standorte, dem sogenannten AkEnd, bis 2002 entwickelten Kriterien sein, die allgemein anerkannt sind, jedoch im Hin blick auf den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik verifiziert werden müssen.
Der neue Suchprozess wird sich am Grundsatz der weißen Landkarte orientieren. Das heißt, alle bisher für untersu chungswürdig befundenen Wirtsgesteine, nämlich Salz, Ton und kristallines Gestein, müssen in allen Regionen Deutsch lands berücksichtigt werden, in denen sie auftreten, um sie dann mit den oben skizzierten wissenschaftsbasierten Aus schluss- und Eignungskriterien zu bewerten.
Der Standort Gorleben wird dabei in den einzelnen Stufen des Suchverfahrens wie jeder andere Standort behandelt. Er wird nicht ausgeschlossen, aber auch nicht als Referenz für ande re Standorte herangezogen. So quälend dies für viele Men schen im Wendland sein mag, so ist – auch wenn der bisheri ge Suchprozess höchst fragwürdig war, und auch wenn ich aufgrund der mir vorliegenden Informationen große Zweifel an der Eignung von Gorleben als Endlagerstandort habe –, bislang auch der endgültige Beweis nicht erbracht, dass Gor leben ungeeignet ist.
Da müssen Sie nicht den Kopf schütteln, Herr Kollege Hauk. Auch ich habe natürlich persönliche Meinungen zu diesem Thema. Aber darauf kommt es jetzt nicht an; das ist das Ent scheidende.
Es kommt gerade darauf an, dass wir uns als Politiker in die ser Phase – das ist die schwierigste Phase, in der es insbeson dere um die Kriterien geht – sehr zurückhalten und das Erar beiten der Kriterien der Wissenschaft überlassen. Natürlich müssen wir zum Schluss die Entscheidung fällen. Denn das kann uns die Wissenschaft nicht abnehmen. Erst einmal ist es aber, wie gesagt, wichtig, dass wir es den Wissenschaftlern überlassen.
Hätten wir Gorleben im Vorfeld bereits ausgeschlossen, wäre dies das gleiche Handlungsmuster gewesen, nämlich weiter politisch statt streng wissenschaftsbasiert vorzugehen.
Um gerade in Niedersachsen Vertrauen für einen wirklichen Neustart, für eine tatsächlich ergebnisoffene Endlagersuche zu schaffen, werden ab sofort die Erkundung des Salzstocks Gorleben und die vorläufige Sicherheitsanalyse gestoppt. Na türlich werden die Daten gesichert, aber sie werden nicht be wertet; es ist also ein Bau- und Erkundungsstopp. Außerdem wird es keine weiteren Castortransporte ins Zwischenlager Gorleben geben.
Am Ende muss der allein aus wissenschaftlicher Sicht best mögliche Standort ausgewählt werden, oder wie es der baye rische Umweltminister Huber ausdrückte: Geologie geht vor Geografie – kein Bundesland kann sich der Suche verweigern.
Ich weiß, dass dies in den letzten Wochen vielerorts für Un ruhe bei Abgeordneten, Bürgermeistern und der Bevölkerung gesorgt hat. Aber es geht darum, den besten Ort für die Ver wahrung der Hinterlassenschaften einer Technologie zu fin den, an der nicht zuletzt Baden-Württemberg über Jahre hin weg mit einem Atomenergieanteil an der Stromerzeugung von über 50 % besonders stark beteiligt war. Da können wir uns nicht wegducken.
Meine Damen und Herren, diese Aufgabe kann nur jenseits der Parteigrenzen und einvernehmlich zwischen Bund und Ländern gelöst werden. Es bedarf also eines nationalen Kon senses. Denn wer glaubt, eine Lösung lediglich mit einer ein fachen Mehrheit durchsetzen zu können, wird scheitern.
Das ist sicherlich etwas Außergewöhnliches. Schließlich le ben wir in einer Konkurrenz- und nicht in einer Konsensde mokratie.
Aber hier geht es nicht um den kurzfristigen Erfolg beim nächsten Wahltermin, sondern hier geht es in erster Linie um Vertrauen. Die Menschen müssen darauf vertrauen können, dass am Ende dieses Prozesses auch tatsächlich der sicherste Standort ausgewählt wird, und dieses Vertrauen können wir nur schaffen, wenn alle politischen Institutionen hinter der nun begonnenen Suche eines Endlagers stehen. Und machen wir uns nichts vor: Es wird ein sehr langer Prozess sein. Insofern kann ich alle nur dazu auffordern, jetzt dabeizubleiben und über die eigenen kurzfristigen Interessen hinaus Verantwor tung zu übernehmen. Das heißt, wir müssen in den vielen Jah ren immer wieder ernsthaft versuchen, das Thema streitfrei zu stellen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, in einem vierstufigen Suchver fahren einen Standort für ein atomares Endlager in der Bun desrepublik zu suchen. Durch dieses mehrstufige Verfahren und die damit verbundenen einzelnen Verfahrensschritte wird eine höchstmögliche Verbindlichkeit und Transparenz des ge samten Suchprozesses gewährleistet. Jeder entscheidende Ver fahrensschritt wird jeweils vom Deutschen Bundestag durch Gesetz beschlossen und nochmals durch den Bundesrat bestä tigt werden müssen. Somit wird sichergestellt, dass über den gesamten Prozess hinweg die Öffentlichkeit, der Deutsche Bundestag und die Länder beteiligt bleiben. Das ist vor allem aufgrund des langen Zeitraums von etwa 30 Jahren, den wir für diesen Prozess voraussichtlich benötigen werden, extrem wichtig. Daher haben wir uns für dieses Verfahren entschie den, in dem letztendlich die Parlamente die Entscheidung fäl len.
