Protokoll der Sitzung vom 27.11.2013

Herr Minister, ein As pekt bereitet mir Sorgen. Während der Tagung in Mainz hat te ich die Möglichkeit, mit Vertretern des Stuttgarter Logis tikzentrums von Daimler-Benz zu sprechen. Diese sehen sehr kritisch, dass der Neckar in zwei Teile untergliedert werden soll. Besteht die Gefahr immer noch, dass man – wie Sie es vorhin bereits angedeutet haben – den Neckar nur bis Heil bronn als wichtige Wasserstraße ausbauen und im weiteren Verlauf abstufen möchte? Dies ist vor dem Hintergrund zu be trachten, dass Daimler-Benz die Fahrzeuge bereits trimodal, also auch mit dem Schiff, transportiert. Ist diese Gefahr in zwischen gebannt? Oder muss man von unserer Seite aus nachlegen?

Das ist nicht erledigt, sondern wir haben die Situati on, dass die noch amtierende Bundesregierung den Neckar in zwei Abschnitte aufgeteilt hat: Der Abschnitt bis Heilbronn nimmt sozusagen den Topplatz ein – Kernnetz A –, während der Abschnitt Heilbronn–Plochingen zum Kernnetz B zählt.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie haben doch vor anderthalb Jahren dem Ausbau bis Heilbronn zuge stimmt! – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜ NE: Da hat niemand zugestimmt!)

Nein. Vor anderthalb Jahren hatte der Bund noch ein ganz anderes Konzept. Im Übrigen hat dem der Bundestag auch nie zugestimmt, schon gar nicht die Opposition. Das war ein Vor schlag der Bundesregierung, der so überhaupt nie beschlos sen wurde. Später ist aufgrund der Kritik der Länder übrigens eine Korrektur erfolgt.

Ich bin auch auf europäischer Ebene aktiv gewesen. Die eu ropäische Generaldirektion MOVE betrachtet den Neckar als Einheit, als eine wichtige Kernnetzwasserstraße, und sagt: Wenn der Neckar das ist, dann ist er es insgesamt. Es ist auch interessant, dass die EU sozusagen mehr an uns denkt als der Bund. Aber das muss jetzt korrigiert werden.

Ich würde erwarten und fände es nicht schlecht, wenn die Fir ma Daimler, die ja hochaktiv war, als es um das Verschieben der Regelung in Bezug auf die CO2-Grenzwerte für Pkws ging, sich dafür einsetzen würde, dass die Wasserstraße Ne ckar jetzt seitens der Bundesebene nicht mehr in zwei Ab schnitte aufgeteilt wird, sondern als ein Teil im Rahmen eines Gesamtkonzepts betrachtet wird. Wie gesagt, unser Vorschlag war ein sparsamer Vorschlag.

Weil immer wieder angesprochen wurde, wie ich als Bundes tagsabgeordneter agiert habe, weise ich darauf hin, dass ich immer gesagt habe: Die Investition insgesamt ist sehr hoch. Man muss sich Gedanken machen, wie man das Ganze stu fenweise realisieren kann. Wenn man alles auf einmal will, bekommt man nicht alles auf einmal, sondern dann scheitert man. Daher habe ich gesagt: Man muss überlegen, wie man das priorisiert.

Hier im Land wurde dann der Vorschlag entwickelt: jeweils eine Schleusenkammer für den ganzen Neckar und dann, wenn man mehr Geld hat, eine zweite. Das ist ein gemeinsa mes Konzept. Das vertrete ich, seit ich hier Minister bin. Das wird auch in vielen schriftlichen Äußerungen dokumentiert. So bin und bleibe ich auch auf Bundesebene aktiv.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Herzlichen Dank, Herr Minister. – Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen.

Dann rufe ich das zweite Thema auf. Es wurde von der FDP/ DVP angemeldet:

Z u s t ä n d i g k e i t s b e r e i c h d e r A b t e i l u n g 3 – K o n k r e t i s i e r u n g : B i l d u n g s s t a n d a r d s M a t h e m a t i k

Ich erteile Herrn Abg. Dr. Kern das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Ich stelle Fragen zu einem Themen bereich, der sicherlich auch die hier anwesenden Schülerin nen und Schüler interessiert.

