Protokoll der Sitzung vom 27.02.2013

allerdings nicht von jedem Abgeordneten, vor allem wenn er seine Position langjährig vertreten hat.

Herr Groh, nun zu Ihrem Beispiel, das Sie angeführt haben. Da hätten Sie sich besser kundig machen müssen.

(Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU)

Denn es handelt sich nicht um ein Bundesfernstraßenprojekt nach dem Bedarfsplan. Das hätten Sie wissen müssen. Viel mehr ist es eine Bundesfernstraße in kommunaler Regie.

(Abg. Manfred Groh CDU: Nein!)

Sie wird kommunal finanziert und in Karlsruhe übrigens seit Jahrzehnten mit Mehrheit abgelehnt.

(Zuruf des Abg. Werner Raab CDU)

Das ist das Problem. Dass die Straße nicht gebaut wird, das liegt doch nicht an mir.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Manfred Groh CDU meldet sich. – Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

Nein.

Wir wollen uns ja nicht in Einzelfällen aus Karlsruhe verlieren.

(Abg. Manfred Groh CDU: Ach so!)

Vielmehr war das nur ein Beispiel dafür, dass man sauber, ra tional argumentieren muss und nicht mit einem falschen Bei spiel kommen darf. Wir haben im Grunde eine nachvollzieh bare Priorisierung vorgenommen – parallel zu dem, was wir überhaupt an Finanzierungsmöglichkeiten haben.

Interessant ist, dass der Bundesverkehrsminister das, anders als Sie, außerordentlich begrüßt hat. Wenn Sie sich einmal die Mühe machen, zu lesen, was der Bund jetzt gerade den Län dern und den Bundestagsabgeordneten schreibt – Grundkon zeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015 –, dann erken nen Sie: Das ist sozusagen die Anweisung an die Länder, jetzt neue Maßnahmen anzumelden bzw. für den nächsten Bundes verkehrswegeplan anzumelden. Interessant ist, dass dort vie le Ideen von uns übernommen worden sind:

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Aha! Hört, hört! – Abg. Martin Rivoir SPD: Plagiat!)

Wir müssen erstens rationale Politik machen, wir müssen zweitens schauen, was wir uns leisten können, und wir müs sen drittens priorisieren und das Ganze wirtschaftlich machen. Das betrachte ich als außerordentliches Lob.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben nachvollziehbar priori siert. Ihre Bundestagsabgeordneten in Berlin haben durch ein paar Absprachen genau mit diesem Prinzip gebrochen, indem sie eine Straße, die in der Prioritätenliste nach hinten gerutscht ist, nach vorn gezogen haben. Die Ortsumgehung Unlingen ist einfach vor andere hoch belastete Ortsdurchfahrten gescho ben worden. Das ist nicht sehr glaubwürdig, das überzeugt nicht. Das ist eben gerade wieder irrationale Politik, weil man die rationalen Kriterien nach hinten schiebt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Nun noch einmal zum Thema Finanzierung. Vorhin ist vorge tragen worden, was der Bundesverkehrsminister alles erzählt hat, was wir nicht erhalten würden. Das will ich jetzt nicht wiederholen. Aber eines ist sehr deutlich: dass der Bundes verkehrsminister uns deutlich weniger Mittel zusagt, als in der

mittelfristigen Finanzplanung zuvor – nur zwei Monate vor her – angekündigt waren.

Jetzt überspringe ich das Ganze. Dann kam ein neues Infra strukturbeschleunigungsprogramm – Ihre 750 Millionen € zu sätzlich. Das hat die Zahlen etwas durcheinandergeworfen, aber nur etwas. Denn tatsächlich sind von den 750 Millionen € gerade einmal 70 Millionen € in Baden-Württemberg ange kommen. Davon ist aber der überwiegende Teil des Geldes ausdrücklich zur Verstärkung von laufenden Baumaßnahmen verwandt worden.

Gerade einmal etwa 12 Millionen € sind für die Spatenstiche vorgesehen. Da sage ich: schöne Politik. Damit können Sie exakt den Spatenstich plus Blaskapelle finanzieren, und dann ist Schluss.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Das ist, wie ich finde, auch nicht besonders rational. Sie ha ben versucht, vor der Bundestagswahl noch ein paar Spaten stiche hinzubekommen.

(Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU)

Aber die Finanzierungssituation wird nicht besser. Wir haben im Jahr 2013 ein Defizit von 50 Millionen €, 2014 von 100 Millionen € und 2015 noch einmal von 50 Millionen €. Das sind nur die Defizite zwischen dem, was wir bauen wollen und müssen, und dem, was der Bund uns überweist.

