Protokoll der Sitzung vom 30.04.2014

und als „Verliererschule“ bezeichnet.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau! Vor allem Herr Zeller!)

Dann kam die Abschaffung der verbindlichen Grundschul empfehlung – die Auswirkungen habe ich gerade belegt –, und jetzt kommt das Fallbeil der Schließung.

Sie behaupten, die Kommunen hätten eine Gestaltungsfrei heit.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Um es auf den Punkt zu bringen: Die Kommunen haben nur zwei Möglichkeiten: Entweder sie nehmen den Schwarzen Pe ter selbst in die Hand und schließen ihre Schulen, wenn nicht mehr genügend Schüler vorhanden sind, oder sie ergreifen – das gilt ohne Ausnahme – den rettenden Anker Gemein schaftsschule.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: So ist es!)

Das hat, bezogen auf die Gestaltungsfreiheit der Kommunen, mit flexiblem Umgang überhaupt nichts zu tun, meine Damen und Herren.

Und: Die Schularten tauchen bei Ihnen überhaupt nicht mehr auf. Das heißt, Sie läuten damit das Ende der einzelnen Schul arten ein.

Herr Minister, heute ist der Tag gekommen, an dem Sie Flag ge zeigen müssen, ob Sie die einzelnen Schularten überhaupt noch wollen. Offensichtlich spielen sie bei Ihren Plänen kei ne Rolle mehr. Es gehört auch zur Redlichkeit, dass Sie dies in aller Deutlichkeit zum Ausdruck bringen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Wir haben es zum ersten Mal mit einem Gesetzentwurf zu tun, bei dem es geradezu Kritik hagelt. Der Landeselternbeirat lehnt diesen Gesetzentwurf in Gänze ab, weil es kein echtes Verfahren zur Beteiligung der am Schulleben Beteiligten gibt. Das ist der entscheidende Grund.

Die kommunalen Landesverbände monieren, dass es keine flexiblen Umsetzungsformen gibt, dass Standorte nicht auf mehrere Gemeinden aufgeteilt werden können. In Ihrer Stel lungnahme: Fehlanzeige.

Man fordert eine Flexibilisierung des pädagogischen Konzepts der Gemeinschaftsschule. Das Kultusministerium schreibt: Fehl anzeige.

Eingefordert wird ebenfalls, dass Gemeinschaftsschulen und Realschulen gleichbehandelt werden, was die Ressourcen an geht. Kultusministerium: Fehlanzeige.

Man fordert eine Lockerung der starren Mindestschülerzah len. Kultusministerium: Fehlanzeige.

Herr Minister, Sie haben im letzten Jahr hier die Eckpunkte vorgelegt. Gegenüber den Eckpunkten haben Sie in Ihrem Ge setzentwurf keinerlei Veränderungen vorgenommen. Sie hö ren überhaupt nicht auf konstruktive Kritik, die aus dem Land Baden-Württemberg bei Ihnen eingeht. Mit einem sturen Ver fahren wollen Sie, ohne auf tatsächliche Kritik zu hören, die sen Gesetzentwurf durch den Landtag bringen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Wir wollen, meine Damen und Herren, eine regionale Schul entwicklung, die diesen Namen verdient.

Die Ganztagsschule muss zwingend mit einbezogen werden. Hier machen Sie genau den gleichen Fehler wie bei der Ge meinschaftsschule: Erst wird genehmigt, dann geplant.

Wenn man es mit der Wahlfreiheit der Eltern ernst nimmt, braucht man eine regionale Planung. Diese sehen Sie hier nicht vor.

Das Thema Inklusion bleibt außen vor. Hierzu verweisen Sie lediglich auf eine Rechtsverordnung. Damit wird dem Parla ment die Einflussmöglichkeit entzogen. Das Gleiche gilt für die berufliche Bildung. Auch hierzu verweisen Sie lediglich auf eine Rechtsverordnung.

Wir fordern eine klare Einbeziehung der Inklusion, der beruf lichen Bildung, auch der Ganztagsschulen, damit Sie alle Schularten gleichwertig behandeln und dieses Gesetz nicht nur als ein Gesetz zur Privilegierung der Gemeinschaftsschu len durchziehen. Denn, meine Damen und Herren, dieses Ge setz zur Privilegierung der Gemeinschaftsschulen müssen wir konsequenterweise ablehnen, weil es den Bedürfnissen der Schullandschaft in Baden-Württemberg nicht gerecht wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Ich erteile Frau Abg. Boser für die Fraktion GRÜNE das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Für uns ist die Einführung der regionalen Schulentwicklungsplanung für Baden-Würt temberg ein dringend notwendiger Schritt. Er hätte eigentlich schon vor zehn Jahren erfolgen müssen.