Das Kultusministerium hat am 21. Oktober dieses Jahres die Schulen in einem Schreiben darüber informiert, dass ab dem Prüfungsjahr 2017 in den Abiturprüfungen an den allgemein bildenden und den beruflichen Gymnasien ausschließlich ein wissenschaftlicher Taschenrechner – WTR – zum Einsatz kommt. Der im Unterricht eingesetzte Taschenrechner soll da von unabhängig sein, also beispielsweise auch ein grafikfähi ger Taschenrechner – GTR – oder Computer-Algebra-Syste me – CAS –, wie sie bislang auch für die Abiturprüfungen zu lässig waren.

Das heißt, wenn ich es richtig verstanden habe: Die Schüle rinnen und Schüler können künftig nicht mehr ihren eigenen Taschenrechner in die Abiturprüfung mitnehmen, wenn es sich nicht um einen wissenschaftlichen Taschenrechner handelt.

In dem Schreiben vom 21. Oktober begründet das Kultusmi nisterium die Maßnahme hauptsächlich mit den einheitlichen Abiturstandards der KMK ab dem Schuljahr 2016/2017. Wa rum die einheitlichen Standards einheitliche Taschenrechner erforderlich machen, wird allerdings nicht deutlich. Der Grund ist für mich nicht nachvollziehbar. Aber vielleicht kann das Kultusministerium da weiterhelfen.

In der Pressemitteilung vom 21. November begründet das Kultusministerium dagegen die Maßnahme mit dem Ziel, Täu schungsfälle zu verhindern, das heißt mit den Worten des Kul tusministeriums, Chancengleichheit und Sicherheit der Prü fung gewährleisten zu wollen. Von den KMK-Standards ist in der Pressemitteilung keine Rede.

Die FDP/DVP-Fraktion fragt deshalb den Kultusminister, wel che Gründe ihn zu dieser Maßnahme tatsächlich bewogen ha ben, von der nicht nur die Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Mathematiklehrer alles andere als überzeugt sind und die für die Schulen bzw. die Schulträger zusätzliche Kosten bedeutet.

Das alles will aus Sicht der FDP/DVP-Fraktion im Land der Tüftler und Erfinder wohlüberlegt sein. Denn wir können ja nicht den technischen Fortschritt allerorten fordern und för dern und gleichzeitig technischen Neuerungen in den Schu len einen Riegel vorschieben.

Wenn man zukünftig nur noch mit einem wissenschaftlichen Taschenrechner im Unterricht arbeitet oder mit unterschied lichen Taschenrechnern in Unterricht und Abiturprüfung ar beitet, hat dies unter Umständen auch eine erhebliche päda gogische Dimension.

Aus der Mathematiklehrerschaft ist Folgendes zu hören – ich zitiere aus einem Brief an die FDP/DVP-Fraktion –:

Es wurde weder eine Expertenkommission gebildet noch die Fachberater der Regierungspräsidien mit einbezogen, wobei das Unterrichten mit GTR bzw. CAS didaktisch er hebliche Anpassungen im Vergleich zu herkömmlichem Unterricht erfordert. Für die Lehrer kam die Entschei dung völlig überraschend.

Ist diese Aussage aus Sicht des Kultusministeriums zutref fend, bzw. was hat das Kultusministerium getan, um die fach lich Betroffenen mit einzubeziehen?

Wenn mit der Begründung argumentiert wird, dass Täu schungsfälle verhindert werden sollten, wäre wichtig, zu wis sen: Gab es hier schon Fälle von Täuschungsversuchen und, wenn ja, welche? Oder ist hier eine technisch bedingte Sicher heitslücke aufgetreten, die bislang nicht bekannt war und die ein Problem darstellen könnte? Wenn ja, worin besteht diese Sicherheitslücke konkret?

