In diesem Sinn möchte ich mich ausdrücklich noch einmal ganz herzlich für diese Diskussion und für die Stellungnah men bedanken, die Sie zu unseren Feuerwehren und zur Lan desfeuerwehrschule abgegeben haben.
Herr Minister, das wird ei ne Schlussfrage. – Danke schön für die Ausführungen. Ich denke, was die Kompetenz der Feuerwehr und die fraktions übergreifende Unterstützung der Feuerwehr anbelangt, sind wir uns einig.
Ich hätte noch eine Frage – über das hinausgehend, was heu te auf der Tagesordnung steht –: Wissen Sie, ob die Aufhe bung der Wehrpflicht sich negativ auf das Interesse der Jugend für die Feuerwehr ausgewirkt hat? Das wäre schade. Können Sie da Zahlen oder Tendenzen nennen?
Herr Kollege Zimmermann, wenn Sie es mir gestatten, möchte ich mehr vor dem Hinter grund meiner Feuerwehrtätigkeit antworten und nicht so sehr als Minister. Denn Zahlen hierzu kenne ich noch nicht.
Ich nehme wahr, dass der Zustrom derer, die schon 18 oder 19 Jahre alt sind, in Feuerwehren – aber auch in andere Ein
richtungen wie THW oder Rettungsdienste – nachgelassen hat, weil keine Notwendigkeit mehr besteht, Ersatzdienst zu leisten. Darauf habe ich immer wieder hingewiesen. Der da malige Ersatzdienst hat – dies gilt jedenfalls für die Feuer wehren – dazu geführt, dass 90 % derer, die keinen Wehr dienst, sondern im Bereich der Feuerwehr Ersatzdienst leis ten wollten, anschließend bei den Feuerwehren geblieben sind, weil die Tätigkeit in diesen Jahren ihnen nahegebracht hat, dass es sich lohnt, sich für das Gemeinwesen einzusetzen, und es ein hohes Maß an Identität schaffen kann, sich mit anderen gemeinsam für eine Sache einzusetzen.
Wir spüren diese Entwicklung noch nicht, weil die Wehrpflicht noch nicht sehr lange ausgesetzt ist. Aber es wird unisono bei allen Einrichtungen so gesehen. Wir müssen uns deshalb noch mehr als in der Vergangenheit bemühen, den Nachwuchs di rekt aus der Jugendarbeit zu rekrutieren. Denn die sogenann ten Quereinsteiger, insbesondere durch Wehrersatzdienst, wer den weniger sein als in der Vergangenheit.
(Abg. Thomas Blenke CDU zu Grünen und SPD: Klatscht einmal für euren Minister! – Beifall bei Ab geordneten aller Fraktionen – Abg. Winfried Mack CDU: Jetzt sind sie aufgewacht!)
Herzlichen Dank. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Druck sache 15/2672. Der Antrag ist ein reiner Berichtsantrag und kann für erledigt erklärt werden. – Sie stimmen zu.
Heute Morgen hat der Herr Präsident schon bekannt gegeben, dass Tagesordnungspunkt 8 abgesetzt worden ist.
Große Anfrage der Fraktion der FDP/DVP und Antwort der Landesregierung – Expertise des Bildungsforschers Prof. Dr. Klaus Klemm für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) zu den „Auswirkungen der de mografischen Entwicklung auf den Lehrkräftebedarf all gemein bildender Schulen in Baden-Württemberg“ – Drucksache 15/2402
Hierzu rufe ich den Antrag der Fraktion der FDP/DVP, Druck sache 15/3347, und den Antrag der Fraktion GRÜNE und der Fraktion der SPD, Drucksache 15/3351, mit auf.
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion, wobei gestaf felte Redezeiten gelten, und für das Schlusswort der die Gro ße Anfrage stellenden Fraktion eine Redezeit von fünf Minu ten festgelegt.
Man mag es aus heutiger Sicht schon fast nicht mehr für mög lich halten, aber dieser Satz findet sich tatsächlich im grünroten Koalitionsvertrag auf Seite 3.
Seit die Koalitionspartner diese sehr selbstbewusste Aussage getroffen haben, hat sich viel getan. Während die damalige Kultusministerin noch ganz fest davon überzeugt war, dass nach Jahrzehnten des „Bildungskaputtsparens“ in BadenWürttemberg mit der grün-roten Regierung ein neues, natür lich viel besseres Zeitalter für die Bildung begonnen hat,
kündigte der Ministerpräsident quasi aus dem Off die Strei chung von 11 600 Lehrerstellen an. Die Rechnung schien ein fach. Eine Berechnung aus der Zeit der christlich-liberalen Landesregierung hatte eine Zahl von 8 055 Lehrerstellen er geben, die als demografische Rendite durch die zurückgehen den Schülerzahlen wegfallen könnten.
Zu den 8 055 Stellen hat man dann noch die 3 500 Stellen da zugerechnet, welche die christlich-liberale Klassenteilersen kung von 33 auf 30 „gekostet“ hätte.
