Protokoll der Sitzung vom 19.12.2013

Meine Damen und Herren, hierdurch ist für die Bürgerinnen und Bürger keine Lösung in Sicht. Ich frage mich mit Blick auf diese ganze Konfusion: Wenn selbst bei einem solchen Thema, das sehr wichtig, gleichzeitig aber auch relativ leicht zu lösen ist – man kann es mit Ja oder Nein entscheiden –, ein solcher Schlamassel zwischen Grün und Rot auftritt, wie wird es dann sein, wenn einmal eine richtig komplexe Problemstel lung in unserem Land auftaucht, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Wir haben schon viel kompliziertere Probleme ge löst! – Weitere Zurufe von den Grünen)

Der Ministerpräsident hat alle brüskiert, die sich auf seine Bit te hin ein halbes Jahr lang überparteilich auf den Weg gemacht haben, nach Lösungen zu suchen: die kommunalen Landes verbände, die Wissenschaft, Experten mehrerer Ministerien, Vertreter der Polizei, Abgeordnete von CDU, Grünen und SPD.

Meine Damen und Herren, ich kann für die CDU-Landtags fraktion – und vermutlich nicht nur für die CDU-Landtags fraktion – sagen: Wir fühlen uns verschaukelt.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Kol lege Frey.

Herr Präsident, sehr verehrte Da men und Herren! Eines hat Ihr Beitrag, Herr Blenke, gezeigt: Es geht Ihnen nicht um eine Lösung des Problems, sondern Sie wollen hier die Regierung und die Regierungskoalition mit Schmutz bewerfen – nichts anderes.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Widerspruch bei der CDU – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Jetzt hört es aber auf!)

Nicht der Ministerpräsident – –

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: So einfach ma chen Sie es sich! – Unruhe)

Am 9. Dezember hätte sich die Arbeitsgruppe treffen wollen. Am 6. Dezember gab es zu dieser Arbeitsgruppe einen Pres sebericht – von der „Stuttgarter Zeitung“ oder den „Stuttgar ter Nachrichten“ – mit falschen Ergebnissen. Eine entspre chende Information hätte sicherlich nicht der Ministerpräsi dent herausgegeben, sondern das war ein nicht loyales Mit glied dieser Arbeitsgruppe. Wir wissen nicht, wer es war, aber ein solches Durchstechen von Informationen vertraulicher Art, von Falschinformationen, muss auf das Schärfste missbilligt werden.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Falschinformatio nen?)

Es geht hier nicht um Polemisieren und Polarisieren, Herr Blenke. Die Zwischenrufe zeigen, dass es Ihnen nur um Kra wallmache geht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Euch geht es um Krawall! – Abg. Volker Schebesta CDU: Es geht uns darum, Krawall zu verhindern! – Weitere Zurufe von der CDU – Unruhe)

Es geht darum, dass Sie dieses ernste Problem in einer sach lichen und wissensbasierten Weise angehen müssen. Dass hierbei vom Ministerpräsidenten versucht wurde, eine Ver sachlichung herbeizuführen, ist ganz offensichtlich. Wir las sen die Kommunen und die Menschen, die von diesen Sauf gelagen betroffen sind, nicht allein; da können Sie sicher sein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Doch! – Abg. Ar nulf Freiherr von Eyb CDU: Doch, sicher!)

Wenn ich mir hier den Altersdurchschnitt anschaue,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie sieht die Lö sung denn aus? – Zuruf des Abg. Dr. Patrick Rapp CDU)

könnte ich mir vorstellen, dass sich die Anwesenden hier teil weise noch an die Zeit um 1988, 1990, 1991 erinnern. Damals gingen die Vorfälle am Platzspitz-Park in Zürich durch die in ternationale Presse; dieser Park wurde als „Needle Park“ be zeichnet, und dort entstand unbeschreibliches Leid, auch des halb, weil sich die politisch Verantwortlichen nicht auf einen Weg einigen konnten, mit diesem Problem umzugehen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wie wollen Sie denn damit umgehen? Sagen Sie es doch!)

