(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Stellen Sie doch einen Änderungsantrag! – Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Wollen Sie auch das Mindestalter für das passive Wahlrecht absenken?)
Hören Sie zu! – Die Beteiligung von Jugendlichen kann auch ohne abgesenktes Wahlalter im Wege anderer Möglich keiten verwirklicht werden. Das habe ich auch in meiner lang jährigen Zeit als Bürgermeister sehr gut praktiziert. Jugend gespräche, Jugendversammlungen, Besuche von gemeindli chen Einrichtungen mit Jugendlichen, Anhörung von Jugend lichen zu allen sie betreffenden Themen auch im Gemeinde rat und im Ortschaftsrat, Bereitstellung eines finanziellen Bud gets für Jugendliche für eigene Veranstaltungen – all das sind Maßnahmen, meine sehr geehrten Damen und Herren, an de nen wir arbeiten sollten und bei denen wir Verbesserungen vornehmen sollten.
Insgesamt, meine sehr geehrten Damen und Herren, gibt es weder plausible Gründe für die Abkopplung der Wahlberech tigung von der Volljährigkeit noch Hinweise darauf, dass die Herabsetzung des Wahlalters als politische Bildungsmaßnah me zu höherem Politikinteresse bei minderjährigen Jugendli chen führen würde. Das zeigen auch die Erfahrungen anderer Bundesländer, die das Kommunalwahlalter für Jugendliche herabgesetzt haben.
Deshalb wären Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, gut be raten, erst einmal ein schlüssiges, vernünftiges Konzept zu er arbeiten, ein Jugendkonzept zur Beteiligung von Jugendlichen auch an der Politik, bevor Sie einfach einseitig das Wahlalter auf 16 Jahre absenken.
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Heute ist ein guter Tag für die Men schen und für die Demokratie in Baden-Württemberg.
Denn mit dem neuen Kommunalwahlrecht bauen wir die Bür gerbeteiligung aus; wir weiten die direkte Demokratie und, Kollege Klein, die frühzeitige Beteiligung junger Menschen in den Kommunen aus. Das ist eine gute Sache.
Wir senken das aktive Wahlalter und geben somit jungen Men schen die Möglichkeit, sich aktiv in die Zusammensetzung der kommunalen Gremien einzumischen. Die Möglichkeiten, die das Kommunalverfassungsrecht bislang hierzu eröffnet, reichen nicht aus.
Wir wollen schließlich nicht nur Politik für junge Menschen machen, sondern wir wollen Politik mit ihnen machen.
Deswegen schaffen wir die Voraussetzungen, damit 16- und 17-Jährige bei den Kommunalwahlen 2014 volles Stimmrecht haben und über die Zusammensetzung des Gemeinderats, des Ortschaftsrats und des Kreistags mitentscheiden können.
Viele Themen, die Jugendliche direkt berühren – denken Sie an die Themen Stadtplanung, Verkehr, Schule und Sport –, werden in den Kommunen erarbeitet. Wenn junge Leute mit 16 und 17 Jahren über die Zusammensetzung des Gemeinde rats entscheiden können, dann stärkt das unsere Demokratie. Denn sie können sich unmittelbar einbringen, wie diese The men im Gemeinderat behandelt werden und welches Gewicht diese Themen haben sollen. Kurzum: Mit einem Wahlalter ab 16 Jahren haben Jugendliche mehr Gewicht in den Kommu nen.
Aber es geht nicht nur darum, dass Jugendliche dann über die Zusammensetzung des Gemeinderats mitentscheiden können, Herr Kollege Klein. Es ist eben mehr als ein Kreuzchen. Denn Jugendliche können dann auch über die Zusammensetzung der Wahlliste mit entscheiden. Das heißt, 16- und 17-Jährige können explizit zum Ausdruck bringen: Wir wollen, dass je mand, der 18 oder 19 Jahre alt ist, auf einen aussichtsreichen Listenplatz kommt.
Das ist heute noch nicht möglich. Derzeit dürfen 16- und 17-Jährige nicht mitentscheiden, wie die Listen aufgestellt
werden. Künftig dürfen sie das mitentscheiden. Sie dürfen al so auch junge Leute im Alter von 18 oder 19 Jahren auf einen aussichtsreichen Platz setzen. Das stärkt Jugendliche in den Kommunen.
