Protokoll der Sitzung vom 14.11.2012

Sie wechseln die Gesetze wie andere die Kleider.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was? Den Anzug ha ben Sie aber schon lange an!)

Ist das Ihr Verständnis von Nachhaltigkeit? Ist das Ihr Ver ständnis von Demokratie? Ist das Ihr Verständnis von solider Finanzpolitik, mit der Sie die Menschen begeistern wollten – was Ihnen schon längst nicht mehr gelingt?

(Abg. Helen Heberer SPD: Eine müde Performance! – Abg. Andreas Stoch SPD: Diese Rede begeistert auch niemanden!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, den Weg zur grund gesetzlichen Schuldenbremse gehen Sie lieber gemütlich. Über ein Gefälligkeitsgutachten der Hertie School of Gover nance lassen Sie sich Verschuldungsrechte bis 2020 in Höhe von insgesamt 6,4 Milliarden € einräumen. Aber eine aktuel le Studie des RWI bringt die Fehlentwicklung auf den Punkt. Das ist meines Erachtens – von unabhängigen Wissenschaft lern – so geschrieben, dass man es zitieren muss. Ich zitiere:

... es ist den Ländern auch angesichts des noch nicht ge setzlich fixierten Verfahrens zur Bestimmung von Kon junktur- und Strukturkomponenten dringend zu empfeh len, die derzeit guten ökonomischen Rahmenbedingungen zu nutzen, beim Abbau des strukturellen Defizits so schnell wie möglich voranzukommen.

Weiter heißt es:

Die Mitglieder der Föderalismuskommission

Herr Kretschmann, Herr Drexler –

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Jawohl, hier!)

hatten jedenfalls mit dem Vorschlag einer längeren Über gangsfrist zum Abbau des strukturellen Defizits für die Länder in erster Linie die Länder im Blick, die aufgrund ihrer sehr schlechten Ausgangssituation trotz der Unter stützung durch den Bund realistischerweise kaum in ei nem kürzeren Zeitraum ihren Haushalt ausgleichen könn ten. Nicht daran gedacht hatte man freilich, Ländern wie Baden-Württemberg (oder Nordrhein-Westfalen) die Mög lichkeit einzuräumen, nochmals für einen längeren Zeit raum sich aus „Politikwechseln“ ergebende zusätzliche Ausgaben mit neuen Krediten zu finanzieren.

So weit das Gutachten des RWI. Kein Gefälligkeitsgutachten, Herr Ministerpräsident!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wie sieht es denn im Ländervergleich aus? 3,3 Milliarden € Steuermehreinnahmen in den nächsten beiden Jahren.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Brutto!)

Wir rechnen immer brutto.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein! Es muss auch im Landeshaushalt ankommen!)

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Eben!)

Um 3,3 Milliarden € höhere Steuereinnahmen gegenüber dem Jahr 2012 und trotzdem 3,3 Milliarden € neue Schulden – ei gentlich unfassbar!

(Zuruf von der SPD: Nein!)

Die Menschen können ohnehin schon nicht verstehen, dass Sie Milliarden an neuen Schulden aufnehmen, während der Freistaat Bayern, der wirtschaftlich nicht besser aufgestellt ist als wir, 1 Milliarde € an Altschulden abbaut.

(Abg. Helen Heberer SPD: Verdrehungskunst ist das! – Zuruf des Staatssekretärs Ingo Rust)

An Bayern haben wir uns in der Bundesliga der Länder im mer orientiert. Das ist unsere Liga. Durch einen gesunden nachbarschaftlichen Wettstreit haben wir uns gegenseitig zu Höchstleistungen angetrieben. Aber genau diesen Vergleich scheuen Sie. Sie steigen jetzt lieber ab von der Bundesliga in die Regionalliga

(Oh-Rufe von den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Dritte Liga!)

und messen sich mit den schwächsten Teams.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. An dreas Stoch SPD: Das war der Trostapplaus! – Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Ihr Niveau ist allenfalls Kreisli ga! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Sie messen sich mit den schwächsten Teams wie Bremen, und das ist einfach peinlich.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Nicht nur das. Andere Länder haben uns doch finanzpolitisch, haushaltspolitisch schon längst überholt. Bayern tilgt Schul den,

(Staatssekretär Ingo Rust: Die tricksen, die Bayern! Das sind Tricks, nichts anderes!)

Sachsen tilgt Schulden, Sachsen-Anhalt tilgt Schulden, Thü ringen tilgt Schulden, Mecklenburg-Vorpommern schreibt ei ne schwarze Null,

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sie vergleichen Äpfel mit Birnen, so wie immer!)

Brandenburg will 2014 einen ausgeglichenen Haushalt vorle gen, Berlin – wohlgemerkt Berlin! – im Jahr 2015, Hamburg im Jahr 2019,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aber nicht strukturell!)

aber Baden-Württemberg erst 2020.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Unglaublich! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Hamburg 2019! Das ist ja interessant! Geberland! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Baden-Württemberg will es gerade einmal auf den letzten Drücker schaffen. Sie versagen mit Ankündigung, meine Da men und Herren.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Baden-Württemberg war ehemals das Vorzeigeland, der Er finder der Schuldenbremse, wenn man so will.

(Lachen bei den Grünen und der SPD – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU zu Grünen und SPD: Das war Oettinger! Was habt ihr denn für ein Gedächtnis? – Zuruf von der CDU: Ja, so war es!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Wahrheit lässt sich auch nicht klittern, wenn Sie protestieren. Das ist einfach eine Tatsache. Wir waren die Erfinder der Schuldenbremse. Sie haben sogar daran mitgewirkt, Herr Drexler und Herr Kretschmann.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Natürlich! Zu Recht!)

Warum die Proteste? Das ist mir absolut unverständlich.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Keine Proteste!)

Meine Damen und Herren, Baden-Württemberg als ehemali ges Vorzeigeland und Erfinder der Schuldenbremse wird durch die grün-rote Regierung im Länderranking nach hinten durch gereicht

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein!)

und darf jetzt zusammen mit den „Schuldenstaaten“ wie Nord rhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Bremen die rote Later ne hinsichtlich der Verschuldung tragen.

(Staatssekretär Ingo Rust: Griechenland und Portu gal haben Sie vergessen! – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Albanien haben Sie vergessen!)

Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall bei der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)