Das war nur eine gerechte Umverteilung. Wir haben eben auch geschaut: Wie kann man eine gerechtere Ausstattung mit Res sourcen erreichen?
Die zurückgehenden Schülerzahlen und das veränderte Wahl verhalten in Baden-Württemberg zeigen, dass wir mit dem differenzierten Schulsystem so nicht weitermachen können,
Was Sie sich unter einer Weiterentwicklung des differenzier ten Schulsystems vorstellen, haben Sie bisher nie ausformu liert. Ihre Ideen in der Vergangenheit haben jedenfalls nicht funktioniert.
Für uns ist die Gemeinschaftsschule vor Ort ein Angebot, das auf die Veränderung in der Schullandschaft eingeht und auch dem entgegenkommt, was sich die Eltern in der Vergangen
heit und bereits vor dem Regierungswechsel schon immer ge wünscht haben und was formuliert wurde: dass eben ein län geres gemeinsames Lernen an einer Schulart möglich ist.
Das Angebot der Gemeinschaftsschule kommt klar den Schü lerinnen und Schülern entgegen. Sie können in den meisten Fällen nicht in ein Leistungsniveau eingruppiert werden, son dern unterscheiden sich leistungsmäßig innerhalb ihrer Ent wicklungszeit. Genau diesen Anforderungen kommt die Ge meinschaftsschule entgegen.
Gerade im ländlichen Raum – die Debatte zuvor hat das ja auch gezeigt – haben wir Veränderungen, die eine neue Ant wort nötig machen. Die Gemeinschaftsschule schafft das. Sie kann es schaffen, dass ein wohnortnahes Bildungsangebot auf rechterhalten wird, was gegenwärtig nicht der Fall ist.
Die zurückgehenden Schülerzahlen sind ein Problem im länd lichen Raum. Wir brauchen Angebote, die den Schülerinnen und Schülern weiterhin jeden Abschluss ermöglichen, den sie am Ende erreichen können. Deshalb brauchen wir die Ge meinschaftsschule.
Es wird auch weiterhin Schülerinnen und Schüler geben, für die beispielsweise der Hauptschulabschluss der beste Schul abschluss ist. An dieser Stelle vermisse ich eine Antwort von Ihnen.
Sie haben die Realschulen im Blick. Sie kämpfen für die Re alschulen. Sie führen Veranstaltungen für die Realschule durch. Wie reagieren Sie aber auf das veränderte Übergangs verhalten? Wie wollen Sie auf die Schülerinnen und Schüler eingehen, die nicht in allen Fällen dem Leistungsniveau der Realschulen entsprechen?
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie verweigern doch die Hilfe!)
Die Gemeinschaftsschule lebt von ihrem pädagogischen Kon zept. Davon sind wir überzeugt. Wir sind auch überzeugt, dass die Gemeinschaftsschule funktionieren kann.
Wir sind natürlich daran interessiert, dass die Gemeinschafts schule die Leistungsansprüche erfüllt, die in Baden-Württem berg in den vergangenen Jahren erfüllt wurden. Das entschei det sich aber auch durch die Lehrerinnen und Lehrer. Wir ha ben engagierte Lehrerinnen und Lehrer im Land, die alles da für tun, dass das Konzept der Gemeinschaftsschule so umge setzt wird, dass jeder Schüler und jede Schülerin erfolgreich zum Hauptschulabschluss, zum Realschulabschluss oder zum Abitur geführt wird.
Wir sind überzeugt, dass das pädagogische Konzept gelingen kann. Dafür brauchen wir ein binnendifferenziertes Angebot, das Sie als Kostenfaktor darstellen, das für uns aber eindeu tig ein Gewinn ist.
Ein Kostenvorteil bei der Gemeinschaftsschule, den Sie im mer ausklammern, ergibt sich aus dem Ganztagsbetrieb.
Dabei kommen wir Ihren Forderungen entgegen, indem wir mit der Gemeinschaftsschule den Ganztagsbetrieb in BadenWürttemberg ausbauen, meine Damen und Herren. Ich kann nicht erkennen, dass wir dabei entgegen Ihren Forderungen arbeiten. Wie Sie vorhin bereits gehört haben, tun wir alles, damit wir am Ende auch Sie zufriedenstellen können.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das schaffen Sie nicht! – Gegenruf des Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Nicht alle, Herr Röhm! Das geht nicht!)
Ich möchte es an dieser Stelle nochmals betonen: Bisher ha ben Sie keine Antwort gegeben, außer dass Sie Kritik an den Gemeinschaftsschulen üben und davon ausgehen, dass die Ge meinschaftsschule nicht funktionieren würde. Ihre Kollegen von der Basis, Ihre Kollegen vor Ort haben dazu eine andere Meinung. Es gibt genug CDU-Mitglieder, die vor Ort eine Ge meinschaftsschule wünschen.
