Noch ein kurzer Hinweis zum GEW-Gutachten. Dieses GEWGutachten, das Bargel-Gutachten, bietet einen Hinweis auf die künftige Bevölkerungsentwicklung und darauf, welche Möglichkeiten es gibt, weiterhin Schulstandorte zu halten. Die Behauptung, dass die darin enthaltenen Zahlen nicht stimm ten, habe ich mit den vorhin genannten Zahlen aus meiner Heimatregion in etwa widerlegt. Unter Ziffer 5 – „Fortschrei bung des gegliederten Schulwesens“ – im damit zusammen hängenden Dossier zur Schulentwicklungsplanung heißt es in Bezug auf den Landkreis Reutlingen:
Insgesamt dürften in Zukunft statt 23 Gemeinden... nur noch sechs Gemeinden im Kreis eine tragfähige Haupt-/ Werkrealschule anbieten können...
Diese Aussage wurde vor Abschaffung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung getroffen. Bitte nehmen Sie das zur Kenntnis, und werden Sie bei diesem Thema ein bisschen sachlicher.
(Zuruf von der SPD: Oje! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Jetzt kommt wieder der große Aufklärer! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da kannst du noch etwas lernen! Zuhorchen!)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Lieber Kollege Lehmann, dafür, dass Sie seit knapp zwei Jahren hier die Regierungsverantwortung
haben, dafür, dass Sie eine bildungspolitische Revolution nach der anderen hier durch das Land jagen, und dafür, dass Sie keinen Plan dazu haben, blasen Sie hier ganz schön die Ba cken auf.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist ja Verzweiflung! – Zu ruf des Abg. Alfred Winkler SPD)
Zehn detaillierte Fragen hat die CDU der Landesregierung ge stellt, und heraus kam eine einzige Antwort.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wer bläst denn hier die Backen auf und hat nichts an Substanz zu bie ten? – Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE: Wenn man keine Inhalte hat, kann man es nicht beantworten! – Unruhe)
Einen einzigen Abschnitt ist der Landesregierung die Beant wortung wert. Man könnte es wie folgt zusammenfassen. Ers tens: „Wir, Grün-Rot, wollen ein Zweisäulenschulmodell.“ Zweitens: „Wir haben die Gemeinschaftsschule eingeführt.“ Und drittens: „Wir haben immer noch keine regionale Schul entwicklungsplanung hinbekommen.“
Meine beiden Vorredner schauen doch ausschließlich in den Rückspiegel und sagen: Die CDU hat es damals nicht hinbe kommen.
Aber Sie regieren doch seit zwei Jahren. Legen Sie doch end lich eine entsprechende regionale Bildungsplanung vor.
Trotz der scheinbaren Dürre der grün-roten Antwort möchte ich davor warnen, diese Aussagen zu unterschätzen. Denn das kretschmannsche Zweisäulenweltbild lässt im Grunde nur noch zwei Säulen zu, nämlich auf der einen Seite das Gym nasium und auf der anderen Seite die Gemeinschaftsschule. Für andere Schulen ist in diesem Weltbild kein Platz mehr.
Dieses Zweisäulenmodell dient Ihnen ein Stück weit als Droh gebärde, vor allem gegenüber den Realschulen, die in diesem Zweisäulenweltbild überhaupt nicht mehr vorkommen. Die
Realschulen sollen sich bewusst werden, dass für sie zukünf tig kein Platz vorgesehen ist. Sie sollen ihren Widerstand ge gen die Gemeinschaftsschulwerdung aufgeben.
Die Realschulen haben sich schließlich bockig gezeigt, als zur zweiten Gemeinschaftsschulrunde gerufen wurde. Nur vier sind gekommen – vier von 120 Anträgen –; die ganz überwie gende Mehrheit waren kleine Haupt- und Werkrealschulen, die eben nicht deswegen Gemeinschaftsschule werden wol len bzw. die, wenn sie Gemeinschaftsschule werden, dies nicht deswegen tun, weil sie vom pädagogischen Konzept überzeugt sind, sondern weil Sie ihnen den goldenen Gemeinschafts schulzügel als letzten Strohhalm hinhalten, nach dem sie grei fen müssen, wenn sie ihren Schulstandort erhalten wollen.
Dabei wäre den Kommunen viel mehr geholfen, wenn Sie bei zeiten eine regionale Schulentwicklungsplanung auf den Weg gebracht hätten, bei der die Verantwortlichen vor Ort in eige ner Regie über die Ausgestaltung des Schulangebots entschei den könnten und bei der sie auch echte Gestaltungsrechte be kommen – z. B. bei der Frage, ob es zu einem Verbund von Werkreal- und Realschule kommen soll oder ob nicht statt dessen eine „Realschule plus“ das für sie vor Ort passendere Schulmodell wäre.
