Protokoll der Sitzung vom 25.09.2013

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Rapp das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, liebe Zuhörer! „Land schaftserhaltungsverbände – Erfolg für Naturschutz und Land wirtschaft.“ Herr Kollege Rösler hat das ausgeführt.

Zunächst einmal mutet das Thema für eine Aktuelle Debatte natürlich etwas seltsam an, und zwar deswegen, weil wir nor malerweise in den Aktuellen Debatten den Unterschied der politischen Lager deutlich machen und die Profilierung dar stellen. Aber mit diesem Thema haben wir ein Konsensthema, und ich finde es hervorragend und wichtig, dass man dieses Konsensthema auch einmal in die Öffentlichkeit stellt und da mit die entsprechende Aufmerksamkeit erregt.

Bei einem allerdings, Kollege Rösler, muss ich etwas Wasser in den Wein gießen. Mit Ihrer Aussage blenden Sie natürlich aus, dass wir in den letzten zehn, 15 Jahren auch Veränderun gen in der Gesellschaft hatten, und zwar Veränderungen im Hinblick auf die Wahrnehmung von Prozessen, die in der Na tur stattfinden. Auch die Wahrnehmung von Natur, der Blick auf den Nutzen oder die Nutzung von Natur und der natürli chen Ressourcen hat sich in dieser Zeit verändert. So entste hen heute natürlich auch Ansprüche und Anforderungen, die es vielleicht vor zehn Jahren noch nicht gab, und insofern ist es vielleicht etwas zu weit gegriffen, das jetzt aus der Ge schichte heraus entstehen zu lassen.

Wichtig ist jedoch die Zielvorgabe. Es ist wichtig, die Ziele des Naturschutzes mit den Zielen der Landnutzung zu kom binieren und eine gemeinsame Linie zu finden, die diese Grund idee, die 1986 in Mittelfranken entstanden ist, als Blickpunkt hat. Die Offenhaltung, die Biotoppflege, die Fließgewässer strukturierung sowie der Erhalt von Feuchtwiesen und Wei delandschaften sind wesentliche Beiträge dazu. Dazu gehört natürlich auch – Sie haben es angesprochen – die Umsetzung der Natura-2000-Vorgaben.

Mit der Einführung und Einrichtung der Landschaftserhal tungsverbände wird seit Jahren ein Weg beschritten, der die Suche nach Kompromissen und nach pragmatischen, den ört lichen Gegebenheiten angepassten Lösungen ermöglicht. Sie haben ja noch an anderer Stelle Großbaustellen, bei denen man vielleicht genau dies als Blaupause nehmen könnte, um zu versuchen, nicht nur einen Haufen Diskussionen vor Ort zu führen, sondern auch das, was in der Diskussion gesagt wird, aufzunehmen.

Genau das passiert im Rahmen der Landschaftserhaltungsver bände. Deswegen ist es wichtig, diese Form des pragmati schen Naturschutzes weiter zu unterstützen und entsprechend auszustatten. Da sind Sie auf dem richtigen Weg, und da fin den Sie auch unsere Zustimmung.

(Beifall bei der CDU – Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Ihr Ziel ist richtig. Es ist auch richtig, eine flächendeckende Umsetzung vorzunehmen. Leichte Kritik gibt es vonseiten des Landkreistags; diese Kritik ist Ihnen bekannt. Kritisiert wird,

dass die Strukturen an manchen Stellen zu starr sind und et was mehr Flexibilität bei der Anpassung an die örtlichen Ge gebenheiten angeraten sein könnte. Ich glaube, über diesen Punkt kann man nachdenken und Verbesserungen vornehmen.

Wichtig und gut ist, dass Vertreter von Naturschutz, Landwirt schaft, Forstwirtschaft, Gemeinden und sonstigen Landnut zern an einem Tisch sitzen. Eine solche Vorgehensweise könn te, wie gesagt, auch als Blaupause für Ihre Überlegungen zu einem Nationalpark dienen.

Ich möchte Ihnen eines mit auf den Weg geben: Mit den Land schaftserhaltungsverbänden tragen Sie auch Verantwortung für den Naturschutz. Hohe Anforderungen – das zum Schluss – sollte man nicht ideologisch gestalten und entsprechend durchsetzen, sondern auf der Grundlage dessen, was für Mensch und Natur wichtig ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP sowie der Abg. Dr. Markus Rösler und Jürgen Filius GRÜNE)

Für die SPD-Fraktion er teile ich Herrn Abg. Winkler das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Landschaftserhaltungsverbände bzw. Landschaftspflegeverbände – sie nennen sich unter schiedlich und sind auch unterschiedlich organisiert – sind in den letzten Jahren leise, langsam, aber wirkungsvoll entstan den: nicht unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit, aber mit Beteiligung vor Ort, ohne große Pressewirkung, aber mit Wirkung nach innen.

