Protokoll der Sitzung vom 20.03.2013

Es ist sinnvoll, so etwas einzuführen. Die Grünen haben es in der letzten Legislaturperiode selbst gefordert und sogar einen Gesetzentwurf hierzu vorgelegt. Wir schlagen ein ähnliches Vorgehen vor, ein sogenanntes Verweisgesetz. Das zeigt auch, wie einfach und schlüssig das umzusetzen ist: mit einem Ver weisgesetz. Ähnlich wurde es auch in anderen Bundesländern – früher in Hamburg – gemacht. Wir verweisen einfach auf die bundesrechtliche Regelung in ihrer jeweiligen Form. Die se bundesrechtliche Regelung – auch das ist bekannt und pi kant – wurde 2004 von Rot-Grün eingeführt. Deswegen soll ten Sie eigentlich dazu stehen. Man kann sich darüber strei ten, ob sie schon weit genug reicht. Sie wird jetzt auch ein Stück weit reformiert. Dieses Vorgehen würde uns einen er heblichen Schritt nach vorn bringen – da sind wir uns einig – und wäre denkbar einfach umzusetzen.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Ein Beispiel an Hamburg nehmen!)

Sie haben, wie gesagt, einen solchen Vorschlag schon einmal gemacht. Es ist nicht ersichtlich, was gegen unseren Vorschlag sprechen sollte. Ich bin gespannt, mit welchen Ausreden Sie die Gesetzesinitiative diesmal ablehnen.

(Abg. Walter Heiler SPD: Was? – Abg. Alexander Sa lomon GRÜNE: Mit guten Argumenten, wie immer! – Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Wieso haben Sie denn damals abgelehnt?)

Wir haben den begründeten Verdacht, dass Sie hier genauso wie bei der Direktwahl der Landräte oder bei der gesetzlichen Verankerung der Jugendgemeinderäte behaupten, es kommt etwas, aber am Ende doch nichts kommt. Deswegen legen wir diesen Gesetzentwurf vor und würden uns sehr wundern, wenn Sie ihn nicht unterstützen.

Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Walter Heiler SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Schneider das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will nicht speziell auf den Gesetzentwurf der FDP/DVP eingehen und auf die Bundes regelung, die in den letzten Tagen der Regierungszeit der rotgrünen Bundesregierung erlassen wurde. Vielmehr möchte ich unsere grundsätzliche Haltung zum Thema „Ausweitung der bestehenden Auskunfts- und Informationsrechte in den Ver waltungen im Land“ darlegen, zumal – das wurde schon ge sagt – die Landesregierung Großes angekündigt hat. Dazu würden wir uns, wenn je ein Gesetzentwurf vorgelegt würde, dezidierter äußern.

Zunächst einmal hat dieser Gesetzentwurf viel mehr Relevanz im Land als im Bund, weil wir viel mehr Verwaltungszustän digkeiten haben. Der Schwerpunkt liegt bei den Kommunen. Wir reden vor allem über kommunale Angelegenheiten. Denn über die Hälfte der Anträge werden bei den Kommunen auf laufen.

Vorab möchte ich feststellen: Wir haben heute in Baden-Würt temberg eine gute und bewährte Praxis, mit der die große Mehrheit der Menschen absolut zufrieden ist. Diese Aussage ist mir wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wenn jetzt der hochtrabende Begriff „Informationsfreiheits gesetz“ verwendet wird, muss man sich fragen: Was ist das für ein Titel? Beim Wort „Informationsfreiheitsgesetz“ muss man sich wundern, dass Menschen überhaupt 60 Jahre lang in diesem „unfreien Land“ leben konnten.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Oh, oh!)

Wie ist die Lage heute? Das muss man schon etwas differen zierter darstellen.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Jedermann hat Anspruch

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Auch jede Frau!)

auf Akteneinsicht, wenn er Verfahrensbeteiligter ist und ein berechtigtes Interesse an Akteneinsicht geltend machen kann.

Wir haben darüber hinaus eine Vielzahl von Einzelfallrege lungen: Ich denke an das Landesumweltinformationsgesetz, an das Verbraucherinformationsgesetz oder an andere verfah rensrechtliche Regelungen, die den weiteren Zugang zu amt lichen Informationen gewähren.

Was mir auch wichtig ist: Die Gewährung von Akteneinsicht ist auch außerhalb konkret geregelter Ansprüche durchaus möglich. Das ist eine Ermessensentscheidung der zuständi gen Behörde. Dieses Ermessen wird vor Ort oft sehr praktisch gehandhabt – zur Zufriedenheit der Menschen.

Dafür, dass man jetzt für jeden einen Anspruch auf Zugang zu Informationen gegenüber Behörden und Einrichtungen des Landes sowie der Kommunen haben soll, ohne irgendein rechtliches oder gar berechtigtes Interesse geltend zu machen, sehen wir letztlich keine Notwendigkeit.

