Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

Der wesentliche Inhalt ist die Schlichtung.

(Zuruf: Barrierefreiheit!)

Ich bitte darum, die Kirche im Dorf zu lassen. Über das Er gebnis des Stresstests wird diskutiert und spekuliert, seit der Stresstest vereinbart wurde. Herr Palmer aus Tübingen führ te an, es werde mindestens 500 Millionen € Mehrkosten ver ursachen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Der muss es wissen!)

Frau Gönner sprach von 140 Millionen €.

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

Herr Mappus hat auch – glaube ich – von 140 oder 160 Mil lionen € gesprochen. Es wurde praktisch ohne Grundlage spe kuliert. Insofern ist es nicht neu, dass gesagt wird, es passe oder es passe nicht. Es wurden sogar konkrete Zahlen genannt.

Deswegen sollte man dies alles nicht überbewerten. Sie se hen, dass die Koalition an dieser Stelle ganz klar aufgestellt ist.

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP)

Da gibt es gar nichts zu lachen. Das Ergebnis des Stresstests wird durch das Unternehmen SMA festgestellt. Das Ergebnis von SMA ist das bindende Ergebnis.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der FDP/DVP so wie Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja, genau! Die SPD wird es akzeptie ren! Das ist gut!)

Sie haben die Projektförderungspflicht angesprochen. Sie sag ten: „Der Ministerpräsident hat sich dazu bekannt.“ Klar. Ei ner muss es bekanntlich machen.

(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: So ist es! Wenn es der Verkehrsminister schon nicht macht!)

Entschuldigung, wer hat denn mit der Bahn als Grundlage des Stresstests einvernehmlich einen Fahrplan ausgehandelt? Das waren doch nicht Sie, Herr Rülke.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das war das Land! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Das war das Land, das war die neue Landesregierung.

(Abg. Tanja Gönner CDU: Falsch!)

Die neue Landesregierung hat einen einvernehmlichen Fahr plan als Grundlage ausgearbeitet. Daran würde ich nicht „rum machen“. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, an den Herr Geiß ler jedes Mal erinnert: Die Grundlagen müssen beiderseitig akzeptiert werden, von allen Beteiligten. Dann kann man auch das Ergebnis akzeptieren. Also war es doch eine ganz wichti ge Voraussetzung, dass man sich darauf verständigt, dass der Fahrplan die Basis ist.

Mich wundert übrigens wirklich, dass man jetzt erfahren hat, dass die alte Landesregierung nicht einmal in der Lage war, mit der Bahn die Gestattungsverträge auszuhandeln und zu unterschreiben, damit diese die Rohre für das Grundwasser management über landeseigenes Gelände verlegen kann. Das alles muss die neue Landesregierung machen. Das macht sie auch. Sie kommt den Aufgaben nach, die bestehen. Aber ich würde die Nase nicht so hoch halten, wenn festgestellt wer den muss, dass die alte Landesregierung über Monate nicht in der Lage war, die nötigen vertraglichen Voraussetzungen zu schaffen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Schmiedel, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Abg. Professor Dr. Rein hart?

Der war doch für Europa zu ständig, nicht für den Bahnhof.

(Heiterkeit – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sie wissen doch: Bratislava, die neue Magistrale!)

Herr Kollege Schmie del, erinnern Sie sich an Ihr Auftreten vor 7 000 Teilnehmern auf dem Marktplatz in Stuttgart, als Sie nach meiner Rede ebenfalls sprachen und unter dem Beifall vieler die folgende Aussage getätigt haben?: „Ich weiß gar nicht, was die Grünen wollen. Die CDU, die FDP und die SPD wollen Stuttgart 21, ich auch. Stuttgart 21 wird kommen und muss kommen, un abhängig von allen Einwänden.“

Meine Frage heute an Sie: Wiederholen Sie diesen Satz ge nauso wie unter dem Beifall von 7 000 Menschen auf dem Marktplatz?

(Beifall bei der CDU – Zuruf: Er würde gern, aber er macht es nicht!)

Manchmal ist man über die Qua lität der Fragen überrascht.

(Heiterkeit – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jetzt kommen Sie, und geben Sie Ihrem Herzen einen Stoß!)

Herr Kollege Reinhart, ich bewundere Ihr Langzeitgedächt nis, dass Sie alles wörtlich wiedergeben können, was ich ge sagt habe. Woran ich mich erinnern kann, das ist tatsächlich tosender Beifall.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD sowie Abgeord neten der CDU und der Grünen – Zuruf: Egal, was Sie gesagt haben!)

Tosender Beifall, natürlich, klar. Wahrscheinlich habe ich gut gesprochen.