Wir wollen die Gemeinschaftsschule als ein Angebot in Ba den-Württemberg weiterhin vorhalten. Wir stellen fest, dass Eltern das Angebot der Gemeinschaftsschule nachfragen und dass Schülerinnen und Schüler in der Gemeinschaftsschule sehr gut unterrichtet werden. Wenn Sie andere Vorschläge ha ben, können wir gern darüber diskutieren. Ansonsten setzten Sie sich bitte konstruktiv mit der Gemeinschaftsschule ausei nander.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Oder mit der CDU vor Ort!)
(Abg. Georg Wacker CDU zu Abg. Dr. Stefan Fulst- Blei SPD: Jetzt bin ich aber enttäuscht! – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Ich war auch ent täuscht! – Zuruf: Morgen!)
Liebe Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, meine Damen und Herren! Es ist ein gutes Jahr her, dass wir eine Änderung des Schulgesetzes vorgenommen haben. Seit dem weiß jedermann – und jede Frau –, wie Gemeinschafts schulen ausgestattet sind. Meiner Meinung nach ist die Aus stattung nicht üppig. In der Startphase hätte ich diesen Schu len gern mehr Stunden zur Verfügung gestellt.
Wenn Sie von der „Kostengefahr Gemeinschaftsschule“ re den und die Behauptung aufstellen, die Gemeinschaftsschule sei die teuerste Schulform, dann beschränken Sie sich auf die direkt zurechenbaren Kosten für die individuelle Förderung, für Inklusion und für den Ganztagsbetrieb, im Grunde genom men also auf die zugewiesenen Lehrerstunden.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, fordern auch Sie den Ausbau der Ganztagsschule. Die Diskussion darüber haben wir in letzter Zeit vermehrt geführt. Außerdem fordern Sie, die individuelle Förderung und die Inklusion voranzubringen.
Dass das alles zum Nulltarif geschieht, ist unmöglich. Das wissen Sie auch. Das haben wir hier mehrfach debattiert. In sofern sind das alles alte Kamellen.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere der antragstellenden Fraktion, interessanter wä re die Frage nach den Gesamtkosten für Bildung bzw. für Nichtbildung gewesen. In Baden-Württemberg wurden über Jahre hinweg 6 000, 7 000 oder mehr junge Leute pro Jahr oh ne Abschluss aus den Schulen entlassen. In der Statistik, im Vergleich zu anderen Bundesländern mögen das gute Werte gewesen sein, aber die absoluten Zahlen sind einfach zu hoch.
Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass Sie jemals ge fragt haben, was mit diesen jungen Menschen geschieht, ob es einen Zusammenhang beispielsweise mit Jugendarrest – Stichwort „Kosten für Adelsheim“ – gibt, wie groß bei diesen Menschen die Gefahr einer kriminellen Karriere ist, welche Kosten also diese Nichtbildung – all das kann damit verbun den sein – verursacht.
Meine Damen und Herren, das Projekt „Berufsausbildung im Strafvollzug“ kommt nicht von ungefähr; es hat einen Grund. Ich bin übrigens gerade mit einer Vollzugsanstalt auch zu die sem Thema in Verhandlungen, weil es dort einen Bedarf gibt.
Deshalb, meine Damen und Herren, sage ich: Es wäre besser gewesen, wenn Sie die Formulierung „Kostengefahr Chan cenungleichheit“ gewählt und damit Ihre Versäumnisse aus 58 Jahren Verantwortung für den Bildungsbereich eingeräumt hätten.
In Deutschland sind immer noch 1,5 Millionen Menschen zwi schen 20 und 30 Jahren ohne Schulabschluss, ohne Berufsab schluss. Dass Baden-Württemberg dazu einen erheblichen Beitrag geleistet hat, ist kein Geheimnis mehr.
Sie haben uns diesbezüglich einige Großbaustellen hinterlas sen; diese Situation führt die Betroffenen später oftmals in Al tersarmut, und der Staat muss dann unterstützen. Wenn wir ei ne Gesamtkostenbetrachtung vornehmen, meine Damen und Herren, können wir ohne Weiteres feststellen: Auch das sind Spätfolgen von Nichtbildung.
Wenn wir also nicht nur die Kosten betrachten, die auf den ersten Blick – z. B. für die Lehrerwochenstunden, die zuge wiesen werden – sichtbar werden, sondern eine Gesamtbilanz aufstellen, stellen wir – da bin ich sicher – fest, dass die Aus sage zutrifft, die ich hier schon mehrfach getroffen habe: Es gibt nur eines, was teurer als Bildung ist, nämlich keine Bil dung.