Protokoll der Sitzung vom 20.06.2013

Jeder durfte drei Wünsche äußern, wo er künftig arbeiten will.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Wenn ihm einer dieser drei Wünsche erfüllt wird, zählt das zur Kategorie Wunscherfüllung. Sie werden irgendwann „90 % Wunscherfüllung“ verkünden, vielleicht auch mehr, vielleicht auch weniger. Ich tippe einmal, dass 90 % Wunsch erfüllung herauskommen.

(Zuruf des Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE)

Meine Damen und Herren, bei drei Wünschen können Sie da von ausgehen, dass der zweite Wunsch schon nicht mehr der echte Wunsch ist. Der dritte Wunsch ist der absolute Notna gel.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sind Sie denn Ge dankenleser?)

Nein, ich rede mit den Polizisten draußen.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Man muss nicht drei Wünsche abgeben!)

Wunsch 1 ist vielleicht noch in Ordnung – wenn überhaupt, denn der Befragte würde am liebsten dort bleiben, wo er ist.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Das wissen Sie doch nicht! – Gegenruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das ist traurig! Traurig, aber wahr ist es vor Ort doch, Herr Kollege! Gehen Sie einmal raus zu der Polizei und sprechen Sie mit der Polizei!)

Deswegen sage ich Ihnen schon heute: Wenn Sie irgendwann „plus/minus 90 % Wunscherfüllung“ verkünden, dann stimmt die Aussage nicht. Das ist im System von Ihnen so angelegt; aber das stimmt nicht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Zuruf des Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE)

Zu guter Letzt: Ihre Reform hat auch einige wenige gute An sätze.

(Oh-Rufe von den Grünen – Abg. Nikolaos Sakella riou SPD: Die zweite Halbzeit ist wichtig! – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das Beste kommt im mer zum Schluss!)

Ich begrüße es, dass Sie die Servicebereiche – – Man will auch versöhnlich sein. Aber wir werden, Herr Kollege, noch genü gend Gelegenheit haben, uns im Detail im Innenausschuss und in der zweiten Lesung weiter mit den Auswirkungen auf die Bürger, auf die Mitarbeiter, auf die Sicherheit in unserem Land und mit den Kosten für den Steuerzahler auseinanderzuset zen.

(Zuruf des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Wir haben immer gesagt, dass wir zu Reformen bereit sind. Ich halte die Zusammenfassung der ganzen Servicebereiche in einem speziellen Präsidium – wenn ich es richtig im Kopf habe, heißt es „Präsidium Technik, Logistik, Service“ – für richtig. Das ist sinnvoll.

Auch über die Zusammenfassung der Hochschule für Polizei und der Akademie der Polizei im Bereich der Fortbildung kann man reden.

(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Sehr gut!)

Aber das gilt nur, wenn nicht die Ausbildung bei der Bereit schaftspolizei mit dabei ist. Ich sage: Über eine Zusammen fassung der Hochschule und Akademie im Bereich der Fort bildung der Polizei kann man reden.

Auch die organisatorische Zusammenfassung aller Spezialein heiten in einem Präsidium Einsatz – Sie haben es angespro chen, Herr Minister – wäre durchaus sinnvoll, wenn dabei nicht die Bereitschaftspolizei zerschlagen würde. Das ist der Webfehler dabei.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Der Webfehler ist leider, dass Sie dieses baden-württember gische Erfolgsmodell der dualen Ausbildung

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Genau!)

mit der Praxisorientierung in der Bereitschaftspolizei an fünf Standorten im Land aufgeben, den Einsatzbereich auf zwei Standorte konzentrieren. Weil Sie merken, dass es wegen der Anfahrtswege nicht funktioniert, werden gleich wieder Au ßenstellen gebildet. Sie verschulen die Polizeiausbildung in diesem Praxisberuf, indem Sie sie an zwei Standorten im Land in Polizeischulen geben, die künftig an einem neuen Präsidi um Bildung hängen.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die Ausbildung wird zum Rohrkrepierer!)

