Erstens wundert es mich, dass Sie nach einem neuen Vertrag fragen. Denn Sie haben im Verkehrsausschuss eigent lich schon mehrfach gehört, dass wir den großen Monopol vertrag nicht durch einen weiteren Monopolvertrag ersetzen,
sondern gestaffelt durch zahlreiche kleine Ausschreibungen für einzelne Netze und Lose. In dem Zeitfenster 2016, 2017, 2018 werden die Verträge wohl beginnen. Wir werden die Ausschreibungen davor gestaffelt machen. In diesem Jahr werden es mindestens vier Ausschreibungen sein, im nächs ten Jahr wahrscheinlich fünf. So arbeiten wir das ab.
Zu dem Dauerargument, man müsse erst Fahrzeuge bestellen und das würde mehrere Jahre dauern: Die Fahrzeugindustrie weiß auch, dass in Baden-Württemberg in den kommenden Jahren Fahrzeuge gebraucht werden. Sie haben in ihren lang fristigen Produktionslinien erstens schon bestimmte Margen eingeplant. Zweitens hat die Deutsche Bahn bereits eine Rie senoption von 800 Fahrzeugen vertraglich abgesichert, damit sie bieten kann. Im Übrigen gibt es auch andere Anbieter au ßer Bombardier, die ebenfalls in der Lage sind, Fahrzeuge an zubieten. Deswegen wissen wir, dass es nicht so sein wird, dass wir Fahrzeuge bestellen und kein Anbieter welche hat.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Schwacher Beifall! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Der Beifall war aber besser als die Rede! – Gegenruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP: Angemessen!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Frau Präsidentin! Vergabestau: Es gibt einen Verga bestau; es gibt ihn in der Tat schon. Wir sind mittendrin. Sie sagen nicht die Wahrheit, Herr Verkehrsminister, wenn Sie sa gen, dass erst ab 2016 ausgeschrieben werden könne.
Sie dürfen uns schon abnehmen, dass wir der Regierung noch zuhören, wenn sie hier etwas sagt. Aber ich füge einschrän kend hinzu: noch.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man hätte viel frü her entzerren müssen, gerade dann, wenn man aus einem gro ßen Vertrag will – der aus der Historie betrachtet damals gar nicht anders möglich war, weil es gar keine Wettbewerber gab. Weil aus der Historie betrachtet diese große Vergabe damals notwendig war, hätte man, wenn man sie wirklich aktiv hätte ändern wollen, über Verhandlungen erreichen können, dass das eine oder andere Los verlängert wird und in dem einen oder anderen Bereich eine frühere Wirkungsmöglichkeit aus geschrieben wird. Genau das haben Sie konterkariert.
Jetzt laufen wir doch in eine Situation hinein, dass ab 2015 nahezu alle Anbieter bundesweit auf dem Markt sind, sich auf einen vermeintlich großen freien Wettbewerb stürzen, der am Ende von den Kapazitäten her gar nicht da ist. Das ist doch die Tatsache. Das ist ein Faktum, dem Sie sich nicht werden entziehen können. Deshalb bin ich gespannt, was am Ende wirklich dabei herauskommt. Erster Punkt.
Zweiter Punkt ist das Thema „Garantien und Verpflichtungs ermächtigungen für einen Fahrzeugpool des Landes BadenWürttemberg“. Wir sind in Baden-Württemberg damals, nach der Regionalisierung, bewusst einen anderen Weg gegangen. Wir haben mithilfe der Regionalisierungsmittel das Angebot im SPNV deutlich erweitert und damit erreicht, dass wir heu te ein Angebot haben, das deutschlandweit eine Spitzenstel lung einnimmt. Das ist doch die historische Wahrheit.
Andere – wie damals die CDU-geführte Regierung von Nie dersachsen – haben es schlechter gemacht. Das verstehen wir unter Länderföderalismus und unter Wettbewerbsföderalis mus. Die haben es schlechter gemacht; sie haben einen Teil dieser Regionalisierungsmittel dafür verwandt, dass sie in Ma terial investiert und einen Fahrzeugpool aufgebaut haben. Das bringt bei einem späteren Betrieb etwas mehr Flexibilität – das ist wohl wahr –, aber die Angebotsausweitung wäre so nie
machbar gewesen – sie ist übrigens in Niedersachsen heute so nicht mehr machbar, weil man sich am Anfang anders ent schieden hat. Ich kann nur feststellen: Der baden-württember gische Weg, in eine Angebotsausweitung zu gehen, war der richtige Weg, und die Menschen haben das durch ihre Nach frage bestätigt.