(Heiterkeit)

Es ist doch alles klar im Koalitionsvertrag nachzulesen. Wir haben zwei Koalitionsparteien: Eine Partei ist gegenüber Stuttgart 21 sehr skeptisch und ablehnend, die andere Partei

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Hat tosenden Bei fall bekommen!)

ist dafür. Und wir haben einen Prozess vereinbart, wie wir das im Geiste der Schlichtung miteinander verhandeln, argumen tativ, wie wir auf Augenhöhe miteinander sprechen und res pektieren, was Fakten sind. Ein Fakt ist beispielsweise, was der Ministerpräsident bestätigt hat, nämlich dass die Bahn auf der Grundlage der eingereichten Anträge und genehmigten Planfeststellungsverfahren natürlich ein Baurecht hat. Da gibt es gar keinen Zweifel.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl! Gut so, ja! Das war überzeugend!)

Deshalb finde ich, wir alle sollten gelassen diejenigen ihr Ge schäft machen lassen, die die Verantwortung dafür haben: Das ist einmal der Lenkungskreis, der gemeinsam mit den Projekt partnern das operative Geschäft gestaltet; das ist jetzt die SMA, die mit den Daten, die von der Bahn überliefert wer den, umgehen muss und dieses Ergebnis dann den Projektträ gern und der Öffentlichkeit präsentiert. Dann sind wir wieder dran, wenn es darum geht, dieses Ergebnis zu bewerten und die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die ziehen wir ge meinsam!)

Bis dahin rate ich allen dazu, sich möglichst nicht so zu ver halten, dass daraus ein Missverständnis entstehen könnte.

Und, Frau Razavi, eines sollte nicht geschehen, nämlich dass man etwas so interpretiert, als gäbe es irgendjemanden in die sem Saal, der billigen würde, wenn Gewalt gegen Menschen oder gegen Sachen ausgeübt wird.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das hat die Landesregierung zurückgewiesen; das haben wir und haben die Grünen zurückgewiesen. Wir tun gut daran, wenn wir auch dann, wenn wir uns an die Öffentlichkeit wen den, an dieser Gemeinsamkeit des gesamten Parlaments fest halten und keinen Zweifel säen.

Das Wort für die FDP/DVP-Frak tion hat Herr Abg. Haußmann.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Inzwischen kann ich sehr gut nachvoll ziehen, was Sie, lieber Herr Ministerpräsident, gemeint ha ben, als Sie in Ihrer Regierungserklärung sagten, sie verspür ten „den Zauber des Anfangs, aber auch schon die Mühen der Ebene“. Beim Thema Stuttgart 21 ist, so glaube ich, der Zau ber mittlerweile total verflogen, und die Mühen der Ebene zei gen sich sehr deutlich.

Eine Politik des Gehörtwerdens und des zivilisierten Streits – der stellvertretende Ministerpräsident, Herr Dr. Schmid, hat es bei Tagesordnungspunkt 1 als Transparenz bezeichnet – hat sich unsere FDP/DVP-Landtagsfraktion eigentlich ganz an ders vorgestellt.

Rufen wir es uns einfach noch einmal in Erinnerung: Man hat – darin waren sich auch alle einig – vom 22. Oktober bis zum 30. November 2010 eine Schlichtung unter Leitung von Herrn Dr. Heiner Geißler durchgeführt. Das Land hat hierfür seiner zeit die Kosten von etwa 500 000 € übernommen. Die Bahn hat die Baumaßnahme auch mit Rücksicht auf die neue Lan desregierung mehrfach verzögert. Es wurde ein Baustopp ver hängt. Jeder, der so wie ich auch beruflich mit Projekten zu tun hat, weiß, was dies an Aufwand bedeutet, was es an Kos ten verursacht. Da muss man sagen: Die Bahn ist der neuen Landesregierung hier sehr tatkräftig entgegengekommen.

Frau Kollegin Sitzmann, Herr Kollege Schmiedel, Sie haben die schöne Formulierung „im Geiste der Schlichtung“ ver wendet. Was für einen Sinn und was für einen Zweck hat denn die Schlichtung? Es geht – so war es beabsichtigt – nicht da rum, das Projekt zu verhindern, sondern darum, das Projekt zu verbessern. Das war das Ziel der Schlichtung. Es ging al so nicht darum, das Projekt in Gänze zu verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

Ich sehe ein gewisses Unverständnis beim Verkehrsminister über den Umgang mit dem Projektpartner Deutsche Bahn AG. Es besteht ja, wie man hört, grundsätzlich Einverständnis über die Verfahrensweise. Alle Beteiligten sind in der Lenkungs gruppe für den Stresstest vertreten. Aber jetzt wird ein Stress test für den Kopfbahnhof gefordert. Nachdem für einen Kopf bahnhof überhaupt keine konkreten Planungen vorliegen,

(Zuruf der Abg. Tanja Gönner CDU)

kann man hierzu an und für sich auch gar keinen Stresstest durchführen.