Das ist der Webfehler. Ansonsten wäre diese Zusammenfas sung von Spezialeinheiten in einem Präsidium Einsatz durch aus gut.

Fazit: Sinnvolle Reformen bei der Polizei ja. Diese Mam mutreform ist jedoch weit überdimensioniert. Sie ist viel zu riskant – ich werde in der zweiten Lesung des Gesetzentwurfs noch etwas dazu sagen –, sie ist viel zu teuer – auch dazu noch in der zweiten Lesung mehr –, und sie lässt Tausende von Mit arbeitern als Verlierer zurück. Das kann kein Ansatz für eine grundlegende Reform der Polizei sein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Sckerl das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eineinhalb Jahre wurde intensiv diskutiert; es gab viel Aufklärung und viele Informa tionen seitens des Ministers und der Projektgruppe, und Sie, Herr Kollege Blenke, zeichnen noch immer völlig unbeirrt ein Zerrbild dieser Reform.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sie zersprengen den Polizeidienst! – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Sie zeichnen dieses Zerrbild, weil Sie die Versäumnisse Ihrer langen Regierungszeit bemänteln wollen.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Keine Ahnung! – Abg. Karl Klein CDU: Das glauben Sie selbst nicht!)

Das ist der eigentliche Grund, warum Sie diese Reform schlechtreden.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir reden sie nicht schlecht, die ist schlecht! – Gegenruf von der SPD: Na ja! – Abg. Thomas Blenke CDU: Schlecht und teuer!)

Darüber müssen wir noch einmal diskutieren.

Wir sind uns sicher, meine Damen und Herren, und wir sind uns – das gilt auch für die CDU, ohne jede Frage – schlicht und einfach einig: Baden-Württemberg gehört zu den sichers ten Bundesländern

(Abg. Peter Hauk CDU: Noch!)

auch in Zukunft und gerade in Zukunft. – Weil wir wollen, dass das in Zukunft so bleibt, braucht die Polizei endlich mo derne und leistungsstarke Organisationsstrukturen. Diese ha ben Sie der Polizei jahrelang sträflich verweigert.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Deshalb ist unser Land wahrscheinlich gerade so sicher!)

Wir haben diese Strukturen nicht. Sie wie auch wir wissen, dass in den Schubläden, und zwar auf jeder Ebene der Poli zei, reihenweise Reformvorschläge lagen. Sie haben immer wieder einmal angefangen, zu diskutieren. Sie hatten aber nie den Mut, die tatsächlich notwendige, weitreichende Polizei reform durchzuführen.

Der Minister hat, wie ich finde, die ausschlaggebenden Grün de dafür sehr überzeugend genannt. An seiner Diagnose, mei ne Damen und Herren von der CDU, kann es doch keinen ernsthaften Zweifel geben.

Der Abbau von 1 000 Stellen – das war zu Ihrer Regierungs zeit – hat unübersehbare Spuren hinterlassen. Die Verände rung der Altersstruktur bei der Polizei haben Sie jahrelang ig noriert; Sie haben darauf mit dem Einstellungskorridor für zu sätzliche Nachwuchskräfte erst sehr spät reagiert.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Aber der ist gut!)

Der ist sicherlich gut und notwendig, aber er kam deutlich zu spät.

(Abg. Wolfgang Raufelder GRÜNE: Viel zu spät!)

Das führt selbstverständlich zu Schwierigkeiten bei der Be wältigung von Problemen betreffend den personellen Nach wuchs.

Der Einstellungskorridor ist auch deshalb notwendig gewe sen, weil die große Welle durch Altersabgänge erst noch kommt; Sie wissen, Herr Blenke, welche Herausforderungen die Polizei dadurch zu bewältigen hat.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Ja! Deshalb haben wir vorgesorgt!)