Ich gehe an dieser Stelle noch weiter, Kollege Klein: Es ist mehr als ein Kreuzchen. Denn Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren sollen künftig bei Bürgerentscheiden, bei Bür gerversammlungen mit abstimmen dürfen. Sie sollen dort auf treten und sich äußern dürfen. Jugendliche erhalten also künf tig eine breitere Mitsprache in den Kommunen.
Ich möchte auch auf das Thema Landkreise eingehen. Die Landkreise haben mit der Jugendhilfe eine wichtige Aufgabe, die Jugendliche betrifft. Auch da sollen künftig Jugendliche im Alter von 16 und 17 Jahren ein größeres Gewicht erhalten.
Oder nehmen Sie das Thema „Verbandsversammlung beim Verband Region Stuttgart“. Dort geht es um Themen des öf fentlichen Nahverkehrs, um den Bus- und Bahnverkehr. Auch hier sollen Jugendliche künftig die Zusammensetzung der Ver bandsversammlung unmittelbar beeinflussen können.
Kurzum: Wir meinen, dadurch kommen wir den Interessen von jungen Menschen, sich aktiv einzubringen, viel stärker nach.
Der Städtetag widerspricht dem nicht. Der Städtetag geht so gar noch weiter. Der Städtetag sagt, er könnte sich eher ein aktives Wahlrecht ab 16 Jahren bei Landtagswahlen vorstel len, und er widerspricht nicht der kommenden Absenkung des Wahlmindestalters.
Jetzt haben Sie das Thema Jugendgemeinderat angesprochen. Dazu sage ich ganz klar: Das ist die zweite Baustelle, die wir hier angehen. Wir wollen die Rechte des Jugendgemeinderats stärken. Da geht es um ein Rede-, Anhörungs- und Antrags recht der Jugendvertretung im Gemeinderat. Es geht um ein eigenes Budget für diese Jugendvertretungen. Das haben wir in einer zweiten Runde im Blick. Ich freue mich, dass Sie von der CDU-Fraktion das jetzt auch so sehen
und zum Ausdruck bringen: Der Jugendgemeinderat mit ei nem verbindlichen Rede- und Antragsrecht ist uns wichtig. Bislang war diese Sicht bei Ihnen nicht so deutlich.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist nicht wahr! – Abg. Thomas Blenke CDU: Das ist ein ural tes Thema!)
Ich möchte noch etwas zum Kreistagswahlrecht sagen. Mir hat es nie eingeleuchtet, warum man bei der Kreistagswahl in
zwei Wahlkreisen kandidieren konnte. Das hat insbesondere dazu geführt, dass rechtsextreme Gruppierungen in den Kreis tag eingezogen sind.
Daher haben wir den entsprechenden Gesetzentwurf Ihrer Fraktion gern aufgegriffen, Herr Kollege Herrmann. Das soll auch ein Signal dafür sein, dass gute Vorschläge, gute Anre gungen der Opposition sehr wohl bei uns Gehör finden.
Einen weiteren wichtigen Punkt enthält der Gesetzentwurf noch nicht. Das betrifft das Thema „Regeln zur Stärkung des Frauenanteils in den kommunalen Gremien“. Wir werden da her noch vor der Beratung im Innenausschuss eine verfas sungskonforme Regelung für paritätisch besetzte Wahllisten vorlegen. Wir haben gestern Abend darüber diskutiert und wa ren uns einig, dass wir den Frauenanteil in den kommunalen Gremien stärken wollen. Wir werden daher mit einem Ände rungsantrag deutlich machen, dass wir die Parteien und Wäh lervereinigungen auffordern und ihnen empfehlen, ihre Wahl listen paritätisch zu besetzen und die Hälfte der Plätze Frau en zur Verfügung zu stellen.
Herr Kollege Pröfrock, die Redezeit ist abgelaufen. Damit kann ich nach der Ge schäftsordnung keine Fragen mehr zulassen.