Protokoll der Sitzung vom 10.07.2013

(Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Auch für Sie ist ganz wichtig: Wie kann eine Harmonisierung der Gebühren für Kindertagesstätten und Kindertagespflege erreicht werden? Hier lohnt sich auch für die SPD-Fraktion nicht nur ein Blick nach Stuttgart,

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

sondern auch ein Blick in den Landkreis Tuttlingen. Dort wird auf Vorschlag des früheren Landrats Guido Wolf, unseres heu tigen Landtagspräsidenten, seit 2009 die finanzielle Gleich behandlung von Kita-Platz und Kindertagespflege praktiziert.

(Abg. Werner Raab CDU: Das wollen die nicht hö ren!)

Die dortige Regelung, dass Eltern, die ihr Kind von einer Ta gesmutter betreuen lassen, keine höheren Elternbeiträge be zahlen, als wenn sie einen Kita-Platz in Anspruch nehmen würden, kann Richtschnur für landesweite Projekte sein.

Oder schauen Sie einmal die Initiative meines Fraktionskol legen Dr. Bernhard Lasotta in Heilbronn an, der dort einen runden Tisch für Tagespflege ins Leben gerufen hat.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Für kleinere Städte und Gemeinden gerade im ländlichen Raum ist die Kindertagespflege eine flexible Form, qualifi zierte Kinderbetreuung anzubieten. „Kurze Beine, kurze We ge“ gilt hier auch, und zwar bei wesentlich geringeren Inves titionskosten. Statt des teuren Baus eines neuen Kindergartens auf der grünen Wiese ist die Anmietung von geeigneten Räu men in der Dorfmitte eine echte Alternative.

Wir müssen zeitnah, jedoch mit der gebotenen Sorgfalt Kon zepte entwickeln, wie wir die Tätigkeit in der Kindertages pflege attraktiver gestalten können. Wir müssen z. B. eine at traktivere Gestaltung, eine attraktivere Vergütung der Tages eltern oder Möglichkeiten der Festanstellung prüfen. Hier gibt es viel zu tun.

Aber bei diesen Überlegungen muss eines auch im Mittel punkt stehen: die Qualität der Kinderbetreuung. Der runde Tisch muss deshalb auch Vorschläge entwickeln, wie die Fach beratung der Tageseltern weiter verbessert werden kann.

(Zuruf des Abg. Alexander Salomon GRÜNE)

Nur wenn die Qualität stimmt, können die Eltern ihr Kind auch vertrauensvoll der Tagesmutter bzw. dem Tagesvater überlassen.

Sehr geehrte Kolleginnen, liebe Kollegen, packen wir diese gesamtgesellschaftliche Herausforderung gemeinsam und kraft voll an. Stimmen Sie dem CDU-Antrag zu – zum Wohl der Kinder und Eltern.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Nach § 24 Absatz 2 SGB VIII haben Kinder nach Vollendung des ersten Lebensjahrs ab August 2013 einen Rechtsanspruch auf frühkindliche Förderung, und zwar in einer Tageseinrichtung oder in der Tagespflege. Des halb war es der grün-roten Landesregierung wichtig, die Kom munen auch finanziell so auszustatten, dass sie diesen Rechts anspruch erfüllen können. Wir haben bereits 2011 – kurz nach der Regierungsübernahme – die Kommunen finanziell so aus gestattet.

Liebe Kollegen von der CDU, wer hat denn dagegen ge stimmt? Das waren doch Sie!

(Beifall der Abg. Beate Böhlen GRÜNE – Zuruf von den Grünen: Was?)

Sie haben der Erhöhung der Einnahmen nicht zugestimmt.

(Abg. Tobias Wald CDU: Falsche Finanzierung! – Weitere Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Peter Hauk: Das ist ja weit hergeholt!)

Das ist nicht weit hergeholt. Sie brauchen Einnahmen, um die Kommunen – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Dem Gesamthaushalt haben wir nicht zugestimmt!)

Haben Sie der Grunderwerbsteuererhöhung zugestimmt?

(Abg. Tobias Wald CDU: Nein, natürlich nicht!)

Nein, haben Sie nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Zurufe der Abg. Peter Hauk und Georg Wacker CDU)

Erziehungsberechtigte haben nach § 5 SGB VIII ein Wunsch- und Wahlrecht hinsichtlich der Auswahl zwischen einer Ta geseinrichtung und der Tagespflege.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: „Erziehungsbe rechtigte“! – Abg. Peter Hauk CDU: Die heißen „El tern“, Frau Aras!)

Deshalb haben wir auch die Tagespflege auf eine solide Basis gestellt.

Über die FAG-Zuweisungen haben wir die Mittel von 12,1 Millionen € auf inzwischen 44 Millionen € erhöht.

(Abg. Tobias Wald CDU: Aber es kommt nicht an!)

Das ist eine Steigerung um über 250 %, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wo sind die Plätze? Wo sind die Tagesmütter?)

