Protokoll der Sitzung vom 31.01.2013

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Mir liegen keine weiteren Wortmel dungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Be handlung des Antrags der Fraktion der CDU, Drucksache 15/2684 (geänderte Fassung). Der Antrag ist ein reiner Be richtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stim men dem zu.

Damit ist Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Gemeinschaftsschule ohne Mehrheit – Bad Saulgau ist überall – beantragt von der Fraktion der CDU

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Es gilt eine Gesamtredezeit von 40 Minuten: fünf Minuten für die einleitenden Erklärungen und jeweils fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde, wobei ich auch die Mitglieder der Landesregierung bitte, sich an den vorgegebenen Rede zeitrahmen zu halten. Auch bitte ich, § 60 Absatz 4 der Ge schäftsordnung mit Blick auf die freie Rede zu beachten.

Das Wort erteile ich für die CDU-Fraktion dem Kollegen Wa cker.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Der Bürgerentscheid in Bad Saulgau hat eindrucksvoll gezeigt,

(Zuruf des Abg. Jürgen Filius GRÜNE)

wie zwei Drittel der Bürgerinnen und Bürger dort gegen die Gemeinschaftsschule gestimmt haben.

(Abg. Sandra Boser GRÜNE: Der abstimmenden Bürgerinnen und Bürger!)

Damit war das ein deutliches Votum vor Ort gegen das ideo logisch motivierte Projekt der Gemeinschaftsschule.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ihr müsst das Quorum senken!)

Trotz schlechter Witterungsbedingungen – –

(Glocke des Präsidenten)

Kollege Wacker, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. Das ist jetzt wirklich noch etwas zu früh. Ich denke, ich muss erst einmal die Aussagen im Zusammenhang darstellen. Frau Boser, später gern.

Trotz schlechter Witterungsbedingungen wurde das Quorum nur um wenige Hundert Stimmen verfehlt.

(Zuruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Das zeigt deutlich: Wenn die Argumente auf gleicher Augen höhe ausgetauscht werden, das heißt, wenn die Skeptiker der Gemeinschaftsschule die Chance haben, ihre Argumente ins Feld zu bringen, dann hat Ihr Projekt, meine Damen und Her ren von der Landesregierung, keine Chance.

(Beifall bei der CDU)

Das Problem war eindeutig. Im Hauruckverfahren wurde im Gemeinderat eine Entscheidung zur Einrichtung einer Ge meinschaftschule gefällt, und zwar ohne jegliches Beteili gungsverfahren vor Ort. Damit hat man die Bürgerinnen und Bürger vor den Kopf gestoßen.

Als Fazit kann man sagen: Ihnen ist es vor Ort nicht gelun gen, die kritischen Fragen, die die Bürgerinnen und Bürger zur Gemeinschaftsschule gestellt haben, zu beantworten. Wa rum auch? Die offenen Fragen liegen ganz klar auf dem Tisch: Wie gestalten sich die Bildungsinhalte? Es liegen keine Bil dungspläne vor. Wie gestaltet sich die Lehrerausbildung? Wel che Aufgaben kommen auf den neuen Typ von Lehrbeauftrag ten an der Gemeinschaftsschule zu? Es gibt noch kein Kon zept zur neuen Lehrerausbildung.

Im internationalen Vergleich wird immer Finnland als Vorbild erwähnt. Wir wissen jedoch, dass auch in Schweden und Nor wegen Gemeinschaftsschulen existieren, die im Vergleich der OECD-Staaten mittelmäßig oder schlechter als die Schulen in Deutschland abschneiden.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

Auf diesbezügliche Fragen können Sie keine Antworten fin den, und das überzeugt letztlich natürlich die Skeptiker, sich gegen die Gemeinschaftsschule zu engagieren. Das hat man in Bad Saulgau sehr eindrucksvoll gesehen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Leopold Grimm FDP/ DVP: Eine Interpretation!)

Sehr merkwürdig war eine Pressemitteilung des Staatssekre tärs im Kultusministerium, Herrn Dr. Mentrup,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ein guter Mann!)

vom 17. Januar 2013. Der Bürgerentscheid fand allerdings erst am 20. Januar 2013 statt. Diese Pressemitteilung ist dann am 20. Januar im Laufe des Abends veröffentlicht worden. Dar in kommentiert Herr Dr. Mentrup dieses eindeutige Votum ge gen die Gemeinschaftsschule vor Ort mit folgendem Zitat:

Damit ist offensichtlich, dass die Mehrheit der Bürgerin nen und Bürger in Bad Saulgau das Konzept des gemein samen und individuellen Lernens akzeptiert.

Das muss man einmal verstehen.

(Zurufe von der SPD)

Sehr geehrter Herr Dr. Mentrup, nach Ihrer Logik dürften Sie nicht Oberbürgermeister in Karlsruhe werden. Schauen wir uns einmal das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl in Karls ruhe an. Die Wahlbeteiligung betrug 42 %. Sie erhielten 55 % der abgegebenen Stimmen. Das bedeutet, 23 % der stimmbe rechtigten Bürgerinnen und Bürger votierten für Sie.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Das sind gerade einmal zwei Prozentpunkte mehr als beim Votum der Gemeinschaftsschulgegner in Bad Saulgau.

(Unruhe bei den Grünen und der SPD)

Das bedeutet, Herr Dr. Mentrup, 77 % der Karlsruher würden Sie nicht als Oberbürgermeister akzeptieren. Also dürften Sie dieses Amt in Karlsruhe einfach nicht annehmen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Bravo! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Wie viel hat denn der CDU-Kandidat erhalten? – Abg. Jür gen Filius GRÜNE meldet sich. – Glocke des Präsi denten)

Herr Kollege – –

Nein, gleich. Ich bin noch nicht fertig.

(Abg. Jürgen Filius GRÜNE: Ach schade!)

Sie haben kein objektives Wahrnehmungsvermögen.

(Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Deswegen wundert es mich, dass Ministerpräsident Kretsch mann in der Sendung „Kamingespräch“ auf Phoenix am 25. November 2012 die Bürgerinnen und Bürger, die sich ak tiv gegen die Gemeinschaftsschule in Bad Saulgau engagiert haben, als „ehrenamtliche Besserwisser“ bezeichnet hat.

(Abg. Peter Hauk CDU: Hört, hört! Unglaublich!)

Minister Schmid sprach auf dem Jahresempfang der Deut schen Bank von einem Elterngeschrei.

Meine Damen und Herren, mit solchen Äußerungen tragen Sie wahrlich nicht zu einer Versachlichung der Debatte bei.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber Sie auch nicht, Herr Kollege!)

Um es deutlicher zu sagen: Das hat mit einer Politik des Ge hörtwerdens überhaupt nichts zu tun.