(Beifall bei der CDU)

Denn jedem alles beantworten zu müssen – seien Sie einmal ehrlich –, das belastet eine Verwaltung ganz erheblich. Das kann sie im Extremfall lahmlegen. Dafür gibt es Beispiele. In formieren Sie sich beim Bund. Dort war das zum Teil der Fall. Der Bund evaluiert ja zurzeit die Bundesregelung.

Ein solches Gesetz führt zwangsläufig auch zu mehr Bürokra tie. Das können Sie drehen und wenden, wie Sie wollen. Das ist absolut das Gegenteil von Bürokratieabbau und von Dere gulierung.

Das Gesetz führt außerdem zu ganz erheblichen Kosten. Ich empfehle Ihnen, sich die Erfahrungen des Bundes anzusehen. Die Bundesregelung wird, wie gesagt, gerade evaluiert.

Schauen Sie sich einmal an, wer die Anträge zum Informati onsfreiheitsgesetz des Bundes stellt. Schauen Sie sich einmal an, was für ein erheblicher Bürokratieaufwand und Arbeits aufwand dort zum Teil angefallen ist.

Noch einmal: Mehr als die Hälfte der Kosten müssen die Kommunen bezahlen. Jetzt frage ich Sie: Wie ist es mit dem Konnexitätsprinzip? Wollen Sie letztlich einen entsprechen den Ausgleich für die Kommunen leisten?

Fazit: Wir sind sehr gespannt, was die Regierung jetzt viel leicht vorlegt. Wir sind gespannt: Was bringt die Anhörung vor allem der hauptbetroffenen Kommunen? Es gilt ja das gro ße Motto des Gehörtwerdens. Wir werden sehen, inwieweit es eingehalten wird.

Wir sind gespannt, wie hoch die Kosten geschätzt werden. Wir bitten aber um realistische und konkrete Kostenschätzungen – entgegen der Praxis in der Vergangenheit.

Es wird sehr interessant, zu erfahren: Wie sehen die Gebüh rentatbestände aus? Sind die Gebühren kostendeckend? Das ist ein ganz wesentlicher Faktor.

Was uns ganz wichtig ist: Wie sieht der Datenschutz Dritter aus? Denn wenn Sie ein unbeschränktes Informationsrecht machen, bewegen Sie sich in einem dauerhaften Spannungs verhältnis gerade bei den brisanten Fällen, nämlich zum In formationsschutz Dritter. Das muss sauber geregelt sein.

Unter dem Strich: Wir sehen für ein solches Gesetz überhaupt keinen Bedarf. Ein solches Gesetz schafft Bürokratie und ist kostentreibend. Sie müssen einmal die Frage beantworten, wie Sie überhaupt noch Kostenbremsen einhalten wollen, wenn Sie überall kostentreibende Dinge machen.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Wir können diesem Gesetzentwurf nach heutigem Stand da her nicht beitreten. Aber, wie gesagt, wir führen ja eine Gene raldiskussion, wenn die Regierung etwas vorlegt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Salomon das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, sehr geehrte Damen und Herren, werte Kollegen von der FDP/DVP! Ich gratuliere Ihnen: Sie haben die Fesseln der

CDU endlich abgelegt und stehen jetzt zur Notwendigkeit ei nes Informationsfreiheitsgesetzes. Das hat jetzt fünf Jahre ge dauert. An Herrn Schneiders Beitrag hat man gemerkt: Die CDU hat nichts dazugelernt, was Bürgerbeteiligung, was In formationen betrifft.

(Oh-Rufe von der CDU)

Bei ihr ist immer noch die Hinterzimmerpolitik des EnBWDeals ein fester Bestandteil in diesem Rahmen.

Wenn ich mir dann aber den Gesetzentwurf der FDP/DVP an schaue, muss ich sagen: Er erinnert mich doch sehr stark an einen Gesetzentwurf der Grünen aus dem Jahr 2008. Ohne jetzt in die Plagiatsprüfung eintreten zu wollen, erkenne ich viele Ähnlichkeiten.

Dass Sie sich intensiv von uns haben inspirieren lassen, ist ge wünscht und ein gutes Zeichen. Sie müssen sich aber gefal len lassen, dass ich Ihnen mangelnden Mut vorhalte. Mit et was mehr Durchsetzungsvermögen der FDP/DVP wäre Ba den-Württemberg nicht eines der wenigen Bundesländer, die kein Informationsfreiheitsgesetz kennen.

(Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Schön, dass wir mit der Wahl 2011 dafür gesorgt haben, dass Sie etwas mehr Mut zurückgewonnen haben. Sie sollten uns hierfür danken.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Arroganz lässt grüßen! – Unruhe bei der CDU)

Warten Sie doch einmal ab! Hören Sie einmal zu, und blei ben Sie ganz ruhig.

Informationsfreiheit als Fundament von Bürgerbeteiligung

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

ist ein wichtiger Baustein in unserer Strategie, das Handeln der Regierung und der Behörden transparent und bürgernah darzustellen. Ein Informationsfreiheitsgesetz ist sozusagen Antriebs- und Schmiermittel für eine aktive Bürgergesell schaft und daher unverzichtbar.