Dann können Sie natürlich sagen: „Daran ist die Landesregie rung schuld, weil sie nicht oft genug schreit.“ Aber ich mei ne, das ist eine ziemlich billige Entschuldigung dafür, dass man in Berlin Verantwortung hat und eigentlich an so etwas anknüpfen müsste.

Wir haben unsererseits jede Menge getan, auf jeder Verkehrs ministerkonferenz. Auf der nächsten werde ich das wieder ma chen. Ich bin ja gefragt worden: Was ist die Nachfolge der Daehre-Kommission? Ich habe versucht, eine Sonderkonfe renz der Verkehrsminister gerade zur besseren Finanzierung in Gang zu bringen. Ich stelle fest, dass viele Länderverkehrs minister Wahlen scheuen, vorsichtig sind, was neue Finanzie rungsinstrumente anbelangt. Ich kämpfe gerade darum, dass die Verkehrsministerkonferenz wenigstens im April einen grö ßeren Zeitanteil der Finanzierung und den neuen Instrumen ten widmet.

Klar ist aber eines: Im Moment fehlen uns bis 2016 300 Mil lionen € allein für das, was zu bauen wir geplant haben – oh ne Ihre Zusatzwünsche. Das sollten Sie wissen.

Zum Ausblick, meine Damen und Herren. Aus all dem folgt für mich: Wir müssen an der eingeschlagenen Politik festhal ten, die da heißt: Sicherstellen, was man überhaupt hat, klä ren, was man sich leisten kann, Prioritäten setzen und auch einmal sagen, was man nicht will und nicht kann.

Langfristig müssen wir für eine stabile, stetige Finanzierung der Infrastruktur sorgen. Dazu brauchen wir, glaube ich, eine andere Art der Finanzierung, die nicht nach dem Jährlichkeits prinzip, sondern über längere Zeiträume erfolgt. Außerdem muss sie kontinuierlich und stetig sein. Es darf nicht sein, dass man einmal 100 Millionen € mehr und ein andermal 100 Mil lionen € weniger für die Sanierung hat, sondern das Ganze

muss planbar sein. Denn man kann am Ende eines Jahres, selbst wenn man 20 Millionen € bekommt, nicht einfach noch schnell etwas bauen. So funktioniert Bauen nicht, so funktio niert politische Arbeit nicht.

Meine Damen und Herren, ich glaube, es gibt einiges zu tun. Ich jedenfalls plädiere für eine sehr rationale Verkehrspolitik, auch im Bereich Straßenbau.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Kollegen Haller das Wort.

Herr Minister, vielen Dank. Sie haben zurechtgerückt, worum es geht, aber auch was der Unterschied zur CDU ist. Wir alle beklagen den Mangel. Die Frage ist, wie wir damit umgehen. Sie von der CDU betrei ben nach wie vor eine Lebenslüge den Menschen gegenüber,

(Abg. Manfred Groh CDU: Nein, das machen Sie!)

nämlich: Man müsse nur genug fordern, genügend Baustellen eröffnen, dann würde das Geld von allein fließen. Das ist Ihr Irrtum und Ihre Lebenslüge.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

So funktioniert die Welt nicht. Stellen Sie sich vor, die Hoch bauverwaltung müsste zehn Gebäude für insgesamt 100 Mil lionen € in der Dauer von zehn Jahren bauen. Sie würden je des Jahr ein bisschen bauen und hätten zehn Jahre lang Bau stellen. Wir bauen ein Gebäude nach dem anderen. Dann kann ich sie sukzessive nutzen. Das ist sinnvoll, das ist rational, und daran werden wir festhalten.

Die zweite Unterstellung, die ich entschieden zurückweise, ist die, Herr Groh, wir würden nichts anmelden. Was Sie da behaupten, ist bodenlos.

(Abg. Manfred Groh CDU: Das ist ja nichts Neues!)

Für diese 20 priorisierten Maßnahmen sind allein 800 Milli onen € angemeldet. Da gehen Sie durch die Landschaft und sagen, wir würden nichts anmelden.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist eine selektive Kraftmeierei! – Zuruf des Abg. Manfred Groh CDU)

Ich frage Sie: Was nehmen Sie realistischerweise von dem zur Kenntnis, was diese Regierung macht?

Nochmals: Dadurch, dass Sie Berge von Maßnahmen anmel den, fließt noch nicht mehr Geld. Das zeigt die Erfahrung. Sie leben in einer Scheinwelt und nicht in dieser Bundesrepublik Deutschland und im Land Baden-Württemberg, was den Stra ßenbau betrifft.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE)