Das ist in diesem Gesetz absolut nicht angelegt. Das können Sie in keiner Weise so auslegen. Das interpretieren Sie falsch.
Um noch einmal auf den Punkt Leerstand zurückzukommen, möchte ich darauf hinweisen, dass wir hier eine Frist von sechs Monaten vorschlagen. Es ist ja eigentlich überraschend, dass es in den besonders gut nachgefragten Wohnungsmärk ten überhaupt Leerstände gibt. Das ist aber der Fall. Natürlich sind die Leerstände in den Regionen, in die nicht viele Leute ziehen wollen, größer. Das ist bei Betrachtung des Marktes ganz normal. Der Mikrozensus, den es bereits gibt – der Zen sus wird gerade ausgewertet –, zeigt beispielsweise in der Landeshauptstadt Stuttgart einen Leerstand von 3,7 % auf. Es ist eigentlich überraschend, dass der Markt hier einen solchen Leerstand zulässt.
Der Markt besteht aber aus vielen einzelnen handelnden Men schen. Diese kommen manchmal in Verzug mit dem, was sie eigentlich machen wollen. Ich verweise gern wieder etwa auf eine typische Erbengemeinschaft, die sich über längere Zeit nicht einigen kann. In dieser Zeit ist hier Wohnraum entzo gen. Es ist daher eine sinnvolle Maßnahme, das in ein Zweck entfremdungsverbot aufzunehmen. Wir haben viele Rückmel dungen von Kommunen, die dies nutzen wollen.
Wenn Sie uns, den Koalitionsfraktionen, das nicht glauben, dann können Sie nach Hamburg schauen. Sie können aber auch Ihr Vertrauen in die Kolleginnen und Kollegen in Bay ern setzen, in die dortige Mehrheit; dort gibt es seit dem Jahr 2007 ein Zweckentfremdungsverbotsgesetz mit genau diesem Setting, ein Landesrahmengesetz, das die Kommunen umset zen können.
Bei den Kollegen in Bayern ist im Gesetz sogar ein Leerstand nach bereits drei Monaten erfasst. Wir sind hier mit sechs Mo naten großzügiger
und gehen hier stärker auf die Häuslebesitzer ein. Das Gesetz in Bayern gilt für zehn Jahre. Dort wird also damit gearbeitet, und wir erfahren hier sehr positive Rückmeldungen.
Wenn Sie also uns nicht vertrauen, dann vertrauen Sie den Kolleginnen und Kollegen aus Bayern. Wenn Sie auch den Kolleginnen und Kollegen aus Bayern nicht vertrauen, forde re ich Sie auf: Vertrauen Sie unseren Kommunen. Trauen Sie unseren Kommunen zu, dass sie verantwortungsbewusst und zielgerichtet im Sinne der Sicherung von Wohnraum mit die sem Landesrahmengesetz umgehen können. Dann können Sie auch diesem Gesetz zustimmen.
(Anhaltender Beifall bei den Grünen – Beifall bei Ab geordneten der SPD – Zuruf von den Grünen: Sehr gut! Bravo!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Artikel 14 unseres Grund gesetzes gewährleistet das Recht auf Eigentum. In Artikel 14 Absatz 2 steht aber auch:
Genau darum geht es beim Zweckentfremdungsverbotsgesetz. Wer eine Wohnung hat, soll sie entweder selbst nutzen oder anderen gegen Entgelt zur Verfügung stellen. Ich denke, dass dies zumindest in den Gebieten, in denen Wohnungsmangel herrscht, selbstverständlich sein sollte. Denn andernfalls hie ße dies, dass andere keine Bleibe oder kein Dach über dem Kopf hätten oder sich in anderen Wohnungen äußerst gedrängt zurechtfinden müssten. Deswegen sollte es eine Selbstver ständlichkeit sein, dass der Wohnraum, der vorhanden ist, den Menschen in unserem Land auch zur Verfügung gestellt wird.
