für wen diejenigen sind, die sich an einer Abstimmung nicht beteiligt haben. Aber ich glaube, so funktioniert weder reprä sentative noch direkte Demokratie.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Alfred Winkler SPD: Das ist die neue Mathematik!)
Es ist richtig, Herr Ministerpräsident: Es geht am heutigen Tag hier weniger um die Frage: Nationalpark, ja oder nein? Sie haben den Nationalpark zu einem Landesprojekt, sogar zu ei nem Projekt von nationaler Bedeutung erklärt.
Meine Damen und Herren, für die Zukunft des Landes BadenWürttemberg brauchen wir nicht unbedingt einen National park.
Baden-Württemberg hat 60 Jahre lang geblüht, und BadenWürttemberg ist 60 Jahre lang auch ohne Nationalpark gedie hen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: 60 Jahre lang verschuldet!)
Deshalb ist es richtig, was der Kollege Hauk gesagt hat: Ein Nationalpark ist vielleicht „nice to have“ –
das mag sein –, aber er ist kein für die Zukunft des Landes Baden-Württemberg unverzichtbares Projekt. Deshalb muss man einen solchen Nationalpark auch nicht unter allen Um ständen durchsetzen. Wenn er Sinn macht und wenn die Men schen vor Ort ihn wollen, gern. Aber die Abstimmungen vom vergangenen Wochenende haben gezeigt: Die Menschen wol len Ihren Nationalpark nicht.
Herr Ministerpräsident, Sie haben davon gesprochen, die Po litik des Gehörtwerdens sei einem Stresstest ausgesetzt. Ja, Herr Ministerpräsident, Sie haben recht. Aber Sie und Ihre Po litik des Gehörtwerdens sind dabei, bei diesem Stresstest durchzufallen. Das wird bei der Art und Weise, wie Sie mit dem Bürgervotum umgehen, deutlich.
Sie drehen und wenden die Dinge gerade so, wie es Ihnen passt. Einmal erklären Sie: Entscheidend ist das Gutachten –
Wir kennen das mit diesen Gutachten. Da ist auch klar, was herauskommen soll. Sie erklären, dieses Gutachten sei entschei dend. „Wenn das Gutachten die Fragen klärt, wird dieser Na tionalpark gemacht. Dann ist es auch egal, was die Bürger sa gen.“
Gleichzeitig stehen Sie hier und argumentieren mit Ihrem Wahlprogramm. Sie sagen: „Die Menschen haben doch ge wusst, was auf sie zukommt, denn in unserem Wahlprogramm steht:
Es kommt der Nationalpark.“ In der vergangenen Woche ha ben Sie, Herr Ministerpräsident, noch anders argumentiert. Da haben Sie gesagt: „Im grünen Wahlprogramm steht etwas von Steuererhöhungen. Aber es wird nicht alles so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Da muss man nach der Wahl die richti ge Balance finden.“
Herr Ministerpräsident, Sie argumentieren an jeder Stelle, vor jedem Auditorium anders und immer so, wie es in dem betref fenden Moment gerade passt.
Sie behaupten, alle Einwände gegen diesen Nationalpark sei en durch das Gutachten widerlegt. Damit erklären Sie die Menschen, die dennoch dagegen sind, für dumm. Aber offen sichtlich konnte das Gutachten die Menschen nicht überzeu gen. Warum? Weil das Gutachten eben auch nicht zu 100 % überzeugend ist. In diesem Gutachten stehen jede Menge Kon junktive.
Es ist eben nicht so, dass, wie Sie, Herr Ministerpräsident, be hauptet haben, aus dem Gutachten zweifelsfrei hervorgeht, dass der Borkenkäfer im Griff gehalten werde. Das geht eben nicht zweifelsfrei daraus hervor, sondern es steht drin: „wahr scheinlich“, „höchstwahrscheinlich“, „wir glauben“. Eine Ga rantie geben Sie aber nicht.