Landschaftspflegeverbände sind Dienstleister für die Region, in der sie gegründet worden sind. Sie sind in der Regel kreis weit organisiert. Sie sorgen für lebendige Landschaften, für den Erhalt der Kulturlandschaft, für die Nutzung im Sinne ei ner bäuerlich geprägten Landwirtschaft, wie sie heute von den Landwirten andernfalls nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden könnte.

Seit dem Mittelalter sind die hiesigen Kulturlandschaften bäu erlich geprägt. Jeder Quadratmeter wurde dem Wald abge trotzt. Viele Flächen liegen an Steilhängen, viele Flächen sind schwierig zu bewirtschaften, etwa wenn es sich um nasse, sau re Wiesen usw. handelt, mit denen ein Landwirt heute nicht mehr arbeiten kann, während früher solche Flächen für die Er nährungssicherung existenziell waren. Diesen Flächen droht Wiederverbuschung, Wiederverwaldung, das Zuwachsen – sie können aber durch geeigneten Natur- und Landschaftsschutz als Biotope erhalten werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Hanglagen oder Steillagen weisen eine große biologische Vielfalt auf, wenn diese Flächen nicht wieder zu Wald wer den. Eine solche biologische Vielfalt fehlt dem Wald; sie kann in einer offenen Landschaft erhalten werden.

Um das zu erreichen, brauchen wir Partner. Die Landschafts pflegeverbände bringen die Partner, z. B. Landwirte, Schäfer, Kommunen, zusammen. Die Kommunen haben nämlich in ih

ren Gebieten sehr wohl ein großes Interesse an der Offenhal tung der Landschaft und dem Erhalt biologisch wirksamer Flä chen.

In Deutschland gab es 2011 155 Landschaftspflegeverbände. In Baden-Württemberg waren es 2011 nur wenige, nämlich acht. Heute gibt es in Baden-Württemberg 24 Landschafts pflegeverbände. Bis Ende nächsten Jahres sollen es insgesamt 30 werden. Diese Verbände haben unterschiedliche Rechts formen, und sie haben auch unterschiedliche Arbeitsschwer punkte.

Im Bundesnaturschutzgesetz wurde 2010 in Kapitel 1 § 3 Ab satz 4 die Empfehlung eingefügt, Verbände als Instrument der Landschaftspflege zu schaffen. Seither sind diese Verbände konstitutionell und instrumental eingesetzt.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig!)

Laut der Stellungnahme des Landwirtschaftsministeriums zum Antrag der Frau Kollegin Dr. Splett vom 18. Dezember 2007, unterzeichnet vom Minister Hauk, gab es in Baden-Württem berg acht entsprechende Verbände, in der Regel kommunale Zweckverbände, zum Teil aber auch Vereine. Diese seien viel schichtig mit betroffenen Gruppen und Personen besetzt. Ur sprünglich betrug deren Bezuschussung durch das Land 70 % der Personalkosten. Im Jahr 2007 wurden diese Zuschüsse auf 50 % der Personalkosten reduziert; die zweite Personalkraft wird noch immer mit 100 % bezuschusst. Vor zwei Jahren ha ben wir also eine halbe Million € in Landschaftspflegeverbän de investiert, Ende 2014 werden es fast 2 Millionen € sein.

Der Erfolg ist teuer. Das Land lässt sich diesen Erfolg etwas kosten, u. a. indem eine Koordinierungsstelle für die Land schaftspflegeverbände in Schwäbisch Gmünd eingerichtet wurde.

Pro Verband werden etwa 50 000 bis 60 000 € pro Jahr auf gewandt. Die Verbände übernehmen Aufgaben staatlicher Stellen. Die untere Naturschutzbehörde muss, z. B. im Rah men von Natura 2000, Grundstücke für die Pflege von Natur flächen und anderem zur Verfügung stellen.

Eine Region ist am Erhalt ihrer Kulturlandschaft interessiert, die andernfalls verweidet. Für den Tourismus ist diese unent behrlich. Die Natur kann sich durch die extensive Nutzung entfalten. Die Kommunen haben dadurch ein Instrument für den Unterhalt und für die Wahrnehmung der Aufgaben, zu de nen sie verpflichtet sind.

In diesem Bereich bestehen zurzeit ca. 35 Stellen. Beim Endausbau in etwa zwei Jahren sollen es ca. 70 Stellen sein. Die Pflege von Feuchtwiesen, die Vermarktung regionaler Pro dukte, die Renaturierung von Gewässern und das Erstellen von Managementplänen gehören zu den Aufgaben in diesem Rahmen. Erfolgreich, fast still und leise, aber wirkungsvoll arbeiten unsere Landschaftserhaltungsverbände und Land schaftspflegeverbände.

Ich beende meine Rede mit einer Bitte, die vielleicht nicht un berechtigt ist: Es wäre schön, wenn diejenigen, die die harte körperliche Arbeit in der Pflege erbringen – dazu gehören die jenigen, die in den Umweltverbänden an der Pflege der Land schaften beteiligt sind, aber auch die Landwirte –, ähnlich ent

lohnt würden wie diejenigen, die die Pläne für diese Pflege er stellen.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU und der FDP/DVP und des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr gut!)

