Ich will ein zweites Beispiel nennen. Am sanierungsbedürfti gen „Pharmaziehochhaus“ in Tübingen fängt ein Sicherungs netz herabstürzende Betonteile auf. Dadurch wurde zwar vor erst die Weiternutzung des Gebäudes ermöglicht; die eigent lichen Mängel wurden aber natürlich nicht behoben. Viel schlimmer: Allein die Interimsmaßnahmen verursachen jähr lich Kosten in Höhe von 220 000 €.
Das ist nur e i n Beispiel. Aber bei vielen Teilsanierungen haben wir genau diesen Nachteil, dass wir Geld investieren, aber keine fundierte, langfristige Sanierung stattfindet. Das halte ich für eine Ressourcenverschwendung. Das ist kein ef fizienter Einsatz von Ressourcen.
Vor sechs Jahren hat der Landtag beschlossen, der Sanierung von Gebäuden vor dem weiteren Ausbau Vorrang zu geben. Das Ergebnis des Regierungshandelns in den Jahren 2000 bis 2010 war, dass gut 59 % der insgesamt verfügbaren Mittel für Neubaumaßnahmen eingesetzt wurden. Der kleinere Teil, nämlich nur 41 %, wurde wie empfohlen für Sanierungen ver wendet. Der dadurch an unseren Hochschulgebäuden entstan dene Sanierungsstau verzögert nun in gravierendem Maß drin
gend notwendige Sanierungsmaßnahmen. So können wir un ser Ziel, bis zum Jahr 2019 den Sanierungsberg abgebaut zu haben, wie es noch die vorherige Landesregierung proklamiert hat, definitiv nicht erreichen; denn im Sanierungsbereich be steht dringender Handlungsbedarf,
und zwar insbesondere mit Blick auf die steigende Nachfra ge nach Studienplätzen und die geplante Erweiterung der Auf nahmekapazitäten um bis zu 22 000 neue Studierende. Ich denke, dieser Handlungsbedarf wird dadurch massiv ver schärft.
Deshalb kann ich nur an alle Beteiligten appellieren: Wer Leh re und Forschung an unseren Hochschulen ernst nimmt, der muss dringend und sofort den Sanierungsstau abbauen.
Gute Lehre und Forschung zu fördern heißt, in die Rahmen bedingungen zu investieren. Die grün-rote Regierung schlägt die entsprechenden Maßnahmen mit dem Nachtragshaushalt vor, in dem große Rücklagen insbesondere für diesen Bereich gebildet werden. Das ist eine nach meiner Einschätzung wich tige und sehr richtige Grundsatzentscheidung für die Lehre und die Forschung bei uns in Baden-Württemberg. Wir schaf fen so den Mentalitätswechsel. Wir setzen auf bessere Rah menbedingungen für ein gutes Klima für die Forschung und an unseren Hochschulen insgesamt.
Herr Präsident, meine sehr ge ehrten Damen und Herren! Zweifelsohne nimmt Baden-Würt temberg in den Bereichen Wissenschaft und Forschung bun desweit, ja europaweit eine Spitzenstellung ein. Immerhin 11 % unseres Landeshaushalts entfallen auf Wissenschaft, Forschung und Kunst. In keinem anderen Bundesland weist der entsprechende Haushalt einen höheren Anteil aus. Damit ist belegt, dass Wissenschaft und Forschung die bestimmen den Standortfaktoren für das Land Baden-Württemberg sind.
Deshalb, sehr geehrte Frau Ministerin, werden Sie sich in den nächsten Jahren an dieser Bilanz der vorherigen Regierung messen lassen müssen, wie ernst Sie es mit dem Ausbau von Wissenschaft und Forschung in Baden-Württemberg meinen.
Schaut man sich Ihre Eröffnungsbilanz an, kann man nur sa gen: Diese ist eine glänzende Schlussbilanz der vorherigen Regierung.
Ich denke, Baden-Württemberg hat gerade auf dem Gebiet von Wissenschaft und Forschung Akzente gesetzt.
Ich nenne das Hochschulausbauprogramm „Hochschule 2012“ mit 20 000 zusätzlichen Studienplätzen. Wenn Sie die Zahl jetzt um weitere 2 000 Studienplätze erhöhen, dann wird un sere Fraktion dies mittragen. Wir sagen aber zugleich: Wir wollen, dass in einem eng abgestimmten Prozess auch ein Di alog mit der Wirtschaft, ein Dialog mit denen gesucht wird, die diese Absolventen künftig einsetzen.
Von einer Regierung, die als Bürgerregierung antritt, von ei ner Regierung des Gehörtwerdens fordern wir, dass vor allem die Wirtschaft und die Verbände in die weiteren Ausbaupläne für das Ausbauprogramm „Hochschule 2012“ eng mit einbe zogen werden. Wir fordern, dass die Regierung dies berück sichtigt.
