Sagen kann man viel; entscheidend ist, was schwarz auf weiß in Ihrem Programm steht. In Ihrem Programm, Herr Drexler, steht halt etwas anderes als das, was Sie hier immer erzählen.
Dasselbe gilt für die roten Linien und die Lyrik des Minister präsidenten. Denn mit dem, was in Ihrem Grünen-Parteipro gramm steht, ist eindeutig klar, dass Ihre Vermögensabgabe eben doch den Mittelstand belastet, dass sie zu einer Belas tung der Wirtschaft in Baden-Württemberg führt. Sonst hät ten Sie beispielsweise dieses 35-%-Ziel anders fassen müs sen. Dazu ist kein Änderungsantrag von Ihnen auf dem Grü nen-Parteitag bekannt.
Zusammenfassend kann man sagen: Die Menschen in BadenWürttemberg wissen jetzt, was sie im Fall eines rot-grünen Wahlsiegs erwartet
an steuerlichen Maßnahmen im Bereich der Einkommensteu er, der Vermögensteuer und insbesondere auch der Erbschaft steuer. Da freuen sich die baden-württembergischen Mittel ständler, die Familienunternehmen ganz besonders. Dann, Herr Finanzminister, wollen wir einmal sehen, welche Briefe Sie von den Wirtschaftsvertretern bekommen. Heute finden Sie ja noch einzelne Sätze, die Sie hier zitieren können; den Rest lassen Sie weg. Aber dann werden Sie wahrscheinlich auch solche einzelnen Sätze nicht mehr finden. Ich glaube, es herrscht jetzt Klarheit. Der Bundestagswahlkampf kann kom men.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ja, die Wähler wissen, was sie erwar tet, wenn sie die Grünen wählen. Was sie erwartet, wenn sie die FDP wählen würden, wissen sie nicht, meine Damen und Herren.
Das wussten sie bei der letzten Wahl nicht, und bei dieser Wahl wissen sie es auch nicht. Vor der letzten Wahl hatten Sie sehr vieles versprochen. Sie hatten versprochen, sich an die Reform der Grundsteuer, der Grunderwerbsteuer zu machen. Sie wollten die Einkommensteuer einfacher und gerechter ma chen.
(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Alles auf Papier ge schrieben! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Seit wann ist denn die Grunderwerbsteuer Bundessa che?)
Nichts ist passiert. Das Einzige, was passiert ist, Herr Kolle ge Rülke, ist, dass Sie bei der Mehrwertsteuer eine weitere Ausnahme geschaffen haben, nämlich einen reduzierten Mehr wertsteuersatz für die Hotellerie.
Das ist das Einzige, was Sie von den vollmundigen Ankündi gungen in Ihrem Wahlprogramm hinbekommen haben. Ich finde, das ist ziemlich wenig, um hier große Töne zu spucken, meine Herren.
Da die Wählerinnen und Wähler mittlerweile wissen, dass sie sich nicht darauf verlassen können, dass Sie nach der Wahl das tun, was Sie vor der Wahl versprechen, fallen die Umfra geergebnisse entsprechend aus, meine Damen und Herren. Der Ministerpräsident hat aus Ihrem Bundestagswahlprogramm bereits zitiert, wofür Sie mehr Geld ausgeben wollen: für die Forschungsinfrastruktur, einen schnelleren Internetzugang, moderne Verkehrswege, ein bezahlbares Mobilitätsangebot, bezahlbaren Wohnraum, den Flughafenausbau, Infrastruktur und vieles mehr. In diesen Bereichen wollen Sie mehr Geld ausgeben. Wo Sie mehr Geld einnehmen möchten, sagen Sie nicht. Sie sagen auch nicht, wie Sie den Schuldenabbau, von dem Sie immer sprechen, betreiben möchten. Meine Herren von der FDP, Sie führen die Wählerinnen und Wähler hinters Licht. Das tun wir Grünen nicht.
Wir haben den Blick nicht nur auf das Heute gerichtet, son dern wir denken immer langfristig, wir denken in langen Ho rizonten und langen Linien. Das zeichnet auch das Programm der Grünen aus, meine Damen und Herren. Falls Sie die Um frageergebnisse gelesen haben, die nach dem Parteitag veröf fentlicht wurden, wissen Sie, dass zwei Drittel der Befragten die Steuerpläne der Grünen – wie sie in dem Wahlprogramm dargestellt sind – für unterstützenswert halten.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist aber eine Scheininterpretation! – Abg. Peter Hauk CDU: Das heißt, Sie sind auch dafür!)
Zwei Drittel der Befragten haben Zustimmung zu unseren Plä nen signalisiert. Daher ist vollkommen klar, dass die Mehr heit in dieser Gesellschaft erkannt hat, dass es so, wie es bis her unter Schwarz-Gelb auf Bundesebene gelaufen ist, nicht weitergehen kann.