Warum war das so? Weil ein ständiges Polarisieren und Pole misieren auf dem Rücken der betroffenen Menschen das Leid der Bevölkerung noch verstärkten. Die Menschen konnten sich nicht mehr durch den Park trauen. Mit diesem Leid wur de sogar noch gespielt, indem politisiert wurde,

(Abg. Thomas Blenke CDU: Diese Situation haben wir heute hier auch!)

anstatt nach einer Lösung zu suchen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Diesen Zustand möchten wir, sehr geehrte Damen und Her ren von der Opposition, hier verhindern. Deswegen wenden wir uns gegen diese Polemik und gegen diese Art und Weise der Auseinandersetzung.

(Abg. Winfried Mack CDU: Schwachsinn!)

Uns geht es darum, eine sachliche Lösung zu finden, die auf Wissen basiert und bei der man jenseits von Doc Holliday – aus der Hüfte schießend – verfährt, sondern stattdessen in Richtung einer minimalinvasiven Intervention geht und nicht mit Schrot auf Spatzen schießt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es geht um eine saubere Lösung. Dabei war der Vorschlag des Ministerpräsidenten genial, einen runden Tisch einzurichten und hierfür einen Untersuchungsauftrag zu formulieren.

(Abg. Matthias Pröfrock CDU: Das glauben Sie doch selbst nicht!)

Dieser Untersuchungsauftrag lautete, alle Maßnahmen für die Bewältigung dieses Problem zu finden. Dafür wurden die bes ten Wissenschaftler der Hochschule für Polizei in VillingenSchwenningen sowie der Deutschen Hochschule der Polizei beauftragt.

Diese Studien, Herr Blenke, sollten Sie auch lesen.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Claus Schmie del SPD)

Es sind im Wesentlichen drei Studien gewesen. Das war ers tens eine wissenschaftliche Analyse dessen, was sich in der Literatur findet, auch in der internationalen Literatur. Zwei tens war das diese umfangreiche Bevölkerungsbefragung, von der Sie offenbar auch einmal gehört haben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Sie müssen es denen zu lesen geben, die die Saufgelage verursachen! Die lesen das nämlich nicht! – Unruhe – Glocke des Prä sidenten)

Kollege Frey hat das Wort.

Drittens gab es eine Befragung von 20 Experten – Vertretern von Ordnungsämtern, Streetworkern und anderen.

Zur Literaturanalyse – falls Sie daran interessiert sind, die Wissenschaftler weltweit dazu zu hören – können Sie auf Sei te 77 dieser Untersuchung – –

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie lange wollen Sie denn noch analysieren? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind an einer Lösung interessiert! – Wei tere Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Kollege Frey hat das Wort.

Auf Seite 77 dieser Literaturana lyse können Sie genau – –

(Zurufe von der CDU – Gegenruf der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Also, ich stelle fest, dass zumindest die rechte Seite an ei ner Lösung des Problems nicht interessiert ist.

(Beifall bei den Grünen – Zurufe von der CDU)

Sie finden in dieser Literaturanalyse keinen Hinweis darauf, dass Forschungen gezeigt hätten, dass ein Alkoholkonsum verbot etwas bringen könnte. Die Babor-Studie von 2005, die WHO und eine australische Studie, die hier aufgeführt wer den, kommen alle zu dem Schluss: Es gibt eine Vielzahl von Werkzeugen, mit denen Sie diesem Problem begegnen kön nen. Sie jedoch kaprizieren sich auf irgendeine Idee,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nicht nur wir, auch der Herr Palmer!)

die hier ausgelotet wurde und ganz intensiv untersucht wur de. Zu den Werkzeugen gehören die Beschränkung der Ver kaufsstellendichte, die Einschränkung der Öffnungszeiten, die Durchsetzung der Einhaltung des gesetzlichen Mindestalters und der Vorschriften zum Jugendschutz, die Alkoholsteuer

und die Preispolitik sowie die Vorgabe, dass kein Ausschank an Betrunkene erfolgt, was im Übrigen Gesetzeslage ist, aber häufig nicht verfolgt wird.

(Beifall bei den Grünen – Glocke des Präsidenten)

Kollege Frey, gestatten Sie eine Zwi schenfrage des Kollegen Pröfrock?