Das hat sicher mit dazu beigetragen, dass mehr Kinder in der Tagespflege betreut werden. Immerhin 14 % der Kinder un ter drei Jahren werden in einer Tagespflege betreut. Da spie len die finanziellen Rahmenbedingungen, die wir setzen, si cher eine ganz wichtige Rolle.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Es ist auch gut, dass die Qualität in der Tagespflege in den ver gangenen Jahren immer weiter verbessert wurde und die Ta gespflege inzwischen ein gutes Niveau erreicht hat. Es gilt, die Qualität weiterzuentwickeln und die Anzahl der Plätze, die wir dringend brauchen, nicht zulasten der Qualität auszu bauen. Das geht auf gar keinen Fall.

Entscheidend für die Qualitätssicherung in der Tagespflege ist auch die Fachberatung, das heißt die sozialpädagogische Be ratung und Begleitung der Tagespflegeeltern. Das ist jetzt nicht nur ein Wunschkonzert und wird nicht nur von Fachleu ten so gesehen, sondern es ist gesetzlich geregelt. Wir haben auch dafür die Mittel über die FAG-Zuweisungen genau fest gelegt: Zweckgebunden sind 15 % der Mittel für diese Fach beratung vorzusehen.

Jetzt kann man fragen: Wenn es gesetzlich geregelt ist, war um wird es dann im Land so unterschiedlich gehandhabt? Ein Betreuungsschlüssel von 1 : 60 – also eine Vollzeitkraft für 60 Tagespflegepersonen – im Rems-Murr-Kreis ist der beste Schlüssel. Aber es gibt auch Betreuungsschlüssel von 1 : 530. Wenn es diesen Schlüssel gibt, stellt sich schon die Frage – Sie können das in der Antwort der Landesregierung nachle sen –: Sind Qualitätssicherung und Kinderschutz noch ge währleistet? Am Geld kann es nicht liegen, denn 15 % sind zweckgebunden dafür vorgesehen.

Nun hat der Landesverband der Tagesmütter-Vereine BadenWürttemberg e. V. einen vertretbaren Vorschlag gemacht: Demnach sollte es einen Schlüssel von 1 : 90 geben. Ich fin de, das ist machbar, und daran sollten sich die Kommunen hal ten.

Nun stellt sich die Frage: Ist das Potenzial in der Tagespflege ausgeschöpft, ja oder nein? Aus der Antwort geht hervor, dass über 2 500 qualifizierte Kräfte keine Kinder betreuen. Das heißt, wenn man es schaffen würde, diese Personen wieder für die Kinderbetreuung zu gewinnen, könnte man in einem rela tiv kurzen Zeitrahmen 7 000 neue Betreuungsplätze gerade in der U-3-Versorgung schaffen, weil – auch das geht aus der Antwort hervor – jede Person durchschnittlich 2,8 Kinder be treut. Wenn Sie diese Zahl mit 2 500 multiplizieren, kommen Sie auf die 7 000 Plätze.

Jetzt stellt sich die Frage: Was können wir dazu beitragen, dass die Tagespflege attraktiver wird? Zum einen geht es darum, die Abrechnungsmodalitäten umzustellen – von der Spitzab rechnung auf die Pauschalierung. Dabei geht es um eine kon tinuierliche, verlässliche und regelmäßige Bezahlung, Ferien betreuung, Krankheitsvertretung, Fortbildung und derglei chen. Ferner geht es um die Harmonisierung der Beiträge. Nur dann, wenn Eltern die gleichen Beiträge für die Tagespflege und die Kindertageseinrichtungen leisten, haben sie tatsäch lich auch ein Wahlrecht. Wir müssen nicht nach Tuttlingen, lieber Kollege Wald. Es gibt auch hier sehr gute Kommunen, die schon 2006 Fortschritte in der Tagespflege gemacht ha ben.

(Abg. Tobias Wald CDU: Wer hat da regiert?)

Ich verweise beispielsweise auf Leinfelden-Echterdingen. Dort gibt es einen grünen Bürgermeister.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Ein CDU-Ober bürgermeister! – Gegenruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Ist der jetzt CDU-Oberbürgermeister oder nicht?)

Bürgermeister, habe ich gesagt, nicht Oberbürgermeister. – Die damalige Sozialministerin war auch vor Ort zu Besuch.

Zur Attraktivität gehört aber auch, dass die Fachberatung ver stärkt wird – ein Schlüssel von 1 : 90.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Als Fazit halte ich fest: Die Tagespflege ist eine gute Ergän zung zur Kindertageseinrichtung. Die Eltern haben ein Wunsch- und Wahlrecht. Die grün-rote Landesregierung hat die Kom munen finanziell so gestärkt, dass sie den Rechtsanspruch auf eine frühkindliche Bildung für Kinder ab der Vollendung des

ersten Lebensjahrs auch tatsächlich erfüllen können. Trotz des Drucks, ausbauen zu müssen, ist es wichtig, dass Qualität im mer Vorrang hat. Das heißt: Klasse statt Masse. Das gilt vor allem für die frühkindliche Bildung. Daran müssen wir die Tagespflege und die Kinderbetreuung insgesamt messen.