(Beifall bei der AfD – Abg. Beate Böhlen und Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Beifall bei der AfD! – Gegenruf von der AfD: Von euch ist ja keiner mehr da!)
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Ak tuelle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erle digt.
Aktuelle Debatte – Missachtung des Parlaments beenden – grün-schwarze Geheimabsprachen zum Haushalt müs sen auf den Tisch des Hauses – beantragt von der Frakti on der SPD
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 60 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die Aussprache steht eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion und zehn Minuten für den Zusammenschluss der fraktionslosen Abgeordneten zur Verfügung. Ich darf die Mit glieder der Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vor gegebenen Redezeitrahmen zu halten.
Schließlich darf ich auf § 60 Absatz 4 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen, liebe Kollegen! Heute Morgen debattieren wir im Land tag über Fragen der demokratischen Kultur und des Mitein anders.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ich kann es Ihnen nicht ersparen. Ich möchte mit zwei Zitaten aus dem Koalitionsver trag beginnen. Wir finden darin Formulierungen wie die auf Seite 7: Sie wollen – Zitat –
Bürgerinnen und Bürger sollen früh, offen, umfassend und verständlich informiert und in die Willensbildung mit ein bezogen werden.
Seit Samstag wissen wir, dass die Worte, die hier geschrieben sind, das Papier nicht wert sind, auf dem sie stehen.
(Beifall bei der SPD, der FDP/DVP, der AfD und den fraktionslosen Abgeordneten – Abg. Winfried Mack CDU: Beifall bei der AfD!)
Wir haben in den vergangenen Wochen und Monaten hier in Baden-Württemberg eine Regierungsbildung zwischen zwei Partnern miterlebt, die in der Vergangenheit zugegebenerma ßen politische Gegner waren. Wir haben auch mitbekommen, dass die Regierungsbildung nicht ganz reibungsfrei verlaufen ist. Das hat damit zu tun, dass teilweise bei den Partnern der derzeitigen Regierung Türen geknallt haben und manche Men schen nach Hause gefahren sind und sich von diesem Projekt verabschieden wollten. Das hat aber insbesondere auch damit zu tun, dass Inhalte offensichtlich nicht sehr konkretisiert wer den können, wenn die Partner inhaltlich so viel trennt. Des wegen haben wir alle den Koalitionsvertrag – mit fast 140 Sei ten ist das der längste in der Geschichte Baden-Württembergs – gelesen und haben uns gewundert: viele Seiten, viele Wor te, wenig Inhalt.
Das Ganze wird dann zu einem Problem, wenn bestimmte Projekte, die sich die Partner möglicherweise vorgenommen haben – das lässt wenigstens der Koalitionsvertrag erwarten –, nicht mit Beträgen konkretisiert sind.
Wir wissen nun, dass es neben dem Koalitionsvertrag ein Pa pier gibt, das in der Aufmachung und hinsichtlich der Unter zeichner dem Koalitionsvertrag entspricht, nämlich eine Ver einbarung, die offensichtlich nicht für die Öffentlichkeit be stimmt ist. Das ist das Gegenteil von Offenheit und Transpa renz. Das ist das Gegenteil von demokratischer Kultur, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen.
(Beifall bei der SPD, Abgeordneten der AfD und fraktionslosen Abgeordneten sowie des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie haben überhaupt nicht über das Geld geredet!)
Dann fragt man sich natürlich – auch Sie, Herr Kollege Röhm, sollten sich das fragen –: Warum tut man so etwas?
Wir alle haben erwartet, dass möglicherweise Nebenabreden bestehen, die z. B. – ich zitiere Herrn Kollegen Strobl – eine „Liste der Grausamkeiten“ oder „Folterwerkzeuge“ darstel len. Was sind die Pläne, wenn es um Streichungen geht?
Aber nein, wenn wir uns die Nebenabrede, die Geheimabspra che anschauen, stellen wir fest: Genau das Gegenteil ist der Fall. In der Nebenabrede sind 43 Projekte aufgelistet, die mit einem Betrag unterlegt sind. Offensichtlich haben sich die Un terzeichner dieser Vereinbarung darauf verständigt, bestimm te Projekte umzusetzen. Das, liebe Kolleginnen, liebe Kolle gen, ist nicht verwerflich.
