Protokoll der Sitzung vom 19.12.2012

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort für die CDUFraktion erteile ich Herrn Kollegen Hollenbach.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Beim Lesen der 19 Fra gen, die die SPD-Fraktion in ihrer Großen Anfrage vom 11. Mai dieses Jahres zum Thema „Bekämpfung von illegalem Glücks spiel im Internet“ gestellt hat,

(Zuruf des Abg. Wolfgang Drexler SPD)

sowie der sehr umfangreichen zehnseitigen Antwort der Lan desregierung

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: So viel bekom men wir nie!)

habe ich mir die Frage gestellt: Ist dieses Thema so bedeutend und gewichtig, dass wir heute Mittag als letzten zu beraten den Punkt vor Weihnachten nochmals darüber reden?

(Zurufe von der SPD)

Wir haben ja – Herr Kollege Wahl, Sie haben es erwähnt – in diesem Jahr schon mehrfach zum Thema Glücksspiel geredet. Der Glücksspielstaatsvertrag wurde hier beraten, und ihm wurde einmütig zugestimmt. Auch das Landesglücksspielge setz hat nach einer Debatte hier die Zustimmung der CDUFraktion gefunden. Vor wenigen Minuten habe ich die Tages ordnung zur nächsten Sitzung des Innenausschusses bekom men. Als Punkt 1 dieser Tagesordnung ist eine Mitteilung des Innenministeriums über europäische Angelegenheiten aufge führt. Damit wird der Innenausschuss dieses Hohen Hauses darüber informiert, welche Rahmengesetzgebung zur Bekämp fung der Onlinespielsucht bzw. des Onlineglücksspiels aufge stellt wird. Wir haben also häufig über das Thema Glücksspiel geredet und werden dies wahrscheinlich auch noch oft tun.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja!)

Für mich gibt es eigentlich nur eine Begründung dafür, war um wir kurz vor Weihnachten dieses Thema nochmals anspre chen: Es ist kein Thema zum Streiten, sondern es ist zur vor weihnachtlichen Beratung geeignet, weil wir uns hier einig sind und Harmonie in diesem Thema pflegen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja! Gut erkannt!)

Ich glaube, es gibt niemanden, der ernsthaft will, dass Men schen durch Glücksspiel zu Schaden kommen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Nein! Aber Spaß macht es auch! – Vereinzelt Heiterkeit)

Spaß macht es, und diesen Spaß, Herr Kollege Drexler, wol len wir ja niemandem verderben.

Dass viele Menschen gern spielen, hat eine sehr umfangrei che Studie ergeben. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung hat festgestellt, dass 86 % der 16- bis 65-Jährigen spielen. Aber die meisten spielen eben Lotto oder irgendein Rubbelspiel, bei dem sie 1 €, 2 € oder vielleicht auch 5 € set zen. Es sind nur wenige, die hier überziehen.

„Allzu viel ist ungesund“, lautet ein altes Sprichwort. Deshalb ist es durchaus berechtigt, dass wir uns mit Sorge und auch

mit Engagement dieses Themas annehmen. Denn speziell das Spielen per Internet stellt ein hohes Risiko dar. Ein Risiko sind aber auch – das haben wir bei den Beratungen der Gesetze, die ich schon erwähnt habe, angesprochen – die Spielhallen und all die lukrativen Angebote. Denn diese können zur Sucht führen.

Das Glücksspiel im Internet birgt sicherlich ein Risiko, das wir unterschätzen. Ich habe vor gut 20 Jahren, als der Begriff „Internet“ noch kaum bekannt war, auf einer Fachveranstal tung einen Vortrag von einer jungen Wissenschaftlerin gehört. In der Diskussion hat sie uns erklärt, was alles mit dem Inter net kommen wird. Wir haben uns das alles damals gar nicht richtig vorstellen können, aber die Fachleute haben Progno sen aufgestellt, was alles auf Internetservern gespeichert wer den kann, was man abrufen kann, welchen Vorteil das alles haben wird, aber natürlich auch, welche Risiken damit einher gehen.

Ein Satz ist mir in Erinnerung geblieben, der sich immer mehr bestätigt. Diese Wissenschaftlerin – sie war keine Staatsrecht lerin, sondern eine Computerfachfrau – hat in der Diskussion gesagt: „Wissen Sie, Internet bedeutet Grenzenlosigkeit. In ternet bedeutet vielleicht auch Anarchie.“ Wenn ich mir das Thema „Glücksspiel im Internet“ vornehme, dann komme ich auch irgendwie zu dem Begriff Anarchie. Was wollen wir als Gesetzgeber tun, was will die Justiz tun, wenn die Leute zu Hause im stillen Kämmerlein sitzen, der Server irgendwo in der weiten Welt steht und die Menschen zu spielen beginnen?

Ich denke, wir haben das gemacht, was wir tun können. In § 4 Absatz 4 des Glücksspielstaatsvertrags steht eindeutig:

Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücks spiele im Internet ist verboten.

Punkt, aus. Was wollen wir mehr tun?

Die Antwort auf die Große Anfrage, die schon im Juni vom Innenministerium gegeben wurde, bestätigt dies. Darin steht klar und deutlich:

Erschwert wird das konsequente Umsetzen des Ordnungs rechts auch dadurch, dass zunehmend Verfahren gegen im Ausland ansässige Anbieter eingeleitet wurden. Die Untersagungen waren jedoch häufig nicht durchsetzbar.