Die Mehrheit der Bevölkerung hat erkannt, dass wir so nicht weitermachen können, dass nämlich die Lücke zwischen de nen, die wenig verdienen, und denen, die sehr viel verdienen, immer größer wird und dass auch die Lücke zwischen denen, die nichts haben oder die Schulden haben, und denen, die sehr vermögend sind, immer weiter auseinandergeht. Das können wir nicht länger hinnehmen; das wollen wir ändern.
Der OECD-Vergleich zeigt, dass in Deutschland die Schere zwischen Arm und Reich schneller und weiter auseinander
gegangen ist als in anderen Ländern. Das ist keine gute Grund lage für eine solidarische Gesellschaft, wie wir sie uns wün schen. Daher brauchen wir bei der Verteilung von Einkom men und bei der Verteilung von Vermögen mehr Gerechtig keit. Die Vorschläge, die wir gemacht haben, werden zu mehr Gerechtigkeit führen, meine Damen und Herren.
Ich will das noch an ein paar Zahlen deutlich machen. Wir stellen fest, dass das verfügbare Jahreseinkommen in Deutsch land von 1999 bis 2009 beim ärmsten Zehntel der Bevölke rung um 10 % gesunken und beim reichsten Zehntel der Be völkerung um 17 % gestiegen ist. Das macht die Situation deutlich. Wir wissen auch hinsichtlich der Vermögensvertei lung, dass das reichste Prozent der Bevölkerung über 35 % des gesamten Vermögens verfügt.
Wir finden, dass wir es denjenigen, die über sehr hohe priva te Vermögen verfügen, zumuten können, einen Anteil am Schuldenabbau zu leisten.
Es geht um den Schuldenabbau, den wir mit der Vermögens abgabe finanzieren wollen. Das halten wir für einen richtigen Weg, meine Damen und Herren.
Wenn wir über das Thema Schulden reden, kann ich Ihnen auch noch eine Zahl nennen: Die Staatsverschuldung in Deutschland ist unter Schwarz-Gelb von 2008 bis 2011 von 1,6 Billionen € auf über 2 Billionen € gestiegen. Im Verhält nis zum Bruttoinlandsprodukt sind wir mittlerweile bei einem Anteil von 81 %. Sie stellen sich dann hin und sagen: „Wir brauchen keine Steuererhöhungen, weil sich das alles schon von selbst regelt.“ Die Politik, die Sie auf Bundesebene ge macht haben, beweist genau das Gegenteil, meine Damen und Herren.
Sie wissen, diese Mittelstandsvereinigung vertritt in Deutsch land 70 000 mittelständische Betriebe. Preisträger – Herr Hauk, Sie wissen das – war niemand von der CDU, auch nie mand von der FDP, Herr Rülke, diesmal leider auch niemand von der SPD – das war im Jahr zuvor der Fall –,
nein, in diesem Jahr war Preisträgerin Kerstin Andreae, Spit zenkandidatin der Grünen in Baden-Württemberg für die Bun destagswahl.
Sie hat den Mittelstandspreis für ihren langjährigen Einsatz für den deutschen Mittelstand und eine zukunftsfähige Wirt
schafts- und Finanzordnung in unserem Land bekommen. Sie hat ihn dafür bekommen, meine Damen und Herren, dass sie Ökologie und Ökonomie immer gemeinsam denkt und Refor men nur zusammen mit den Unternehmen auf den Weg bringt. Genau so werden auch wir es halten.
Das, was Sie hier versuchen, wird Ihnen nicht gelingen. Es ist völlig klar, dass diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen den Mittelstand, unser Unternehmertum fest im Blick haben. Wir wissen, der Mittelstand ist das Fundament für Arbeitsplatzsicherheit in Baden-Württemberg, das Funda ment für Beschäftigung, für Innovationen, für Wohlstand. Dass unsere Unternehmen so gut aufgestellt sind und ihre Pro dukte weltweit gefragt sind, das verdient unsere Wertschät zung. Wir werden alles dafür tun, dass die Unternehmen in unserem Land auch in Zukunft gut aufgestellt sind, meine Da men und Herren.
Das bedeutet – das ist hier schon mehrfach betont worden, und ich möchte es an dieser Stelle noch einmal sagen –, dass wir sehr genau darauf achten werden, dass unsere Unterneh men in ihrer Substanz nicht beeinträchtigt werden, dass sie in ihrer Substanz in Bezug auf ihr Eigenkapital und ihre Inves titionsfähigkeit auch in Zukunft nicht beeinträchtigt werden. Genau das ist das, was wir in unserem Wahlprogramm her vorgehoben haben, das ist das, was der Ministerpräsident und der Finanzminister in ihrem Brief deutlich gemacht haben, und das ist das, wofür wir uns in Baden-Württemberg auch einsetzen werden.
Für uns geht es um die Verbindung von Gerechtigkeit, Leis tungsfähigkeit und Investitionsfähigkeit. Diese drei Ziele In vestitionsfähigkeit, Leistungsfähigkeit und Gerechtigkeit müs sen wir zusammen denken, dann wird Baden-Württemberg auch in Zukunft ein erfolgreiches, ein sehr erfolgreiches Bun desland bleiben.