Sie, Herr Wacker, täuschen hier die Menschen wieder. Sie ha ben den Trend selbst aufgezeigt: Der Rückgang bei den Werk realschulen vollzog sich nicht erst seit dem Regierungswech sel, sondern er hat bereits in den 20 Jahren davor bei den Haupt- und Realschulen begonnen.

Die Schülerzahlen gehen auch nicht erst seit dem Regierungs wechsel zurück, sondern zurückgehende Schülerzahlen wa ren bereits zu Ihrer Regierungszeit eine Tatsache. Sie hätten den Kommunen eigentlich bereits damals, bei der Einführung der Werkrealschule, sagen müssen, an welchen Stellen Werk realschulen langfristige Investitionen tätigen können und an welchen Stellen die Kommunen Werkrealschulen zusammen legen müssen.

Sie haben die Menschen damals getäuscht, und Sie versuchen sie heute weiterhin zu täuschen. Ich finde es unglaublich, dass die Opposition es nicht schafft, endlich einmal Wahrheiten auf den Tisch zu legen und zu sagen, wie sie in Zukunft mit den Schulen im ländlichen Raum, mit Schulen, an denen gegen wärtig fünf bis elf Schülerinnen und Schüler pro Klasse vor handen sind, umgehen will. Diese Schulen brauchen eine Lö sung für die Zukunft. Die Kommunen brauchen Lösungen für die Zukunft. Und Sie präsentieren nichts davon.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Wir sehen bereits heute an vielen Standorten, was passiert, wenn keine langfristigen Prognosen vorhanden sind. Viele Kommunen haben in den letzten Jahren in ihre Schulstandor te investiert. Sie haben tolle Projekte aufleben lassen, sie ha ben in Ganztagsschulen investiert, sie haben an den Werkre alschulen gute Projekte umgesetzt. Doch wenn die Nachfra ge nach den Werkrealschulen vonseiten der Eltern immer wei ter zurückgeht, brauchen diese Schulen neue Konzepte, und sie brauchen eine Möglichkeit, langfristig Konzepte umzuset zen. Dazu haben wir die Gemeinschaftsschule eingeführt.

Wenn Sie immer wieder ins Feld führen, wir würden die Re alschulen gegenüber den Gemeinschaftsschulen benachteili gen,

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Gravierend!)

dann frage ich Sie, Herr Röhm: Was haben Sie denn in der Regierungszeit von CDU und FDP/DVP für die Realschulen getan?

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Wir haben niemanden privile giert! – Gegenruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Gar nichts ist da gelaufen!)

Wurden den Realschulen in Ihrer Regierungszeit Poolstunden zur Verfügung gestellt?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Klassenteiler, he terogene Schülerschaft! – Gegenruf des Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD)

Null! Sie haben den Realschulen null Poolstunden zur Verfü gung gestellt. Wir haben den Realschulen inzwischen 2,2 Poolstunden zur Verfügung gestellt, und das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Klassenteiler! 25 war versprochen! – Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Herr Dr. Kern, handeln Sie doch einmal, anstatt immer nur dazwischenzubrüllen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Heterogene Schü lerschaft! Keine Antwort!)

Wir brauchen die regionale Schulentwicklungsplanung gera de für den ländlichen Raum, um hier langfristige Konzepte zu entwickeln.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Wir brauchen diese Konzepte auch vor Ort. In vielen Regio nen gibt es die Prozesse bereits. Die Kommunen sind da an unserer Seite. Sie sehen, dass sie ohne diese Prozesse nicht die Möglichkeit haben, ihre Schulstandorte langfristig auf rechtzuerhalten. Daher sind so viele Kommunen auch daran interessiert, die Gemeinschaftsschule als Möglichkeit anzu bieten.

(Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Denn wir haben in Baden-Württemberg momentan in einzel nen Regionen ein eiskaltes Auslaufen der Haupt- und Werkre alschulen ohne die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss auf rechtzuerhalten.

Dazu fehlen von Ihrer Seite die Konzepte. Wir haben die Kon zepte. Wir geben den Kommunen die Möglichkeit, über die regionale Schulentwicklungsplanung langfristig ihre Schul standorte aufrechtzuerhalten, um den Schülerinnen und Schü lern weiterhin alle Bildungsangebote zur Verfügung zu stel len. Das ist unser Interesse. Wir wollen kein Schulsterben im ländlichen Raum,

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

sondern wir wollen, dass die Kommunen im ländlichen Raum langfristig Schulstandorte planen können und die Investitio nen, die sie tätigen, schließlich auch aufgehen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)