Man war nämlich bei Grün-Rot nach der Landtagswahl auf einmal der Meinung, alles, was mit dem Klassenteiler zusam menhänge, sei gar nicht mehr so wichtig. Vor der Wahl hatte man da noch anders gesprochen und abgestimmt. „Sei’s drum, was interessiert mich mein Geschwätz von vor der Wahl?“
Man muss sich bei all dem aber die Frage stellen: Was ist schlimmer: dass Grün-Rot zuerst den Bildungsaufbruch ver sprochen hat und nun den Bildungsabbruch betreibt, oder dass man bei einem so fundamental bedeutsamen Anliegen wie der Lehrerversorgung eine derart über den Daumen gepeilte gi gantische Milchmädchenrechnung aufmacht?
Die Milchmädchenrechnung hat unmittelbare Folgen, wie wir auch gestern in der Regierungsbefragung zur Unterrichtsver sorgung hören konnten.
Das Entlastungskontingent wird um 14 % gekürzt. Das heißt im Klartext: Alles, was über den Pflichtunterricht hinausgeht, ist infrage gestellt und findet zukünftig nicht mehr statt – ob das die Betreuung des Computerraums, die Technik AG oder die Theater AG ist, also alles, was Minister Stoch gestern mit „nice to have“ gemeint hat. An den Gymnasien fallen die An rechnungsstunden für die Beratungslehrer weg, und die Bud gets für die Hausaufgabenbetreuung werden gestrichen.
Beratungslehrertätigkeit und Hausaufgabenbetreuung sind meines Erachtens aber weit mehr als „nice to have“. Sie ma chen ganz wesentlich die Qualität des schulischen Angebots aus.
(Lachen bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Vereinzelt Beifall – Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)
Jedenfalls geschieht dies alles zur Finanzierung der 1 000 in diesem Jahr – von den insgesamt 11 600 – zu streichenden Stellen, wie uns der Minister gestern mitgeteilt hat. Ich inter pretiere die Aussagen folgendermaßen:
Erstens werden wir in den Folgejahren mit weiteren erhebli chen Einschnitten und Kürzungen rechnen müssen.
Zweitens: Die Streichung der 11 600 Stellen refinanziert sich eben nicht von selbst aus der sogenannten demografischen Rendite; sonst wären ja nicht darüber hinausgehende Strei chungen nötig.
Die GEW hat geahnt, dass die Rechnung der Landesregierung nicht aufgehen kann. Die Gewerkschaft hat seinerzeit den Bil dungswissenschaftler Professor Klemm beauftragt, zu berech nen, was die Vorhaben zum Bildungsausbau im Koalitions vertrag ausmachen und was dies, verrechnet mit der demogra fischen Rendite, ergibt.
Auf dieser Grundlage entstand die vorliegende Große Anfra ge. Vonseiten der FDP/DVP gingen wir in einer Schätzung da von aus, dass die tatsächliche demografische Rendite eher bei der Hälfte von 11 600 Stellen, also ungefähr bei 6 000 Stel len, liegt.
Irgendwie muss es dann den Grünen aber schon gedämmert haben. Nachdem die FDP/DVP-Landtagsfraktion einen An trag zur Ermittlung des Lehrerstellenbedarfs unter Einrech nung der wichtigen Vorhaben Ganztagsschulausbau, Inklusi onsangebote und Verbesserung der Unterrichtsversorgung ge stellt hat, haben überraschend auch die Grünen am 2. Dezem ber letzten Jahres auf ihrem Landesparteitag so ziemlich ge nau dasselbe beschlossen. Ich zitiere:
Trotzdem bereitet gerade die praktische Umsetzung un seres Koalitionsvertrages an vielen Stellen weitreichen de Probleme. Konkret werden die grüne Landtagsfrakti on und die Landesregierung aufgefordert, das KM zu be auftragen, den möglichst genauen Ressourcenbedarf der Vorhaben des Koalitionsvertrages zu ermitteln. Bünd nis 90/Die Grünen Baden-Württemberg fordern die grünrote Landesregierung auf, weitreichende Sparmaßnah men im Bildungsbereich zurückzustellen, bis fundiertes Zahlenmaterial vorliegt und die damit verknüpften stra tegischen Entscheidungen diskutiert und getroffen sind.
Leider haben Sie seinerzeit den Antrag der FDP/DVP in den Haushaltsberatungen trotz des Parteitagsbeschlusses der Grü nen abgelehnt. Sie erhalten aber heute sozusagen eine zweite Chance. Wir schlagen Ihnen vor, dass Folgendes bei der Be darfsrechnung berücksichtigt wird: erstens, mit dem Ziel ei ner ausreichenden Unterrichtsversorgung, die Aufstockung der Krankheitsreserve auf 2,5 % bis 2016 sowie der vollstän dige Abbau der sogenannten Überstundenbugwelle; zweitens, auch durch Verankerung der Ganztagsschule im Schulgesetz, bis 2016 die Möglichkeit für alle Schulen, auf eigenen Wunsch Ganztagsschule zu werden; drittens bis 2016 ein inklusives Angebot für mindestens ein Drittel der Schülerinnen und Schüler der Primarstufe und der Sekundarstufe I mit diagnos tiziertem sonderpädagogischen Förderbedarf. Über diese Aus bauziele herrscht in diesem Haus im Grunde Konsens. Wir würden uns deshalb über die Zustimmung zur unserem An trag freuen.