Welche Kosten entstehen dadurch, dass die Schulen bzw. die Schulträger nun die wissenschaftlichen Taschenrechner an schaffen müssen? Wer trägt die Kosten, bzw. hat sich das Kul tusministerium mit den kommunalen Landesverbänden we gen der Kosten bereits verständigt?

Man kann folgende Beispielrechnung aufmachen: Ein wissen schaftlicher Taschenrechner kostet über das Internet gut 20 €. Bei einem dreizügigen Gymnasium mit 75 Schülern kann man also mit 1 500 € rechnen. Da die Taschenrechner an allgemein bildenden Gymnasien häufig in Klasse 7 eingesetzt werden, müssten für die aktuellen Klassen 7 und 8 zusätzliche Ta schenrechner angeschafft werden, wenn 2017 mit den wissen schaftlichen Rechnern Abitur gemacht werden soll.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Das heißt, hier wäre mit Mehrkosten von bis zu 3 000 € zu rechnen.

Vielen Dank. Ich freue mich auf die Beantwortung.

(Minister Franz Untersteller: Das ist ja fast eine Re gierungserklärung gewesen! – Gegenruf des Abg. Volker Schebesta CDU: Was das Umweltministeri um angeht, ist nichts angemeldet! Das ist kein Prob lem! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Emissionen des Taschenrechners!)

Wir haben hier schon über Kartoffeln gesprochen, dann dür fen wir auch über Taschenrechner sprechen.

Für die Landesregierung darf ich Herrn Minister Stoch ans Rednerpult bitten.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich nut ze gern die Gelegenheit, manche Unklarheit auch beim Kol legen Dr. Kern zu beseitigen.

Das Thema „Einsatz von Hilfsmitteln im Rahmen der Über prüfung von schulischen Leistungen“ ist ein immerwähren des Thema. Ich glaube, im Vordergrund muss dabei stehen, dass wir uns beim Abprüfen von Kenntnissen, die im Rahmen der schulischen Laufbahn erworben wurden, ein möglichst objektives Bild über die tatsächliche Leistungsfähigkeit von Schülerinnen und Schülern machen können. Das war ein wich tiger Grund, bei der Frage des Einsatzes von Hilfsmitteln in der Prüfung, gerade auch im Bereich Mathematik, diese Ent scheidung zu treffen.

Ich kann Ihnen sagen: Es gibt zahlreiche Argumente, die wir im Kultusministerium und in der Schulverwaltung sorgfältig abgewogen haben, die für oder die gegen den Einsatz der gra fikfähigen Taschenrechner zum einen und der Algebrasyste me zum anderen sprechen. Wir haben uns letztlich in Abwä gung aller Tatsachen gegen den Einsatz dieser Hilfsmittel ent schieden. Ich möchte Ihnen im Folgenden auch begründen, weshalb.

Zunächst einmal gibt es zum Jahr 2017 im Mathematikabitur grundsätzlich Veränderungen, was die KMK-Standards an geht. Ab 2017 gibt es nach den KMK-Abiturstandards nur noch einen Pflichtteil im Umfang von maximal einem Drittel der Prüfung ohne Hilfsmittel. Damit erhöht sich der Anteil des mit Hilfsmitteln zu bearbeitenden Wahlteils auf zwei Drittel.

Gleichzeitig wird aber diese Anwendung der KMK-Standards auch auf die beruflichen Schulen ausgeweitet, die bisher kei nen hilfsmittelfreien Bereich haben. Dadurch war für uns auch bei der Frage der Beurteilung der Gleichwertigkeit der Ab schlüsse eben zu prüfen, wie wir den Einsatz dieser Hilfsmit tel bewerten wollen.

Daher haben wir uns entschieden, die Hilfsmittel auf den wis senschaftlichen Taschenrechner – Sie haben es angesprochen –, den WTR, zu beschränken, weil wir aus Gründen der Chan cengleichheit und der Sicherheit beim Einsatz dieser Hilfs mittel gehalten waren, hier Maßnahmen zu ergreifen.