Aber das würde eben echte Liberalität voraussetzen; es wür de den Respekt vor dem anderen Konzept voraussetzen, das vielleicht nicht das von Ihnen präferierte Konzept ist, das sich aber im freien Spiel der Kräfte als erfolgreicher erwiesen hat. Gefragt wäre also die Einsicht, dass Politik den Rahmen set zen und faire Wettbewerbsbedingungen schaffen soll – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Grün-Rot kann es aber nicht lassen und nötigt den Menschen etwas auf, von dem Grüne und Sozialdemokraten vielleicht überzeugt sind, dass es gut für alle sei. Sie glauben, dass die Menschen Ihre Bevormundung besser finden, nur weil Sie sich als die guten Ritter fühlen, während alle anderen natürlich die Bösen sind. Bevormundung aber ist immer eine Einschrän kung der Freiheit, ganz gleich, welche Motive Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, dabei zugrunde liegen.
Ich will Ihnen dies an einem Beispiel verdeutlichen: Die Ge meinde Lorch hat am 1. Oktober 2012 einen Antrag auf Ein richtung einer Verbundschule gestellt. Sie wartet bis heute auf eine Antwort. Langsam wird es eng – bis Mitte März läuft die Anmeldefrist für das kommende Schuljahr, und bis dahin soll ten die Eltern wissen, für welche Schule sie ihre Kinder an melden.
Zum Vergleich: Die Gemeinschaftsschulstandorte für das kommende Schuljahr wurden bereits Anfang Februar bekannt gegeben. Die Landesregierung und Grün-Rot sind parteiisch; Sie haben sich hier als fairer Schiedsrichter disqualifiziert.
Im Grunde haben Sie sich auch schon als guter Sachwalter für die regionale Schulentwicklung disqualifiziert. Sie haben mit
der Genehmigung von 87 Gemeinschaftsschulstandorten in der zweiten Runde die Verantwortlichen vor Ort vor vollen dete Tatsachen gestellt, obwohl es zuhauf auch mahnende Stimmen gab.
Halten Sie wenigstens jetzt inne. Das ist die einzige Möglich keit, einen Tunnelblick zu vermeiden. Trauen Sie den Verant wortlichen vor Ort etwas zu!
Wenn Sie sich über das informieren wollen, was vor Ort in Ei genregie entstehen kann, dann – ich komme zum Schluss – werfen Sie einen Blick in die Bildungsregion Ortenau: Alles, was bei Ihnen bislang nicht funktioniert – der Dialog mit den Kommunen, die Beteiligung der Wirtschaft und weiterer Ak teure wie der freien Schulen –, gehört dort selbstverständlich dazu. Am Ende steht ein vielfältiges Bildungsangebot, das den Begabungen und Neigungen jedes Einzelnen bestmöglich ge recht werden kann. Dafür stehen die Freien Demokraten, und dafür werden wir uns auch in Zukunft einsetzen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Sie haben zwar nichts gesagt, aber bitte!)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Wacker, zunächst darf ich auf eines hinweisen – das wird Ih nen wahrscheinlich entgangen sein –: Die Anträge stammen von August bzw. Dezember 2012. Ich als Person konnte die Stellungnahmen dazu weder unterschreiben, noch konnte ich die in den Anträgen gestellten Fragen beantworten.
Sie meinten mich als Person. Deshalb darf ich darauf hin weisen. Es ist Ihnen wahrscheinlich entgangen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn ich in bil dungspolitischen Debatten hier vorn stehe – das ist seit weni gen Wochen der Fall –, habe ich manchmal das Gefühl, dass einige Kollegen am liebsten in die Rolle eines Geisterbahn bauers schlüpfen würden, da hier Schreckensszenarien ent worfen werden.
Herr Kollege Dr. Kern hat vor wenigen Wochen hier von der „Verbannung“ der Bundeswehr aus den Schulen gesprochen. Heute Morgen wurde vom Abschaffen der Realschule gespro chen.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Von Kinderver suchen hat er gesprochen! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Versündigung an den Kindern!)
Jetzt geht es weiter – Station 3 in der Geisterbahn – mit einer Diskussion über eine Schulschließungsliste.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich glaube, jeder von uns weiß, dass nicht das Land Baden-Württemberg, dass nicht die Landesregierung und nicht die Regierungsfraktionen in diesem Land Baden