Genau in diese Richtung ging über Jahrzehnte hinweg die Ge setzgebung des Bundes, bis 2006 durch die Föderalismusre form die Gesetzgebungskompetenz an die Länder überging. Zum Schluss war es immerhin noch so, dass fünf Großstädte und Universitätsstädte in Baden-Württemberg – Freiburg, Hei delberg, Konstanz, Tübingen und Mannheim – in dieser Ge bietskulisse waren. Das waren in etwa auch die Kommunen, die per Gemeinderatsbeschluss klar gesagt haben, sie möch ten auf ihrem Gemeindegebiet von dieser Möglichkeit Ge brauch machen.
Seit dem Jahr 2006 hat die alte, schwarz-gelbe Koalition von dieser Gesetzgebungskompetenz leider keinen Gebrauch ge macht. Deswegen muss jetzt logischerweise die grün-rote Mehrheit im Landtag von Baden-Württemberg dieses Unter lassen beheben und eine entsprechende Rahmengesetzgebung machen.
Ich möchte noch einmal betonen, was auch Kollegin Lindlohr gerade gesagt hat: Es geht nicht darum, hier in irgendeiner Weise ein Zweckentfremdungsverbot zu beschließen. Es geht darum, dass wir von der Gesetzgebungskompetenz, die wir
als Landesgesetzgeber haben und die in der Regierungszeit der alten Landesregierung nicht ausgeübt wurde, Gebrauch machen und die Regelungskompetenz jetzt auf die Kommu nen übertragen, weil diese am besten wissen, wie es in ihren Bereichen aussieht. Dort, wo wie z. B. in Freiburg eine ent sprechende Notwendigkeit besteht, wird es zum Tragen kom men, in vielen anderen Kommunen in diesem Land nicht. Ich kann nicht nachvollziehen, was daran kritisiert werden kann.
Lieber Kollege Wald, ich möchte schon darum bitten, dass wir, wenn wir über diesen Gesetzentwurf sprechen, ihn uns auch genau anschauen. Im Gesetzentwurf ist nicht vom Ab riss von Wohnungen die Rede.
Es ist vielmehr von der Beseitigung von Wohnraum die Re de. Wenn Wohnraum abgerissen und neuer Wohnraum ge schaffen wird, dann wird kein Wohnraum beseitigt. Deshalb bitte ich eindringlich darum, dass man sich genau ansieht, wo rüber hier geredet wird.
Das Gesetz erfasst nicht, wenn jemand seinen Wohnraum als nicht mehr modern ansieht, eine Sanierung jedoch nicht für sinnvoll hält und einen Ersatzneubau machen möchte. Natür lich kann er dies dann machen, ohne dass dies vom Gesetz er fasst wird.
Das Thema Dauerleerstand wird dagegen vom Gesetz erfasst. In Kommunen mit Wohnungsnot ist es nicht zumutbar, dass Wohnraum leer steht oder in Ferienwohnungen bzw. Gewer beräume umgewandelt wird. Dies geschieht nicht in massi vem Umfang. Aber das war z. B. in dem Haus, in dem ich frü her gewohnt habe, in Karlsruhe – also in einer Stadt mit Woh nungsengpass – der Fall. Dieses wurde plötzlich in Büroräum lichkeiten umgewandelt. So etwas müsste man dann auch un terbinden können. Es liegt in der Hand der Gemeinden, dies zu tun oder zu unterlassen. Deswegen halte ich das, was wir als Rahmengesetz vorgeben, für richtig. Die Grundlagen stam men, wie gesagt, aus Bayern.
Wir begrenzen jede Satzung, die von den Kommunen erlas sen wird, zeitlich auf höchstens fünf Jahre. Danach muss die Kommune oder der Gemeinderat noch einmal prüfen, ob der Wohnungsmangel noch besteht oder ob er möglicherweise mit anderen, milderen Methoden behoben werden könnte. Ich glaube, wir sollten die Kommunen hier nicht bevormunden. Wir sollten ihnen diese Kompetenzen zugestehen. Jedem sei ne Aufgabe, und ich glaube, diese Aufgabe ist vor Ort bei den Gemeinden deutlich besser aufgehoben als bei uns.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Regelung, die die Zweckentfremdung von Wohnraum unter bestimmten Um ständen untersagt, gab es in Baden-Württemberg schon über viele Jahre hinweg. Die Erfahrungen waren aber durchaus nicht so, dass es sich jetzt empfiehlt, an diesem Instrument auch für die Zukunft festzuhalten.