Dasselbe gilt für die Holzindustrie. Herr Ministerpräsident, Sie könnten Vertrauen schaffen, wenn Sie sagen würden: „Ich gebe für alle Sägewerke im Nordschwarzwald eine Bestands garantie, beispielsweise in Baiersbronn. Diese Garantie gebe ich ab.“ Das können Sie aber nicht.
(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das ist falsch, das gilt nicht für alle Säger! – Abg. Alfred Winkler SPD: So ein Blödsinn! – Ministerpräsident Winfried Kretsch mann: Das wäre auch absurd!)
Das können Sie nicht. – Ja, Herr Ministerpräsident, Sie haben recht mit Ihrem Zwischenruf. Sie haben völlig recht, es ist ab surd. Das Gutachten kann dies nicht garantieren, und deshalb sind mit dem Gutachten nicht alle Fragen geklärt, meine Da men und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Al fred Winkler SPD: So ein Schwachsinn! – Glocke der Präsidentin)
Das können Sie dann an anderer Stelle anbringen. Ich meine, die Fraktion GRÜNE hat am heutigen Tag nicht zu wenig Re dezeit gehabt. Ich beantworte daher gern Fragen, aber ich brauche keine weiteren Koreferate.
Sie haben den Bürgerwillen mit Füßen getreten, meine Da men und Herren, auch am heutigen Tag wieder. Sie erklären: „Wir nehmen das Ergebnis zur Kenntnis; wir nehmen es auch ernst; wir reden weiterhin mit den Leuten, aber wir machen klipp und klar deutlich, dass wir nicht auf dieses Ergebnis hö ren werden.“ Daran wird auch deutlich, was Ihre Politik des Gehörtwerdens wert ist. Die Politik des Gehörtwerdens ist ei ne leere Hülle. Sie hat im Wahlkampf ihren Dienst getan und vielleicht auch noch darüber hinaus, um die Menschen zu übertölpeln, damit sie Ihnen auf den Leim gehen, damit sie Sie wählen, weil sie glauben, dass anschließend die Politik des Gehörtwerdens fortgesetzt wird. Aber das machen Sie nicht. Seit Sie an der Macht sind, ist es vorbei mit der Politik des Gehörtwerdens.
Das haben wir beim Filderdialog schon gesehen. Bei diesem Beispiel sehen wir es wieder. Sie reden von der Politik des Gehörtwerdens, aber das Land wird despotisch regiert wie noch nie in seiner Geschichte.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf von der SPD: Mappus! – Abg. Jürgen Filius GRÜNE: Ist ja unglaublich!)
Sie erklären, Nationalparks seien von landespolitischer Be deutung, deshalb dürfe nicht vor Ort entschieden werden. Das ist im Original, Herr Ministerpräsident, so, wie Sie es heute hier erklärt haben. Haben Sie bei Stuttgart 21 genauso daher geredet?
Nein, da haben Sie ganz anders geredet. Da haben Sie mit Sicherheit nicht gesagt: „Stuttgart 21 muss im Parlament ent schieden werden. Wir brauchen nicht auf die Bürger vor Ort zu hören.“ Sie drehen und wenden die Dinge so, wie sie Ih nen jeweils passen.
(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das stimmt über haupt nicht! Wir haben immer für eine Volksabstim mung in Baden-Württemberg votiert!)
Sie erklären, bei dem Projekt Nationalpark sei es notwendig, dass alle darüber abstimmen, dass praktisch der Bürger in Wertheim oder in Ravensburg mit derselben Stimme, mit der selben Stimmkraft abstimmt wie der Betroffene in Baiers bronn.
Meine Damen und Herren, ein wesentlicher Befürworter des Nationalparkprojekts, den Sie immer wieder anführen, Land
rat Riegger aus Calw, sagt das Gegenteil. Er sagt, er sei für das Projekt, aber es sei völlig klar, dass diejenigen, die davon betroffen sind, deutlicher gehört werden müssen und dass das, was sie sagen, wichtiger ist als das, was diejenigen sagen, die weit weg und daher nicht davon betroffen sind. Das ist bei ei nem solchen Projekt doch völlig klar. Sonst kann ein solcher Nationalpark auch nicht gelingen.