Die Regierung hat dem Landtagspräsidenten folgende zentra le Themen der letzten Kabinettssitzung mitgeteilt:
Zu einer einleitenden Erklärung der Landesregierung tritt jetzt Frau Ministerin Bauer ans Rednerpult.
(Ministerin Theresia Bauer begibt sich zum Redner pult. – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Die Regie rung lässt sich Zeit!)
H o c h s c h u l e 2 0 1 2 – a b s c h l i e ß e n d e r A u s b a u s c h r i t t / G e s e t z z u r R ü c k a b w i c k l u n g d e s U n i v e r s i t ä t s m e d i z i n g e s e t z e s
Ich wollte es spannend machen. – Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Minis terrat hat in seiner gestrigen Sitzung zwei Entscheidungen mit Hochschulrelevanz getroffen. Ich möchte diese Entscheidun gen für Sie kurz umreißen. Sie werden in der Zeitung heute zum Teil auch schon dargestellt.
Erstens das Thema Universitätsmedizin: Das Kabinett hat be schlossen, einen Gesetzentwurf zur Rückabwicklung des Uni versitätsmedizingesetzes zur Anhörung freizugeben. Mit die sem Gesetzentwurf korrigieren wir das Universitätsmedizin gesetz vom 7. Februar dieses Jahres. Es sieht vor – Sie alle er innern sich daran –, dass die vier Universitätsklinika und de ren Medizinische Fakultäten zum 1. Januar 2013 jeweils zu einer einheitlichen Körperschaft für Universitätsmedizin zu
sammengeschlossen werden sollten. Dieses Modell – man nannte es das doppelte Integrationsmodell – hat erhebliche Kritik hervorgerufen, insbesondere bei den beteiligten Uni versitätsklinika, aber auch bei den Universitäten und in der Öffentlichkeit.
Wir machen mit dem Gesetz zur Rückabwicklung des Uni versitätsmedizingesetzes den Weg frei, im Wesentlichen den alten Zustand wiederherzustellen. Wir tun dies sehr früh – zu Beginn dieser Legislaturperiode – und nutzen den Zeitraum, bevor neue Fakten geschaffen werden. Bislang sind noch kei ne Körperschaften für Universitätsmedizin errichtet worden. Auch die Gewährträgerversammlung ist noch nicht einberu fen worden. Durch die Freigabe unseres Gesetzentwurfs zur Anhörung ist die klare Absicht erkennbar, diese Rückabwick lung jetzt zu vollziehen, im Herbst in das parlamentarische Verfahren einzutreten und im Spätherbst das Gesetz zu ver abschieden.
Mit dem Gesetz zur Rückabwicklung des Universitätsmedi zingesetzes wollen wir insbesondere die Regelungen rückab wickeln, die die neue KUM-Struktur betreffen. Wir wickeln auch die Regelungen ab, die die Gewährträgerversammlung betreffen.
Es gibt einige Regelungen, die wir beibehalten. Das alte Uni versitätsmedizingesetz war ein Artikelgesetz, das verschiede ne Bereiche betroffen hat. Wir wollen Neuregelungen im Lan deshochschulgesetz und im Universitätsmedizingesetz beibe halten, die die Sicherung der Verantwortlichkeit des Vorstands herstellen und die Wahrnehmung der parlamentarischen Kon trolle sicherstellen.
Erstens: Wir wollen die Bestellung des Abschlussprüfers der Medizinischen Fakultät im Einvernehmen mit dem Wissen schaftsministerium beibehalten.
Zweitens: Beibehalten werden sollen die Möglichkeit der Ab wahl der Vorstandsmitglieder und die Möglichkeit der Abbe rufung durch die Ministerin oder den Minister.
Drittens: Wir wollen die Verpflichtung der Vertreter des Lan des im Aufsichtsrat auf Berücksichtigung von Landesinteres sen beibehalten.
Viertens sollen die vergrößerten Spielräume in Bezug auf die Bauherreneigenschaft der Universitätsklinika beibehalten wer den.
Beibehalten werden sollen fünftens die gemeinsame Struktur- und Entwicklungsplanung von Universitätsklinikum und Me dizinischer Fakultät sowie sechstens Möglichkeiten zur An rechnung von Beschäftigungszeiten beim Wechsel vom Uni versitätsklinikum zum Land.
