rin sind dann 18 % Vorsorgeaufwendungen abgebildet.
Damals gab es einen Ministerratsbeschluss – Frau Aras hat es erwähnt – zum Thema „Einführung des Bruttokostenmodells“, und darin ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass es durch das Bruttokostenmodell am Ende aber nicht zu einer Doppelbezuschussung kommen darf.
Deshalb ist es selbstverständlich, dass wir zu dem Zeitpunkt, zu dem wir unsere politische Zusage, einen Kostendeckungs grad von 80 % nach dem Bruttokostenmodell endlich zu er reichen, eingelöst haben – um damit endlich auch dem Vor wurf entgehen zu können, wir hätten etwas zugesagt, es aber schließlich nicht umgesetzt –, dann auch noch einmal gemein sam darüber diskutieren müssen, wie hier eine Doppelbezu schussung vermieden werden kann.
Ich kann natürlich den Spieß auch umdrehen und sagen: Die jenigen, die jetzt durch die angekündigten Veränderungen in Not geraten, haben offensichtlich aus den Vorsorgeabgaben, die sie von uns bekommen haben und mit bezuschusst haben, die sie aber gar nicht gebraucht haben – denn die Lehrerinnen und Lehrer wurden ja am Ende in ihrem Ruhestand komplett vom Staat übernommen –,
eine Querfinanzierung bekommen, um dann möglicherweise das Schulgeld weitgehend zu reduzieren oder irgendwelche anderen Investitionen zu tätigen oder auch andere Dinge zu tun, die alle sicher in Ordnung sind. Aber diese Mittel brauch ten sie eben nicht für eine Vorsorgeaufwendung.
Aus dieser Betrachtung heraus uns negativ vorzuwerfen, dass wir eine Doppelbezuschussung vermeiden wollen – auch auf der Grundlage des damaligen Ministerratsbeschlusses –, und hier strittig darüber zu diskutieren, dass wir uns die Gelder, die wir bei den beurlaubten Lehrerinnen und Lehrern sozusa gen doppelfinanzieren, wieder zurückholen, das ist aus unse rer Sicht nicht angemessen.
Herr Staatssekretär, würden Sie mir bei folgenden Aussagen recht geben? Als das Brutto kostenmodell im parlamentarischen Raum entwickelt worden ist, ist man auf der einen Seite von den Interessen der priva ten Schulen und auf der anderen Seite von den finanziellen In teressen der staatlichen Seite ausgegangen. Daraus hat man den Kompromiss entwickelt, das Bruttokostenmodell. Es gibt eine Liste, in der die entsprechende Punkte enthalten sind, und es gibt eine Liste mit den Punkten, die nicht enthalten sind.
Gegenstand dieses Kompromisses war, dass die Beschäfti gung von Lehrkräften, die aus dem staatlichen Schuldienst kommen, genau so behandelt wird, wie es jetzt von Ihnen in frage gestellt wird.
Das war deutlich vor 2005, bevor der Ministerratsbeschluss, der zitiert worden ist, gefasst wurde. Wir haben in der Bil dungspolitik jahrelang auf der Grundlage dieser Berechnung für die 80 % gekämpft.
Würden Sie mir deshalb recht geben, dass es Ihnen jetzt sehr gut passt, Dinge in das Bruttokostenmodell hineinzuinterpre tieren, die aber eigentlich in den letzten Jahren nicht Grund lage des Bruttokostenmodells gewesen sind, um Ressourcen zu schöpfen und die 80 % zu finanzieren? Dies ist nicht die Grundlage dessen, was im parlamentarischen Raum unter dem Bruttokostenmodell und der 80-%-Förderung verstanden wur de.
Lassen Sie mich noch eines sagen: Wir waren uns in der Bil dungspolitik einig. Bleiben Sie bei dieser Einigung der Bil dungspolitiker. Es ist vielleicht das Interesse der Finanzpoli tiker, die Kosten, die man dafür aufwenden muss, runterzu rechnen. Wir, die Bildungspolitiker, haben aber die Doppel förderung, die die Finanzpolitiker gesehen haben, immer ent sprechend dem Kompromiss nicht ins Bruttokostenmodell ein bezogen. Bei dieser Regelung sollte es auch bleiben.
Ich gehöre der Landes regierung an. Die entsprechenden Ministerratsbeschlüsse und die Grundlagen, die dazu geführt haben, habe ich umzuset zen. Ich lese Ihnen jetzt einmal die Kostenpositionen vor, die ins Bruttokostenmodell eingeflossen sind: Personalausgaben
für Lehrkräfte – verbeamtete und angestellte –, Versorgungs zuschlag für verbeamtete Lehrkräfte in Höhe von 30 % der Personalausgaben für verbeamtete Lehrkräfte, Beihilfe für verbeamtete Lehrer, Kosten für Schulverwaltung, Religions unterricht, Kostenanteil für das LBV, für verbeamtete und an gestellte Lehrkräfte, zentrale und regionale Weiterbildung, Landesmedienzentrum, Fürsorgemaßnahmen, außerunterricht liche Veranstaltungen, Jubiläumsgaben, Schul- und Bildungs planreform und, und, und. Die Liste ist noch einmal doppelt so lang.
Nicht eingerechnet worden sind Positionen, die auch immer wieder gefordert werden, wie ein Ganztagsschulbetrieb – da sind wir uns aber einig, dass das erst die Aufnahme ins Schul gesetz voraussetzen würde.
Genau. – Es geht um Lese-/Rechtschreibkurse, Förderange bote für nicht schulreife Kinder, Lehrer außerhalb von öffent lichen Schulen und Grundschulförderklassen
sowie – jetzt muss ich nachschauen – Sanierungskosten für Schulgebäude – wobei wir uns darauf verständigt haben, dass es hierfür ein eigenes Investitionsprogramm gibt – und Schul sozialarbeiter. Sie haben immer großen Wert darauf gelegt, dass dies keine Bediensteten der Schule, sondern Bedienste te der Jugendhilfe sind. Daher macht das in diesem Zusam menhang auch keinen Sinn.
dass wir wegen der Dinge, die wir alle nicht eingerechnet ha ben und die zum Teil auch erst durch schulgesetzliche Rege lungen einrechenbar sind, zu einem echten Kompromiss ge kommen sind, sodass ich im Gegenzug diese Doppelfinanzie rung akzeptieren könnte.