Protokoll der Sitzung vom 08.05.2013

Das sollten Sie sein lassen. Schauen Sie hin, was wir z. B. mit einer Steuer auf das private Vermögen beschlossen haben.

Nehmen wir einmal an, die Familie H.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Aus O.!)

hat 5 Millionen € privates Vermögen. Das Ehepaar erhält ei nen Freibetrag von 4 Millionen €. Es hat 1 Million € mit 1 % zu versteuern. Das sind 10 000 €. Eine Steuererhebung in Hö he von 10 000 € gerechnet auf ein Privatvermögen von 5 Mil lionen € kann man doch nun wirklich nicht als „Raubzug“ be zeichnen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Wolfgang Drexler SPD: Was ist mit Fami lie H. aus M.? Das wäre auch interessant!)

Wenn man nun die Auswirkungen der von uns beschlossenen Erhöhung des Spitzensteuersatzes betrachtet – diese soll ab einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 100 000 € bei einem Alleinverdiener bzw. 200 000 € bei einem Ehepaar in Kraft treten –, dann stellt man fest, dass dies nicht etwa ein Drittel aller Steuerzahler betreffen wird, sondern weniger als 3 % der Steuerpflichtigen, nämlich die Bezieher von Spitzen einkommen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das ist also alles sehr maßvoll,

(Zuruf von der CDU: Das wird sich zeigen!)

aber diese Maßnahmen sind nötig.

(Abg. Peter Hauk CDU: Was sagt Herr Gabriel da zu?)

Des Weiteren werfen Sie uns vor, wir würden die Investitions kraft des Mittelstands schwächen. Das ist nun kompletter Blödsinn. Inzwischen haben es alle hier gesagt – der Minis terpräsident hat es gesagt, der Finanzminister hat es gesagt, die Fraktionsvorsitzende der Grünen hat es gesagt, der Frak tionsvorsitzende der SPD hat es gesagt –: Es wird keine Sub stanzbesteuerung von betrieblichen Vermögen geben. Wer soll es denn noch sagen? Das ist gegen uns gar nicht durchführ bar.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: In eurem Wahlprogramm sollte es drinstehen!)

Das geht gar nicht.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Was wir im Gegenteil beschlossen haben und machen wer den, ist, dafür zu sorgen, dass die Thesaurierung von Gewin nen erleichtert wird. Denn wir müssen die Investitionskraft stärken; wir müssen also die Möglichkeit stärken, Gewinne steuerfrei zurückzulegen, um den Mittelstand, auch angesichts von Basel III, unabhängiger von den Banken zu machen.

(Staatssekretär Ingo Rust: Das ist Mittelstandsförde rung!)

Das ist die Herausforderung; denn nur so ist der Mittelstand auch in Zukunft investitionsfähig.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Deshalb gilt unter dem Strich – das zeigt auch das Mittel standsbarometer –: Nirgendwo fühlt sich der Mittelstand so wohl wie unter Grün-Rot in Baden-Württemberg. So einfach ist das.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Bravo! – Abg. Wolfgang Drexler SPD zu CDU und FDP/DVP: Da seht ihr ganz schlecht aus! – Zuruf des Abg. Dr. Diet rich Birk CDU)

Was die Auszeichnungen für den Mittelstand angeht – okay. Aber die Goldene Ehrennadel des Baden-Württembergischen Handwerkstags hat immerhin ein Sozialdemokrat bekommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Wolf gang Drexler SPD: Die CDU-Fraktion ist ganz bleich geworden! Da sehen sie schlecht aus!)

Meine Damen und Her ren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.

(Vereinzelt Beifall)

Bevor wir in die Mittagspause eintreten, gebe ich Folgendes bekannt: Die Fraktionen sind übereingekommen, Punkt 7 – die Erste Beratung des Gesetzentwurfs Drucksache 15/3239 – heute von der Tagesordnung abzusetzen. Dieser Gesetzent wurf wird am 19. oder 20. Juni erneut auf die Tagesordnung kommen.

Wir treten nun in die Mittagspause ein. Ich unterbreche die Sitzung bis 14:00 Uhr.