Darüber hinaus gibt es ein paar Einzelregelungen, die nicht den Bereich der Universitätsklinika betreffen, die wir eben falls beibehalten, weil auch sie an keiner Stelle umstritten wa ren: In den Bereichen Frauenförderung, Hochschulzulassung, KIT-Errichtungsgesetz und Landespersonalvertretungsgesetz
waren Einzelregelungen enthalten, die wir damals alle mitge tragen haben. Deswegen bleiben auch sie bestehen.
Das sind die wesentlichen Veränderungen, die wir anstreben. Wir glauben, dass wir damit ein Stück weit ein Signal setzen, Vertrauen in Richtung Universitätsklinika und Universitäten wiederherzustellen, und wir wollen mit der neuen Gesetzes lage auf der einen Seite die Basis dafür schaffen, in aller Of fenheit und Ruhe mit den Universitätsklinika, den Universi täten und der Öffentlichkeit darüber zu reden, wie die künfti gen Governance-Strukturen aussehen sollten, die die Eigen ständigkeit und Handlungsfähigkeit der Universitätsklinika betonen. Auf der anderen Seite wollen wir aber auch die Ko operation, die enge Zusammenarbeit mit den Universitäten sowie die notwendige Steuerung durch das Land in das rich tige Verhältnis bringen.
Der zweite Punkt, den wir beschlossen haben, betrifft das Pro gramm „Hochschule 2012“, das Ausbauprogramm für Studi enplätze; wir haben schon heute Morgen kurz darüber gespro chen. Es geht um den abschließenden Ausbauschritt. Bislang war geplant, die Zahl der zusätzlichen Studienanfängerplätze auf 20 000 zu erhöhen. Dazu haben wir folgende Beschlüsse gefasst: Erstens werden wir die noch fehlenden Freigaben, die nötig sind, um auf das Niveau von 20 000 Studienanfänger plätzen zu kommen, unverzüglich in die Wege leiten. Zwei tens werden wir das Ausbauziel von 20 000 auf 22 000 Stu dienanfängerplätze nach oben korrigieren.
Hintergrund dieser Beschlüsse ist folgender: Bislang wurde in der Öffentlichkeit immer über 20 000 zusätzliche Studien anfängerplätze gesprochen, von denen aber erst 18 443 Plät ze bewilligt waren. Aber auch für diese bewilligten Plätze wa ren noch nicht alle Mittel freigegeben. Wir mussten also jetzt die nötigen Mittel freigeben, damit zum nächsten Jahr tatsäch lich die erforderlichen Studienplätze vorhanden sind, wenn der doppelte Abiturjahrgang vor der Tür steht.
Die Aufstockung auf 22 000 Studienanfängerplätze resultiert daraus, dass wir flexibel und kurzfristig schnell reagieren kön nen wollen. Dort, wo der Bedarf und der Druck am höchsten sind, wollen wir nachsteuern können und den Hochschulen dort helfen, wo sie die größten Überlasten tragen müssen.
Ich darf die Regierungsmitglieder noch einmal darauf hinwei sen, dass die einleitenden Erklärungen nur bis zu fünf Minu ten dauern sollen. Darüber hinaus geht es leider nicht. Da muss man dann versuchen, das in die Antwort hineinzubrin gen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin, Sie haben über den Ausbau der Studienplätze gesprochen und im Rah men dessen auch über die Prognosen, beispielsweise die des Centrums für Hochschulentwicklung, über den Bedarf an Stu dienplätzen in der Zukunft. Zu diesem Bedarf gibt es unter schiedliche Wahrnehmungen. Wie schätzen Sie die Bedarfe, die dort vorausgesagt wurden, ein, und wie verhalten sich die
se zur Prognose, zu den Berechnungen der KMK? Da gibt es Abweichungen. Wie sehen Sie das? Das ist die eine Frage.
Die zweite ist: Wir sprechen im Moment hauptsächlich über den Ausbau von Studienplätzen im Bachelorbereich. Die Fra ge ist: Wie geht es im Masterbereich weiter? Werden wir auch dort einen entsprechenden Ausbau haben? Wie sieht die zeit liche Planung aus? Haben wir schon einen Zeitstrahl, wie es bei den Masterstudienplätzen weitergehen wird?
Zu den Prognosen: In der Tat hat das CHE in diesen Tagen eine neue Berechnung vorgelegt und stimmt da bei auch mit einem anderen wichtigen Institut überein, das seit Jahren Berechnungen anstellt, nämlich dem FiBS in Berlin. Diese beiden Institute kommen zu deutlich höheren Progno sen hinsichtlich der Studienanfängerzahl als die Kultusminis terkonferenz. Wir erwarten von der Kultusministerkonferenz im September neue Zahlen und gehen davon aus, dass sie die Zahlen ebenfalls nach oben korrigiert.