Das Verfahren gliedert sich in vier Abschnitte. Erstens: BundLänder-Kommission. Eine Kommission aus Politik, Wissen schaft und Gesellschaft wird das Standortauswahlverfahren vorbereiten und dem Gesetzgeber insbesondere Vorschläge
für materielle, wissenschaftlich fundierte Standortkriterien un terbreiten. Dieser Prozess soll bis Ende 2015 abgeschlossen sein.
Zweitens: obertägige Erkundung. Im zweiten Schritt werden anhand der von der Kommission erarbeiteten Such- und Aus wahlkriterien Regionen und Standorte zur obertägigen Erkun dung ermittelt. Der Deutsche Bundestag und alle Länder – ge meinsam im Bundesrat – legen sodann die Regionen und Standorte, die obertägig zu erkunden sind, fest.
Drittens: untertägige Erkundung. Anhand der Such- und Aus wahlkriterien werden anschließend Standorte zur untertägi gen Erkundung ermittelt. Die hierfür notwendigen berg- und wasserrechtlichen Genehmigungen sind von den zuständigen Landesbehörden zu erteilen. An dieser Stelle ist eine verwal tungsgerichtliche Klagebefugnis für betroffene Bürger und Umweltverbände eingeführt worden. Dies schien uns insbe sondere deswegen erforderlich, weil Klagebefugnisse sonst erst ganz am Ende des Prozesses bestehen würden.
Die Standorte, die untertägig erkundet werden sollen, werden ebenfalls vom Deutschen Bundestag und allen Ländern ge meinsam im Bundesrat festgelegt.
Viertens: Standortauswahl. Nach Auswertung der aus der un tertägigen Erkundung gewonnenen Erkenntnisse wird dem Deutschen Bundestag ein Standort zur Beschlussfassung für ein atomares Endlager vorgelegt. Der Deutsche Bundestag be schließt den Standort per Gesetz, und wiederum werden die Länder durch den Bundesrat explizit in die Entscheidung ein bezogen.
Um die Bürgerbeteiligung bei einem zeitlich derart groß di mensionierten Unterfangen auch außerhalb der Parlamente zu ermöglichen, wird ein gesellschaftliches Gremium die einzel nen Verfahrensschritte begleiten. Dieses Gremium kann alle wesentlichen Unterlagen bei der Regulierungsbehörde und beim Vorhabenträger einsehen und bewerten und damit für höchstmögliche Transparenz und zivilgesellschaftliche Betei ligung sorgen. Neben der parlamentarischen Steuerung des Verfahrens gibt es damit eine weitere begleitende Institution, die das Vertrauen der Gesellschaft in den gesamten Prozess erarbeiten und bewahren soll. Nur wenn der Jahrzehnte wäh rende Prozess ein über diesen gesamten Zeitraum andauern des Vertrauen der Gesellschaft genießt, kann er auch erfolg reich zu Ende geführt werden.
Entsprechend dem Verursacherprinzip sind die Erzeuger bzw. Ablieferer radioaktiver Abfälle, wie etwa Atomkraftwerksbe treiber, gesetzlich verpflichtet, die gegenwärtigen und zukünf tigen Kosten für die Behandlung und den Transport radioak tiver Abfälle sowie deren Endlagerung zu tragen. Dies um fasst auch die Kosten für die Suche nach einem geeigneten Standort für ein Endlager.
Zu lange wurden die wahren Kosten der Atomkraft verschlei ert, und zu lange wurde diese Hochrisikotechnologie subven tioniert –
seit 1970 mit mehr als 200 Milliarden €. Heute besteht Einig keit: Die Geschichte von der vermeintlich billigen Atomkraft hat sich als Ammenmärchen entpuppt.
Deshalb ist es richtig und überfällig, dass wir in der Endlager frage nun das Verursacherprinzip durchgesetzt haben.
Ein weiterer Teil des Verhandlungsergebnisses war, dass kei ne weiteren Castoren in Gorleben eingelagert werden.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Ach so! – Abg. Peter Hauk CDU: Ach was! Gegenüber dem Land Baden-Württemberg?)
und dass keine Vorentscheidung dadurch fällt, dass es ihn schon gibt. Ich habe immer gesagt: Wir tun bei dem Prozess so – nach dem Prinzip der weißen Landkarte –, als ob es Gor leben nicht gäbe. Es gibt nun aber Gorleben. In 30 Jahren ist sehr viel Vertrauen in die Brüche gegangen.
Deswegen war es notwendig, auch um den Konsens mit dem Land Niedersachsen zu erreichen, das Vertrauenssignal zu ge ben, dass wir dort nicht weitere Castoren zwischenlagern. Wenn man das nicht macht – darüber besteht Konsens –, dann müssen sie woanders zwischengelagert werden. Das ergibt sich logischerweise daraus.