Zweiter Punkt: Sie sind angetreten, die Studiengebühren ab zuschaffen. Wir, die CDU-Fraktion, haben die Landesregie rung seinerzeit bei der Einführung der Studiengebühren un terstützt, weil diese ein wichtiges ergänzendes Finanzierungs instrument darstellen, um die Lehre in Baden-Württemberg zu verbessern.
Deshalb haben wir uns gefreut, dass z. B. die Arbeitgeberver bände, aber auch die Rektorenkonferenz der Hochschulen an den Studiengebühren festhalten wollen. Für den Fall, dass Sie hier eine Mehrheit für die Abschaffung der Studiengebühren bekommen, kündigen wir schon heute an, dass wir sehr ge nau beobachten werden, ob Sie dann auch bereit sind, nicht nur im folgenden Jahr die dann entfallenden 135 Millionen € über den Landeshaushalt zur Verfügung zu stellen, sondern auch Steigerungsraten entlang der wachsenden Zahl von Stu dierenden in den nächsten Jahren vorzunehmen. Frau Minis terin, wir erwarten von Ihnen hierzu klare Antworten.
Diese neue Regierung ist angetreten, meine Damen und Her ren, um externe Hochschulbeiräte einzuführen. Im Koalitions vertrag heißt es nebulös:
Anstelle der bestehenden Aufsichtsräte wollen wir exter ne Hochschulbeiräte etablieren, die die Hochschulen... von außen beratend begleiten.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Darum geht es eben nicht! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)
Das ist weder eine klare Zuweisung von Verantwortung noch ein klares Beratungsmandat. Wir sind in den vergangenen Jah ren mit der sogenannten unternehmenden Hochschule gut ge fahren; diese darf nicht mit der unternehmerischen Hochschu le verwechselt werden.
Wir wollen, dass die Hochschulautonomie gestärkt wird, dass die Universitäten die Freiheit zur Profilbildung haben, dass wir im Bereich des Rektorats, im Bereich der Hochschulräte, im Bereich des Senats klare Verantwortlichkeiten haben.
Unsere externen Hochschulräte, Herr Kollege Schmiedel, ha ben an der Strategieentwicklung unserer Hochschulen ganz hervorragend mitgewirkt.
Sie finden doch heutzutage keinen externen Hochschulrat mehr, der bereit ist, mitzuarbeiten, wenn er nur noch ein be ratendes Mandat erhält, meine Damen und Herren.
Deshalb gilt auch in diesem Punkt, Frau Ministerin: Sorgen Sie sehr frühzeitig für Klarheit, damit die qualifizierten Kräf te aus der Wirtschaft, die für die Entwicklung unserer Hoch schulen wichtig sind, nicht abwandern, sondern wir sie wei terhin in die Verantwortung und in die Pflicht nehmen kön nen.
Meine Damen und Herren, vorhin ist angeklungen, wir hätten in der Vergangenheit zu wenig für Forschung und Lehre ge tan. Die vorherige Landesregierung hat mit dem Hochschul ausbauprogramm „Hochschule 2012“ 1 500 neue Professo renstellen geschaffen. Wir sind uns hoffentlich auch darin ei nig, dass die Lehre in Baden-Württemberg nicht nur vom aka demischen Mittelbau, sondern gerade auch von den Professo ren vorgenommen wird.
Herr Schmidt-Eisenlohr, Baden-Württemberg ist das Bundes land, in dem die Professoren im Vergleich zu anderen Bun desländern und im europaweiten Vergleich die höchsten Lehr verpflichtungen haben.
Wir müssen auch bei der Rekrutierung unseres Nachwuchses – insbesondere bei den Professoren – aufpassen, dass wir hier keine Wettbewerbsnachteile haben, und müssen noch weite re Lehrverpflichtungen von unseren Professoren abwenden. Deshalb seien Sie mit der Aussage, die Sie hier vorhin getrof fen haben, vorsichtig.
Sie sprachen von den befristeten Arbeitsverhältnissen. Meine Damen und Herren, bezüglich der Anstellung von Doktoran den an einer Hochschule bin ich froh, wenn es darunter auch befristete Arbeitsverhältnisse gibt. Eine Uni lädt zum Wech sel zwischen der Wissenschaft, der Wirtschaft und unter schiedlichen Bereichen ein.
Unser Ziel muss sein, dass wir in Baden-Württemberg quali fizierten Nachwuchs an die Hochschulen bekommen,
dass wir dafür auch gesicherte Arbeitsverhältnisse haben, dass sie einen regulären Arbeitsvertrag haben. Aber per se ist nichts
(Beifall bei der CDU – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisen lohr GRÜNE: Wie sieht die Realität aus? – Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)