In diesem Sinn müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen, dass das Spiel existiert, dass Menschen zu Schaden kommen kön nen. Wir alle sind, glaube ich, aufgefordert, dagegenzuarbei ten und in den Schulen und wo auch immer wir Kompeten zen haben Aufklärung zu betreiben. Wenn uns das ein klein wenig gelingt, dann haben wir vielleicht etwas von der Weih nachtsbotschaft umgesetzt. In diesem Sinn: Frohe Weihnach ten!

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Kollegen Frey das Wort.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Unser weihnachts politischer Sprecher!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hollenbach, die Enttabuisierung von Sucht themen ist gleichzeitig ein Beitrag, um die Sucht zu bekämp fen. Insofern ist es ganz wichtig – deshalb möchte ich mich bei der SPD-Fraktion für diese Große Anfrage bedanken –, Licht in dieses schwierige Thema zu bringen, das uns welt weit beschäftigt und das auch deshalb so schwierig ist, weil es schwer greifbar ist. Ich denke, es gab ein paar Antworten, darunter aber auch Antworten, die nicht zufriedenstellen kön nen, weil wir eine schlechte Datenlage haben, weil wir dieses Problem schwer greifen können und weil wahrscheinlich im Bereich Steuern ein sehr hoher Schaden zu verzeichnen ist und auch im Bereich der Glücksspielsüchtigen, die ihre Fa milien häufig in die Verschuldung führen, Schäden verursacht werden, wie bereits angesprochen worden ist.

Was mich massiv stört – das habe ich erst bei der Recherche entdeckt –, ist, dass neuerdings dieses bekannte Fußballspiel, das wahrscheinlich Ihre Kinder zu Hause spielen – ich nenne keinen Namen, um keine Schleichwerbung zu machen –, ein übliches Fußballspiel, das Sie als Multiplayer oder als Single player spielen können, in der Ausführung von 2013 so ausge staltet ist, dass die Spielerinnen und Spieler neuerdings direkt in illegales Glücksspiel im Internet geführt werden. Ich den ke, man sollte sich genauer anschauen, ob der Verkauf solcher Dinge verboten werden könnte. Auch wenn sie downloadbar sind, kann man die Schwelle höher setzen, um solche Spiele zu erreichen. Das Einschränken der Verfügbarkeit von Sucht mitteln ist eben auch eine Möglichkeit, um die Suchtgefahr zu verringern.

Betrachten wir die vier Säulen der Suchtpolitik:

Die Repression bietet einige Möglichkeiten, die aber in der Regel sehr teuer oder sehr aufwendig sind und kaum greifen.

Als zweite Säule haben wir die Harm Reduction oder Über lebenshilfe, die jedoch ebenfalls nicht sehr praktikabel ist, weil die Verelendung, vor allem die soziale Verelendung, häu fig in der Privatsphäre stattfindet.

Die dritte Säule sind Behandlung und Beratung. Wir haben ein Beratungsstellennetz – die Spielsucht ist mittlerweile zum Glück auch in unserem System als Krankheit anerkannt –, aber es handelt sich um eine Komm-Struktur. Es dauert also relativ lange, bis die Menschen dann auch dort auftauchen und Hilfe in Anspruch nehmen.

Als vierte und letzte Säule ist die Prävention zu erwähnen. Sie scheint aus meiner Sicht der einzige Ansatzpunkt zu sein, der in einem sinnvollen Kosten-Nutzen-Verhältnis steht. Deswe gen liegt unser Hauptaugenmerk auf der Vermeidung von Spielsucht und Suchtverhalten allgemein. Wir müssen die Rahmenbedingungen von Kindern, Jugendlichen und Famili en verbessern, die Schutzfaktoren stärken und gleichzeitig die Risikofaktoren mindern.

Unser Beitrag im Land – das konnten Sie in den Haushalts beratungen in der vergangenen Woche verfolgen – ist in die sem Bereich ganz klar und eindeutig. Schwerpunkte sind auch der Ausbau der Kleinkindbetreuung mit dem Pakt für Famili en mit Kindern, der Ausbau der Sprachförderung, der Ausbau der Schulsozialarbeit und z. B. das Programm STÄRKE, das wir weiterführen, auch das Pilotprojekt „Umbruchphasen“ im Bereich der Gewaltprävention und die Bundesinitiative „Netz

werke Frühe Hilfen und Familienhebammen“. All das sind Bereiche, in denen wir in der Breite Prävention anbieten kön nen und in denen wir die Schutzfaktoren von Kindern und Ju gendlichen stärken wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Bei der Prävention gilt der Faktor 4: Jeder Euro, den wir für Prävention ausgeben, verhindert das Vierfache an Behand lungskosten.

Deswegen: Lassen Sie uns diesen mit dem kommenden Dop pelhaushalt eingeschlagenen Weg für diese generelle Präven tion weitergehen und verstärkt fortsetzen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Kollegen Dr. Goll das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich stelle gerade fest: Was das Parla ment anbelangt, bin ich der letzte Redner in diesem Jahr.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Schlusswort!)

Gibt es noch ein Schlusswort?

Es kann noch ein Schluss wort geben.

Ein weihnachtliches Schluss wort?

(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ich habe gedacht, du singst!)

Nein, nicht von mir, son dern vom Kollegen von der SPD.

Okay. – Ich werde es rela tiv kurz halten.