Problematisch wird das Ganze dann, wenn man der Öffent lichkeit und den eigenen Parteien etwas anderes vortäuscht.
Worin besteht nun die Täuschung? Die Täuschung besteht da rin, dass man sich im Koalitionsvertrag das Mäntelchen des Haushaltskonsolidierers anzieht, dass man sich das Mäntel chen derer anzieht, die darauf achten müssen, dass der Haus halt in Ordnung kommt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU – bei den Grü nen fällt es ohnehin schwer, dass sie das glaubwürdig tun –, wenn Sie zukünftig über die angeblich schwierige Finanzla ge sprechen, sich aber gleichzeitig einen Forderungskatalog im Umfang von 2 Milliarden € genehmigen, dann sind auch Sie in den kommenden Aussagen unglaubwürdig, wenn Sie von einer schlechten Haushaltslage reden.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wenn Sie oben über die se „Wünsch dir was“-Liste ganz dick schreiben: „Für diese Projekte gilt der Haushaltsvorbehalt nicht“, dann ist das ex akt das Gegenteil von dem, was Sie im Koalitionsvertrag schreiben.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, vor allem Herr Minister präsident, das ist eine Täuschung der Öffentlichkeit. Die kön nen wir Ihnen nicht durchgehen lassen.
Wenn wir uns dann einmal das Schauspiel, das uns die Regie rung in den letzten Wochen geboten hat, betrachten – es war ja wenig Inhalt –, dann stellen wir fest, dass z. B. der Justiz minister kraftvolle Reden hält, er werde um zusätzliches Per sonal für die Justiz kämpfen.
Er will 200 zusätzliche Stellen für die Justiz. Lieber Herr Wolf, da können Sie die Ärmel wieder herunterkrempeln. Wenn Sie sich die 200 Stellen schon selbst genehmigt haben, dann brauchen Sie uns nicht ein solch unwürdiges Schauspiel zu liefern, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.
Oder gehen wir einmal von den finanziellen Leistungen weg. Gehen wir in die Inhalte. Da steht auch etwas zum Bildungs zeitgesetz, und zwar nicht etwas, was nur eine Konkretisie
rung darstellt, Herr Ministerpräsident. Denn Nebenabreden, die gewisse Konkretisierungen darstellen, sind aus meiner Sicht durchaus legitim. Wenn Sie aber beim Bildungszeitge setz etwas vorgaukeln, was nicht der Realität entspricht, dann werden Sie unglaubwürdig.
Beim Thema Bildungszeitgesetz geht es nicht darum, dass die ses Gesetz, wie im Koalitionsvertrag geschrieben, nach zwei Jahren evaluiert wird – völlig nachvollziehbar. Wenn Sie aber Ihre Wirtschaftsministerin durch das Land schicken und sie in ihrem ersten Interview – übrigens im Widerspruch zu dem, was sie bei der IG Metall erzählt hat – verlautbaren lässt, dass das Bildungszeitgesetz so, wie es ist, auf gar keinen Fall blei ben kann, dann werden Sie unglaubwürdig, wenn Sie in den Nebenabreden schon eine Regelung getroffen haben, in der Sie klar und deutlich sagen, wie Sie gedenken, mit dem Bil dungszeitgesetz umzugehen.
So geht man nicht mit den Menschen in Baden-Württemberg um. So geht man nicht mit den Gewerkschaften in BadenWürttemberg um.
Nur um einer gewissen Legendenbildung keinen Vorschub zu leisten: Nebenabreden gibt es immer. Liebe Kolleginnen, lie be Kollegen, wenn in einem Koalitionsvertrag bestimmte Din ge nicht im Detail durchgeregelt werden können, wenn es um Detailregelungen geht, die inhaltlich aber nicht im Wider spruch zum Koalitionsvertrag stehen, dann wird Ihnen daraus niemand einen Vorwurf machen.