Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

Das ist als Antrag dahin ge hend zu verstehen, dass wir uns einmal über eine Änderung der Geschäftsordnung Gedanken machen müssen.

Jetzt haben Sie mich durcheinandergebracht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU)

109 Sitzungen habe ich jetzt erleben dürfen, und keine Sit zung war wie die jeweils vorhergehende. Jede Sitzung hat ei ne Überraschung in sich geborgen, jede hat eine Vielzahl von Einzelschicksalen nach oben gespült.

Ich lese in der Statistik, dass nur 49 % der Petitionen nicht ab geholfen werden konnte. Das bedeutet, dass mehr als die Hälf

te der Anliegen aller Petitionen in irgendeiner Form Berück sichtigung gefunden haben –

(Beifall des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

entweder durch Abhilfe, durch Überweisung als Material oder durch Finden eines Kompromisses. Mehr als die Hälfte!

Ich finde, das ist eine Form der Bürgerbeteiligung, die man wirklich besonders hervorheben sollte. Die Aussprache hier über sollte nicht unter Tagesordnungspunkt 9 platziert wer den.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Le opold Grimm FDP/DVP)

Ich habe meine Redezeit jetzt zwar überzogen – dabei wurde die Zeit für die Zwischenfragen nicht abgezogen –, aber ich will doch noch eines sagen: Die Kosovoreise ist angesprochen worden. Es war mir immer ein Anliegen, dass wir auch ein mal dorthin gehen, wo die Menschen leben, die wir in vielen Jahren auch dorthin abgeschoben haben. Ich bin sehr froh, dass wir am Ende einen einvernehmlichen Beschluss zusam menbekommen haben. Das war ein starkes Zeichen.

Ein starkes Zeichen war ebenfalls – das ist noch nicht erwähnt worden –, dass wir das Beamtenrecht geändert haben und es gelungen ist, bei langjährig Verheirateten, bei denen zwischen den beiden Ehepartnern ein großer Altersunterschied von über 20 Jahren besteht, den betreffenden Malus über die Dauer der Ehezeit wegzubekommen, um die Rentenansprüche wieder auf dasselbe Niveau zu heben. Dieser Umstand ist uns in ei ner Petition, die vom Kollegen Nelius bearbeitet wurde, dar gelegt worden. Wir haben hier in einem Beschluss, den wir im Landtag getroffen haben, ein Problem gesehen und haben daraufhin diesen Beschluss einvernehmlich wieder rückabge wickelt – in einer, wie ich meine, bemerkenswerten Art und Weise. Wir haben das ausgebügelt, was wir, der Gesetzgeber, in Summe falsch gemacht haben. Und der Petitionsausschuss hat ja genau diese Aufgabe, Dinge auch einmal rückabzuwi ckeln.

Was nun die Frage eines Bürgerbeauftragten angeht, wie es ihn in Thüringen gibt

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Thüringen braucht auch einen! – Dem Redner wird das Ende seiner Re dezeit angezeigt.)

ich bin gleich fertig –, habe ich große Bedenken.

(Beifall des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich auch!)

Ein solcher Bürgerbeauftragter wird in der Regel nach B 7 be soldet. Er erhält also eine sehr hohe Besoldung, die sich nicht mit dem Einkommen eines einfachen Abgeordneten verglei chen lässt.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Ja! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ich finde, die Besonderheit des Petitionsausschusses ist, dass der Bürger direkt mit Abgeordneten Kontakt hat und es in der Entscheidung der Abgeordneten liegt,

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: So ist es! Sehr gut! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

wie mit der Petition letztlich umgegangen wird. Jedes dazwi schengeschaltete Gremium, gerade wenn dessen Bezahlung noch höher ist als die eines Abgeordneten,...

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Genau! – Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege, ich bitte Sie, zum Ende zu kommen.

... könnte, meine ich – das hat auch etwas mit der Selbstachtung des Parlaments zu tun –, womöglich die Bedeutung eines einzelnen Abgeordneten geringer erscheinen lassen.

In diesem Sinn: Die Arbeit des Petitionsausschusses wird lei der unterschätzt. Dieser Bericht hat es gezeigt.

(Beifall bei Abgeordneten aller Fraktionen – Zurufe von der CDU: Bravo!)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich Herrn Abg. Grimm das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst gilt der Dank der FDP/DVP-Fraktion den Mitarbeitern des Petitions ausschusses.