(Unterbrechung der Sitzung: 13:02 Uhr)

(Wiederaufnahme der Sitzung: 14:03 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die Sitzung des Landtags von BadenWürttemberg fort.

Unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne gilt mein beson derer Gruß Herrn Generalkonsul Tamás Mydlo vom General konsulat der Republik Ungarn in München. Zusammen mit zwei weiteren ungarischen Vertretern stattet er dem Landtag einen Besuch ab. Die ungarischen Gäste sind insbesondere am Tagesordnungspunkt 3 unserer heutigen Sitzung interessiert.

Sehr geehrter Herr Generalkonsul Mydlo, sehr geehrte Her ren, ich wünsche Ihnen einen interessanten Aufenthalt im Par lament. Herzlich willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Staatsministeriums – Die Situation in Ungarn nach den Verfassungsänderungen – Drucksache 15/3378

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Hofe lich.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, werte Gäste, meine Damen und Herren! Es ist schön, einmal wieder hier vorn zu stehen.

„Die Situation in Ungarn nach den Verfassungsänderungen“ ist das Thema der heutigen Debatte, zu der mich meine Frak tion gebeten hat, hier als Redner der SPD Stellung zu nehmen. Das tue ich sehr gern, weil ich glaube, dass das Thema hier in den Landtag gehört und wir gut beraten sind, gerade heute, ei nen Tag vor dem Europatag, Stellung zu nehmen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben in wenigen Tagen den Monat Juni. Schauen wir einmal 24 Jahre zurück: Im Jahr 1989 gab es die Szenen, die wir alle noch gut in Erinnerung haben, als der ungarische Au ßenminister Gyula Horn und der österreichische Außenminis ter Alois Mock an einer Stelle der Grenze den Zaun niederge rissen haben. Damit begann eine Entwicklung, die für Deutschland eine glückliche Entwicklung war. Deswegen dan ken wir auch denen, die in Ungarn für uns Sympathie gehabt haben und die uns auf diesem Weg geholfen haben. Wir wer den diesen Dank nicht wegen Irritationen, die wir heute zum Thema machen, vergessen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen sowie Abgeord neten der CDU und der FDP/DVP – Abg. Peter Hauk CDU: Haben Sie Irritationen?)

Das gehört zu unserem gemeinsamen Fundus. Auch der Frak tionsvorsitzende der CDU hat dazu sicherlich seine Meinung, wenn er die Tageszeitung aufschlägt.

Ich selbst glaube auch, dass es heute hier im Parlament nicht um eine unkundige Einmischung geht. Der Landtag von Ba den-Württemberg debattiert regelmäßig über europapolitische Themen. Er diskutiert auch in seinem Europaausschuss darü ber. Wir machen kein Scherbengericht, sondern wir sind der Meinung, dass wir heute offen über die Situation reden soll ten und dass uns der Dialog weiter begleiten wird.

Wir machen uns aber Sorgen, gerade weil wir eng und part nerschaftlich zusammenarbeiten wollen. Deswegen ist die heutige Debatte wichtig.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Jetzt kommt es, Herr Hauk: Wenn wir Europa nicht zentralis tisch denken, sondern – so, wie wir es uns vorstellen – föde ral denken, ist vollkommen klar, dass es in Europa nicht den politischen Durchgriff auf alle Ebenen geben wird

(Abg. Peter Hauk CDU: Und darf!)

und geben darf. Es ist klar, dass es weder politisch noch ad ministrativ sozusagen eine reine Hebelwirkung gibt. Wir le ben aber umso mehr von einem Diskurs und von einem ge meinsamen Verständnis dessen, was die Grundlagen von Eu ropa sind und was die Ausrichtung von Europa ist. Auch aus diesem Grund machen wir uns auch Gedanken über das, was in Ungarn passiert. Deswegen sage ich: Im Hinblick auf den morgigen Europatag ist das, was wir heute tun, eine praktizier te europäische, politische Öffentlichkeit. Genau das ist es, was die Bürger von uns erwarten: eine europäische Öffentlichkeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)