Mir geht es darum, dass es eben keinen Zwang gibt. Denn ich bin aus tiefster Seele davon überzeugt: Gerade wenn Sie ei nen Prozess wie die Schaffung einer Gemeinschaftsschule ein leiten, werden Sie das nur mit Freiwilligkeit hinbekommen. Dafür habe ich immer plädiert. Ich habe immer dafür gewor ben, dass man in einen fairen Wettbewerb eintritt, dass sich die Eltern, die Kinder entscheiden können: Welche Schulart, welche Schulform ist für mich die beste, ist die vielverspre chendste?
Was ich von Ihrer Seite erlebe – da war Bad Saulgau übrigens ein trauriger Höhepunkt dessen, was ich diesbezüglich erlebt habe –, ist, dass von Ihren Parteien ein systematisches Schlecht- und Kaputtreden einer engagierten pädagogischen Arbeit bei den Gemeinschaftsschulen erfolgt.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Klaus Burger CDU: Vollkommener Quatsch! – Weitere Zu rufe von der CDU)
Meine Bitte ist, dass Sie zumindest den engagierten Lehrerin nen und Lehrern, die gerade eine bewundernswerte Arbeit leisten – – Übrigens kommen auch eine Menge Interessenten von Realschulen, teilweise sogar von Gymnasien an die Ge meinschaftsschulen – Stichwort Schultourismus – und sehen sich das Ganze an. Es ist auch eine hohe Nachfrage vorhan den. Gemeinschaftsschulen werden angefragt: Können Sie bei uns einmal eine Fortbildung durchführen? Das machen die Leute. Es wird dort eine große Leistung vollbracht. Aber sie haben es nicht verdient, dass Sie ihnen permanent unterstel len: „Das ist eine schlechte Schulform, das ist im Grunde nichts Richtiges.“ „Da werden Kinder misshandelt“, habe ich an einer Stelle einmal gehört.
Am Ende, bitte. – Wenn Sie, Herr Wacker, die Frage nach dem öffentlichen Bedürfnis stel len, sage ich Ihnen: Es ist in der Tat ein öffentliches Bedürf nis, wenn die soziale Auslese in diesem Land so lief, wie sie bis 2011 lief,
wenn bestimmte Schülerinnen und Schüler mit einem be stimmten sozialen Niveau eben nicht die gleichen Chancen haben. Denken Sie einmal darüber nach, warum Sie die Wahl 2011 gerade auch an dieser zentralen Stelle verloren haben.
Ich fand etwas hoch frustrierend: Wir, der Arbeitskreis der Grünen und der Arbeitskreis der SPD, haben kurz nach dem Regierungswechsel ein Gespräch mit Schulen geführt, die neue Ansätze verfolgen. Am Schluss haben sich die Schulen bei uns für die Tatsache bedankt, dass wir ihnen zugehört ha ben.
(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist aber selten! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Überhört, nicht zugehört! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: So wie beim Nationalpark!)
Das kannten sie nämlich nicht; sie haben jahrzehntelang im mer wieder Anträge auf Einrichtung neuer Schulformen ge stellt, die von Ihnen pauschal abgeblockt worden sind. Das war Ihre Politik.
Ich bin guten Glaubens, dass wir eine realistische Chance ha ben – wie ich feststelle, zwar ohne Sie, aber mit den Partne rinnen und Partnern in den Kommunen, mit den Regionen –, dieses Schulsystem in Baden-Württemberg, die Schulen wie der zukunftssicher aufzustellen. Ich kann nur wiederholen: Ich finde es traurig,
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Der Redner begibt sich zu seinem Platz.)
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ach so! – Abg. Winfried Mack CDU: Und entschuldigen wollte er sich auch noch! – Gegenrufe von den Grünen und der SPD)
Vielen Dank, dass die Fra ge möglich ist. – Sie haben ein wichtiges Wort gesagt, näm lich Wettbewerb. Da bin ich hellhörig geworden. Denn hier können wir eigentlich zusammenarbeiten.
Wären Sie bereit, den Realschulen, die in der Jahrgangsstu fe 5 die heterogenste Schülerschaft haben, die es überhaupt gibt, pro Zug genau die Anzahl von Zusatzstunden zur Verfü gung zu stellen, die Sie den Gemeinschaftsschulen zur Verfü gung stellen?
Wären Sie zweitens bereit, es bei der jetzigen Zahl der Ge meinschaftsschulen zu belassen, ein Evaluationsverfahren ein zuleiten und dann unter gleichen Voraussetzungen, Lernvor aussetzungen, in wenigen Jahren einen Vergleich durchzufüh ren und Bilanz zu ziehen?
Sind Sie dazu bereit? Wenn Sie dazu nicht bereit sind, sind das keine fairen Wettbewerbschancen, sondern Sie bevorzu gen die einen und benachteiligen die anderen gravierend.
Herr Röhm, ich frage mich gerade, ob Sie umgekehrt bereit sind, endlich auch in der Öf fentlichkeit klarzustellen, dass die Stundenzuweisungen,
die die Gemeinschaftsschulen bekommen, im Wesentlichen auch damit zu tun haben, dass sie den Ganztagsbetrieb haben, dass sie inklusiv ausgerichtet sind, dass sie eine besondere Aufgabenstellung im Rahmen der individuellen Förderung ha ben. Wenn Sie das einmal zusammenrechnen, dann sage ich Ihnen ganz ehrlich: In Anbetracht dessen, was die Gemein schaftsschulen leisten müssen – auch jetzt in der Umstellung –, würde ich mir an dieser Stelle sogar mehr Stunden wün schen. Denn sie sind bei Weitem nicht so privilegiert, wie Sie das eben ausgeführt haben und wie Sie es auch öffentlich im mer wieder darstellen, um Stimmung gegen unsere Schulpo litik zu machen.
Ich würde aber den Ball gern zurückspielen. Wenn Sie mir darlegen können, an welcher Stelle Sie mit Ihrer permanen ten Angst- und Populismuspolitik aufhören, wenn Sie aufzei gen, an welcher Stelle Sie ernsthaft bereit sind, hier in BadenWürttemberg gemeinsam mit uns für die Zukunft unserer Schulen an einem Strang zu ziehen, dann finden Sie bei mir ein offenes Ohr, dann können wir konstruktiv in den Dialog eintreten.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wollen Sie die Fra ge nicht beantworten?)
Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf einige wenige Punkte, die in der Debatte angesprochen wurden, möchte ich noch einmal kurz eingehen.
Herr Kollege Dr. Kern und Herr Kollege Wacker, ich glaube, aus Ihren Reden ist sehr deutlich geworden, dass ein Stück weit eine Paranoia
hinsichtlich dessen besteht, was zukünftig in der Bildungspo litik zwingend notwendig sein wird, und dass gleichzeitig ei ne immer noch nicht ganz abgeschlossene Vergangenheitsbe wältigung, was Ihre Regierungszeit anbelangt, das Problem ist.