Das CHE kommt in seiner Berechnung, was die künftigen Stu dienanfänger bundesweit und auch in Baden-Württemberg an geht, zu Zahlen, die für Baden-Württemberg einen Korridor zwischen 20 000 und 24 000 zusätzlichen Studienanfängern bedeuten, sodass wir mit der neuen Zielgröße von 22 000 zu sätzlichen Studienanfängerplätzen in der Mitte angelangt sind.
Das ist aber auch ein Signal dafür – ich glaube, für alle hier im Haus ist es wichtig, das präsent zu haben –, dass „Hoch schule 2012“ aufgrund der Jahreszahl 2012 eigentlich etwas Falsches suggeriert; es erzeugt eine falsche Assoziation. Man denkt dabei an den doppelten Abiturjahrgang und meint, da gäbe es eine kleine Spitze, die zu bewältigen wäre, es ginge nach oben und dann gleich wieder nach unten. Diese hohen Studienanfängerzahlenprognosen belegen aber, dass es eine sehr viel größere Bewegung in Richtung Hochschulstudium gibt. Diese Tendenz wird länger andauern. Sie ist im Wesent lichen durch das veränderte Übergangsverhalten von Schüle rinnen und Schülern begründet.
Dieser Zuwachs an Studienplätzen, den wir jetzt haben, wird sich nicht so schnell wieder zurückentwickeln können, wie es ursprünglich einmal angedacht war. Deshalb ist es wichtig, diese Berechnungen im Auge zu behalten, sich darauf einzu stellen und sehr genau zu beobachten, was nach dem Jahr 2013 passiert, wenn der doppelte Abiturjahrgang durch ist. Ich gehe davon aus, dass wir weiterhin damit rechnen müssen, dass die Studierendenzahlen auf einem angespannt hohen Ni veau bleiben.
Die zweite Frage, die Sie gestellt haben, betraf das Thema Masterstudienplätze. In der Tat hat sich die alte Landesregie rung darauf konzentriert, die grundständigen Studiengänge im Bachelorbereich auszubauen. Das war auch richtig so. Die vorgehaltenen Masterstudienplätze haben bislang auch aus gereicht; zum Teil waren sogar noch Kapazitäten frei. Man kann allerdings schon jetzt erkennen, dass die Kapazitäten im Masterbereich eng werden. Es ist eine Frage von wenigen Jah ren, bis die Studenten der starken Jahrgänge von Bachelorab solventen fertig werden und die Absolventen schauen, ob sie Masterstudienplätze bekommen. Wir brauchen also in dieser
Legislaturperiode zusätzlich ein Ausbauprogramm im Mas terbereich, um den Bachelorabsolventen ein faires und gutes Studienangebot anbieten zu können. Wir werden im Laufe des nächsten Jahres mit konkreteren Planungen auf dieses Haus zugehen.
Herr Präsident, sehr geehrte Frau Ministerin! Zunächst einmal möchte ich feststellen, dass es für die CDU-Fraktion schon ein einmaliger Vorgang ist, dass die Landesregierung nicht in der Lage ist, ein bestehen des Gesetz, das Universitätsmedizingesetz, zu administrieren. Denn sie ist bis heute ihrer eigentlichen Verpflichtung zur Ein richtung einer Gewährträgerversammlung nicht nachgekom men.
Zweitens: Was waren unsere Punkte, deretwegen wir die Uni versitätsmedizinreform gemacht haben? Wir wollten eine In tegration zwischen Universität und Universitätsklinikum für eine bessere Verzahnung der Grundlagenforschung, der me dizinischen Forschung und der Krankenversorgung einschließ lich der daran hängenden interdisziplinären Bereiche.
Wenn Sie jetzt die Gewährträgerversammlung nicht einrich ten – bei der Gewährträgerversammlung geht es ja gerade um die Frage, was wir tun können, um auch eine übergeordnete strategische Planung und Steuerung für die Kliniken des Lan des im universitären Bereich vorzunehmen –, frage ich Sie, was Sie anstelle der Gewährträgerversammlung als Ersatzin strument einrichten wollen. Dies haben Sie bislang noch nicht eindeutig beantwortet.