Zur Sicherung der Chancengleichheit: Im Bereich der grafik fähigen Taschenrechner – GTR – wie auch im Bereich der Computer-Algebra-Systeme – CAS – gibt es, wie überall im technischen Bereich, erhebliche Weiterentwicklungen, die teil weise von erheblicher Geschwindigkeit geprägt sind. Wir brauchen, um eine Vergleichbarkeit von Abschlüssen zu ge währleisten, auch den Einsatz vergleichbarer Hilfsmittel der verschiedenen Schüler. Es darf letztlich nicht sein, dass auch die Fähigkeit, in teilweise kurzen Abständen neue Hilfsmittel mit höherer Leistungsfähigkeit zu erwerben, die Chancen gleichheit in Prüfungen beeinflusst.

Deswegen haben wir uns entschlossen – das ist ein Grund, das ist die Sicherung der Chancengleichheit –, den wissenschaft lichen Taschenrechner zukünftig in Prüfungen als einziges Hilfsmittel zuzulassen und den grafikfähigen Taschenrechner und die Computer-Algebra-Systeme nicht mehr zuzulassen. Das eine Argument ist die Chancengleichheit, Thema „Tech nischer Fortschritt“.

Das weitere Argument – das spielt eine sehr wichtige Rolle; Sie haben es angesprochen – ist die Sicherung vor Manipula tionen. Es gibt die konkrete Befürchtung, dass im Rahmen des Einsatzes von grafikfähigen Taschenrechnern und der ande ren Systeme die Möglichkeit besteht, im Rahmen der Prüfung Manipulationen durchzuführen. Wenn Sie sich die Mühe ma chen, im Internet nachzuschauen, sehen Sie, dass es dort ganz konkrete Anleitungen gibt, wie es gelingt, unter Umgehung der Delete-Funktion, also der Löschfunktion, Inhalte auf die sen Geräten zu speichern, die später im Rahmen der Prüfung abgerufen werden können.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Geräte werden aber vorher eingesammelt!)

Die Geräte werden eingesammelt, und wir haben auch Stel lungnahmen – –

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Und überprüft!)

Sie werden auch überprüft, und zwar im Rahmen dessen, was der Lehrer überprüfen kann. Aber ich maße mir nicht an, zu behaupten, dass alle Lehrerinnen und Lehrer dahin gehend auf dem aktuellen Stand sind, welche zusätzlichen Möglich keiten bei der Programmierung dieser Geräte bestehen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das macht nicht der Schulleiter!)

Richtig, Herr Röhm: Das macht nicht der Schulleiter. – Das haben mir auch Mathematiklehrer so bestätigt.

Ein weiterer wichtiger Punkt bei der Frage, welche Hilfsmit tel eingesetzt werden können, sind aus unserer Sicht auch die Aussagen aus dem Bereich der Universitäten, der Hochschul landschaft, wobei ich nicht behaupten möchte, dass die Leis tungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler, die sich z. B. im Anschluss für ein Mathematikstudium entscheiden, allein vom Einsatz von Hilfsmitteln in der Prüfung abhängt.

Aber nachdem Sie zitiert haben, kann ich Ihnen nun ein an deres Zitat nennen: Mir hat beispielsweise die Fachgruppe Mathematik der Dualen Hochschulen geschrieben, dass man diesen Schritt einhellig begrüße, weil man glaube, dass die Schülerinnen und Schüler, die an die Hochschulen gingen, was die Grundkenntnisse und Grundfertigkeiten angehe, we gen des Einsatzes von Hilfsmitteln nicht die Lernleistung er zielten, die sie erzielen würden, wenn sie wüssten, dass sie in Prüfungen ohne dieses Hilfsmittel – grafikfähiger Taschen rechner oder CAS – arbeiten müssten.

Deswegen gibt es dabei kein Schwarz und Weiß, kein „ganz richtig“ und „ganz falsch“, sondern in Abwägung all dieser Argumente und Elemente haben wir uns entschieden, diesen Weg zu gehen.