Mehr und mehr Gemeinden waren – teils auch auf eigenen Wunsch – aus dem Geltungsbereich des damaligen Zweck entfremdungsverbots ausgeschieden. Die Gebietskulisse be stand zuletzt zwischen 2002 und 2006 nur noch aus den Städ ten Freiburg, Heidelberg, Mannheim, Konstanz und Tübin gen.
Es ließen sich vor allem keinerlei Indizien dafür finden, dass die Verordnung eine auch nur irgendwie belegbare positive Auswirkung auf den Wohnungsmarkt gehabt hätte. In den Städten, die seit 2002 nicht mehr in den Geltungsbereich der Verordnung fielen, also in Heilbronn, Karlsruhe, Pforzheim, Reutlingen, Stuttgart und Ulm, konnten keinerlei nachteilige Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt festgestellt werden – so wie in den fünf verbliebenen Städten keine positiven Aus wirkungen festzustellen waren. Einschlägig Interessierten sei der Bericht der Landesregierung, Drucksache 14/575, zum Nachlesen empfohlen.
Wenn dem so ist, dann stellt sich schon die Frage, wie die Lan desregierung die Eingriffe in die Eigentumsrechte nach Arti kel 14 des Grundgesetzes überhaupt rechtfertigen will. Dies gilt umso mehr, als der Geltungsbereich der Verordnung nicht wie früher oder wie in einschlägigen bundesgesetzlichen Re gelungen der Mieterhöhungsbegrenzung auf Gebiete bezogen ist, in denen eine ausreichende Wohnraumversorgung nicht gegeben ist, sondern es den Gemeinden überlassen bleibt, sich zu einer Gemeinde mit Wohnraummangel zu erklären und durch Satzungsbeschluss das Instrumentarium des Zweckent fremdungsverbots im Gemeindegebiet oder in Teilen der Ge meinde anzuwenden.
In dieser Vorgehensweise, die in einem kommunalfreundli chen und unbürokratischen Gewand daherkommt, liegen aber erhebliche Risiken. Ich zitiere aus der schon erwähnten Druck sache:
Würde die Landesregierung künftig den räumlichen Gel tungsbereich der beiden Verordnungen allein nach der Einschätzung der jeweiligen Stadt vornehmen, so bestün de ein noch größeres Risiko der Verfassungswidrigkeit. Neben der sachlichen Rechtfertigung für den Eingriff in Eigentümerrechte nach Artikel 14 GG bedürfte es einer sachlichen Rechtfertigung für die innerhalb des Landes entstehende Ungleichbehandlung der Bürger vor dem Hintergrund des Artikels 3 GG.
Mit all dem hält sich aber die heutige Landesregierung nicht lange auf. Dass nebenbei und ohne größere Begründung auch das Recht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt wird, verwundert dann schon nicht mehr.
Wenn es also Gemeinden mit Wohnraummangel gibt – die gibt es ohne Zweifel –, dann wäre es naheliegend, auf die Proble me, die es vor allem in Universitätsstädten gibt, situationsan gepasst zu reagieren. Der dauerhafte Anstieg der Studieren denzahlen – „Hochschule 2012“, „Hochschulpakt 2020“ – muss
dann zu einem konsequenten Wiedereinstieg des Landes in die Förderung des studentischen Wohnheimbaus führen.
Dies müsste allerdings eine Form der Förderung sein, die an dere Formen der Nutzung nach einem Rückgang der Zahl der Studierenden im nächsten Jahrzehnt von vornherein mit ein bezieht. Das passiert eben nicht.
Das wäre der richtige Weg und nicht der Versuch, dadurch wohnungspolitische Kompetenz vorzutäuschen, dass man das ganze Land mit einem weitgehend unwirksamen und noch da zu rechtlich überaus zweifelhaften Instrumentarium überzieht. Insofern kann man einem solchen Gesetzentwurf bzw. auch solchen Verordnungen nun wirklich nicht zustimmen.