Hierin scheint mir noch etwas Nachholbedarf zu liegen – und kein kleiner.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Kollegen Dr. Bullinger das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Lieber Alfred, ich bin dir wirklich dankbar, dass du am Schluss noch einmal darauf hingewiesen hast: Bei der Wahrnehmung der Aufgabe der Pflege der Land schaft sind vor allem auch ehrenamtliche Helfer sehr stark en gagiert.

Ich nenne Ihnen gleich am Anfang meiner Rede ein Beispiel aus meinem Landkreis: Wir sind im Kreistag seit 1995, also seit fast 20 Jahren, mit der Pflege mehr als zufrieden. Es ist gut, Herr Rösler, dass sich dem nun noch mehr Kreise an schließen; viele Verbände sind in den vergangenen Jahren hin zugekommen, sodass es nun 24 sind. Es ist aber auch wich tig, dass alle Gemeinden mitmachen. Das ist ein ganz wichti ger Punkt. Das war bei uns von Anfang an der Fall: Landwirt schaft, Forstwirtschaft, Verwaltung, alle Gemeinden und die Naturschutzverbände haben mitgemacht.

Ich verweise beispielsweise auf die Gemeinde Kirchberg an der Jagst: Die Trockenhänge an der Jagst würden ohne die Ar beit der Verbände zuwachsen, was wir nicht wollen. Diese Landschaft wird vonseiten des NABU durch einen engagier ten Lehrer und eine Jugendgruppe des NABU mithilfe einer Schafherde freigehalten. Das respektiere ich; das finde ich toll. Das ist viel besser, als wenn der BUND als Hilfstruppe jeden Montag gegen Stuttgart 21 demonstriert. Das ist es, was un sere Landschaft braucht, meine Damen und Herren, und nicht die Schreibtischtäter und Protestler.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Noch ein Punkt – auch das ist wichtig –: Unser Landkreis hat gezeigt, dass man auch die entsprechenden Flächen aufsto cken kann; diese sind stetig gewachsen. Wir hatten hinsicht lich der Landschaftspflege beispielsweise 1996 eine Fläche von knapp 270 ha, auf der über Vertragsnaturschutz Wichti ges geleistet wurde. Heute sind es über 800 ha. Ich finde, wir können zum jetzigen Zeitpunkt sagen: Es war gut.

Jetzt noch etwas zur Geschichte, weil Josef Göppel zitiert wurde: Bevor die Grünen gegründet wurden, hat der ehema lige bayerische Staatsminister Eisenmann das KULAP erfun den. Genau daraus kommt diese Kooperation mit Kulturland schaftserhaltungsprogrammen. Das ist ein Punkt, bei dem ich sage: Da kann man weitermachen.

Ich darf auch sagen: Bei den Haushaltsberatungen haben wir von der FDP/DVP-Fraktion dieser Aufstockung im Detail zu gestimmt – nicht dem gesamten Haushalt, aber diesem Teil

haben wir zugestimmt. Deshalb, meine Damen und Herren, darf ich die Begründung des Antrags der Kollegen Traub u. a., Drucksache 15/746, zitieren:

Die Landschaftserhaltungsverbände in Baden-Württem berg haben sich bewährt. Sie leisten einen großen Beitrag zum Erhalt und zur Pflege der Kulturlandschaft. Darüber hinaus tragen sie zum Schutz wichtiger Lebensräume für Tiere und Pflanzen sowie zur Offenhaltung der Landschaft bei.

Vor allem Letzteres ist wichtig, gerade für das Tourismusland Baden-Württemberg.

Die flächendeckende Einrichtung von Landschaftserhal tungsverbänden war bereits Ziel in der Naturschutzstra tegie 2020, die von der bisherigen Landesregierung be schlossen wurde. Bei einer weiteren Ausweitung der Landschaftserhaltungsverbände muss allerdings gewähr leistet sein, dass deren Aufgabenerfüllung in enger Ab stimmung mit der Landwirtschaft

das heißt nützen und schützen; schützen und nützen, das ist der Punkt –

Ich glaube, da sind wir auf dem richtigen Weg.

Ich möchte an dieser Stelle nicht nur meinen Dank zum Aus druck bringen, sondern auch diejenigen Landkreise dazu auf fordern, die noch nicht so weit sind. Wenn ich mir die neues te Karte anschaue, dann sage ich: Das ist wichtig. Beispiels weise wurde in Offenburg ein solcher Verband gegründet; aber viel zu wenige Gemeinden machen mit, und wenn, dann nicht intensiv. Die Kreise Hohenlohe, Göppingen, Esslingen, Stutt gart, Ludwigsburg, Enzkreis, Calw, Rastatt, Teile vom RheinNeckar-Kreis, Biberach, Ravensburg, Sigmaringen, Zollernalbkreis – Herr Pauli – sind nicht dabei. Ich finde, es ist höchs te Zeit, dass man bei diesem Programm flächendeckend mit macht.