Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

kann man hierzu an und für sich auch gar keinen Stresstest durchführen.

(Zurufe von den Grünen: Der Kopfbahnhof ist doch da!)

Es war nicht Bestandteil der Schlichtung, hierzu einen Stress test zu machen.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Der steht nicht in der Schlichtung! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Kein Bestandteil der Schlichtung!)

Frau Kollegin Sitzmann, Sie hatten angesprochen, dass es wichtig ist, dass wir einen ordentlichen Umgang miteinander pflegen. Diese Auffassung wird von unserer Fraktion geteilt. Wir haben nämlich eine tiefe Besorgnis über den offenbar neu en Politikstil, wie er zu diesem Thema hier in Baden-Würt temberg praktiziert wird. Kaum ist der Amtseid verhallt, muss man sich fragen, welche Rolle der Verkehrsminister Winfried Hermann spielt.

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

Sieht so eine Politik zum Wohle des Landes Baden-Württem berg aus?

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nein!)

Kommt das Land so seinen vertraglichen Verpflichtungen nach,

(Zuruf: Nein!)

die wir uns in dieser Partnerschaft auferlegt haben?

Man muss sich einmal überlegen: Schon nach vier Wochen gibt der Ministerpräsident eine Erklärung ab, mit der er sich hinter den Verkehrsminister stellt, und sagt, dieser sei ein eh renwerter Mann. Das ist eine Erkenntnis, die bemerkenswert ist. Es ist erstaunlich, dass dies schon nach vier Wochen ge schieht.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Selbst die Opposition hätte nicht erwartet, dass es in dieser Dynamik geht.

Es gibt also ein großes Erstaunen über das Sommertheater zu Stuttgart 21, das mit sachlicher Argumentation nichts mehr gemeinsam hat.

(Zuruf von den Grünen)

Nichts mehr gemeinsam hat es auch mit der Aussage des Mi nisterpräsidenten Kretschmann in seiner Regierungserklärung – ich zitiere –:

Lassen Sie uns nach Monaten des ungewohnt harten Schlagabtauschs und der Polarisierung zur konstruktiven Auseinandersetzung zurückkehren.

Diese aktuelle Entwicklung ist für den Koalitionspartner SPD natürlich nicht einfach. Sie hält sich sehr stark zurück. Sie war auch sehr stark mit dem Kassensturz beschäftigt; das hatte vielleicht eine andere Priorität.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau!)

Herr Kollege Schmiedel und Frau Kollegin Sitzmann hatten dazu aufgerufen, eine angemessene Debatte zu führen. Des

wegen ist es keine Schadenfreude von unserer Seite, sondern wirklich Betroffenheit, wenn, wie wir in der „Stuttgarter Zei tung“ lesen müssen, bei Verkehrsminister Hermann hinterfragt wird, ob er denn gelogen habe.

Es löst auch eine Betroffenheit aus, wenn wir an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verkehrsministeriums denken, die über viele Jahre mit hohem persönlichen und fach lichen Einsatz an diesem Projekt gearbeitet haben. Es löst auch Betroffenheit über die gewalttätigen Demonstrationen aus, die sich am 20. Juni 2011 am Bahnhofsgelände entwi ckelt haben, bei denen mehrere Polizisten verletzt wurden.

Es mutet wie in einem schlechten Sommermärchen an – wir hatten hier schon bessere –, was hier abläuft, wenn es darum geht, wem der Verkehrsminister wann was gesagt hat und wem er wann nichts gesagt hat oder dass er glaubt, wem er wann was gesagt habe. Wenn sich dieser Stil nicht ändert, ist das aus unserer Sicht nicht länger tragbar und akzeptabel.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Bei diesem Stuttgarter Sommermärchen kamen mir die Mär chen der Gebrüder Grimm in Erinnerung. Als meine Kinder noch kleiner waren, habe ich regelmäßig vorgelesen. Das Schöne war: In der Sache sind diese Märchen am Ende im mer gut ausgegangen.

(Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Ich denke im Hinblick auf unseren Verkehrsminister an das Märchen vom Rumpelstilzchen.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Das ist gut ausgegan gen!)

In Anlehnung an das Rumpelstilzchen könnte unser Verkehrs minister z. B. gesagt haben: „Heute sage ich es, morgen stress ich, übermorgen holt mich vielleicht der Ministerpräsident. Ach, wie gut, dass jeder weiß, dass ich auf Stuttgart 21 bin nicht heiß.“

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und der CDU sowie Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Das Märchen ging gut aus. Das Rumpelstilzchen hat nicht ge wonnen. In diesem Sinn sind wir sehr zuversichtlich, dass das Projekt Stuttgart 21 und auch die Kommunikation des Ver kehrsministers nach vorn kommen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Hoffentlich stampft er jetzt nicht auf!)

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erteile ich nun dem Mi nister für Verkehr und Infrastruktur, Herrn Minister Hermann.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Ich möchte gern den Vorschlag des Kollegen Schmiedel ernst nehmen und einen Beitrag zur Deeskalation leisten. Ich verspreche Ihnen: Ich verzichte auf Hoppelreime.

(Heiterkeit – Abg. Klaus Herrmann CDU: Sie geben nur Hoppelinterviews!)

Diese Debatte hat gezeigt, dass dieses Projekt auch in diesem Haus nach wie vor ein heißes Thema ist, dass es mit der De batte nicht vorbei ist.

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP)

Ja. Sie tun mit Ihren Beiträgen so, als wäre alles entschie den.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir haben die kla re Mehrheit!)

Man kann doch feststellen, dass in der Gesellschaft weiter ge stritten wird, dass es noch immer Proteste und nach andert halb Jahren noch immer Montagsdemonstrationen gibt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, von wem?)

Es gab nie ein Projekt in der Bundesrepublik Deutschland, ge gen das so viele Menschen so oft demonstriert haben.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das sind immer dieselben Menschen!)

Das muss doch zum Nachdenken führen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich sage ganz offen: Ich kann gut verstehen, dass sich auch die Menschen, die einen unterirdischen Bahnhof wollen, är gern, dass es nicht vorangeht, dass es immer wieder Streit da rüber gibt. Das ist die Situation, vor der wir stehen. Ich glau be, man darf sich nicht polemisch wegducken. Vielmehr ha ben wir alle ein gemeinsames Problem, dort irgendwie her auszukommen und zu einer Lösung zu gelangen.

(Lachen bei der CDU – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Karl-Wilhelm Röhm: Sie haben ein Problem! Wir haben kein Problem!)

Nein, Sie auch.