Das, Herr Minister, verstehen wir unter Wettbewerb – Wett bewerb, der auch mit dem Kunden besteht. Das meinen wir, wenn wir sagen, dass sich das Land aus solchen Fragen her aushalten soll, auch aus der Frage des Erwerbs eigener Fahr zeuge. Dazu haben wir schlichtweg zu wenig Geld.
Herr Finanzminister, meine sehr verehrten Damen und Her ren, ich nehme es ausdrücklich zurück, wenn bei Ihnen der Eindruck entstanden sein sollte, ich hätte mit dem Begriff „Er mächtigungsgesetz“ einen historischen Bezug herstellen wol len.
Das lag nicht in meiner Absicht. Aber ich will noch einmal feststellen, dass im Kern dieses Gesetzes, nämlich im § 2, al le drei nach § 5 Absatz 2 des Staatshaushaltsgesetzes neu ein zufügenden Absätze mit folgender Formulierung eingeleitet wer den:
(2 a) Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur wird ermächtigt... (Abg. Helen Heberer SPD: Das ist doch unfassbar!)
(2 b) Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur wird für den Fall... ermächtigt... (Abg. Walter Heiler SPD: Wie habt ihr das formu liert? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: „Wird er mächtigt“!)
Ich will nur feststellen, dass der Kern dieses Gesetzes darin besteht, dass das Parlament originäre Zuständigkeiten in der Frage der Finanzierung des Haushalts an die Landesregierung abgibt, wobei die Landesregierung zu bestimmten Handlun gen, nämlich zur Kreditaufnahme und zur Garantieerleichte rung, ermächtigt wird.
Das ist der Kern dieses Gesetzes: nicht etwa tolle neue Trans parenz, sondern eine Entmachtung des Parlaments in einem bestimmten Sektor und eine Bindung dieses Parlaments über bis zu 30 Jahre hinweg. Das ist schlichtweg eine Selbstbin dung, die wir, die Unionsfraktion, so nicht mitmachen, auch wenn für Teile – – Ich habe vorhin das Thema Garantien an gesprochen. Das betrifft ein Viertel des Volumens, das Sie ins gesamt an Bürgschaften, an Verpflichtungsermächtigungen aussprechen. Das wäre ein gangbarer Weg, aber nicht in einer
Summe von 12 Milliarden €, was einem glatten Drittel des Normalvolumens eines Landeshaushalts entspricht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Herr Hauk, ich will noch einmal etwas klarstellen: Ich habe den Verkehrsminister vorhin so verstanden, dass er dieses Jahr Ausschreibungen tätigt,
es war die Rede von vier Mal –, dass er nächstes Jahr wei tere Ausschreibungen tätigt, dass es zunächst um kleinere Ver träge geht, aber der Generalvertrag mit der DB Regio, der bis 2016 läuft, dann erst staffelweise in den Wettbewerb kommen kann. Insofern besteht ein klarer Vergabekalender, und das kann man eigentlich nicht missverstehen, Herr Hauk.
Da Sie dem Verkehrsminister vorwerfen, er hätte nichts vor bereitet, meine ich, dass wir noch einmal zurückblicken müs sen. Ich zitiere noch einmal den Kollegen Rech aus der Druck sache 14/36:
Ungeachtet dessen wird das Land die Leistungen des Ver kehrsvertrags mit der DB Regio AG bereits im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 ausschreiben...
(Abg. Heribert Rech CDU: Das haben wir schon ein mal gehabt! – Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Was ist passiert?)
Im Mai 2011 haben Grüne und SPD die Regierungsverant wortung übernommen. Das heißt, Sie hätten drei Jahre Zeit gehabt, wenigstens die Hälfte auszuschreiben. Sie haben aber überhaupt nichts gemacht. Das ist mein Vorwurf an Sie: Sie haben keinerlei Ausschreibungen getätigt.
Sie haben auch keine Strecken aus dem Vertrag abgelöst – von der Schwarzwaldbahn einmal abgesehen. Sie hätten Abbestell optionen nutzen können. Sie hätten Strecken aus dem großen Verkehrsvertrag herauslösen und in den Wettbewerb geben können, was zu neuen, modernen Fahrzeugen und besseren Konditionen geführt hätte.
Jetzt müssen Sie, Herr Hauk und Frau Razavi, Farbe beken nen. In Ihrem Positionspapier mit der Überschrift „Schienen personennahverkehr in Baden-Württemberg: Erfolgsgeschich
te SPNV fortsetzen, Qualität erhalten und verbessern“, das am 26. Oktober 2012 veröffentlicht wurde, schreiben Sie, das Land müsse „die Konkurrenten der DB durch Fahrzeugfinan zierungsmodelle in eine bessere Position bringen“.
Wenn Sie noch zu dem stehen, was Sie im Oktober letzten Jahres gesagt haben, dann müssen Sie auch diesem Nachtrags haushalt zustimmen.