Der nächste Dank gilt meinem Vorredner,

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Jawohl!)

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Uns aus der Seele ge sprochen hat!)

ein Drittel von dem, was ich mir aufgeschrieben habe, schon erwähnt hat, dem Kollegen Sakellariou.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Das, was er angesprochen hat, finde ich richtig und wichtig. Die Arbeit des Petitionsausschusses kann man gar nicht ge nug wertschätzen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Der wich tigste Ausschuss!)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Mitglieder des Petitionsausschusses kennen bei ihrer Arbeit fast nie eine Fraktionszugehörigkeit – das haben wir gerade festgestellt –, sie kennen keine Ideologien. Wir kennen nur Bürger, die uns in ihrer Not sozusagen als letzte Instanz anrufen. Ob berech tigt oder unberechtigt, das ist die Frage, mit der sich der Aus schuss auseinandersetzen muss.

Sie, Frau Vorsitzende Böhlen, haben zur Halbzeit der Legis laturperiode von etwa 3 800 Fällen inklusive der aus der 14. Legislaturperiode übernommenen Fälle gesprochen. Da sind zum Teil natürlich auch menschliche Schicksale dabei.

Ich greife eine Petition, die ich gut in Erinnerung habe, die aber nicht mit Schicksalen zu tun hat, heraus. Es ging um ei ne Änderung der Landesbauordnung, nachdem der Fahrer ei nes SUV beantragt hatte, eine Verbreiterung der Parkplätze von 2,20 m auf 2,75 m in die Landesbauordnung hineinzu schreiben

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! – Wei tere Zurufe)

genau –, damit das Parken zukünftig nicht damit endet, dass die Autos gegeneinanderprallen. Da war bestimmt kein mensch liches Schicksal dahinter.

Der Petitionsausschuss ist der „Kümmerkasten“ des Landtags. Die Tatsache, dass in jedem fünften Fall geholfen werden konnte, zeigt zweifellos die Daseinsberechtigung dieses Aus schusses.

Ich halte nach wie vor die Vor-Ort-Termine, die wir zum Teil durchführen, für besonders wichtig, weil sie oft die schnells te und anschaulichste Möglichkeit sind, um eine Entscheidung herbeizuführen.

Wenn in vier von fünf Fällen Petitionen nicht abgeholfen wer den konnte, wie es in der Fachsprache heißt, dann liegt dies vielleicht auch daran, dass manche Anliegen den Petitionsaus schuss schon erreichen, wenn der juristische Weg noch nicht abgeschlossen ist. Solche Fälle sollten eigentlich bis zum Ab schluss der Verfahren ruhen.

Es gibt auch Eingaben, die eine Minute vor zwölf eingehen, gerade im Bereich der Justiz, des Strafvollzugs. Dies ist etwa dann der Fall, wenn jemand kurz vor Haftantritt noch eine Pe tition einreicht, um sich zum wiederholten Mal dem Haftan tritt zu widersetzen.

(Zuruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Ich denke, das sind Fälle, die im Vorfeld besser und schneller abgearbeitet werden könnten, die dann nicht im Petitionsaus schuss als eilige Angelegenheiten bearbeitet werden müssten.

Bei Bauangelegenheiten zeigt sich immer wieder, dass sich Bürger plötzlich mit Problemen konfrontiert sehen, die nicht nur durch öffentliche Bauvorhaben hervorgerufen werden. Es wurde bereits gesagt, dass die meisten Petitionen den Bereich des Baurechts betreffen. Es gibt unterschiedlichste Themati ken, die wir dort bearbeiten müssen. Es sind auch die unter schiedlichsten Gremien – Ministerien und auch entsprechen de Verbände – daran beteiligt.

Zum Aufenthaltsrecht: Auch ich denke, es war wichtig, dass wir die Reise in das Kosovo unternommen haben. Ich denke

auch, dass der Beschluss – auch wenn es langwierig war, bis er zustande gekommen ist –, den wir weitergereicht haben, stimmig war, dass er richtig war, dass wir die Erkenntnisse umgesetzt haben und bei späteren Verfahren relativ schnell und zügig Entscheidungen getroffen haben.

(Beifall der Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP und Beate Böhlen GRÜNE)